Leitsatz (amtlich)
a) Ein Vertrag über die Platzierung einer elektronischen Werbeanzeige unter einer Domain ist rechtlich als Werkvertrag zu qualifizieren.
b) Vertragliche Regelungen, wie die Werbewirksamkeit der in Auftrag gegebenen Werbeanzeige im konkreten Fall erreicht werden kann, gehören - vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung der Vertragsparteien - nicht zum wesentlichen Inhalt eines Vertrags, der auf die Platzierung einer elektronischen Werbeanzeige unter einer konkret bezeichneten Domain gerichtet ist.
Normenkette
BGB § 631
Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach (Urteil vom 01.03.2017; Aktenzeichen 1 S 86/16) |
AG Bad Kreuznach (Entscheidung vom 29.07.2016; Aktenzeichen 22 C 3/16) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer des LG Bad Kreuznach vom 1.3.2017 - 1 S 86/16 - aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin, ein Unternehmen, das im Bereich der Werbe- und Medientechnik tätig ist, verlangt von dem Beklagten die Vergütung für die Schaltung einer Werbeanzeige im Internet.
Rz. 2
Der Beklagte beauftragte die Klägerin mit schriftlichem Vertrag, unter der Domain "www.Kreisgebiet-T...de" eine Werbeanzeige der Größe 440x 130 Pixel zu einem Nettopreis von monatlich 80 EUR zu platzieren. Die Klägerin hat mit der Klage eine Vergütung i.H.v. 1.142,40 EUR zzgl. Zinsen und Nebenkosten geltend gemacht.
Rz. 3
Das AG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.
Rz. 4
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 5
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Rz. 6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, der zwischen den Parteien geschlossene Werbevertrag sei rechtlich als Werkvertrag einzuordnen. Bei einem Internet-Werbevertrag als Sonderform des Werkvertrags erschöpfe sich der von der Klägerin geschuldete Erfolg i.S.d. § 631 Abs. 1 BGB jedoch nicht in der Erstellung und bloß faktischen Einstellung der Anzeige im Internet. Die Besonderheit des Werbevertrags liege darin, dass es dem Besteller entscheidend darauf ankomme, mit dem in Auftrag gegebenen Werbemittel das Produkt, das er bewerben möchte, bei einem möglichst großen Kreis potentieller Kunden bekannt zu machen. Dies sei auch erkennbar das ausschließliche Interesse des Beklagten gewesen. Wenn - wie hier - eine Internet-Werbeanzeige auf einer Website des Unternehmers geschaltet werden solle, habe der Unternehmer für die Verbreitung der Anzeige Sorge zu tragen. Der Besteller habe darauf keinen Einfluss.
Rz. 7
Der geschlossene Vertrag enthalte indes keine Regelungen, die Rückschlüsse auf den Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige und damit auf deren Werbewirksamkeit zuließen. Wie bei jedem Vertrag müsse auch im zu beurteilenden Fall die geschuldete Leistung hinlänglich bestimmt sein, um den Willen zu einer vertraglichen Bindung annehmen zu können. An einer solchen hinreichenden Bestimmtheit der von dem Unternehmer geschuldeten Leistung fehle es aber, wenn der Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige bei potentiellen Kunden und damit die Werbewirksamkeit, auf die es nach dem Vertragszweck entscheidend ankomme, gänzlich ungeregelt bleibe. Ein solcher Werbevertrag sei für den Besteller faktisch wertlos, so dass auch nicht davon ausgegangen werden könne, dass er unter diesen Umständen eine vertragliche Bindung eingehen und sich zur Zahlung einer Vergütung verpflichten wolle.
Rz. 8
Der Vertragsinhalt sei bei Werbeverträgen nur dann hinreichend bestimmt, wenn die Vertragserklärungen Angaben zur Auflage und Verbreitung des Werbeträgers enthielten. Ferner müsse vertraglich vereinbart werden, an welchen Stellen die Werbung verteilt werden solle, weil anderenfalls vom Gericht nicht festgestellt werden könne, ob der geschuldete Werbeeffekt tatsächlich erzielt werden könne bzw. tatsächlich eingetreten sei. Auch im vorliegenden Fall wäre es möglich gewesen, Kriterien vertraglich zu regeln, die den Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige an potentielle Kunden bestimmten. So könnten etwa Angaben dazu, wie viele Besuche (sog. "clicks") auf der von der Klägerin unterhaltenen Internetseite in einem bestimmten Zeitraum mindestens stattfinden, Auskunft über die Auffindbarkeit und die Attraktivität der Seite für interessierte Internetnutzer geben. Keiner dieser Punkte sei im Vertrag geregelt. Auch andere Kriterien, nach denen die Werbewirksamkeit bestimmt werden könnte, fehlten. Der Vertragsinhalt könne insoweit auch nicht im Wege der Auslegung ermittelt werden.
II.
Rz. 9
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Zurückweisung der Berufung der Klägerin nicht gerechtfertigt werden.
Rz. 10
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag über die Platzierung einer Werbeanzeige unter der im Vertrag angegebenen Domain rechtlich als Werkvertrag gem. § 631 BGB qualifiziert.
Rz. 11
a) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werks, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, § 631 Abs. 1 BGB. Für die Abgrenzung von Dienst- und Werkvertrag ist der im Vertrag zum Ausdruck kommende Wille der Parteien maßgebend. Es kommt darauf an, ob auf dieser Grundlage eine Dienstleistung als solche oder als Arbeitsergebnis deren Erfolg geschuldet wird. Bei der tatrichterlichen Feststellung, was bei Fehlen einer ausdrücklichen Regelung Vertragsgegenstand ist, sind die gesamten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 16.7.2002 - X ZR 27/01, BGHZ 151, 330, 332, juris Rz. 14; Urt. v. 19.6.1984 - X ZR 93/83, NJW 1984, 2406 f., juris Rz. 13 m.w.N.). Ein Vertrag, durch den es eine Vertragspartei übernimmt, auf eine bestimmte Dauer Werbeplakate der anderen Vertragspartei an bestimmten Werbeflächen zum Aushang zu bringen, ist danach rechtlich als Werkvertrag einzuordnen (vgl. BGH, Urt. v. 19.6.1984 - X ZR 93/83, a.a.O., S. 2406, juris Rz. 12). Gleiches gilt für einen Vertrag, der das Zeigen von Werbespots auf einem Videoboard mit einer bestimmten Wiederholungsfrequenz zum Gegenstand hat (vgl. BGH, Urt. v. 26.3.2008 - X ZR 70/06, NJW-RR 2008, 1155 Rz. 13) und für einen Vertrag, der die Eintragung in einem elektronischen Branchenverzeichnis zum Gegenstand hat (vgl. BGH, Urt. v. 26.7.2012 - VII ZR 262/11, NJW-RR 2012, 1261), sowie für einen Vertrag über die Erstellung und Betreuung einer Internetpräsentation - sog. "Internet-System-Vertrag" - (vgl. BGH, Urt. v. 27.1.2011 - VII ZR 133/10, BGHZ 188, 149 Rz. 9; Urt. v. 4.3.2010 - III ZR 79/09, BGHZ 184, 345 Rz. 15).
Rz. 12
b) Der hier zu beurteilende Vertrag ist als Werkvertrag einzuordnen. Mit der Einstellung einer elektronischen Werbeanzeige auf einer bestimmten Domain für die Dauer der Vertragslaufzeit ist ein bestimmtes Arbeitsergebnis als die von der Klägerin geschuldete Leistung vereinbart worden. Eine Werkleistung verliert ihren erfolgsbezogenen Charakter nicht dadurch, dass sie wiederholt zu erbringen ist oder es sich um dauernde Leistungen handelt (vgl. BGH, Urt. v. 7.3.2002 - III ZR 12/01, NJW 2002, 1571, 1573, juris Rz. 12 m.w.N.). Der Vertrag über die Platzierung einer elektronisch gestalteten Werbeanzeige unter einer bestimmten Domain ist ebenso wie ein Vertrag über das Zeigen von Werbespots auf einem Videoboard mit einer bestimmten Wiederholungsfrequenz und ebenso wie ein Vertrag über die Schaltung einer Werbeanzeige in einem Printmedium oder als Plakataushang darauf gerichtet, eine bestimmte Werbemaßnahme in der im Vertrag festgelegten Form dem potentiellen Kundenkreis zur Kenntnis zu bringen. Darin besteht der vom Unternehmer zu erbringende Werkerfolg.
Rz. 13
Aus der von der Revision angeführten Entscheidung des BGH vom 21.4.2016 (I ZR 276/14, NJW-RR 2016, 1511 Rz. 11) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Die Ausführungen des BGH, es lasse keinen Rechtsfehler erkennen, dass das Berufungsgericht davon ausgegangen sei, die Beklagte habe sich gegenüber der Klägerin rechtswirksam zur Zahlung von 728,28 EUR einschließlich Umsatzsteuer für einen Eintrag in das elektronische Branchenverzeichnis der Klägerin mit einer Laufzeit von 36 Monaten verpflichtet, betreffen lediglich die Rechtswirksamkeit eines solchen Anzeigenvertrags nicht jedoch seine rechtliche Einordnung als Dienst- oder Werkvertrag. Über diese für die damalige Entscheidung nicht erhebliche Frage hat der BGH damals nicht entschieden.
Rz. 14
2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der von den Parteien geschlossene Werbevertrag sei mangels näherer Vereinbarungen zur Werbewirksamkeit der in Auftrag gegebenen Anzeige nicht hinreichend bestimmt und daher unwirksam, ist dagegen von Rechtsfehlern beeinflusst.
Rz. 15
Die von der Klägerin geschuldete Leistung ist nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag hinreichend bestimmt. Vertragliche Regelungen, wie die Werbewirksamkeit der in Auftrag gegebenen Werbeanzeige im konkreten Fall erreicht werden kann, gehören - vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung der Vertragsparteien - nicht zum wesentlichen Inhalt eines auf die Schaltung einer elektronischen Werbeanzeige gerichteten Vertrags. Ihr Fehlen führt daher nicht dazu, dass ein solcher Vertrag als unwirksam anzusehen wäre. Vielmehr trägt der Besteller grundsätzlich das Risiko, dass mit der in Auftrag gegebenen Werbemaßnahme die gewünschte Werbewirkung tatsächlich erzielt werden kann. Aus den tatrichterlich getroffenen Feststellungen ist entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung eine solche ausdrückliche Vereinbarung zur Werbewirksamkeit der Werbeanzeige nicht zu entnehmen.
Rz. 16
Aus der Entscheidung des BGH vom 19.6.1984 (X ZR 93/83, NJW 1984, 2406 f., juris Rz. 13) ergibt sich nichts anderes. Der Werkerfolg des dort zu beurteilenden Werbevertrags bestand darin, dass an geeigneten Standorten Plakate angebracht wurden und dort für den gesamten vereinbarten Zeitraum ausgehängt blieben. Dieser dauernde Aushang der Plakate während der Vertragszeit als Arbeitsergebnis war der vertragsgemäß geschuldete Erfolg. Lediglich auf dieses Arbeitsergebnis bezog sich die vom Unternehmer geschuldete "einheitliche und fortdauernde planmäßig erzielte Werbewirkung". Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Klägerin die vom Beklagten ihrer Form und Art nach gebilligte Werbeanzeige unter der im Vertrag angegebenen Domain während der Vertragslaufzeit einzustellen hatte.
Rz. 17
Die vom Berufungsgericht herangezogene Instanzrechtsprechung (vgl. LG Mönchengladbach, Urt. v. 11.7.2006 - 2 S 176/05, juris; v. 7.4.2006 - 2 S 172/05, juris; LG Lübeck NJW-RR 1999, 1655; LG Mainz NJW-RR 1998, 631; AG Donaueschingen, Urt. v. 25.7.2002 - 31 C 176/02, juris; AG Köpenick, NJW 1996, 1005) bezieht sich im Übrigen nicht auf Verträge über die Platzierung einer Werbeanzeige unter einer konkret bezeichneten Domain. Die dort im Einzelfall angestellten Erwägungen, wonach für die Bestimmtheit eines Werbevertrags Regelungen zur Beurteilung der Wirkungsweise der in Auftrag gegebenen Werbeanzeige erforderlich seien, ist daher auf den vorliegenden Sachverhalt nicht ohne Weiteres übertragbar.
Rz. 18
3. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben und die Sache ist an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil das Berufungsgericht von seinem Standpunkt aus folgerichtig keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die übrigen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen und der Rechtsstreit daher nicht zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO.
Fundstellen
BB 2018, 897 |
BB 2018, 976 |
NWB 2018, 2169 |
NJW-RR 2018, 687 |
CR 2018, 386 |
IBR 2018, 327 |
WM 2018, 1284 |
ZAP 2018, 1147 |
AfP 2018, 228 |
JZ 2018, 364 |
MDR 2018, 11 |
MDR 2018, 656 |
NJ 2018, 4 |
WRP 2018, 692 |
GRUR-Prax 2018, 221 |
ITRB 2018, 127 |
MMR 2018, 448 |
MMR 2018, 7 |
NWB direkt 2018, 763 |
IPRB 2018, 148 |