Leitsatz (amtlich)
Zur inhaltlichen Bestimmtheit der Pfändung von Forderungen mit Bezug auf Grundpfandrechte.
Ist der Anspruch des Eigentümers auf Rückgewähr des nicht valutierten Teils einer Grundschuld gepfändet, so kann der Grundpfandgläubiger, der die Grundschuld in voller Höhe im Verteilungstermin angemeldet hat, gegenüber einer Widerspruchsklage die Rechte des Pfändungspfandgläubigers im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft geltend machen.
Normenkette
ZPO § 857 Abs. 1, § 878 Abs. 1; ZVG § 115 Abs. 1 S. 2
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 7. Februar 1990 – berichtigt durch Beschluß vom 4. Juli 1990 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verteilung des Erlöses aus der Zwangsversteigerung des im Wohnungsgrundbuch von K. Bd. 106 Bl. 3759 eingetragenen Wohnungseigentums am Grundstück H., G.-H.-Straße 2-8. In Abt. III des Grundbuchs waren zwei Briefgrundschulden von je 150.000 DM nebst Zinsen eingetragen, und zwar seit 1984 an dritter (relativ günstiger) Stelle zugunsten der Beklagten und im Rang danach (vierter Stelle) seit 2. Dezember 1985 zugunsten des Klägers.
Mit Verfügung vom 27. Juli 1987 erklärte ein Finanzamt in F. wegen einer Abgabenforderung von 136.986, 55 DM gegen den Wohnungseigentümer S. die Pfändung der
„Grundpfandrechte Post III Nr. 3 und 4 eingetragen im Grundbuch von H. Bez. –- Bd. 106 Bl. 3759 sowie die diese Grundpfandrechte betreffenden gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche und Rechte wie folgt …:
- …
- der Anspruch des Vollstreckungsschuldners gegen den eingetragenen Gläubiger (Drittschuldner) auf Teilabtretung-Rückübertragung der Grundpfandrechte und des Erlösanspruchs in unbekannter Höhe
- der Anspruch auf Auskehrung des entsprechenden Erlösanteils …”
Zugleich ordnete das Finanzamt die Einziehung der Rechte an. Die Verfügung wurde der Beklagten am 29. Juli 1987 zugestellt.
Aufgrund der von der Beklagten betriebenen Zwangsversteigerung ersteigerte der Kläger das Grundstück im Jahre 1988. Im Verteilungstermin machte die Beklagte ihre Grundschuld nebst Zinsen in voller Höhe geltend. Im vorläufigen Teilungsplan wurden ihr darauf 162.198,18 DM zugeteilt. Auf Widerspruch des Klägers im Verteilungstermin vom 5. August 1988 ergänzte das Amtsgericht den Plan dahin, daß der Beklagten nur der Teilbetrag sofort ausbezahlt wurde, den der Schuldner ihr selbst unstreitig noch schuldete. Der Rest von 84.246,40 DM wurde hinterlegt sowie dem Kläger zugeteilt, soweit sein Widerspruch begründet sei, und im übrigen der Beklagten.
Mit der Klage begehrt der Kläger die Auszahlung des hinterlegten Betrages an sich. Die Beklagte beansprucht den Erlös insoweit, als ihre Grundschuld keine eigene Forderung mehr sicherte, wegen der Pfändung des Finanzamts und für dieses. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
In zweiter Instanz hat der Kläger eine mit Datum vom 12. November 1985 ausgestellte, von ihm und dem Schuldner unterzeichnete privatschriftliche Urkunde folgenden Wortlauts vorgelegt:
„(Der Kläger) hat weitere Beträge als Darlehen … zur Verfügung gestellt …
Unter Einbezug des bisherigen Darlehens beläuft sich die Darlehenssumme
auf DM 140.000,–
…
Herr S. verpflichtet sich, (den Kläger) an seiner Eigentumswohnung in H. durch eine Grundschuld abzusichern, die dort bereits eingetragene Grundschuld zügig abzutragen und tritt alle aus der Tilgung dieser Grundschuld ihm zustehende oder anwachsende Ansprüche an (den Kläger) ab.”
Daraufhin ist das Land Hessen, vertreten durch den Oberfinanzpräsidenten in Frankfurt, dem Prozeß als Streithelfer der Beklagten beigetreten und hat bestritten, daß die Abtretung vor der Pfändung erklärt worden sei. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
I.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Kläger habe nicht nachgewiesen, daß der Schuldner S. ihm vor der Pfändung des Finanzamtes etwaige Rückgewähransprüche aus der allmählichen Tilgung der Forderungen der Beklagten abgetreten habe. Der erst im Verhandlungstermin gestellte Antrag des Klägers auf Vernehmung zweier abwesender Zeugen sowie auf seine eigene Vernehmung als Partei sei gemäß §§ 527, 296 Abs. 1 und 4 ZPO verspätet. Die Anschrift des als Zeugen benannten Schuldners habe der Kläger nicht vorher mitgeteilt.
2. Demgegenüber rügt die Revision: Der Schriftsatz mit dem Bestreiten des Nebenintervenienten sei dem Kläger nach der berichtigten Fassung des Berufungsurteils nicht zur Kenntnis gebracht worden. Vor einer Zurückweisung des Beweisantrags hätte das Berufungsgericht ihn unmißverständlich auf Art und Umfang einer erforderlichen Ergänzung des Sachvortrags hinweisen müssen. Im übrigen habe der Kläger schon vor diesem Bestreiten und zwei Monate vor dem Verhandlungstermin des Berufungsgerichts schriftsätzlich für das „rechtmäßige Zustandekommen” der Vereinbarung vom 12. November 1985 Beweis angeboten „durch Anhörung aller Beteiligten”.
3. Die Rüge hat Erfolg.
Zwar hatte der Kläger die Abtretung von Rückgewähransprüchen des Schuldners aufgrund der Tilgung der Grundschuld der Beklagten nicht bereits in der Berufungsbegründung behauptet. Die Zurückweisung eines neuen Angriffsmittels ist aber mit Art. 103 Abs. 1 GG nicht vereinbar, wenn das Gericht es unterläßt, die durch die Säumnis der Partei drohende Verzögerung durch zumutbare Maßnahmen zur Terminsvorbereitung abzuwenden (vgl. BVerfG NJW 1990, 2373 f.). Das Gericht hat einfache und deutlich abgegrenzte Streitpunkte vorrangig zu klären, wenn sich dies durch die Vernehmung weniger greifbarer Zeugen im Rahmen der mündlichen Verhandlung ohne unzumutbaren zeitlichen Aufwand bewerkstelligen läßt (vgl. BGH, Urt. v. 30. Mai 1984 – VIII ZR 20/83, WM 1984, 1158, 1159 unter I 2 b; Urt. v. 7. Oktober 1986 – VI ZR 226/85, VersR 1987, 259 unter II 2 b, jeweils m.w.N.). Hier geht das Berufungsgericht selbst nicht davon aus, daß es im letzten Verhandlungstermin nicht wenigstens den Schuldner als Zeugen hätte vernehmen können. Dazu war es verpflichtet.
Der Kläger hatte diese Vernehmung auf Seite 1 seines Schriftsatzes vom 15. November 1989 beantragt. Das Berufungsgericht hat den Schriftsatz zu Unrecht nur insoweit ausgewertet, als er die Beteiligung des Prozeßbevollmächtigten des Klägers an der Vereinbarung betraf (BU S. 8). Wortlaut und Sinn des darin enthaltenen – getrennt formulierten – Beweisantrags gingen erkennbar weiter, wie der erste Absatz im Schriftsatz erkennen läßt. Danach stellte der Antrag die Antwort des Klägers auf das ihm mündlich angekündigte Bestreiten der Gegenseite dar, „daß die vorgelegten Urkunden vor der Pfändung des Finanzamts errichtet worden seien”. Sodann wurde das Zustandekommen zwar nicht auf das Jahr 1980, wohl aber auf den Zeitpunkt der Grundschuldbestellung zugunsten des Beklagten (Spätherbst 1985) datiert. Als gewünschte Beweismittel waren jedenfalls die Aussagen derjenigen Personen ersichtlich, welche die Vereinbarung unterzeichnet hatten und von denen der Schuldner als Zeuge in Betracht kam. Auch das Berufungsgericht hat den Beweisantrag nicht anders ausgelegt, sondern lediglich darauf verwiesen, daß der Kläger die ladungsfähige Anschrift des Schuldners nicht mitgeteilt habe (BU S. 9). Diese Anschrift hatte aber die Beklagte schon mit Schriftsatz vom 26. Oktober 1988 (S. 1) zu den Gerichtsakten mitgeteilt. Etwa verbleibende, allenfalls theoretische Zweifel, ob der Kläger eine Ladung gerade unter dieser – zutreffenden – Anschrift wünschte, hätte das Berufungsgericht durch eine Fristsetzung gemäß §§ 356 ZPO ausräumen können und müssen (vgl. auch BGH, Urt. v. 15. März 1990 – VII ZR 61/889, ZfBR 1990, 192, 193 unter II 2 a aa und bb). Dazu blieb genügend Zeit bis zum Verhandlungstermin am 17. Januar 1990, in dem der Kläger dann den Beweisantrag – unter anderem durch Angabe derselben Anschrift – ergänzt hat.
Das angefochtene Urteil beruht daher auf einem Verfahrensfehler.
II.
Der Rechtsstreit ist nicht aus anderen Gründen entscheidungsreif (§§ 563, 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
1. Die Klage ist schlüssig.
a) Das folgt allerdings – entgegen der erstinstanzlichen Klagebegründung – nicht schon aus einem vermeintlichen Löschungsanspruch des Klägers nach §§ 1192 Abs. 1, 1179 a Abs. 1 BGB gegen den Schuldner als Eigentümer. Denn die letztgenannte Vorschrift verhindert nicht und soll nicht verhindern, daß einer teilweise nicht valutierten Fremdgrundschuld andere Forderungen unterlegt werden, der Eigentümer oder einer seiner Gläubiger also den durch den Rang des Grundpfandrechts bestimmten Sicherungsrahmen voll ausschöpft (Senatsurt. v. 11. Februar 1988 – IX ZR 77/87, ZIP 1988, 696, 698 unter a). Deshalb schließt der Löschungsanspruch des nachrangigen Grundpfandgläubigers das Geltendmachen des Rückgewähranspruchs im Verteilungsverfahren dann nicht aus, wenn beim Zuschlag die Grundschuld mit dem Eigentum noch nicht in einer Person vereinigt war (BGHZ 108, 237, 244 f; BGH; Urt. v. 28. Februar 1975 – V ZR 146/73, NJW 1975, 980 unter I; Urt. v. 27. Februar 1981 – V ZR 9/80, NJW 1981, 1505, 1506 unter b). So lag der Fall hier, weil die von der gesicherten Forderung unabhängige Grundschuld der Beklagten erst durch den Zuschlag und nicht schon vorher durch Teilzahlungen des Schuldners erloschen ist. Das Gegenteil läßt sich, anders als der Kläger meint, nicht aus § 1143 BGB ableiten. Die Vorschrift – die ohnehin auf Grundschulden nicht entsprechend anwendbar ist (vgl. Senat in BGHZ 108, 179, 184) – wirkte nicht zugunsten des Klägers, weil er nicht Grundstückseigentümer war. Darauf allein konnte er kein Widerspruchsrecht gegen den Teilungsplan stützen.
b) Jedoch hat der Schuldner gemäß der Urkunde vom 12. November 1985 dem Kläger „alle aus der Tilgung der (vorrangig zugunsten der Beklagten eingetragenen) Grundschuld ihm zustehende oder anwachsende Ansprüche” abgetreten. Mit dieser – gemäß § 398 BGB nicht formbedürftigen – Abtretung hätte der Kläger insbesondere den Anspruch des Schuldners als Sicherungsgeber auf Rückgewähr des nicht mehr valutierten Teils der Grundschuld erlangt. Da diese durch den Zuschlag erloschen (§ 91 Abs. 1 ZVG) und an ihre Stelle kraft Surrogation der Versteigerungserlös getreten ist, hat sich der Rückgewähranspruch in eine Forderung auf einen entsprechenden Teil des Versteigerungserlöses umgewandelt (Vgl. BGHZ 108, 237, 239; BGH, Urt. v. 26. Juni 1957 – V ZR 191/55, WM 1957, 979 f.; Urt. v. 29. März 1961 – V ZR 179/59, WM 1961, 691 f.; Urt. v. 5. November 1976 – V ZR 5/75, WM 1977, 17, 18 a.E.). Darauf können der Widerspruch gegen den Teilungsplan (§ 115 Abs. 1 ZVG) und die Widerspruchsklage (§ 878 ZPO) gestützt werden, mit dem Ziel, die Beklagte zur entsprechenden Abtretung des Anspruchs auf den Erlös anzuhalten. Unstreitig diente hier die Grundschuld in Höhe von 84.246,40 DM nicht mehr zur Sicherung einer Forderung der Beklagten.
Die erst später ausgebrachte Pfändung des Rückgewähranspruchs durch das Finanzamt in F. wäre ins Leere gegangen (vgl. RGZ 143, 113, 116; BGHZ 96, 324, 332; BGH, Urt. v. 2. Oktober 1957 – V ZR 212/55, LM § 313 BGB Nr. 14 a.E.).
2. Das Bestreiten der Beklagten, daß die Abtretung vor dem 29. Juli 1987 erfolgt sei, ist erheblich.
a) Die auf §§ 321 Abs. 1, 309 Abs. 1 AO gestützte Pfändungsverfügung des Finanzamts war, soweit bisher dargetan, inhaltlich genügend bestimmt. Der Senat kann sie als Hoheitsakt selbst auslegen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 26. Januar 1983 – VIII ZR 258/81, WM 1983, 217 unter II 2 m. N.; Senatsurt. v. 9. Juli 1987 – IX ZR 165/86, WM 1987, 1311, 1312; v. 28. April 1988 – IX ZR 151/87, WM 1988, 950, 951).
Ein Pfändungsbeschluß muß die gepfändete Forderung und ihren Rechtsgrund so genau bezeichnen, daß bei verständiger Auslegung unzweifelhaft feststeht, welche Forderung Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein soll, das heißt, daß die gepfändete Forderung eindeutig identifiziert und von anderen unterschieden werden kann (BGH, Urt. v. 28. April 1965 – VIII ZR 113/63, LM § 857 ZPO Nr. 8 auf Bl. 2). Der Bestimmtheit bedarf es nicht nur für die unmittelbar Beteiligten, sondern ebenso für andere Personen, insbesondere für weitere Gläubiger, die möglicherweise pfänden wollen. Für diese muß aus dem Pfändungsbeschluß selbst erkennbar sein, welche Forderung gepfändet worden ist, ohne daß sie auf die Möglichkeit verwiesen werden können, notwendige Angaben aus anderen Unterlagen oder Umständen außerhalb des Pfändungsbeschlusses zu ergänzen (BGHZ 93, 82, 83 f, Senatsurt. v. 9. Juli 1987 – IX ZR 165/86, a.a.O.). Dazu muß das Rechtsverhältnis, aus dem die Forderung hergeleitet wird, wenigstens in allgemeinen Umrissen angegeben werden. Hierbei sind Ungenauigkeiten unschädlich, sofern sie sonst keinen Zweifel begründen, welche bestimmte Forderung gemeint ist (BGH, Urt. v. 25. Januar 1961 – VIII ZR 22/60, LM § 829 ZPO Nr. 5; Urt. v. 28. Februar 1975 – V ZR 146/73, a.a.O. auf S. 981 unter II; Urt. v. 26. Januar 1983 – VIII ZR 158/81, a.a.O. unter II 1; Senatsurt. v. 28. April 1988 – IX ZR 151/87 a.a.O.; BAG NJW 1962, 1221 unter 1).
In der Pfändungsverfügung vom 27. Juli 1987 hatte das Finanzamt den Schuldner und die Drittschuldnerin angegeben sowie ausdrücklich den hier fraglichen Rückgewähranspruch bezüglich der Grundschuld als gepfändet bezeichnet. Diese war als Post III Nr. 3 im Grundbuch Bd. 106 B. 2759 des Amtsgerichts H. hinreichend konkretisiert. Es fehlte lediglich die Angabe der Gemarkung („K.”). Diese Unvollständigkeit war jedenfalls für den rein schuldrechtlichen Rückgewähranspruch nach dem derzeitigen Sachstand unschädlich, weil es ausgeschlossen erscheint, daß der Beklagten mehrere Grundschulden zustanden, die in einem Grundbuch des Amtsgerichts H. mit der angegebenen Bezeichnung eingetragen waren. Dann stand die von der Pfändung betroffene Grundschuld nicht nur für die unmittelbar Beteiligten, sondern auch für Dritte als die einzige fest, auf welche die Angaben zutrafen. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem in BGHZ 13, 42, 43 f. entschiedenen, in welchem der Rechtsgrund überhaupt nicht näher umschrieben war; hier geht es hingegen um die Frage, ob der im einzelnen umschriebene Rechtsgrund theoretisch auf mehrere Einzelforderungen mit gleichartigem Entstehungsgrund und Inhalt zutreffen könnte. Diese Frage kann auch aus der Sicht Drittbetroffener bei lebensnaher Betrachtungsweise ohne weiteres zuverlässig geklärt werden. Weitergehende Anforderungen, die Dritten jede eigene, mit theoretischen Ungewißheiten verbundene Nachprüfung abnehmen, können an die Identifizierung des gepfändeten Rechts nicht gestellt werden, weil der Gläubiger in der Regel die Verhältnisse des Schuldners nur oberflächlich kennt (vgl. Senatsurt. v. 28. April 1988 – IX ZR 151/87, a.a.O.).
Entgegen der Auffassung des Klägers brauchte das Finanzamt nicht den Grundschuldbrief mitzupfänden. Denn Pfandobjekt war nicht die Grundschuld selbst, sondern ein bloß schuldrechtlicher Rückgewähranspruch des Schuldners (vgl. dazu schon BGH, Urt. v. 24. März 1959 – VIII ZR 177/58, LM § 857 ZPO Nr. 4 unter II 2 d; Urt. v. 29. März 1961 – V ZR 171/59 a.a.O.; Stöber, Forderungspfändung 9. Aufl. Rdn. 1889 über Fußn. 25). Auch die §§ 1192 Abs. 1, 1179 a BGB hinderten, anders als der Kläger meint, die Pfändung aus den oben zu 1 a genannten Gründen nicht. Die Pfändung brauchte endlich nicht im Grundbuch vermerkt zu werden.
Eine erst später vereinbarte Abtretung des bereits gepfändeten Rückgewähranspruchs an den Kläger wäre gegenüber der Finanzverwaltung unwirksam geblieben (§ 136, 135 Abs. 1 Satz 1 BGB).
b) Die Beklagte ist befugt, den vom Finanzamt gepfändeten Rückgewähranspruch im vorliegenden Rechtsstreit im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft geltend zu machen. Nach üblichen Gepflogenheiten hätte die Finanzverwaltung den gepfändeten und an sich überwiesenen Rückgewähranspruch selbst durch Widerspruch im Verteilungstermin geltend machen können (vgl. dazu Stöber, Forderungspfändung 9. Aufl. Rdn. 1910) und müssen. Die beklagte Bank als Drittschuldnerin hätte diesen Widerspruch insoweit, wie ihre Grundschuld nicht mehr valutiert war, anerkennen können (§ 876 Satz 2 ZPO). In diesem Falle hätte das Versteigerungsgericht den entsprechenden Erlösanteil zugunsten der Finanzverwaltung oder des – ebenfalls widersprechenden – Klägers hinterlegen müssen; dieser hätte die Widerspruchsklage dann gegen das Land Hessen richten müssen. Wenn stattdessen die Beklagte sich bereitgefunden hat, die Interessen der Finanzverwaltung – auch ohne deren förmlichen Widerspruch im Verteilungsverfahren – im Rahmen der gegenwärtigen Widerspruchsklage wahrzunehmen, so ist das aus Rechtsgründen nicht unwirksam. Die Beklagte hat ein eigenes sachliches Interesse an dieser Rechtsverteidigung, weil ihr aufgrund der Pfändung verboten ist, an den Schuldner oder seinen Rechtsnachfolger, das heißt den Kläger, zu leisten (§ 309 Abs. 1 AO). Als dinglich Berechtigte war sie, unabhängig von der Höhe ihrer gesicherten Forderung, in jedem Falle im vorliegenden Teilungsplan zu berücksichtigen (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG und dazu Stöber a.a.O. Rdnr. 1909). Sie konnte besorgen, daß sie durch ein Anerkenntnis des Widerspruchs des Klägers (§ 876 Satz 2 ZPO und nachfolgend § 307 ZPO) nicht von ihrer etwaigen Zahlungspflicht gegenüber der Finanzverwaltung frei würde. Diesem Risiko darf sie im Rahmen ihrer Rechtsverteidigung gegenüber der rein schuldrechtlich begründeten Klage entgegenwirken. Die erforderliche schriftliche Ermächtigung an die Beklagte, den gepfändeten Rückgewähranspruch verteidigungsweise materiellrechtlich geltend zu machen, hat die Finanzverwaltung spätestens dadurch erteilt, daß sie dem Rechtsstreit als Nebenintervenientin auf seiten der Beklagten beigetreten ist; auf die bestrittene Behauptung der Beklagten, mit Schreiben des Finanzamts vom 19. August 1988 ermächtigt worden zu sein (S. 4 und 5 ihres Schriftsatzes vom 29. Mai 1989), kommt es deshalb nicht mehr entscheidend an. Zwar ist ihr Antrag nicht darauf gerichtet, daß der hinterlegte Betrag unmittelbar an den Pfändungspfandgläubiger auszukehren ist. Ob das schon wegen der Besonderheiten der Widerspruchsklage unschädlich ist, braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden. Denn jedenfalls hat der Pfändungspfandgläubiger auch diese Fassung des Antrags gebilligt, indem er sich ihm im Prozeß angeschlossen hat. Damit ist eine – nur im Innenverhältnis treuhänderisch gebundene – Einziehungsermächtigung (§ 185 BGB) verknüpft.
Schutzwürdige Rechte des Klägers werden durch diese prozessuale Gestaltung nicht beeinträchtigt. Eine Widerspruchsklage gegen die Beklagte blieb ihm nur erspart, wenn diese seinen Widerspruch anerkannte; darauf hatte er, erst recht nach der Pfändung des Finanzamts, keinen Anspruch. Andererseits hätte das Land Hessen sein Pfändungspfandrecht nicht schon dadurch materiell verloren, daß es einen Widerspruch im Verteilungstermin unterließ. Es hätte den Kläger gegebenenfalls mit einer Bereicherungsklage auf Auszahlung in Anspruch nehmen können (§ 115 Abs. 1 Satz 2 ZVG; § 878 Abs. 2 ZPO; § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Gegenüber dem Schuldner als Treugeber endlich handelt die Beklagte nicht treuwidrig, indem sie sich auf die gegen jenen gerichtete Vollstreckungsmaßnahme in dieser Weise prozessual einstellt.
3. Das Berufungsgericht wird daher nunmehr die vom Kläger für den Zeitpunkt der Abtretung benannten Zeugen vernehmen müssen.
Fundstellen
Haufe-Index 609806 |
ZBB 1991, 268 |