Verfahrensgang
OLG Bamberg (Urteil vom 09.06.1988; Aktenzeichen 1 U 281/87) |
LG Hof (Urteil vom 10.11.1987; Aktenzeichen 1 O 243/86) |
Tatbestand
Der Kläger fordert von der Beklagten aufgrund eines Privathaftpflichtversicherungsvertrages die Freistellung von Schadensersatzansprüchen, die wegen des Brandes einer Scheune vom Gebäudeversicherer aus übergegangenem Recht gegen ihn erhoben werden.
Der Kläger, ein ausgebildeter Kraftfahrzeugmechaniker, führte am 26. September 1983 mit Erlaubnis des Grundstückseigentümers auf dem Anwesen S. in W. an einem von ihm erworbenen, amtlich nicht zugelassenen und nicht haftpflichtversicherten Personenwagen, den er zum privaten Eigengebrauch in einen TÜV-abnahmefähigen Zustand versetzen wollte, Schweißarbeiten durch. In der Scheune des Anwesens, in der eine Hebebühne zur Reparatur von Fahrzeugen installiert ist, fing das Fahrzeug Feuer. Dadurch geriet die Scheune in Brand. Der Gesamtschaden an der Scheune und angrenzenden Gebäuden betrug 72.015 DM. Die Bayerische Landesbrandversicherungsanstalt macht nach der Regulierung die auf sie übergegangenen Schadensersatzansprüche gegen den Kläger und die Beklagte geltend.
Der Kläger hat vorgetragen:
Die Schweißarbeiten an der Karosserie im Bereich des linken hinteren Radkastens seien im Hofraum vor der Scheune durchgeführt, das Fahrzeug sei erst danach (frühestens nach 45 Minuten) mit Hilfe des Zeugen W. K. - ohne Motorkraft - mittels einer Seilwinde auf die Hebebühne in der Scheune gezogen worden. Dort habe es "nach einiger Zeit" plötzlich Feuer gefangen.
Die Beklagte vertritt die Ansicht, der Schaden werde durch diese Versicherung nicht gedeckt, denn infolge verabredeter Risikoausschlüsse (enthalten in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung - AHB - und in den Risikobeschreibungen für die Privathaftpflichtversicherung, die unstreitig Gegenstand des Versicherungsverhältnisses der Parteien waren) beziehe sich der Versicherungsschutz nicht auf die geltend gemachten Schadensersatzansprüche. So lägen insbesondere die Ausschlußtatbestände der "Leihe-Klausel" (§ 4 Nr. 6a AHB), der "Tätigkeitsklausel" (§ 4 I Nr. 6b AHB) und der "kleinen Kraftfahrzeugklausel" (§ 2 Nr. 3c AHB, Ziff. II 2 Risikobeschreibungen) vor. Schließlich stehe auch Ziffer III 1 der Risikobeschreibungen (nicht versichert sind danach Gefahren "einer ungewöhnlichen und gefährlichen Betätigung") den Ansprüchen des Klägers aus dem Privathaftpflichtversicherungsvertrag entgegen.
Beide Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
1. Die Ansicht des Berufungsgerichts, daß keine Obliegenheitsverletzung des Klägers vorliege, wird von der Revision nicht angegriffen. Sie läßt auch keinen Rechtsfehler erkennen. Gleiches gilt hinsichtlich der Ausführungen des Berufungsgerichts, daß die "Tätigkeitsklausel" in § 4 I Nr. 6b AHB nicht eingreift.
2. Die Angriffe der Revision gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, daß die von dem Kläger vorgenommenen Schweißarbeiten an dem Kraftwagen nicht unter die Ausschlußklausel in Ziffer III, 1 der Risikobeschreibung falle, wonach Gefahren aus einer ungewöhnlichen und gefährlichen Betätigung nicht versichert sind, bleiben im Ergebnis ohne Erfolg. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts (BU 11 unter c)) sind zwar Schweißarbeiten an einem Kraftfahrzeug wegen der damit verbundenen Brandgefahren als gefährliche Tätigkeit anzusehen (Senatsurteil vom 26.10.1988 - IVa ZR 73/87 -VersR 1988, 1283). Es fehlt jedoch an der weiteren Voraussetzung des Risikoausschlusses, wonach es sich um eine ungewöhnliche Betätigung gehandelt haben muß. Denn wie der Senat in diesem nach Erlaß des Berufungsurteils ergangenen Urteil (unter 1. letzter Absatz) ausgeführt hat, sind Schweißarbeiten an einem PKW auch im privaten Bereich heutzutage nicht mehr ungewöhnlich.
Ob etwas anderes dann anzunehmen wäre, wenn der Kläger die Schweißarbeiten in der Scheune vorgenommen hätte, kann hier unerörtert bleiben. Denn aus den von der Revision nicht angegriffenen Ausführungen des Berufungsgerichts (BU 12/13) ergibt sich, daß es den der Beklagten obliegenden Beweis für die Vornahme der Schweißarbeiten in der Scheune nicht als erbracht angesehen hat.
Entgegen der Ansicht der Revision greift die Ausschlußklausel auch nicht deshalb ein, weil der Kläger auch nach dem Vorbringen der Beklagten den PKW frühestens 20 Minuten nach dem Ende der Schweißarbeiten in die Scheune gebracht hat. Auch darin kann keine ungewöhnliche Betätigung erblickt werden.
3. Das Berufungsgericht hält den Anspruch des Klägers auf Gewährung von Versicherungsschutz auch für nicht ausgeschlossen durch die sog. "kleine Benzinklausel", die hier auf Gefahren abstellt, die mit dem Führen und Halten von Kraftfahrzeugen und ihrem Gebrauch verbunden sind. Es hat hierzu ausgeführt:
a) Diese Klausel diene der Abgrenzung zwischen den Deckungsbereichen der Privat- und der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung und bezwecke einen lückenlosen Deckungsanschluß zwischen beiden Versicherungsarten.
Auch diese Ausführungen sind rechtsfehlerfrei.
b) Das Berufungsgericht nimmt an, der Schaden sei nicht durch das Führen, Halten oder den Gebrauch des Fahrzeugs entstanden. Eine typische - vom Fahrzeug ausgehende - Gefahr habe nicht vorgelegen. Die Gefahr sei allein und ausschließlich von der Schweißtätigkeit des Klägers ausgegangen. Das Fahrzeug sei danach nicht Ausgangspunkt und Ursache der Gefahr gewesen, sondern lediglich Objekt zur Verwirklichung und letztlich zur Ausbreitung der vom Kläger herbeigeführten Brandgefahr.
Mit diesen Erwägungen läßt sich die Anwendbarkeit der sogenannten "kleinen Benzinklausel" nicht verneinen. Der Senat hat in seinen Urteilen vom 26.10.1988 - IVa ZR 73/87 - VersR 1988, 1283 und 14.12.1988 - IVa ZR 161/87 - VersR 1989, 243 ausgeführt, daß zum Gebrauch eines Kraftfahrzeugs auch Reparaturen gehören, bei denen sich die besonderen Gefahren des Kraftfahrzeugs auswirken. Das ist bei Schweißarbeiten an einem Kraftfahrzeug der Fall, weil sich dabei im Hinblick auf dessen körperliche Beteiligung die besonderen Gefahren eines Kraftfahrzeugs auswirken (Senatsurteil vom 26.10.1988 a.E.).
Die Anwendbarkeit der sog. "kleinen Benzinklausel" könnte jedoch bei der hier gegebenen Sachlage aus einem anderen Grund ausgeschlossen sein: Der Senat hat in seinem Urteil vom 14. Dezember 1988 dargelegt, daß ein nach den AKB nicht versicherbarer Fahrzeuggebrauch des Halters oder Besitzers des Fahrzeugs nicht dem Risikoausschluß sog. "kleiner Kraftfahrzeug- oder Benzinklauseln" in einer Privathaftpflichtversicherung unterfällt. Das ist, wie der Senat aaO näher ausgeführt hat, der Fall, wenn das Fahrzeug schon seit einem Jahr stillgelegt war. Ein solcher Fall könnte hier vorliegen, weil das von dem Kläger erworbene Fahrzeug unstreitig nicht zugelassen und nicht haftpflichtversichert war. Da das Berufungsgericht aufgrund des von ihm eingenommenen Rechtsstandpunktes über die Dauer der Stillegung keine Feststellungen getroffen hat, muß das Berufungsurteil aufgehoben und der Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückverwiesen werden, damit die Sache in dieser Hinsicht weiter aufgeklärt werden kann.
Fundstellen
Haufe-Index 2993660 |
BGHR AVB f. Haftpflichtversicherung § 1 (AHB) Tätigkeit, ungewöhnliche 1 |
VersR 1990, 482 |
ZfS 1990, 242 |
r s 1990, 196 |