Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. März 1979 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin schloß Ende 1976/Anfang 1977 mit 27 Personen atypische stille Gesellschaftsverträge zur Finanzierung des Films „NAKED SUN”, der unter Carlo Ponti mit internationalen Stars gedreht werden sollte. Der Beklagte übernahm durch seine Beitrittserklärung vom 21. Dezember 1976 eine Beteiligung in Höhe von 100.000 DM und verpflichtete sich, diesen Betrag sowie 5 % Agio bis 10. März 1977 zu zahlen. Die Leistung sollte auf ein Treuhandkonto der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Dr. T … GmbH erfolgen, die die Beträge unter bestimmten Voraussetzungen – insbesondere erst nach Zeichnung in Höhe des vorgesehenen Eigenkapitals von 7, 8 Mio. DM und Vorlage der die Fremdfinanzierung sichernden Vorträge – an die Klägerin weiterzuleiten hatte. Außerdem hatten nach dem Inhalt des Gesellschaftsvertrages und des Treuhandvertrages die Gesellschafter der Klägerin im Interesse der stillen Gesellschafter ihre Geschäftsanteile an die Treuhandgesellschaft abgetreten.
Die im Jahre 1976 begonnene Filmproduktion wurde 1977 gestoppt, nachdem das zuständige Finanzamt aus urheberrechtlichen Gründen Bedenken gegen die Herstellereigenschaft der Klägerin geäußert hatte. Anfang Juli 1977 beschloß die Mehrheit der Gesellschafter in einer schriftlichen Abstimmung, anstelle des Films „NAKED SUN” den Film „I tried to live” herstellen zu lassen. Dieses Vorhaben wurde in der Folgezeit verwirklicht. Die Urheberrechte und die bereits fertiggestellten Teile des Films „NAKED SUN” wurden verkauft. Mit Schreiben vom 1. März 1978 hat die Klägerin das Treuhandverhältnis mit der Dr. T … GmbH gekündigt.
Der Beklagte weigert sich, die Einlage nebst Agio zu zahlen. Er hat behauptet, Anfang Juni 1977 das Gesellschaftsverhältnis gekündigt zu haben. In der Klageerwiderung vom 18. September 1978 hat er außerdem „vorsorglich den Rücktritt von dem Gesellschaftsvertrag” erklärt. Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 105.000 DM nebst Zinsen verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen.
Mit der Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
I.
Das Berufungsgericht geht davon aus, der Beklagte sei mit der Folge stiller Gesellschafter geworden, daß die Verpflichtung zur Zahlung der Einlage und des Agio entstanden sei. Die Klage sei aber deshalb unbegründet, weil die Klägerin das Treuhandverhältnis zu der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Dr. T … GmbH gekündigt habe. Das Bestehen der Treuhandschaft sei – als Sicherung für die vertragsmäßige Verwendung der von den stillen Gesellschaftern eingezahlten Mittel – wesentliche Voraussetzung für die von den Gesellschaftern übernommene Einlageverpflichtung gewesen. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Nach § 5 des Treuhandvertrages, in den der Beklagte durch seine Beitrittserklärung vom 21. Dezember 1976 eingetreten ist, sollte das Treuhandverhältnis mit Abschluß des Beitrittsvertrages beginnen und durch Kündigung des Treugebers oder Treuhänders enden. Die Kündigung durch die Klägerin konnte deshalb dieses Treuhandverhältnis nicht beenden. Das folgt nicht zuletzt auch daraus, daß das Treuhandverhältnis gerade zur Sicherung der Interessen der stillen Gesellschafter begründet wurde.
2. Die Klägerin hat unter Vorlage entsprechender Urkunden (vgl. insbesondere Anl. 17, 19 und 21) behauptet, schon Ende 1976 sei das für das Filmvorhaben erforderliche Eigenkapital hundertprozentig gezeichnet und die Gesamtfinanzierung gesichert gewesen. Damit wären im wesentlichen die Voraussetzungen erfüllt gewesen, unter denen der Treuhänder die auf dem Treuhandkonto angesammelten Beträge freizugeben und an die Klägerin weiterzuleiten hatte (vgl. § 6 Nr. 5 des Gesellschaftsvertrages, § 4 des Treuhandvertrages und vorletzter Absatz der Beitrittserklärung des Beklagten). Dieser müßte sich den Umstand, daß der mit der Einrichtung des Treuhandkontos verfolgte Schutzzweck weggefallen wäre, mit der Folge entgegenhalten lassen, daß er die fälligen Zahlungen nicht mit der Begründung des Berufungsgerichts verweigern könnte.
3. Einer abschließenden Entscheidung dieser Fragen bedarf es nicht, weil das Gesellschaftsverhältnis inzwischen so tiefgreifend umgestaltet worden ist, daß für das Tätigwerden des ursprünglichen Treuhändern kein Raum mehr bleibt. Vor allem muß beim gegenwärtigen Prozeßstand davon ausgegangen werden, daß der Beklagte schon vor Beendigung des Treuhandverhältnisses das Gesellschaftsverhältnis aufgelöst hatte und deshalb nicht mehr auf Zahlung der Einlage in Anspruch genommen werden könnte, sondern nur noch – entsprechend den nachstehenden Ausführungen zu II – auf das, was sich aus einer Auseinandersetzungsrechnung zu seinen Lasten ergibt.
II.
1. Aus dem Gesellschaftsvertrag folgt, daß die stillen Gesellschafter, die sich an dem Handelsgeschäft der Klägerin beteiligt haben, auch untereinander verbunden sind. Sie haben ihre gemeinsamen Belange und Rechte im wesentlichen durch einen Beirat oder durch Mehrheitsbeschlüsse wahrzunehmen, die in einer Gesellschafterversammlung gefaßt werden, an der auch die Klägerin als Inhaberin den Handelsgeschäfts mitwirkt (vgl. insbes. die §§ 4, 5, 7, 8, 9). Diese Besonderheiten führen jedoch nicht dazu, daß der einzelne stille Gesellschafter in der Ausübung seiner Kündigungsrechte eingeschränkt ist. Das folgt schon aus den Bestimmungen den § 11 des Gesellschaftsvertrages, wonach jeder stille Gesellschafter die Gesellschaft, „erstmalig jedoch zum 31. Dezember 1984”, mit der Folge seines Ausscheidens kündigen kann. Es ergibt sich auch daraus, daß das Kündigungsrecht des einzelnen Gesellschafters nur im Rahmen der §§ 339, 132 HGB, § 723 BGB eingeschränkt werden könnte. Aus der Anwendbarkeit den § 723 BGB folgt weiter, daß der einzelne Gesellschafter bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht – wie bei der offenen Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft – auf die Auflösungsklage nach § 133 HGB verwiesen werden, sondern seine Beteiligung schon aufgrund einer einfachen Kündigungserklärung beendigen kann. Von dieser Rechtslage geht offenbar auch die Bestimmung § 11 Nr. 4 Satz 4 des Gesellschaftsvertrages aus, wonach die Abfindungsregelung auch gilt, „wenn ein Gesellschafter aufgrund einer Kündigung aus wichtigem Grunde ausscheidet”.
2. Nach dem unter Beweis gestellten Vorbringen den Beklagten ist mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen, daß dieser das mit der Klägerin eingegangene stille Gesellschaftsverhältnis wirksam aus wichtigem Grunde gekündigt hat.
Mit Schriftsatz vom 18. September 1978 und vom 5. März 1979 hat der Beklagte vorgetragen, er habe den Finanzberater T … (der die Beteiligung vermittelt hat) zur Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses aufgefordert, als das Filmprojekt „NAKED SUN” „ins Wasser gefallen” sei. T … habe diese Kündigung gegenüber der Klägerin Anfang Juni 1977 ausgesprochen.
Ein wichtiger Grund zur Kündigung würde sich jedenfalls daraus ergeben, daß der Gesellschaftsvertrag ohne Zustimmung den Beklagten wesentlich geändert worden ist und die Klägerin den Geschäftsbetrieb auf der Grundlage des so umgestalteten Gesellschaftsverhältnisses fortgeführt hat:
Der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag sah vor (§ 1 Nr. 3)9 daß sich der stille Gesellschafter mit seiner Einlage nur an dem Filmprojekt „NAKED SUN” beteiligt; es heißt dort ausdrücklich, daß er „am Gewinn und Verlust des weiteren Filmprojekts nicht beteiligt ist”. Demgegenüber hat die Klägerin mit der Mehrheit der stillen Gesellschafter beschlossen, die Bestimmung dahin zu ändern, daß diese auch an dem Filmprojekt „I tried to live” beteiligt sind, und das Geschäft seit Juli 1977 in der Weise fortgeführt, daß sie das alte Filmprojekt ganz aufgab und nur das neue durchführte; sie hat sich als atypische stille Gesellschafterin mit einer Einlage von 4.250.000 DM an der das neue Filmprojekt durchführenden Verwaltungsgesellschaft mbH beteiligt.
Hierbei bedarf es keiner Entscheidung, ob die Grundsätze des Senatsurteils vom 13. März 1978 (BGHZ 71, 53) auch auf Fälle dieser Art übertragen werden können und dementsprechend der Gesellschafterbeschluß über die Umgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses wirksam ist, insbesondere auch die notwendige Mehrheit erhalten hat. Sollte der Gesellschafterbeschluß wirksam und für alle stillen Gesellschafter bindend sein, folgte das Recht des Beklagten, das Gesellschaftsverhältnis sofort zu beenden, aus den Grundsätzen dieser Entscheidung (vgl. insbes. BGHZ 71, 61). Andernfalls stünde ihm ein außerordentliches Kündigungsrecht deshalb zu, weil ihm wegen der tatsächlich erfolgten Umgestaltung des Geschäftsbetriebes die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses nicht zugemutet werden könnte.
In diesen Fällen wäre allerdings Voraussetzung für ein sofortiges Ausscheiden des Beklagten, daß er in angemessener Zeit seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, die Bindung an die Gesellschaft zu beenden. Angesichts des engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs mit der im Juni 1977 (angeblich) ausgesprochenen Kündigung, erscheint es jedoch nicht ausgeschlossen, diese Tatsachen schon bei der Beurteilung der Frage, ob diese Kündigung durchgreift, zu berücksichtigen. Es bedarf insoweit weiterer tatsächlicher Feststellungen, insbesondere zum Inhalt der behaupteten Kündigungserklärung vom Juni 1977.
III.
Danach hätte der Beklagte das Gesellschaftsverhältnis beendet. Er schuldete die Einlage nicht mehr, sondern nur noch das, was sich zu seinen Lasten aus der Auseinandersetzungsrechnung ergibt.
Diesem Anspruch könnte der Beklagte nicht entgegensetzen, wie die Revisionserwiderung meint, die Klägerin habe mit der Klage nur die Einlageforderung geltend gemacht. Sie übersieht dabei, daß die Klägerin in den Vorinstanzen (vgl. insbes. den Schriftsatz vom 24.10.1978 mit den Anl. 17 und 24 und die Berufungsbeantwortung vom 23.2.1979) vorgetragen hat, der Beklagte sei auch für den Fall der Kündigung von seiner Zahlungsverpflichtung nicht freigekommen; nach den Bilanzen von 1976 und 1977 sei der Beklagte mit 162.624 DM und 165.440 DM an dem der Gesellschaft entstandenen Verlust beteiligt. Andererseits kann aber auch der Auffassung der Revision der Klägerin nicht gefolgt werden, die Klage sei deshalb begründet, weil aus diesen Bilanzen folge, daß der Negativsaldo des Beklagten die Einlage nebst Agio übersteige. Die Jahresbilanzen sagen in dieser Hinsicht schon deshalb nichts aus, weil ihre Bewertungsmaßstäbe nicht mit der Regelung des § 11 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages übereinstimmen, wonach dann, „wenn ein Gesellschafter aufgrund einer Kündigung aus wichtigem Grunde ausscheidet”, eine Auseinandersetzungsbilanz zu erstellen ist, in der die stillen Reserven aufzulösen sind. Die Revision übersieht insoweit auch, daß die Klägerin in ihrem Rundschreiben vom 1. Juli 1977 den Gesellschaftern mitgeteilt hat: „Die noch vorhandenen Mittel aus „NAKED SUN” reichen aus, um das neue Projekt voll zu finanzieren (s. Anl. 2 Statusrechnung). Somit ist eine Mehrbelastung der Gesellschafter ausgeschlossen”. Die Klägerin konnte sich offenbar deshalb auch mit einer stillen Einlage in Höhe von 4.250.000 DM an dem Filmprojekt „I tried to live” beteiligen. Schließlich ergibt sich aus dem Protokoll der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 1. Dezember 1978, daß beim Verkauf der Rechte und des Filmtorsos von „NAKED SUN” „ein über das erste Angebot hinausgehender günstiger Abschluß erreicht werden konnte”.
Für die Entscheidung den Rechtsstreite kommt es deshalb darauf an festzustellen, ob und wann der Beklagte das Gesellschaftsverhältnis beendet hat und ob sich für diesen Zeitpunkt aufgrund einer Auseinandersetzungsbilanz – oder einem anderen Rechenwerk, das einer Auseinandersetzungsbilanz gleichkommt – ergibt, daß sein Kapitalanteil negativ ist. Zu diesem Zwecke ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen