Leitsatz (amtlich)
a) Wird bei Vertragsschluss oder -anbahnung ein Bote beauftragt, der zwar dem Verbraucher in unmittelbarem persönlichen Kontakt gegenübertritt, jedoch über den Vertagsinhalt und insb. über die Beschaffenheit der Vertragsleistung des Unternehmers keine näheren Auskünfte geben kann und soll, steht dies der Annahme eines Fernabsatzvertrages nicht entgegen.
b) Beauftragt der Unternehmer die Deutsche Post AG mit der Einholung der Unterschrift des Verbrauchers unter das Vertragsformular im Wege des Postident 2-Verfahrens, liegt der Einsatz von Fernkommunikationsmitteln vor, da der mit der Ausführung betraute Postmitarbeiter keine Auskünfte über Vertragsinhalt und -leistung geben kann und soll.
Normenkette
BGB § 312b Abs. 1-2
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des OLG Schleswig in Schleswig v. 28.8.2003 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger, ein gem. § 4 Abs. 1 UKlaG in die Liste qualifizierter Einrichtungen des Bundesverwaltungsamts eingetragener Verbraucherschutzverband, verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, in einer bestimmten Vertriebsform Mobiltelefone und Telefondienstleistungsverträge abzusetzen, ohne auf das Widerrufsrecht nach dem Fernabsatrecht hinzuweisen.
Der Vertrieb vollzieht sich wie folgt: Die Beklagte bewirbt durch Anzeigen ein "Multimedia-Paket", mit dem sie ein Mobiltelefon zusammen mit einem so genannten Kartenvertrag anbietet. Die Anzeige, die Ende 2000 erschien, enthält eine kurze Beschreibung des angebotenen Geräts und die Mitteilung seines Werts. Außerdem sind in ihr u.a. die Anschluss- und Grundgebühren, die einzelnen Tarife für Telefonate in das deutsche Festnetz und in das gleiche Mobilfunknetz, der Rahmen für die Verbindungspreise in andere Mobilfunknetze sowie die 24 Monate betragende Laufzeit des Kartenvertrags angegeben. Ferner ist in der Annonce die Nummer einer "Bestell-Hotline" aufgeführt, bei der das beworbene Leistungspaket angefordert werden kann. Auf entsprechenden Anruf eines Interessenten bereitet die Beklagte einen schriftlichen Vertrag vor, dem sie auch ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen beifügt. Eine Belehrung über ein Widerrufsrecht enthalten die Unterlagen nicht. Das Vertragsformular bringt sie zusammen mit dem Mobilfunkgerät und der dazu gehörenden Chipkarte zum Versand. Sie bedient sich hierfür des Postident 2-Verfahrens der Deutschen Post AG. Der Postzusteller identifiziert dabei anhand eines Ausweises den Kunden, holt dessen Unterschrift unter das Vertragsformular der Beklagten ein, händigt die Sendung aus und benachrichtigt anschließend die Beklagte hiervon. Diese schaltet sodann den Anschluss frei.
Der Kläger ist der Ansicht, diese Form des Vertriebs stelle einen Fernabsatz dar mit der Folge, dass den Kunden der Beklagten ein Widerrufsrecht zustehe, über das sie belehren müsse.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte im Wesentlichen antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Kunde gebe in dem Telefonat mit der "Bestell-Hotline" ein bindendes Vertragsangebot ab, das die Beklagte durch die Versendung der Unterlagen und des Mobilfunkgeräts nebst Chipkarte nach § 151 BGB annehme. Da sich diese Vorgänge allein im Wege der Fernkommunikation vollzögen, vertreibe die Beklagte ihre Leistungen im Fernabsatz. Es bestehe deshalb ein Widerrufsrecht des Verbrauchers nach § 312d Abs. 1 S. 1, § 355 Abs. 1 BGB, auf das die Beklagte hinzuweisen habe. Falls der Vertrag hingegen erst mit der Unterschrift des Kunden unter das von der Beklagten übersandte Formular zu Stande käme, läge ein Umgehungsgeschäft (§ 312 f. S. 2 BGB) vor.
II.
Dies rügt die Revision vergeblich.
1. Der Kläger ist gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 UKlaG befugt, den Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte geltend zu machen. Insoweit erhebt die Revision auch keine Beanstandungen.
2. Das Berufungsgericht hat auf den Sachverhalt zutreffend nicht mehr die im Jahr 2000 geltenden Vorschriften angewandt, obgleich die Anzeige bereits in diesem Zeitraum erschienen war. Da die Unterlassung für die Zukunft verlangt wird, richtet sich der Anspruch des Klägers trotz Art. 229 §§ 5, 9 EGBGB nach §§ 312b bis 312d BGB in der seit dem 1.8.2002 geltenden Fassung (vgl. BGH, Urt. v. 5.2.2004 - I ZR 90/01, CR 2004, 709 = MDR 2004, 1013 = BGHReport 2004, 713 = NJW-RR 2004, 841 [842]).
3. Das Berufungsgericht hat den mit der Klage verfolgten Unterlassungsanspruch mit Recht zuerkannt, da das Vorgehen der Beklagten bei Anbahnung und Abschluss der mit der Anzeige beworbenen Verträge unter die für den Fernabsatz geltenden besonderen Vorschriften fällt. Die Kunden der Beklagten haben deshalb ein Widerrufsrecht gem. § 312d Abs. 1 S. 1 und § 355 BGB. Über dieses Recht hat die Beklagte zu informieren (§ 312c Abs. 1 und 2 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 9, Abs. 2 BGB-InfoV).
a) Allerdings teilt der Senat nicht die Auffassung der Vorinstanz, dass der Telefondienstleistungsvertrag und der Kaufvertrag über das Mobilfunkgerät bereits mit der Absendung der Vertragsunterlagen und des Telefons zu Stande kommt. Es kann dabei auf sich beruhen, ob der Kunde, der auf Grund der Anzeige der Beklagten unter der Nummer der "Bestell-Hotline" anruft, bereits in diesem Telefonat ein verbindliches Angebot auf Abschluss der in der Annonce beworbenen Verträge abgibt.
aa) Hiergegen spricht, dass die Erklärung des Kunden, zu den in der Anzeige der Beklagten genannten Bedingungen das sog. Multimedia-Paket bestellen zu wollen, aus Sicht eines objektiven Empfängers nicht mit dem für das Vorliegen eines Vertragsangebots (§ 145 BGB) erforderlichen Rechtsbindungswillen abgegeben werden dürfte. Dem durchschnittlich informierten und aufmerksamen Verbraucher ist, für einen objektiven Empfänger erkennbar, bewusst, dass es sich bei einem auf mindestens 24 Monate Laufzeit angelegten Telefondienstleistungsvertrag um ein Rechtsverhältnis handelt, dem typischerweise ein detailliertes Regelungswerk zu Grunde liegt, dessen Bedingungen in der Anzeige nicht erschöpfend aufgeführt sein können. Er stellt sich deshalb darauf ein, von dem Anbieter noch ein Vertragsformular mit weiteren Regelungen zu erhalten. Der Empfänger der telefonischen Bestellung wird aus diesem Grund nicht annehmen können, dass sich der Kunde bereits in dem Telefonat zu den Bedingungen der Beklagten vertraglich binden will, obgleich ihm diese noch nicht bekannt sind.
bb) Legt man hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts zu Grunde, dass die telefonische Bestellung des Multimedia-Pakets ein bindendes Angebot des Kunden darstellt, zu den in der Anzeige aufgeführten Bedingungen mit der Beklagten einen Telefondienstleistungs- und Kaufvertrag zu schließen, fehlt es an der Annahme dieser Offerte. Die Versendung des Mobilfunkgeräts nebst Chipkarte und schriftlichen Vertragsunterlagen ist keine Annahme ohne Erklärung ggü. dem Antragenden gem. § 151 S. 1 BGB.
(1) Nach dieser Vorschrift kommt ein Vertrag durch die Annahme eines Angebots zu Stande, ohne dass dies dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie ausdrücklich oder stillschweigend verzichtet hat. Allerdings bedarf es für das Zustandekommen des Vertrages auch in den Fällen des § 151 S. 1 BGB der Annahme, d.h. eines als Willensbetätigung zu wertenden, nach außen hervortretenden Verhaltens des Angebotsempfängers, aus dem sich dessen Annahmewille unzweideutig ergibt (z.B.: BGH v. 28.3.1990 - VIII ZR 258/89, BGHZ 111, 97 [101] = MDR 1990, 911; Urt. v. 12.10.1999 - XI ZR 24/99, NJW 2000, 276 [277]; Bamberger/Roth/Eckert, BGB, § 151 Rz. 3 m.w.N.) In welchen Handlungen eine ausreichende Betätigung des Annahmewillens zu finden ist, kann nur in Würdigung des konkreten Einzelfalls entschieden werden. Dabei ist mangels Empfangsbedürftigkeit der Willensbetätigung nicht auf den Empfängerhorizont (§ 157 BGB) abzustellen, sondern darauf, ob das Verhalten des Angebotsadressaten vom Standpunkt eines unbeteiligten objektiven Dritten auf Grund aller äußeren Indizien auf einen wirklichen Annahmewillen (§ 133 BGB) schließen lässt (BGH, Urt. v. 12.10.1999 - XI ZR 24/99, NJW 2000, 276 [277]; Bamberger/Roth/Eckert, BGB, § 151 Rz. 3).
(2) Der Versendung des Geräts und der Vertragsunterlagen ist der Wille der Beklagten, ein etwaiges telefonisches Angebot des jeweiligen Kunden zu den Bedingungen der Anzeige uneingeschränkt akzeptieren, nicht zu entnehmen. Im Gegenteil gibt die Beklagte aus Sicht eines objektiven Dritten dadurch, dass sie der Sendung den schriftlichen Vertragstext unter Einschluss ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Unterschrift des Kunden beifügt, zu erkennen, dass sie hierzu nicht bereit ist. Vielmehr geht ihr nach außen zu Tage getretener Wille dahin, den ihr angesonnenen Vertrag nur unter Einbeziehung der in den Unterlagen enthaltenen zusätzlichen Bedingungen zu schließen. Der Versand des Geräts und des Vertragstexts stellt sich damit nicht als Betätigung des Annahmewillens der Beklagten, sondern als Abgabe eines neuen Antrags (§ 150 Abs. 2 BGB) dar.
b) Hiernach gibt die Beklagte durch die Versendung des Mobilfunkgeräts und des Vertragstexts ein Angebot auf Abschluss eines Telefondienstleistungs- und Kaufvertrags ab. Dabei handelt es sich, je nach rechtlicher Bewertung der telefonischen Bestellung des Kunden, entweder um ein erstmaliges Angebot oder um eine neue Offerte gem. § 150 Abs. 2 BGB. Der Vertrag kommt durch die Annahme des jeweiligen Kunden zu Stande, die er mit der von dem Postmitarbeiter eingeholten Unterschrift auf dem Vertragsformular der Beklagten erklärt. Dieser Vertragsschluss erfolgt bei wertender Betrachtung unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (§ 312b Abs. 1, 2 BGB) im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebssystems.
aa) Fernkommunikationsmittel sind nach § 312b Abs. 2 BGB Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrages zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden können, insbes. Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails sowie Rundfunk-, Tele- und Mediendienste.
bb) Bei Anbahnung und Abschluss der Telefondienstleistungs- und Kaufverträge finden in dem hier in Rede stehenden Vertriebsweg ausschließlich Fernkommunikationsmittel i.S.v. § 312b Abs. 2 BGB, und zwar Telefon und Postversand, Verwendung. Das von der Beklagten in Anspruch genommene Postident 2-Verfahren vermittelt im Gegensatz zu der von ihr vertretenen Auffassung nicht die gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien nach § 312b Abs. 2 BGB.
(1) Entgegen der in der Literatur feststellbaren Tendenz (Härting, Fernabsatzgesetz, 2000, § 1 Rz. 37 f.; Lütcke, Fernabsatzrecht, 2002, § 312b Rz. 67; Wendehorst in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 312b Rz. 42, s. jedoch auch Rz. 44: Bei Einschaltung von Angestellten eines Logistikunternehmens soll § 312 f. S. 2 BGB eingreifen; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 312b Rz. 8; nicht eindeutig: Reich, EuZW 1997, 581 [583]: "Repräsentanten" schließen Anwendung des Fernabsatzrechts aus; anders wohl Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, BGB, § 312b Rz. 22) bedeutet der Einsatz von Boten beim Vertragsschluss oder bei seiner Anbahnung nicht stets, dass Direktkommunikationsmittel Verwendung finden.
(a) Der Schutzzweck der §§ 312b bis 312d BGB gebietet es, es als Einsatz von Fernkommunikationsmitteln zu bewerten, wenn bei Vertragsschluss oder -anbahnung ein Bote beauftragt wird, der zwar dem Verbraucher in unmittelbarem persönlichen Kontakt gegenüber tritt, jedoch über den Vertragsinhalt und insbes. über die Beschaffenheit der Vertragsleistung des Unternehmers keine näheren Auskünfte geben kann und soll.
§§ 312b bis 312d BGB sowie das zuvor geltende inhaltsgleiche Fernabsatzgesetz beruhen auf der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates v. 20.5.1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz - FernAbsRL (Abl. EG Nr. L 144v. 4.6.1997, 19). Nach Nr. 14 der Erwägungsgründe der Richtlinie war Anlass für die Schaffung von besonderen Vorschriften für den Fernabsatz, dass der Verbraucher in der Praxis keine Möglichkeit hat, vor Abschluss des Vertrages das Erzeugnis zu sehen oder die Eigenschaften der Dienstleistung im Einzelnen zur Kenntnis zu nehmen. Die Fernabsatzvorschriften sollen dementsprechend zwei für Distanzgeschäfte typische Defizite ausgleichen (BGH v. 19.3.2003 - VIII ZR 295/01, BGHZ 154, 239 [242 f.] = MDR 2003, 732 = BGHReport 2003, 581 = CR 2003, 480; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, BGB, § 312b Rz. 24; vgl. auch Wendehorst in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 312b Rz. 47): Der Verbraucher kann vor Abschluss des Vertrages die Ware oder die Dienstleistung nicht prüfen, und er kann sich an keine natürliche Person wenden, um weitere Informationen zu erlangen (Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, BGB, § 312b Rz. 24). Diese Defizite vermag eine Person, deren Rolle sich auf die Botenfunktion in dem oben geschilderten engen Sinn beschränkt, trotz ihrer körperlichen Anwesenheit nicht zu beheben. Der Verbraucher ist in diesen Fällen ebenso schutzwürdig wie bei einem Vertragsschluss durch den Austausch von Briefen, bei dem er dem Post- oder Kurierboten nicht notwendig persönlich gegenüber steht. In diesen Fällen sieht das Gesetz ausdrücklich die Anwendbarkeit der Schutzvorschriften des Fernabsatzrechts vor (§ 312b Abs. 2 BGB; vgl. auch Begründung der Bundesregierung zum Fernabsatzgesetz v. 9.2.2000, BT-Drucks. 14/2658, 31 zu § 1 Abs. 2).
(b) Etwas anderes dürfte gelten, wenn die eingeschaltete Person nicht darauf beschränkt ist, Willenserklärungen und Waren zu überbringen und entgegenzunehmen, sondern in der Lage und damit beauftragt ist, dem Verbraucher in einem persönlichen Gespräch nähere Auskünfte über die angebotene Ware oder Dienstleistung zu geben. Dies kann beispielsweise bei Vermittlern, Verhandlungsgehilfen oder sonstigen Repräsentanten des Unternehmens, die wegen der Einzelheiten der Leistung Rede und Antwort stehen (vgl. Wendehorst in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 312b Rz. 47), der Fall sein.
(2) Das Postident 2-Verfahren vermittelt dem mit dessen Ausführung betrauten Mitarbeiter der Deutschen Post AG jedoch lediglich die Stellung eines bloßen Boten. Er ist nicht befugt und in aller Regel auch nicht in der Lage, den Kunden der Beklagten über die Vertragsleistung Auskunft zu geben.
(a) Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Post AG über den Postident-Service umfasst der Postident 2-Dienst lediglich die Identifikation natürlicher Personen anhand des Personalausweises oder Reisepasses, die Erfassung der Ausweisnummer, die Einholung von zwei eigenhändigen Unterschriften des Empfängers zu den vom Auftraggeber definierten Zwecken und die Aushändigung von Unterlagen an den Empfänger (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Abs. 2 der AGB). Zum Leistungsumfang gehört hingegen nicht die Abgabe von Erklärungen rechtlicher oder tatsächlicher Natur für den Auftraggeber ggü. dem Empfänger der Sendung.
(b) Der Postmitarbeiter besitzt zudem - von denkbaren Zufällen abgesehen - nicht die tatsächlichen und rechtlichen Kenntnisse, die erforderlich sind, um etwaige Fragen des Kunden zu den von der Beklagten angebotenen Leistungen beantworten zu können. Der Zusteller muss im Laufe einer Lieferfahrt in aller Regel eine Vielzahl verschiedenartiger Sendungen aushändigen und ist weder in der Lage noch mit dieser Zielsetzung beauftragt, sich mit dem Inhalt der einzelnen Aufträge zu befassen oder sich gar Wissen anzueignen, das über die Informationen, die der Auftraggeber dem Empfänger über das versandte Produkt zukommen lässt, hinausgeht. Zudem verfügt er nicht über die nötige Zeit, um abzuwarten, dass der Empfänger die übersandte Ware prüft und sich mit den Vertragsbedingungen des Versenders vertraut macht, um sodann ggf. weiter gehende Informationen zu verlangen.
c) Die Beklagte handelt mit dem hier fraglichen Absatz der Mobilfunkgeräte und Kartenverträge im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebssystems, wie es weitere Voraussetzung für die Anwendung der Vorschriften über Fernabsatzverträge ist (§ 312b Abs. 1, 2. Halbs. BGB). Hierfür ist erforderlich, dass der Unternehmer durch die personelle und sachliche Ausstattung innerhalb seines Betriebs die organisatorischen Bedingungen geschaffen hat, die notwendig sind, um regelmäßig im Fernabsatz zu tätigende Geschäfte zu bewältigen (Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Fernabsatzgesetzes v. 9.2.2000, BT-Drucks. 14/2658, 30 zu § 1 Abs. 2; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, BGB, § 312b Rz. 11; Wendehorst in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 312b Rz. 49; Fuchs, ZIP 2000, 1273 [1275]; Lorenz, JuS 2000, 833 [838]; Meents, CR 2000, 610 [611] m.w.N.). Diese Voraussetzung ist erfüllt, da sich die Beklagte durch die Angabe der "Bestell-Hotline" systematisch die Technik der Fernkommunikation zu Nutze macht und für ihren Betriebsablauf in personeller und sächlicher Hinsicht ein eingespieltes Verfahren entwickelt hat, um den Abschluss und die Ausführung des Vertrages regelmäßig im Postwege zu vollziehen.
4. Soweit die Revision meint, die Verurteilung sei in jedem Fall zu weit gehend, da auch Fälle erfasst würden, in denen dem Kunden bei der telefonischen Bestellung erläutert werde, dass der Vertragsschluss erst durch Unterzeichnung des Vertragsformulars und dessen Übergabe an den Postmitarbeiter erfolge, ist dem nicht zu folgen. Für die rechtliche Bewertung des von der Beklagten gewählten Vertriebswegs als Fernabsatzgeschäft ist es ohne Bedeutung, ob dem Verbraucher das Verfahren bei Vertragsanbahnung erklärt wird.
Fundstellen
Haufe-Index 1257428 |
BGHZ 2005, 393 |
BB 2004, 2599 |
DB 2005, 159 |
NJW 2004, 3699 |
BGHR 2005, 1 |
CR 2005, 126 |
EWiR 2005, 157 |
WM 2004, 2399 |
WuB 2005, 165 |
ZAP 2005, 215 |
ZIP 2004, 2240 |
JA 2005, 248 |
JZ 2005, 357 |
MDR 2005, 322 |
GuT 2005, 33 |
ITRB 2005, 52 |
K&R 2005, 37 |
RdW 2005, 15 |
ZGS 2004, 444 |
JT 2005, 89 |
JWO-VerbrR 2004, 378 |
LL 2005, 98 |
LMK 2005, 20 |
TranspR 2005, 130 |