Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwirkung eines aus Besitz bzw. Eigentum abgeleiteten Unterlassungsanspruchs. Abwehr von wiederholten gleichartigen Störungen. Immissionsunterlassungsansprüche. Lärmimmissionen. Lärmbeeinträchtigung. Zeitmoment
Leitsatz (amtlich)
a) Sollen mit dem aus Besitz bzw. Eigentum abgeleiteten Unterlassungsanspruch wiederholte gleichartige Störungen abgewehrt werden, die zeitlich unterbrochen auftreten, löst jede neue Einwirkung einen neuen Anspruch aus; die im Rahmen des Einwands der Verwirkung für die Beurteilung des Zeitmoments maßgebliche Frist beginnt jeweils neu zu laufen.
b) Das Fehlen einer notwendigen öffentlich-rechtlichen Genehmigung stellt für die Frage der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung nur ein Kriterium von mehreren dar. Entscheidend ist eine Würdigung aller Umstände, ausgerichtet am Empfinden eines "verständigen Durchschnittsmenschen", insb. unter Berücksichtigung der nach § 906 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB maßgeblichen Grenz- oder Richtwerte.
Normenkette
BGB §§ 242, 862 Abs. 1, §§ 906, 1004 Abs. 1
Verfahrensgang
OLG Stuttgart (Urteil vom 22.07.2004; Aktenzeichen 2 U 27/04) |
LG Rottweil |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des OLG Stuttgart v. 22.7.2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin zu 2) ist Nießbrauchsberechtigte eines Hausgrundstücks, welches sie seit 1991 mit dem Kläger zu 1), ihrem Ehemann, bewohnt. Schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite befindet sich das Grundstück der Beklagten, die dort ein von ihrem verstorbenen Ehemann übernommenes Fuhrunternehmen betreibt.
Der Ehemann der Beklagten erhielt 1970 die Genehmigung zum Bau eines Wohnhauses mit zwei Pkw-Garagen und zwei Lkw-Garagen "als Fuhrgeschäft" sowie für eine oberirdische Heizöllagerung von 12.000 Litern. Das Wohnhaus mit den zwei Pkw-Garagen wurde erstellt, die beiden Lkw-Garagen hingegen nicht. Statt dessen legte der Ehemann der Beklagten Abstellplätze für bis zu drei Lkw an. Er errichtete zudem eine 1972 nachträglich zugelassene Eigenverbrauchstankstelle, die inzwischen stillgelegt wurde. Von einer 1978 erteilten Genehmigung für den Neubau einer Montagegrube machte er keinen Gebrauch. Heute besteht der Fuhrpark aus zwei oder drei Lastkraftwagen, davon mindestens zwei Tanklastzügen, die als Gefahrguttransporter eingesetzt werden.
Seit 1998 wenden sich die Kläger mit zahlreichen Eingaben an Behörden und an den Petitionsausschuss des Landtags Baden-Württemberg sowie mit einer verwaltungsgerichtlichen Klage vergeblich gegen den - zeitweilig bis zu acht Lastkraftwagen umfassenden - Fuhrbetrieb. Sie fühlen sich durch An- und Abfahrten der Lastzüge, durch Dieselabgase und insb. durch an Samstagen ausgeführte Wartungs- und Reparaturarbeiten beeinträchtigt.
Das LG hat die vorliegende Klage, mit der die Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung der Benutzung ihres Grundstücks als Fuhrbetrieb mit Tanklastzügen und Hängerzügen sowie für die Durchführung von Reparatur- und Wartungsarbeiten verlangen, abgewiesen. Das OLG hat der Klage stattgegeben. Mit ihrer von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist es bei der Prüfung der Wesentlichkeit und der Ortsüblichkeit von Immissionen ein sachgerechter Ansatz, ob die emittierende Anlage mit oder ohne behördliche Genehmigung betrieben wird. Ein nicht genehmigter Betrieb könne nicht ortsüblich sein. Das Fehlen der notwendigen Genehmigung spreche zudem so lange für eine Wesentlichkeit der Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks, wie nicht feststehe, dass die Anlage ohne Einschränkungen genehmigungsfähig sei. Nach den überzeugenden Ausführungen des VG in einem zwischen den Klägern und der Gemeinde geführten Rechtsstreit sei der gesamte Fuhrbetrieb der Beklagten materiell baurechtswidrig und in seiner Ausprägung nicht genehmigungsfähig. Damit sei nach den von dem BGH aufgestellten Darlegungs- und Beweisregeln vorgegeben, dass von dem Betrieb der Beklagten Einwirkungen ausgingen, welche die Benutzung des Grundstücks der Kläger wesentlich beeinträchtigten. Da die Genehmigungsfähigkeit einer typisierenden Betrachtung folge, komme es nicht darauf an, ob hier Lärmschutzvorschriften eingehalten seien. Ob Immissionsunterlassungsansprüche verwirkt werden könnten, brauche nicht entschieden zu werden, denn die Voraussetzungen für eine Verwirkung lägen nicht vor.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
II.
1. Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, dass das Berufungsgericht eine Überraschungsentscheidung getroffen und damit gegen Art. 103 Abs. 1 GG, § 139 ZPO verstoßen habe. Entgegen ihrer Ansicht war es nicht verpflichtet, die Beklagte darauf hinzuweisen, dass es hinsichtlich der möglichen Verwirkung des Unterlassungsanspruchs ihren Vortrag zu dem sog. Umstandsmoment für nicht ausreichend hielt.
Zwar trifft es zu, dass eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen kann, dass das Berufungsgericht ihr rechtzeitig einen Hinweis nach § 139 ZPO gibt, wenn es der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und insb. auf Grund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (BGH, Urt. v. 27.4.1994 - XII ZR 16/93, MDR 1994, 684 = WM 1994, 1823 [1824], m.w.N.). Aber diese Situation war hier nicht gegeben. Das LG hat nicht, wie die Beklagte meint, die Klageabweisung (auch) damit begründet, die Kläger müssten sich den Einwand der Verwirkung entgegenhalten lassen. Vielmehr hat es den Gesichtspunkt der Verwirkung lediglich angesprochen, ohne darüber eine Entscheidung zu treffen. Zudem bestand für das Berufungsgericht auch deshalb keine Hinweispflicht, weil das Problem der Verwirkung von Beginn an eine der zentralen Fragen des Rechtsstreits und auch Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht war; dabei hat es den Parteien den weiteren Verfahrenslauf aufgezeigt, falls der Gesichtspunkt der Verwirkung nicht zum Tragen kommen sollte. Bei dieser Sachlage war die Beklagte auch ohne richterlichen Hinweis gehalten, umfassend zu den beiden Elementen der Verwirkung, dem Zeit- und dem Umstandsmoment, vorzutragen. Außerdem schließt die Vorgehensweise des Berufungsgerichts die Annahme aus, es habe eine Überraschungsentscheidung zu Lasten der Beklagten getroffen.
2. Ebenfalls erfolglos macht die Revision geltend, der Anspruch der Kläger gegen die Beklagte sei verwirkt. Allerdings kann hier offen bleiben, ob - wie das Berufungsgericht gemeint hat - das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment nicht erfüllt ist; denn es fehlt an dem ebenfalls notwendigen Zeitmoment.
a) Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (st.Rspr., s. nur BGH v. 30.4.1993 - V ZR 234/91, BGHZ 122, 308 [315] = MDR 1993, 974, m.w.N.; Urt. v. 14.11.2002 - VII ZR 23/02, MDR 2003, 207 = BGHReport 2003, 214 = NJW 2003, 824). Die Verwirkung ist somit ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB); sie kann im gesamten Privatrecht eingewendet werden (BGH v. 30.4.1993 - V ZR 234/91, BGHZ 122, 308 [314] = MDR 1993, 974). Verwirkt werden können nur subjektive Rechte, weil nur bei ihnen davon gesprochen werden kann, ihre Ausübung stehe in Widerspruch zu der länger andauernden Nichtausübung, die bei dem Schuldner einen entsprechenden Vertrauenstatbestand begründet hat (BGH, Beschl. v. 1.7.1994 - BLw 95/93, MDR 1994, 1154 = WM 1994, 1944 [1945]). Der Verwirkung unterliegen dingliche Rechte nicht, wohl aber die daraus folgenden Ansprüche (Bamberger/Roth/Grüneberg, BGB, § 242 Rz. 163; Roth in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 242 Rz. 298; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 242 Rz. 107; Soergel/Teichmann, BGB, 12. Aufl., § 242 Rz. 335; Staudinger/J. Schmidt, BGB, 1995, § 242 Rz. 538). Mithin bestehen keine Bedenken, auch die aus Besitz bzw. Eigentum abgeleiteten Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche nach §§ 862 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB dem Einwand der Verwirkung auszusetzen (BGH, Urt. v. 22.6.1990 - V ZR 3/89, MDR 1991, 137 = NJW 1990, 2555 [2556]).
b) Bei Unterlassungsansprüchen der hier vorliegenden Art ist zu unterscheiden: Sollen wiederholte gleichartige Störungen abgewehrt werden, die zeitlich unterbrochen auftreten, löst jede neue Einwirkung einen neuen Anspruch aus (Bamberger/Roth/Grüneberg, BGB, § 242 Rz. 163; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 242 Rz. 107; ebenso RG JW 1935, 1775, für den Schadensersatzanspruch). Die für die Beurteilung des Zeitmoments maßgebliche Frist beginnt jeweils neu zu laufen, so dass es i.d.R. - mit Ausnahme besonders langer Unterbrechungen - an dem Zeitmoment fehlt. Ob das auch für die Abwehr ununterbrochen andauernder Einwirkungen gilt (BGH, Urt. v. 14.10.1994 - V ZR 76/93, MDR 1995, 355 = WM 1995, 300 [301], für den Beginn der Ausschlussfrist des § 864 Abs. 1 BGB), kann offen bleiben. Solche Immissionen sind nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.
3. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch eine wesentliche Beeinträchtigung der Benutzung des von den Klägern bewohnten Grundstücks durch Immissionen angenommen, die von dem Grundstück der Beklagten herrühren. Die Feststellungen in dem Berufungsurteil rechtfertigen das nicht.
a) Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht - stillschweigend - davon ausgegangen, dass den Klägern ein Unterlassungsanspruch nach §§ 862 Abs. 1 S. 2, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 1065 BGB gegen die Beklagte als Betreiberin des störenden Fuhrunternehmens zustehen kann; richtig ist auch, dass ein solcher Anspruch nicht nach § 864 Abs. 1 BGB durch Fristablauf erloschen und die Zulässigkeit der Immissionen am Maßstab des § 906 BGB zu messen ist (BGH, Urt. v. 14.10.1994 - V ZR 76/93, MDR 1995, 355 = WM 1995, 300 [301]).
b) Fehlerhaft hat das Berufungsgericht aber den Vortrag der Beklagten für unerheblich gehalten, die von ihrem Grundstück ausgehenden Lärmemissionen lägen unterhalb der in den Vorschriften der TA-Lärm für Mischgebiete enthaltenen Grenzwerte. Das zeigt, dass das Berufungsgericht die für seine Ansicht herangezogene Rechtsprechung des Senats missverstanden hat. Es hat die für den Erfolg des Unterlassungsanspruchs notwendige Unterscheidung zwischen einer wesentlichen Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks und einer ortsüblichen Benutzung des emittierenden Grundstücks (§ 906 Abs. 2 S. 1 BGB) verkannt. In seinem Urteil v. 30.10.1998 hat der Senat nicht den Grundsatz aufgestellt, dass die von einem Betrieb auf ein Nachbargrundstück einwirkenden Immissionen als wesentlich anzusehen sind, wenn dieser bauplanungsrechtlich nicht genehmigt und auch nicht genehmigungsfähig ist; vielmehr hat er es lediglich für rechtlich unbedenklich gehalten, bei der Erheblichkeitsprüfung die Tatsache mit zu berücksichtigen, dass die für den Betrieb notwendige behördliche Genehmigung fehlt (BGH v. 30.10.1998 - V ZR 64/98, BGHZ 140, 1 [6 f.] = MDR 1999, 290). Hinsichtlich der ortsüblichen Benutzung des emittierenden Grundstücks hat der Senat entschieden, dass eine vorhandene Genehmigung nicht automatisch die Ortsüblichkeit begründet, sondern dafür nur einen Anhalt bietet; das Fehlen einer notwendigen Genehmigung schließt allerdings die Ortsüblichkeit aus (BGH v. 30.10.1998 - V ZR 64/98, BGHZ 140, 1 [9] = MDR 1999, 290), jedenfalls dann, wenn es auch an der Genehmigungsfähigkeit fehlt (Wenzel, NJW 2005, 241 [245]). Das verdeutlicht, dass bei der für die Feststellung der Wesentlichkeit erforderlichen Würdigung der Gesamtumstände das Fehlen der öffentlich-rechtlichen Genehmigung nur ein einzelnes Kriterium ist. Es kann zu dem Ergebnis führen, dass die von dem Betriebsgrundstück ausgehenden Emissionen die Benutzung des Nachbargrundstücks nur unwesentlich beeinträchtigen und deshalb kein Unterlassungsanspruch des Nachbarn besteht. Dass der Betrieb aus öffentlich-rechtlichen Gründen wegen fehlender Genehmigung nicht aufrechterhalten bleiben dürfte, ist für die Beurteilung der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks somit nicht von alleiniger Bedeutung. Maßgeblich bleibt, ob im konkreten Fall von dem Betrieb Immissionen ausgehen, die sich nach dem Empfinden eines "verständigen Durchschnittsmenschen" als wesentlich darstellen (BGH v. 6.7.2001 - V ZR 246/00, BGHZ 148, 261 [264] = MDR 2001, 1233 = BGHReport 2001, 775 m. Anm. Lorenz, m.w.N.). Dabei können die nach § 906 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB maßgeblichen Regelwerke, in denen Grenz- oder Richtwerte für Immissionen festgelegt sind, nicht außer Betracht gelassen werden.
4. Unter diesen Gesichtspunkten wird das Berufungsgericht dem Vortrag der Beklagten nachzugehen haben, die von ihrem Grundstück ausgehenden Lärmemissionen lägen unterhalb der maßgeblichen Grenzwerte.
a) Trifft das zu, ist zunächst von der Unwesentlichkeit der Lärmbeeinträchtigung für die Benutzung des von den Klägern bewohnten Grundstücks auszugehen (§ 906 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB); es ist dann Sache der Kläger, Umstände darzulegen und zu beweisen, welche diese Indizwirkung erschüttern (BGH, Urt. v. 13.2.2004 - V ZR 217/03, BGHReport 2004, 831 = MDR 2004, 742 = NJW 2004, 1317 [1318]). Dazu haben sie bisher nichts vorgetragen, weil sie zu Unrecht davon ausgegangen sind, von der Beklagten wegen der fehlenden baurechtlichen Genehmigung die Unterlassung der Benutzung des Grundstücks zum Befahren, Abstellen sowie zur Reparatur und Wartung von Lastkraftwagen verlangen zu können. Insoweit müssen die Kläger ggf. Gelegenheit zu weiterem Vortrag erhalten.
b) Bestätigt sich der Vortrag der Beklagten nicht, werden die maßgeblichen Grenz- oder Richtwerte also überschritten, rechtfertigt das allerdings nicht ohne weiteres die Annahme einer wesentlichen Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks, sondern indiziert lediglich das Vorliegen einer solchen (BGH, Urt. v. 13.2.2004 - V ZR 217/03, BGHReport 2004, 831 = MDR 2004, 742 = NJW 2004, 1317 [1318]). Der Beklagten wird damit nicht die Möglichkeit abgeschnitten, eine nur unwesentliche Beeinträchtigung darzulegen und zu beweisen.
c) Die indizielle Bedeutung der Einhaltung oder Nichteinhaltung von Grenz- oder Richtwerten muss das Berufungsgericht beachten. Es kann im Rahmen seines Beurteilungsspielraums unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Empfindens eines verständigen Durchschnittsmenschen von dem Regelfall abweichen und trotz Unterschreitens der Werte eine wesentliche Beeinträchtigung annehmen oder eine solche trotz Überschreitens der Werte verneinen.
5. Das Berufungsgericht wird auch Feststellungen zu der Wesentlichkeit der von den Klägern ebenfalls geltend gemachten Beeinträchtigungen durch das Einsickern von Schweröl in den Boden und durch die Abgase der Lkw-Motoren treffen müssen. Falls es wegen einer oder mehrerer Immissionen eine wesentliche Beeinträchtigung der Benutzung des von den Klägern bewohnten Grundstücks feststellt, wird es aufzuklären haben, ob sie durch eine ortsübliche Benutzung des Grundstücks der Beklagten herbeigeführt wird und nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden kann (§ 906 Abs. 2 S. 1 BGB). Verneint es die Ortsüblichkeit, muss es den Klägern die Möglichkeit zu einer Anpassung ihres Unterlassungsantrags geben. Die Parteien und das Berufungsgericht haben nämlich bisher übersehen, dass der Störer regelmäßig zwischen verschiedenen zur Abhilfe geeigneten Maßnahmen wählen kann, es also grundsätzlich ihm überlassen bleibt, auf welchem Weg er die Beeinträchtigung abwendet; daher kann der Beeinträchtigte i.d.R. lediglich die Vornahme geeigneter Maßnahmen zur Verhinderung der Beeinträchtigung verlangen und der Urteilsausspruch nur allgemein auf Unterlassung von Störungen bestimmter Art lauten (BGH, Urt. v. 12.12.2003 - V ZR 98/03, BGHReport 2004, 580 = MDR 2004, 503 = NJW 2004, 1035 [1037], m.w.N.). Hier haben die Kläger jedoch bisher die Verurteilung der Beklagten zu einer konkreten Maßnahme beantragt, die das Berufungsgericht auch ausgesprochen hat. Das ist aber nur dann zulässig, wenn allein diese Maßnahme den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung gewährleistet oder wenn weitere Maßnahmen zwar möglich sind, vernünftigerweise jedoch nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden können (BGH, Urt. v. 12.12.2003 - V ZR 98/03, BGHReport 2004, 580 = MDR 2004, 503 = NJW 2004, 1035 [1037]). Dazu fehlt es bisher an Parteivortrag und an Feststellungen des Berufungsgerichts.
III.
Nach alledem ist das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 S. 1 ZPO), damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann.
Fundstellen