Verfahrensgang
OLG Zweibrücken (Urteil vom 08.10.1968) |
Tenor
Die Revision des Klägers und die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 8. Oktober 1968 werden zurückgewiesen.
Die Kosten der Revisionsinstanz fallen zu 2/5 dem Kläger und zu 3/5 der Beklagten zur Last.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der am … 1900 geborene Kläger wurde mit Wirkung vom 1. April 1963 zum alleinigen ordentlichen Vorstandsmitglied der Beklagten bestellt, die damals die Rechtsform einer Aktiengesellschaft hatte. Der zunächst bis zum 31. Dezember 1966 befristete Anstellungsvertrag wurde am 1. Oktober 1964 neu gefaßt und bis zum 31. Dezember 1968 verlängert. Nach diesem Vertrag standen dem Kläger ein Gehalt von monatlich 4.750 DM und eine mit mindestens 1.750 DM monatlich garantierte Tantieme zu. Mit dem 1. Januar des Jahres, das dem Vollenden des 65. Lebensjahres folgte, oder bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit sollte der Kläger eine Pension beanspruchen können. Diese auf monatlich 1.750 DM bemessene Pension sollte sich mit jedem Jahr aktiver Tätigkeit um 10 % erhöhen, mindestens aber 50 % des jeweils bei der Beklagten an das leitende Vorstandsmitglied gezahlten Gehalts betragen. Außerdem sicherte die Beklagte dem Kläger den Abschluß einer Unfallversicherung und für den Fall seines Ablebens ein Witwengeld zu.
Die Aktienmehrheit der Beklagten befand sich seit 1961 zunächst im Besitz der Johannes H. AG, die zur Gruppe M. gehörte. Zwischen dieser und der Beklagten bestand ein Organschaftsvertrag, wonach die Beklagte ihren Gewinn abzuführen, die Johannes H. AG dagegen Verluste der Beklagten abzudecken hatte und außerdem den Minderheitsaktionären der Beklagten eine Dividende von mindestens 10 % jährlich zu gewähren versprach. Der Organschaftsvertrag wurde, nachdem er vom Finanzamt nicht anerkannt worden war, Ende 1963 aufgehoben; dabei blieben jedoch die Verpflichtungen der Muttergesellschaft zur Verlustdeckung für 1962 und 1963 und zur Zahlung einer Mindestdividende aufrechterhalten. Diese Verpflichtungen wurden vom 1. Januar 1964 an von der ebenfalls zur M.-Gruppe gehörigen Grottfried L. AG übernommen, die als Mehrheitsaktionärin der Beklagten an die Stelle der Johannes H. AG getreten war.
Durch den Ende November 1964 eröffneten Konkurs über das Vermögen der Johannes H. AG blieben von der Beklagten verauslagte Dividendenbeträge für 1961 und 1962 mit insgesamt (16.850 + 49.880 =) 66.730 DM ungedeckt. Im Geschäftsbericht für 1963, der in der Hauptversammlung vom 22. Dezember 1964 erörtert wurde, kündigte die Beklagte ihren freien Aktionären auf Grund der Dividendengarantie des jetzigen Mehrheitsaktionärs wiederum die Ausschüttung einer Dividende von 10 % an; infolge dieser Ankündigung, die am 6. Januar 1965 im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde, wurden von Ende Dezember 1964 bis April 1965 zu Lasten der Beklagten brutto 49.880 DM ausgezahlt. Am 17. Februar 1965 ging die Gottfried L. AG in Konkurs. Bis dahin hatte sie durch laufende Zahlungen an die Beklagte im Jahre 1964 deren vollen Verlust des Jahres 1963 mit über 831.000 DM, aber nicht die von ihr garantierte Dividende abgedeckt.
Am 19. Februar 1965 erwarb Dr. G. für die Eisenwerke K. GmbH die Aktienmehrheit der Beklagten. Er vergrößerte diese Beteiligung in der folgenden Zeit noch erheblich. In der Hauptversammlung der Beklagten vom 21. Juli 1965, in der die mit einem Verlust von 1.175.000 DM abschließende Bilanz für 1964 vorlag, wurde der Kläger wegen seiner Geschäftsführung und wegen optimistischer Äußerungen in der Hauptversammlung vom 22. Dezember 1964 heftig angegriffen. Ihm wurde bei Stimmenthaltung des Mehrheitsaktionärs die Entlastung verweigert. Im Anschluß an diese Versammlung trat der neugewählte Aufsichtsrat unter dem Vorsitz Dr. G. in Abwesenheit eines Mitglieds zusammen.
Mit Schreiben vom 25. August 1965 teilte Dr. G. dem Kläger mit, der Aufsichtsrat sehe sich veranlaßt, seine Bestellung zum Vorstand zum 30. September 1965 zu widerrufen und zum gleichen Zeitpunkt den Dienstvertrag vorzeitig zu lösen. In dem Schreiben wurde die Geschäftsführung des Klägers beanstandet und ihm u.a. vorgeworfen, er habe in der Hauptversammlung vom 22. Dezember 1964 die Lage der Gesellschaft in verschleierter, wenn nicht wahrheitswidriger Weise dargestellt und im Februar 1965 eine Bilanz für 1964 vorgelegt, die anstelle des damals schon feststehenden Verlustes einen Gewinn ausgewiesen habe. Der Kläger widersprach der Kündigung und machte weiterhin Gehaltsansprüche geltend. Nachdem er im Laufe dieses Rechtsstreits ausgeführt hatte, der Kündigung liege kein ordnungsmäßiger Aufsichtsratsbeschluß zugrunde, stellte der Aufsichtsrat der Beklagten in einer Sitzung vom 9. März 1966 fest, er habe seinen Vorsitzenden am 21. Juli 1965 ermächtigt, den Vertrag mit dem Kläger zu lösen. Für den Fall, daß dieser Beschluß als unwirksam angesehen werde, beschloß er erneut die fristlose Kündigung. Diesen Beschluß teilte Dr. G. dem Beklagten in einem am folgenden Tag zugegangenen Brief mit dem Bemerken mit, daß ihm die Gründe bereits bekannt seien.
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten Gehalt und Tantieme für die Monate Oktober 1965 bis Juli 1966 in Höhe von je 6.500 DM = insgesamt 65.000 DM mit Zinsen. Er hält die gegen ihn erhobenen Vorwürfe für unbegründet und die Kündigung aus förmlichen und sachlichen Gründen für unwirksam.
Die Beklagte hat um Klagabweisung gebeten und widerklagend beantragt,
- den Kläger zur Zahlung von 116.610 DM mit Zinsen zu verurteilen,
- festzustellen, daß dem Kläger auch für die Zeit seit August 1966 keine Vergütungs-, Tantieme- und Pensionsansprüche zustünden, daß sie für ihn keine Unfallversicherung mehr zu unterhalten und nach seinem Tode keine Witwenrente zu zahlen brauche.
Die Beklagte hat die vorzeitige Lösung des Anstellungsverhältnisses, außer auf die im Kündigungsschreiben vom 25. August 1965 mitgeteilten Gründe, auch darauf gestützt, daß der Kläger sie durch die leichtfertige Auszahlung von Dividendenbeträgen vor Bereitstellung der hierfür benötigten Mittel durch die Garantieträger geschädigt habe. Ihr daraus hergeleiteter Schadensersatzanspruch ist Gegenstand des ersten Widerklageantrags. Hilfsweise hat die Beklagte diesen Anspruch gegen die Klageforderung aufgerechnet.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, der Widerklage auf Zahlung unter Abweisung des weitergehenden Anspruchs in Höhe von 78.843 DM stattgegeben und die von der Beklagten begehrte Feststellung getroffen. Das Oberlandesgericht hat durch ein rechtskräftig gewordenes Teilurteil den Zahlungsanspruch der Widerklage abgewiesen, soweit er 49.880 DM übersteigt. Im Schlußurteil hat es alsdann die Beklagte verurteilt, an den Kläger 32.767,33 DM mit Zinsen zu zahlen. Auf die Widerklage hat es den Kläger zur Zahlung von 37.364 DM mit Zinsen verurteilt sowie festgestellt, daß dem Kläger auch für die Zeit seit dem 1. August 1966 keine Vergütungs- und Tantiemeansprüche gegen die Beklagte zustünden und daß diese für ihn keine Unfallversicherung mehr zu unterhalten brauche. Die darüber hinausgehenden Klage- und Widerklageansprüche hat es abgewiesen.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Revision eingelegt. Der Kläger verfolgt seinen vollen Gehaltsanspruch und seinen Antrag auf gänzliche Abweisung der Widerklage weiter, während die Beklagte die volle Abweisung der Klage erstrebt und ihre durch das Teilurteil noch nicht erledigten Widerklageanträge weiterhin geltend macht, soweit sie abgewiesen wurden. Beide Parteien bitten außerdem, das Rechtsmittel des Gegners zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Aus rechtlich fehlerfreien Erwägungen hält das Berufungsgericht die Kündigung vom 25. August 1965 für nichtig.
1. Über den Anstellungsvertrag eines Vorstandsmitglieds und damit auch über seine Kündigung entscheidet der Aufsichtsrat in seiner Gesamtheit (§ 75 Abs. 1 Satz 4 AktG 1937 = § 84 Abs. 1 Satz 4 AktG 1965; BGHZ 12, 327, 333; 41, 382, 385), Zu einer solchen Entscheidung war es hier, wie das Berufungsgericht feststellt, bis zu dem Kündigungsschreiben vom 25. August 1965 nicht gekommen. Das Berufungsgericht würdigt das Beweisergebnis in Übereinstimmung mit dem Landgericht dahin, die im Anschluß an die Hauptversammlung vom 21. Juli 1965 zusammengekommenen Aufsichtsratsmitglieder seien sich zum Teil gar nicht darüber im klaren gewesen, ob sie außer über den Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied auch über eine Kündigung abschließend entschieden. Eine förmliche Abstimmung habe nicht stattgefunden. Zwar habe der Vorsitzende Dr. G. den Erörterungen entnommen, einer Kündigung werde grundsätzlich zugestimmt und nur ihr Zeitpunkt solle auf Ende September 1965 verschoben werden. Das sei aber ein Irrtum. Das Aufsichtsratsmitglied Professor Dr. W. habe eine sofortige Kündigung mit der Folge, daß der Kläger alle Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag verloren hätte, gerade nicht gewollt, sondern den Standpunkt vertreten, man solle die Sache nicht übers Knie brechen und bis etwa Ende September warten; damit habe er eine nochmalige Beratung und spätere Abstimmung gemeint. Mindestens zwei weiteren Aufsichtsratsmitgliedern sei der Unterschied zwischen der Abberufung als Vorstand und der Kündigung des Anstellungsverhältnisses überhaupt unklar geblieben.
Mit dem Versuch, diese tatrichterliche Beweiswürdigung durch ihre eigene zu ersetzen, kann die Revision der Beklagten nicht durchdringen. Rechtlich sind die Ausführungen des Berufungsgerichts fehlerfrei. Wenn, wie festgestellt, ein Teil der Aufsichtsratsmitglieder sich überhaupt nicht bewußt gewesen ist und demgemäß auch nicht den Willen zum Ausdruck gebracht hat, über eine Kündigung alsbald zu entscheiden, entfällt ein Beschluß des Aufsichtsrats.
2. Aufsichtsratsbeschlüsse können nur ausdrücklich, nicht stillschweigend gefaßt werden (BGHZ 41, 282, 286 m.w.N.). Es ist daher gleichgültig, daß alle Aufsichtsratsmitglieder das Kündigungsschreiben vom 25. August 1965 in Abschrift erhalten und ihm nicht widersprochen haben.
3. Eine Kündigung, der kein wirksamer Aufsichtsratsbeschluß zugrunde liegt, ist nichtig. Ihre rückwirkende Heilung durch einen späteren Beschluß, wie er hier am 9. März 1966 gefaßt wurde, scheidet aus (BGH WM 1968, 570 und 1350 zu II 1, 2). Nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts krankt das Schreiben vom 25. August 1965 nicht daran, daß sein Verfasser sich einer ihm nicht zustehenden Vertretungsmacht berühmt hätte, wie sie nur für den Ausspruch einer vom Aufsichtsrat schon beschlossenen Kündigung, aber nicht für die Beschlußfassung selbst in Frage gekommen wäre (§ 95 Abs. 6 AktG 1937 = § 111 Abs. 5 AktG 1965; BGHZ 41, 282, 285). Der Mangel liegt vielmehr darin, daß der behauptete Aufsichtsratsbeschluß in Wirklichkeit nicht vorlag und damit eine wesentliche Voraussetzung für die Gültigkeit einer Kündigungserklärung überhaupt fehlte. Schon deshalb ist § 180 BGB unanwendbar. Es kommt daher nicht darauf an, ob nach dieser Bestimmung sonst eine Kündigung als Gestaltungserklärung mit rückwirkender Kraft genehmigt werden kann, sofern sie durch einen Nichtberechtigten ausgesprochen wurde.
II. Die Kündigungserklärung vom 10. März 1966 stützte sich auf einen formal ordnungsmäßigen Aufsichtsratsbeschluß vom Vortage. Wie das Berufungsgericht zutreffend darlegt und der Kläger mit seiner Revision zu Unrecht bezweifelt, war diese Erklärung nicht deshalb unwirksam, weil sie, anstatt die einzelnen Gründe noch einmal ausdrücklich anzuführen, auf die Gründe Bezug nahm, die dem Kläger teils durch das frühere Kündigungsschreiben, teils durch die Klageerwiderung der Beklagten vom 17. Januar 1966 bereits bekannt waren (BGHZ 27, 220, 223 ff). Ein etwaiges Kündigungsrecht ist auch nicht verwirkt, da der Kläger angesichts der vom Berufungsgericht aufgezählten Umstände – Wechsel im Besitz der Aktienmehrheit Anfang 1965, Rücktritt des bisherigen Aufsichtsrats, Verweigerung der Entlastung in der nächstfolgenden Hauptversammlung vom 21. Juli 1965 mit alsbald anschließender, wenn auch rechtsungültiger, Kündigung – mit einem Verzicht der Beklagten auf die geltend gemachten Kündigungsgründe nicht rechnen konnte und, wie schon die am 28. Dezember 1965 eingereichte Klage zeigt, tatsächlich nicht gerechnet hat.
Es kommt daher darauf an, ob ein wichtiger Kündigungsgrund gemäß § 626 BGB vorgelegen hat.
1. In der Hauptversammlung vom 22. Dezember 1964 zeichnete der Kläger unstreitig ein verhältnismäßig günstiges Bild von der damaligen Geschäftslage der Beklagten und ihren weiteren Aussichten. So wies er auf gestiegene Umsätze bei gleichzeitigen Kostensenkungen hin und sprach die Hoffnung aus, daß die Geschäftsentwicklung weiterhin positiv verlaufen werde.
Hierzu stellt das Berufungsgericht fest, die Auskünfte des Klägers seien „nicht direkt falsch”, sondern nur unvollständig gewesen, weil sie die nach wie vor negative Gesamtlage der Gesellschaft nicht deutlich wiedergegeben hätten. Tatsächlich seien die Umsätze im Jahre 1964 um rund 50 % gestiegen. Auch die reinen Fertigungskosten böten für 1964 durchschnittlich ein günstigeres Bild als im Vorjahr. Obwohl hiernach die Fertigungsrechnung für 1964 (abgesehen vom Jahresende) überwiegend einen Überschuß zeige, sei zwar infolge der Gemeinkosten-Unterdeckung im Gesamtergebnis noch immer ein Verlust zu verzeichnen gewesen. Immerhin habe sich aber die Fertigungslage wesentlich gebessert gehabt, so daß der eigentliche Betriebsverlust (ohne Berücksichtigung von Abschreibungen und Wertberichtigungen) unter dem des Vorjahres liege.
Zu unrecht wirft die Beklagte mit ihrer Revision dem Berufungsgericht vor, es habe bei diesen Feststellungen den Sachverhalt unrichtig oder unvollständig gewürdigt. Das Zahlenmaterial, auf das sich die Feststellungen stützen, war insoweit im wesentlichen unstreitig, wie inabesondere der erhebliche Umsatzanstieg im Jahre 1964. Der Vortrag der Beklagten gemäß Schriftsatz vom 10. März 1966 mit den beigefügten Unterlagen, auf den sie in der Revision zurückgreift, bezieht sich größtenteils auf Zeiträume und Bilanzansätze, die für die Frage, ob die Angaben des Klägers über die Umsatz- und Kostenentwicklung von 1963 bis Bade 19649 für sich genommen, zutrafen, unerheblich sind. Richtig ist allerdings, daß es ein schiefes Bild ergeben konnte, wenn der Kläger allein diese als positiv gewertete Entwicklung herausstellte, ohne zugleich klar genug hervorzuheben, daß gleichwohl auch für 1964 noch mit einem hohen Bilanzverlust zu rechnen sei. Der stenografische Bericht in der F. Zeitung vom 3. Februar 1965, auf den sich die Beklagte mit ihrer Revision, wie schon in den Vorinstanzen, beruft, enthält aber als Antwort des Klägers auf eine Frage nach dem Ergebnis des Geschäftsjahres 1964 nicht allein die von der Beklagten herausgegriffenen Worte: „Nach der Betriebsabrechnung haben wir im Jahr 1964 mit einem kleinen Gewinn abgeschlossen”, sondern im Zusammenhang damit auch den Hinweis, daß mit Rücksicht auf eine höhere Forderung, die wegen des Konkurses der früheren Mehrheitsaktionärin abzuschreiben war, das Bilanzergebnis gleichwohl noch „in gewissem Umfang defizitär” sein könne. Daraus konnte ein sachkundiger Zuhörer unschwer entnehmen, daß die vom Kläger ausgesprochene Gewinnerwartung nicht das Bilanzergebnis, sondern nur das Ergebnis der Betriebsabrechnungen betraf, wobei freilich nicht zum Ausdruck kam, daß auch dieses Ergebnis für 1964 noch immer negativ ausfiel, wenn man die Gemeinkosten einbezog.
Daß durch die Äußerung des Klägers ingesamt ein zu günstiger Eindruck von der damaligen Geschäftslage der Beklagten entstehen konnte, hat das Berufungsgericht nicht verkannt. Es brauchte daraus aber nicht den Schluß zu ziehen, der Kläger habe, wie die Beklagte meint, die Hauptversammlung und die Öffentlichkeit arglistig und planmäßig getäuscht, wenn er angsichts der gestiegenen Umsätze die Lage und die Aussichten des Unternehmens zuversichtlich beurteilte. Zu einer solchen Folgerung nötigte auch nicht die Tatsache, daß der Kläger zu einem Memorandum des Aktionärs Sa., das von einem „katastrophalen und ruinösen Betriebsergebnis” sprach und das unstreitig Unrichtigkeiten enthielt (Schriftsatz der Beklagten vom 17.1.1966 S. b), im Einvernehmen mit dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden M. die Auffassung vertrat, seine Behandlung in der Hauptversammlung würde eine „eklatante und ausgesprochene Geschäftsschädigung” bedeuten, und es in einem Gespräch mit Saerberg erreichte, daß die öffentliche Behandlung unterblieb. Mit Recht hat das Berufungsgericht dem Kläger zugute gehalten, daß er vor der schwierigen Aufgabe stand, einerseits der Hauptversammlung die Geschäftslage wahrheitsgemäß darzustellen, andererseits zu vermeiden, daß durch eine zu starke Betonung wirtschaftlicher Schwierigkeiten, wie sie zum Teil durch die kritische Lage anderer, seinerzeit mit der Beklagten wirtschaftlich verflochtener Gesellschaften der M.-Gruppe bedingt waren, eine Panik entstand, die den endgültigen Ruin der Beklagten erst herbeiführen konnte.
2. Schwerer beurteilt das Berufungsgericht die Art und Weise, wie der Kläger von einer sogenannten Zwischenbilanz vom 28. Januar 1965 Gebrauch gemacht hat. Dabei handelt es sich trotz der Überschrift „Zwischenbilanz per 31.12.1964” nicht um eine Bilanz im üblichen Sinne, sondern um eine Zwischenübersicht für den innerbetrieblichen Gebrauch. Sie enthält nach den Feststellungen des Berufungsgerichts eine Reihe von Ansätzen und Bewertungen, die in einer echten Bilanz nicht enthalten sein dürften. So ist darin entgegen den Regeln über die Aufstellung einer Handelsbilanz Konstruktionsaufwand ohne Rücksicht darauf aktiviert, ob er sich in bestimmten Aufträgen niedergeschlagen hat oder nicht. Der kalkulatorische Verlust von etwa 34.000 DM aus einem Auftrag IBAG ist nicht berücksichtigt. Zweifelhafte Forderungen gegen Beteiligungsgesellschaften sind voll eingesetzt. Auf diese Weise ergibt sich für 1964 ein Jahresgewinn von rund 26.000 DM, wogegen ein vorliegender Entwurf für eine echte Jahresbilanz einen Verlust von rund 450.000 DM, ein weiterer Entwurf einen solchen von rund 700.000 DM und die endgültige Bilanz schließlich einen solchen von 1.175.000 DM ausweisen.
Wie das Berufungsgericht weiter feststellt, hat der Kläger die „Zwischenbilanz” dem Inhaber der Eisenwerke Kaiserslautern, Dr. G., vorgelegt, kurz nachdem dieser die Aktienmehrheit der Beklagten übernommen hatte. Dabei gab er Erläuterungen, die optimistische Erwartungen auslösten, ohne darauf hinzuweisen, daß es sich entgegen der Überschrift nicht um eine Bilanz im eigentlichen (handelsrechtlichen) Sinne handle, daß zuverlässige Rückschlüsse auf den wirklichen Status aus der Aufstellung nicht gezogen werden könnten, und daß ein solcher Status schon wegen der darin nicht aktivierbaren Konstruktionskosten, unbeschadet weiterer Berichtigungen, um mindestens 400.000 DM nach unten abweichen müßte. Dieses Verhalten entnimmt das Berufungsgericht rechtlich fehlerfrei dem Beweisergebnis und insbesondere der Aussage des Dr. Gl., Es erblickt darin eine Pflichtverletzung des Klägers, die geeignet gewesen sei, das Mißtrauen des neuen Mehrheitsaktionärs und späteren Aufsichtsrats Vorsitzenden Dr. G. zu erregen und damit eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit unmöglich zu machen. Mit der Möglichkeit einer unterschiedlichen Bewertung gewisser Bilanzansätze ließen sich Abweichungen in der hier vorliegenden Größenordnung nicht mehr erklären. Als verantwortlicher Vorstand könne sich der Kläger nicht darauf berufen, der Bilanzentwurf des Prokuristen Mages, der mit einem Verlust von rund 700.000 DM abschließt, sei ihm unbekannt gewesen; er hätte sich über die Sachlage vergewissern müssen. Möge den Kläger wegen der Aufstellung interner „Prognosebilanzen” allein noch kein Vorwurf treffen, so sei ihm jedenfalls zur Last zu. legen, daß er eine solche Übersicht mit der täuschenden Bezeichnung „Zwischenbilanz” gegenüber einem außerhalb des Betriebs Stehenden verwendet habe, ohne diesen, wie es. nötig gewesen wäre, über deren wahren Charakter aufzuklären.
Diese Würdigung hält den Revisionsangriffen beider Parteien stand. Mit Recht hat das Berufungsgericht es für einen schuldhaften Verstoß des Klägers gegen seine Vorstandspflichten erachtet, daß er gegenüber dem neuen Mehrheitsaktionär von der „Zwischenbilanz” in irreführender Weise Gebrauch machte, ohne auf die erheblichen Unterschiede zu einer ordnungsgemäßen handelsrechtlichen Bilanz hinzuweisen, und auf diese Weise einen falschen Eindruck von dem Stand des Unternehmens hervorrief. Soweit die Beklagte mit Verfahrensrügen geltend macht, das Berufungsgericht habe das Verhalten des Klägers noch zu milde beurteilt, sind diese Rügen unbegründet. Das Berufungsgericht konnte im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung das Vorbringen der Beklagten, der Kläger habe die „Zwischenbilanz” noch anderen, außerhalb des Unternehmens stehenden Personen zugänglich gemacht, als richtig unterstellen, ohne daraus dieselben Schlüsse wie die Beklagte zu ziehen.
3. Während das Berufungsgericht eine Schadensersatzpflicht des Klägers wegen der Anfang 1964 für Rechnung der Johannes H. AG verauslagten Dividende für 1961 und 1962 im Betrage von insgesamt 66.730 DM durch ein rechtskräftig gewordenes Teilurteil verneint hat, sieht es einen groben Verstoß gegen die kaufmännische Sorgfalt darin, daß der Kläger im Anschluß an die Hauptversammlung vom 22. Dezember 1964 den Minderheitsaktionären die garantierte Dividende für 1963 mit 49.880 DM zu Lasten der Beklagten auszahlen ließ, bevor vom Schuldner, der Gottfried L. AG, Deckung eingegangen war.
Auch diese Würdigung ist rechtlich fehlerfrei. Wie das Berufungsgericht bereits in seinem Teilurteil im Hinblick auf die hier allein zu erörternde Rechtslage nach dem Aktiengesetz 1937 (zum heutigen Recht vergl. § 304 AktG 1965) zutreffend ausgeführt hat, ist die sogenannte garantierte Dividende nur dem Namen nach eine Dividende, rechtlich aber eine Rente (BGH LM AktG § 256 Nr. 1; Fischer in GroßKomm AktG 2. Aufl. § 54 Nr. 6). Sie wird, soweit ein echter Gewinnanspruch ausscheidet, ausschließlich vom Garantieträger geschuldet. Für diesen darf die Gesellschaft, die selbst keinen Gewinn ausschütten kann, allenfalls dann in Vorlage treten, wenn hinreichende Aussicht auf baldige Erstattung durch den Schuldner besteht (vgl. RGZ 146, 84, 96). Aber unabhängig davon, inwieweit solche Leistungen für Rechnung des Garantieträgers mit Rücksicht auf die §§ 52, 54 AktG 1937 (= § 57 AktG 1965) überhaupt zulässig sind, muß ein Vorstand, der vor der Frage steht, ob er schon vor Eingang der Deckung die Auszahlung veranlassen soll, in jedem Fall die gebotene kaufmännische Vorsicht walten lassen. Dieses Gebot hat der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts verletzt.
Zur Zeit der Hauptversammlung vom 22. Dezember 1964 war bereits bekannt, daß die Johannes H. AG in Konkurs gegangen und damit die für sie von der Beklagten vorgeschossenen Dividendenbeträge praktisch verloren waren. Schon dies hätte der Kläger als eine Warnung betrachten müssen. Er durfte sich nicht mehr ohne weiteres darauf verlassen, die ebenfalls zur Münch-Gruppe gehörige Gottfried L. AG werde die Dividendenbeträge, deren Zahlung sie anstelle der Johannes H. AG übernommen hatte, rechtzeitig bereitstellen oder erstatten, zumal es sich um eine Holding-Gesellschaft handelte und der geschäftliche Erfolg solcher Gesellschaften wesentlich von dem der Beteiligungsgesellschaften abhängt. Zwar haben sowohl der bis Ende November 1964 amtierende Vorstand der Gottfried L. AG, C., als auch dessen Nachfolger M., der damalige Aufsichtsratsvorsitzende der Beklagten, nach ihren vom Berufungsgericht berücksichtigten Aussagen dem Kläger auf wiederholte Antrage versichert, die Beklagte werde das Geld für die Garantiedividende beizeiten bekommen, wovon beide auch Überzeugt gewesen sein wollen. Dabei waren sie aber, wie das Berufungsgericht feststellt, nicht bereit, dem Kläger Auskunft über die finanzielle Lage der Gottfried L. AG zu geben. Tatsächlich hatte die Fachpresse zu dieser Zeit schon mehrfach von wirtschaftlichen Schwierigkeiten innerhalb der M.-Gruppe berichtet, wie dem Kläger bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit nicht entgangen sein kann. Unter diesen Umständen konnte das Berufungsgericht unbedenklich zu der Auffassung kommen, der Kläger habe sich auf die ihm gegebenen Versprechungen nicht verlassen dürfen.
Entgegen den Revisionsausführungen des Klägers hat das Berufungsgericht auch nicht verkannt, daß für die Gottfried L. AG der geschuldete Dividendenbetrag von knapp 50.000 DM, gemessen an ihren sonstigen Verpflichtungen und den bereits zur Verlustdeckung für 1963 an die Beklagte gezahlten Zuschüssen von insgesamt über 831.000 DM, verhältnismäßig gering erscheinen konnte. Das enthob den Kläger aber nicht der Pflicht, selbstverantwortlich und unabhängig von der Meinung des Aufsichtsratsvorsitzenden und Vertreters der Mehrheitsgesellschafterin (vgl. §§ 70 Abs. 1, 84 Abs. 4 Satz 2 AktG 1937) zu prüfen, ob unter den gegebenen Umständen, vor allem auch mit Rücksicht auf die bereits durch den Konkurs der Johannes H. AG erlittenen Verluste, und angesichts der ebenfalls angespannten Geschäftslage der Beklagten in deren Interesse die Bevorschussung eines solchen Betrages vertretbar war. Wie das Berufungsgericht rechtlich fehlerfrei darlegt, waren die bisherigen Zuschußleistungen der Garantieträgerin für den Kläger kein Anlaß zur Beruhigung, sondern mußten im Gegenteil seine erhöhte Aufmerksamkeit wachrufen, weil sie sich, anders als in früheren Jahren, genau auf die Höhe des vertragsgemäß zu deckenden Jahresverlustes beschränkten und nicht auch die Garantiedividende einschlossen.
Erfolglos macht der Kläger mit seiner Revision weiterhin geltend, er hätte lebenswichtige Belange der Beklagten gefährdet, wenn er die rechtlich einwandfreie Forderung der Minderheitsaktionäre auf die garantierte Dividende unerfüllt gelassen hätte, weil die Beklagte dann sogleich in den Ruf des Vertragsbruchs und der Illiquidität geraten wäre. Da die Beklagte, wie die Revision zutreffend ausführt, insoweit nur Zahlstelle war, war sie gegenüber ihren Aktionären mindestens solange nicht zu einer Zahlung verpflichtet, als die Gottfried L. AG die von ihr geschuldeten Beträge nicht zur Verfügung gestellt hatte. Diese allein und nicht die Beklagte traf daher der Vorwurf der Vertragsverletzung, wenn eine Auszahlung unterblieb. Freilich wäre es für den Kläger sehr unangenehm gewesen, gerade die Mehrheitsaktionärin, auf deren Vertrauen er weitgehend angewiesen war, etwa dadurch bloßstellen zu müssen, daß er der Hauptversammlung eröffnete, die garantierte Mindestdividende könne vorerst nicht ausgeschüttet werden, oder indem er gar eine schon angekündigte Auszahlung zurückhielt; dabei ist zu berücksichtigen, daß die Banken auf die im Geschäftsbericht für 1963 enthaltene und in der Hauptversammlung nicht widerrufene Ankündigung den garantierter Betrag bei Vorlage der Dividendenscheine ohne weiteres auszahlten, wenn keine gegenteilige Anweisung kam. Aber selbst wenn sich die Auszahlung nicht bis zum Eingang der von der Gottfried L. AG beizubringenden Mittel aufschieben ließ, ohne ein möglicherweise auch die Beklagte berührendes Aufsehen zu erregen, durfte der Kläger diesen Schritt nicht scheuen, wenn nur auf diese Weise genügend gesichert war, daß die Beklagte vor einem erneuten Verlust bewahrt blieb. Zweifelhaft könnte nur sein, ob dem Kläger, wie das Berufungsgericht meint, insoweit eine grobe Nachlässigkeit vorzuwerfen ist. Jedenfalls aber erlauben es die vom Berufungsgericht festgestellten Umstände nicht, den Kläger von jeder Schuld freizusprechen.
4. In dem Ankauf aller Geschäftsanteile der Gesellschaft für E. mbH, einer Tochtergesellschaft der Johannes H. AG, der die Beklagte zuvor erhebliche Darlehen gegeben hatte und die sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand, sieht das Berufungsgericht eine Maßnahme, die sich zwar rückblickend als ein Fehler erwiesen habe. Für den Kauf seien aber konzernpolitische Überlegungen maßgeblich gewesen, für die der Kläger bei der damaligen Verflechtung der Beklagten mit den übrigen Unternehmen der M.-Gruppe nicht allein verantwortlich gemacht werden könne. Auch diese tatrichterliche Würdigung ist rechtlich einwandfrei. Die Revision der Beklagten vermag sie nicht mit der Erwägung auszuräumen, schon die Darlehensgewährung ohne Sicherheit, die schließlich zu einer Zwangslage hinsichtlich des Ankaufs der Geschäftsanteile geführt habe, sei ein kaufmännischer Fehler gewesen. Auch insoweit können die konzernmäßigen Verflechtungen der Beklagten und der ihr zugesagte Verlustausgleich nicht außer Betracht bleiben; der Zusammenbruch der Johannes H. AG liegt nach Auszahlung der Darlehen.
III. Zusammenfassend legt das Berufungsgericht dem Kläger „einige unterschiedlich zu wertende Fehldispositionen in der Geschäftsführung und eine irreführende Darstellung über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft” zur Last. Obwohl es hiernach die von der Beklagten vorgebrachten Kündigungsgründe in tatsächlicher Hinsicht weitgehend als bestätigt ansieht, hält es sie unter den besonderen Umständen des Falles nicht für ausreichend, den Dienstvertrag fristlos zu kündigen. Dabei geht es, insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats, davon aus, daß Gründe, auf die sich ein Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied stützen läßt, wie insbesondere ein Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung, nicht ohne weiteres zugleich die vorzeitige Kündigung des Dienstverhältnisses zu rechtfertigen brauchen; eine solche setzt vielmehr voraus, daß der Gesellschaft bei sorgfältiger Abwägung aller Umstände und der beiderseitigen Interessen eine Weiterbeschäftigung des Vorstandsmitglieds, gegebenenfalls auch in einer ändern Stellung, bis zum ordentlichen Ablauf des Anstellungsvertrags nicht mehr zugemutet werden kann (BGHZ 15, 71, 75; BGH WM 1966, 968 = LM AktG § 75 Nr. 17; WM 1961, 569, 570; vgl. auch § 626 Abs. 1 BGB i. d. Neufassung v. 14.8.1969).
Im Rahmen einer solchen Abwägung hält das Berufungsgericht dem Kläger sein hohes Alter und die für ihn besonders harten Folgen einer vorzeitigen Vertragsauflösung sowie den Umstand zugute, daß der ihm zur Last gelegte Vertrauensschwund wesentlich auf den Wechsel der Aktienmehrheit und den dadurch bedingten Wandel in der Geschäftspolitik zurückzuführen sei. Deshalb sei an sich eine Weiterbeschäftigung des Klägers in untergeordneter Stellung zu erwägen gewesen, die aber mit Rücksicht auf das Alter des Klägers ausscheide. Da hiernach weitere Dienstleistungen des Klägers sowohl für ihn als auch für die Beklagte nicht mehr zumutbar seien, bleibe als einzige Lösung, daß der Kläger auf die Kündigung hin in den Ruhestand trete.
Diese Ausführungen sind widersprüchlich. Wäre die vorzeitige Kündigung, wie das Berufungsgericht anzunehmen scheint, nicht durch einen wichtigen Grund gerechtfertigt und deshalb unwirksam, so stünde dem Kläger grundsätzlich weiterhin Gehalt zu, auch wenn er infolge seiner Abberufung nicht mehr als Vorstand tätig sein könnte. Dagegen setzt eine Pensionierung des Klägers, wie sie das Berufungsgericht im Ergebnis für richtig hält, eine Auflösung des Dienstverhältnisses gerade voraus. Ohne Einigung der Parteien konnte diese aber vor dem vereinbarten Vertragsende nur durch eine außerordentliche Kündigung eintreten.
Diese Voraussetzung ist hier indessen als gegeben anzusehen, wenn man aus den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts die richtigen Schlüsse zieht. Zwar ist es richtig, daß an eine Kündigung aus wichtigem Grund besonders strenge Anforderungen zu stellen sind, wenn sie den Entlassenen wegen seines Alters und mit Rücksicht auf die Versorgungslage besonders hart treffen würde. Liegen solche oder ähnliche besonderen Umstände vor, so kann ausnahmsweise eine außerordentliche Kündigung sogar dann unzulässig sein, wenn der Betroffene schuldhaft zur Zerstörung des Vertrauensverhältnisses beigetragen hat (BGHZ 20, 239, 249; BGH WM 1966, 968 zu I 4). Ist aber, wie das Berufungsgericht hier fehlerfrei feststellt, infolge eines nicht ohne Verschulden des Vorstandsmitglieds eingetretenen Vertrauensverlustes dessen Weiterbeschäftigung für die Gesellschaft überhaupt untragbar geworden, so kann der Gesellschaft im allgemeinen auch nicht zugemutet werden, das damit einseitig auf Gehaltszahlungen beschränkte Dienstverhältnis noch etwa drei Jahre lang fortzusetzen.
Die am 10. März 1966 dem Kläger zugegangene fristlose Kündigung war daher wirksam, so daß ihm nur bis dahin die für die Vertragsdauer versprochenen Bezüge zustehen.
IV. Das Berufungsgericht billigt dem Kläger für die Zeit nach dem 10. März 1966 ein auf Grund von drei Dienstjahren berechnetes Ruhegehalt zu. Diese Entscheidung hält zumindest im Ergebnis ebenfalls den Revisionsangriffen stand.
1. Der Pensionsanspruch des Klägers hängt zunächst davon ab, ob das Versorgungsversprechen im Vertrage vom 1. Oktober 1964 rechtsgültig ist, wie die Beklagte bezweifelt hat. Das Berufungsgericht hat diese Frage nicht erörtert. Zu Unrecht rügt die Revision der Beklagten, damit sei § 551 Nr. 7 ZPO verletzt. Diese Vorschrift greift nicht schon dann ein, wenn der Tatrichter es unterläßt, auf einen offenbar unbegründeten Einwand ausdrücklich einzugehen (BGHZ 39, 333, 339, 340). Gewiß kann eine Ruhegehaltsvereinbarung nichtig oder nur in angemessener Höhe gültig sein, soweit sie aus dem Rahmen des sachlich Vertretbaren und sonst Üblichen fällt und die Entscheidungsfreiheit des Aufsichtsrats in einer dem § 75 AktG 1937 (= § 84 AktG 1965) zuwiderlaufenden Weise beeinträchtigt (BGH LM AktG § 75 Nr. 11). Davon kann hier aber keine Rede sein.
Unstreitig befand sich die Beklagte in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, als der Kläger, der schon früher in einer zur M.-Gruppe gehörigen Gesellschaft lange Jahre an leitender Stelle tätig gewesen war, in der Erwartung in den Vorstand der Beklagten berufen wurde, er werde das Unternehmen wieder in die Höhe bringen. Mit der Übernahme dieses Amtes unterzog sich der Kläger nicht nur einer sehr verantwortungsvollen und mit Unsicherheiten belasteten Aufgabe, sondern er ging vor allem auch, zumal mit Rücksicht auf sein Alter von damals 62 Jahren, ein erhebliches wirtschaftliches Risiko ein. Wie die Beklagte entgegen ihrem Revisionsvorbringen in den Tatsacheninstanzen nicht in Abrede gestellt hat, gab er damit den Versorgungsanspruch auf, der ihm bis dahin auf Grund seiner leitenden Tätigkeit in einem ändern Großunternehmen zugestanden hatte. Die Beklagte konnte nicht erwarten, daß der Kläger sich unter solchen Umständen dazu bereitfinden werde, seine bisherige Stellung zugunsten einer Vorstandstätigkeit bei ihr aufzugeben, wenn sie ihm nicht zumindest ebenfalls eine angemessene Versorgung versprach, wie sie in der hier vereinbarten Höhe, gemessen an anderen, unter vergleichbaren Verhältnissen abgegebenen Versorgungszusagen, nicht übersetzt erscheint.
2. Ebenso durfte das Berufungsgericht die Ausführungen der Beklagten zu § 162 BGB unerwähnt lassen. Inwiefern diese Vorschrift oder ihr Grundgedanke einem Pensionsanspruch des Klägers entgegenstehen könnte, ist bei dem vorliegenden Sachverhalt nicht ersichtlich.
3. Ein Pensionsanspruch geht nach herrschender Auffassung im Zweifel unter, wenn der Dienstverpflichtete aus einem von ihm verschuldeten wichtigen Grund fristlos entlassen wird. Unter besonderen Umständen kann jedoch etwas anderes gelten. So kann unter den Gesichtspunkten von Treu und Glauben und der nachwirkenden Fürsorgepflicht selbst einem fristlos Entlassenen das vertraglich vorgesehene Ruhegehalt ganz oder mit einem angemessenen Teilbetrag zuzubilligen sein, auch wenn dies nicht ausdrücklich vereinbart ist (vgl. BGHZ 8, 348, 367, 368; 12, 337, 342). Eine solche Lösung scheint dem Berufungsgericht vorgeschwebt zu haben, wenn es unter den vorliegenden Umständen eine Pensionierung des Klägers für die allein angemessene und beiden Teilen zumutbare Lösung hält. Die Erwägungen, die es hierzu angestellt hat, liegen im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet. Sie tragen ungeachtet der erörterten Bedenken gegen die rechtliche Begründung im Ergebnis die gefundene Entscheidung.
Die Besonderheit dieses Falles liegt vor allem darin, daß der Kläger erst mit 62 Jahren in den Dienst der Beklagten getreten ist und im Zeitpunkt der wirksamen Kündigung vom 9./10. März 1966 das übliche und auch hier vertraglich festgelegte Pensionsalter von 65 Jahren bereits erreicht hatte. Hätte das Anstellungsverhältnis zu diesem Zeitpunkt aus einem nicht in seiner Person liegenden Grund geendet, so wäre nicht zweifelhaft gewesen, daß er trotz der Verkürzung der vorgesehenen Vertragsdauer das vereinbarte Ruhegehalt beanspruchen könnte. Tatsächlich beruht allerdings die vorzeitige Vertragsauflösung auf einem Vertrauensschwund, den der Kläger mit zu vertreten hat. Der Kläger darf aber nicht schlechter dastehen als er stünde, wenn er sich nach Eintritt der Versorgungsberechtigung in einem neuen Vertrag zu einer weiteren Tätigkeit für die Beklagte bereitgefunden hätte und dann fristlos entlassen worden wäre; dann hätte ihm der schon erworbene Pensionsanspruch allenfalls unter den besonders strengen Voraussetzungen wieder entzogen werden können, die in der Rechtsprechung für diesen Fall aufgestellt sind (vgl. die Nachweise bei Fleck, WM 1968 Sonderbeil. 3 S. 18). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Das Vorbringen der Beklagten in der Revision, der Kläger habe mit Konsequenz zahlreiche arglistige Täuschungen verübt und sich dadurch als allgemein vertrauensunwürdig und für eine Tätigkeit im Unternehmen der Beklagten überhaupt als ungeeignet erwiesen, hat, wie ausgeführt, in den Feststellungen des Berufungsgerichts keine ausreichende Grundlage. Nach der insoweit nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Würdigung war vielmehr eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum 31. Dezember 1968 nur darum für die Beklagte unzumutbar, weil mit Rücksicht auf das Alter des Klägers seine Weiterbeschäftigung in einem anderen Aufgabenbereich – die entgegen der Revision der Beklagten nicht ohne weiteres eine Minderung des vertraglichen Pensionsanspruchs zur Folge gehabt hätte – ausschied. Mit Recht hat das Berufungsgericht zugunsten des Klägers auch in die Waagschale geworfen, daß er in gewissem Sinne ein Opfer der Tatsache geworden ist, daß an die Stelle der Gesellschaften der M.-Gruppe, deren Vertreter ihm Vertrauen entgegenbrachten, ein neuer Mehrheitsaktionär trat und dieser eine neue Geschäftspolitik verfolgte.
Entscheidend kommt schließlich der schon erwähnte Gesichtspunkt hinzu, daß der Kläger auf das Angebot der Beklagten hin seine Versorgungsberechtigung aus einem anderen Dienstverhältnis aufgegeben hat, so daß sein Lebensabend ohne die ihm von der Beklagten versprochene Rente ungesichert wäre. Er mußte daher in besonderem Maße darauf vertrauen können, daß die Beklagte sich der Einhaltung dieses Versprechens nicht unter Berufung auf eine Kündigung entziehen werde, die sie zudem erst nach Eintritt des Pensionsalters wirksam ausgesprochen hat. Dieses Vertrauen darf die Beklagte nicht enttäuschen.
4. Dem kann die Beklagte mit ihrer Revision auch nicht entgegenhalten, der Kläger dürfe die volle Pension schon deshalb nicht beanspruchen, weil er nur ungefähr 21/2 Jahre für sie tätig gewesen ist. Denn die Möglichkeit, dem Kläger schon nach wenigen Jahren eine Pension zahlen zu müssen, hat sie von vornherein in Kauf genommen, indem sie noch in einem Zeitpunkt, in dem der Kläger bis zur Erreichung des Pensionsalters keine drei Jahre mehr brauchte, einen zunächst bis zum 31. Dezember 1966 befristeten Anstellungsvertrag mit ihm abschloß. Zudem hat hier der Gedanke, daß die Höhe des Ruhegehalts auch von der Dauer der geleisteten Dienste abhängen soll, in einer ausdrücklichen Vertragsregelung Niederschlag gefunden. Demgemäß ist die Pension, die das Berufungsgericht dem Kläger zugesprochen hat, niedriger, als sie bei Vollendung des Anstellungsvertrags gewesen wäre. Damit durfte das Berufungsgericht die vorzeitige Vertragsauflösung als ausreichend gewürdigt ansehen.
5. Überdies hat das Berufungsgericht dem vorwerfbaren Verhalten des Klägers und seinen Auswirkungen auf das Dienstverhältnis in der Weise Rechnung getragen, daß es die Klausel, wonach der Kläger mindestens 50 % des bei der Beklagten jeweils an das leitende Vorstandsmitglied gezahlten Gehalts bekommen soll, als für die Beklagte unzumutbar nicht angewandt hat. Das ist im Ergebnis gleichfalls nicht zu beanstanden. Allerdings sicherte jene Klausel den Kläger auch gegen eine Geldentwertung. Ob deshalb ihre Anwendung trotz der Mitschuld des Klägers an dem vorzeitigen Vertragsende dann in Betracht zu ziehen sein könnte, wenn eine ohne sie errechnete Rente bei Berücksichtigung aller Umstände nicht mehr als eine angemessene Versorgungsleistung anzusprechen wäre, bedarf keiner Erörterung. Für den Zeitraum, über den im vorliegenden Rechtsstreit zu entscheiden ist, trifft dies jedenfalls nicht zu.
V. Den Anspruch auf Abschluß einer Unfallversicherung für den Kläger sieht das Berufungsgericht als erledigt an, weil er offensichtlich nur für die aktive Dienstzeit gedacht gewesen sei. Gegen diese Vertragsauslegung ist rechtlich nichts einzuwenden.
VI. Wie die Ausführungen zu II 3. ergeben, durfte das Berufungsgericht den Schadensersatzanspruch der Beklagten gemäß § 84 AktG 1937 in Höhe von 49.880 DM für begründet erachten und dementsprechend über den Aufrechnungseinwand und die Widerklage auf Zahlung unter Berücksichtigung der §§ 394 BGB, 850 ff ZPO entscheiden.
In rechnerischer Hinsicht sind gegen diese Entscheidung keine Einwendungen erhoben.
VII. Damit erweisen sich beide Revisionen als unbegründet.
Unterschriften
Liesecke, Dr. Schulze, Fleck, Dr. Bauer, Dr. Kellermann
Fundstellen