Leitsatz (amtlich)
›a) Auch wenn der Auftragnehmer (nur) eine nicht prüfbare Schlußrechnung erteilt hat, kann der Auftraggeber mit den sich aus § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B (1973) ergebenden Folgen Schlußzahlung leisten oder endgültig weitere Zahlungen ablehnen.
b) Der mit Erhebung einer Klage oder Zustellung eines Mahnbescheids rechtzeitig erklärte Vorbehalt verliert seine Wirkung nicht, wenn später die Klage zurückgenommen wird.‹
Verfahrensgang
Gründe
(c) ›... § 16 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B (1973), wonach die vorbehaltlose Annahme der Schlußzahlung Nachforderungen ›ausschließt‹, verstößt nicht gegen § 10 Nr. 5 AGBG [AGB-Ges] und hält der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG stand, wenn Ä wie im vorl. Fall Ä die VOB/B ohne Einschränkungen Vertragsbestandteil geworden ist (BGHZ 86, 135 [hier: I (138) 438 c-e]). ...
Eine Schlußzahlung setzt eine Schlußrechnung voraus.. . Eine Schlußrechnung i. S. des § 16 Nr. 3 VOB/B braucht nicht ausdrücklich als solche bezeichnet [zu] werden. Es genügt, daß sie alle vom Auftragnehmer übernommenen und ausgeführten Arbeiten enthält, so daß sich eine weitere Rechnung erübrigt.. . Eine Schlußabrechnung kann auch so vorgenommen werden, daß die Werkleistung in mehreren Teilrechnungen erkennbar abschließend und umfassend abgerechnet wird. ... Zutreffend verneint das BerGer., daß es sich bei der Schlußrechnung um eine prüfbare Rechnung als notwendige Voraussetzung für den Schlußzahlungseinwand handeln muß. ...
Gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 2 Satz 5 VOB/B (1973) wird ein fristgerecht vom Auftragnehmer gegenüber einer Schlußzahlung oder der ihr gleichstehenden Zahlungsverweigerung erklärter Vorbehalt hinfällig, wenn innerhalb von weiteren 24 Werktagen er nicht eingehend begründet oder eine prüfbare Rechnung über die vorbehaltenen Forderungen eingereicht wird. Erst zur Begründung des Vorbehalts wird also eine prüfbare Rechnung gefordert. Daraus ist zu schließen, daß zunächst eine nicht notwendig prüfbare Rechnung als Schlußrechnung ausreicht, um eine wirksame Schlußzahlungserklärung des Auftraggebers zu ermöglichen. ... Es wäre nicht sach- und interessengerecht, wenn der Auftragnehmer, der (nur) eine nicht prüfbare Schlußrechnung erteilt, gegenüber demjenigen, der eine prüfbare Schlußrechnung vorlegt, bevorzugt würde, indem er sich der Einrede der vorbehaltlosen Annahme der Schlußzahlung entziehen könnte, obwohl er für die mangelnde Prüfbarkeit seiner Schlußrechnung selbst verantwortlich ist. ... Es geht allein darum, daß der Auftraggeber, der seine Zahlung auf die in aller Regel vom Auftragnehmer selbst erstellte Schlußrechnung erbringt (der Ausnahmefall des § 14 Nr. 4 VOB/B kann hier außer Betracht bleiben), darauf vertrauen darf, nach vorbehaltloser Annahme seiner Schlußzahlung(serklärung) vor Nachforderungen des Auftragnehmers sicher zu sein. Die Schlußzahlungsregelung bezweckt, alsbald Rechtsfrieden und Rechtsklarheit zu schaffen.. . Dieser Zweck darf nicht dadurch vereitelt werden, daß der Auftragnehmer nicht prüfbare Rechnungen ausstellt und damit die Schlußzahlungseinrede von vornherein nicht erhoben werden könnte. Nach alldem gibt die VOB/B dem Auftraggeber.. bei nicht prüfbaren Schlußrechnungen das Recht, über die fehlende Prüfbarkeit der Schlußrechnung hinwegzusehen, jedoch gleichwohl den Schlußzahlungseinwand zu erheben. [Folgen Ausführungen zu den Mindestanforderungen an die Prüfbarkeit einer Schlußrechnung]...
(d) Der Konkursverwalter hat gegenüber der [einer Schlußzahlung gleichstehenden Aufrechnungserklärung der Bekl. durch Zustellung eines Mahnbescheids] wirksam einen Vorbehalt erklärt. ... Der Vorbehalt und die von ihm ausgelösten Wirkungen sind [durch die spätere Klagerücknahme] nicht weggefallen. ...
Der Zweck der Regelung des § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B, Rechtsfrieden und Rechtsklarheit zwischen den Parteien zu schaffen, wird im Falle eines fristgerecht erklärten Vorbehalts endgültig erreicht, denn der durch die Schlußrechnung über die streitige Forderung bereits hinreichend unterrichtete Auftraggeber weiß nun, daß der Auftragnehmer trotz seiner, des Auftraggebers, Einwendungen den Anspruch aufrechterhalten will. Ein einmal erklärter Vorbehalt braucht auch nicht erneuert oder bekräftigt zu werden.. . Die VOB/B geht von einer Schlußzahlung und einem Vorbehalt aus und zieht eine mehrfache Vornahme dieser Vorgänge nicht in Betracht.. . Daraus folgt, daß der einmal erklärte Vorbehalt auch nicht ohne weiteres seine Wirkungen verliert. Allerdings wäre eine ausdrückliche Rücknahme des Vorbehalts oder ein nachträglicher Verzicht auf dessen Wirkungen ebenso möglich, wie umgekehrt der Auftraggeber auf die Rechtsfolgen des § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B (1973) verzichten kann.. . Allein in der Klagerücknahme kann jedoch ein derartiger Verzicht auf den Ä wenn auch erst mit Klageerhebung erklärten Ä Vorbehalt bzw. auf dessen Wirkungen nicht gesehen werden. Denn eine derartige Klagerücknahme kann aus den unterschiedlichsten Gründen geschehen und hindert die erneute Rechtsverfolgung grundsätzlich nicht. Ein Verzicht auf einmal begründete Rechtspositionen ist nicht zu vermuten, sondern bedarf regelmäßig ausdrücklicher, jedenfalls eindeutiger Äußerungen. ...
Gewisse Parallelen zur Verjährung können.. eine entsprechende Anwendung des § 212 Abs. 1 BGB auf den einmal wirksam erklärten Vorbehalt gegenüber einer Schlußzahlung(serklärung) nicht rechtfertigen. ... Vielmehr ist wiederum zu beachten.., daß § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B mit Zurückhaltung auszulegen und anzuwenden ist, soweit diese Bestimmungen an die Versäumung gewisser Handlungen einen Rechtsverlust knüpfen. Gerade deshalb wird an die vorbehaltlose Annahme der Schlußzahlung nicht das Erlöschen des Anspruchs geknüpft, sondern nur dessen Durchsetzbarkeit auf Einrede hin für ausgeschlossen erachtet. Daher hält der Senat dem Gläubiger des Anspruchs bei einer Verjährungseinrede günstige Vorschriften überwiegend für entsprechend anwendbar.. . Soweit jedoch Vorschriften nicht passen.., muß die entsprechende Anwendung unterbleiben. ...‹
Fundstellen
Haufe-Index 2993644 |
DB 1987, 1348 |
NJW 1987, 2582 |
BGHR BGB § 212 Abs. 1 VOB/B § 16 Nr. 3 Abs. 2 1 |
BGHR VOB/B § 16 Nr. 3 Abs. 2 Schlußrechnung 1 |
BauR 1987, 329 |
DRsp I(138)524c-d |
WM 1987, 762 |
MDR 1987, 663 |
ZfBR 1987, 146 |