Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufgaben des Beirats einer Publikums-KG. Zu den Aufgaben des Beirats einer Publikums-Kommanditgesellschaft
Leitsatz (amtlich)
Zu den Aufgaben des Beirats einer Publikums-Kommanditgesellschaft.
Orientierungssatz
Bei einer Publikums-Kommanditgesellschaft sind die Rechte und Pflichten eines Beirats im Zweifel ähnlich denen eines satzungsgemäß bestellten Aufsichtsrats einer GmbH in erster Linie dann zu sehen, die Geschäftsführung zu überwachen. Nur so kann ein solcher Beirat das notwendige Gegengewicht zu den Gefahren bilden, die der Beitritt zu einer Massengesellschaft in der Regel mit sich bringt.
Tatbestand
Die in Liquidation befindliche Klägerin, eine Kommanditgesellschaft, verlangt vom Beklagten als ihrem früheren Beiratsmitglied Schadensersatz. Sie wurde durch einen im März 1971 endgültig gefaßten, in einem Zeichnungsprospekt wiedergegebenen Gesellschaftsvertrag hauptsächlich mit dem Ziel gegründet, im Inland und Ausland Fremdenverkehrsbetriebe und Touristikunternehmen zu errichten, zu erwerben und zu betreiben sowie Möglichkeiten der Freizeitgestaltung, insbesondere für Hotelgäste, zu organisieren. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die St. M. GmbH, die vom Beklagten und einem weiteren Gesellschafter treuhänderisch gegründet und alsbald von U. E. als einzigem Gesellschafter mit nom 200.000 DM Einlage übernommen wurde. Deren Geschäftsführer waren E. und Dr V..
Die persönlich haftende Gesellschafterin war nach dem Gesellschaftsvertrag (§ 5 Nr 2) „unwiderruflich” ermächtigt, im Namen aller Gesellschafter natürliche oder juristische Personen nach ihrer Wahl als weitere Kommanditisten bis zu einer Gesamteinlage von 9.800.000 DM in die Gesellschaft aufzunehmen. Nach § 7 Nr 2 erstreckt sich ihre Geschäftsführungsbefugnis auf alle zur Erreichung des Gesellschaftszwecks erforderlichen Handlungen, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Zu Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, ist die Zustimmung des Beirats „erforderlich und genügend”. Der Beirat setzt sich aus vier von der Komplementär-GmbH benannten und fünf von den Kommanditisten gewählten Mitgliedern zusammen; die ersten sollten bis zur Wahl der weiteren Mitglieder die Aufgaben des Beirats allein wahrnehmen (§ 8 Nr 1, 2). Diese Aufgaben bestehen nach § 6 Nr 1 Abs 1 darin, (a) die persönlich haftende Gesellschafterin hinsichtlich ihrer Geschäftsführung zu beraten, (b) die nach § 7 Nr 2 erforderliche Zustimmung zu außergewöhnlichen Geschäften zu erteilen, (c) einen Abschlußprüfer zu wählen, (d, e) bei der Feststellung des Jahresabschlusses und der Gestattung von Entnahmen mitzuwirken sowie (f) Kapitalerhöhungen durch Einlagen der persönlich haftenden Gesellschafterin zuzustimmen. Im Rahmen der ihm zugewiesenen Aufgaben hat der Beirat ein umfassendes Informationsrecht. Er kann die Unterlagen der Gesellschaft einsehen und prüfen und damit auch einzelne seiner Mitglieder beauftragen (§ 8 Nr 6 Abs 2). Die Gesellschafter erhalten jährlich Abschrift eines geprüften Jahresabschlusses mit Gewinnrechnung und Verlustrechnung. Weitergehende Rechte aus § 166 HGB können sie durch den Beirat wahrnehmen lassen (§ 13 Nr 4).
Der Beklagte wurde von der persönlich haftenden Gesellschafterin in den Beirat der Klägerin berufen, der am 10. Februar 1972 erstmals zusammentrat und in der Gesellschafterversammlung vom 27. Juli 1972, wie vorgeschrieben, durch weitere fünf Mitglieder ergänzt wurde. Zum 31. Dezember 1972 schied der Beklagte wieder aus.
In einer Sitzung vom 21. Juni 1972 nahm der Beirat unter Mitwirkung des Beklagten von folgenden Verträgen der Klägerin, die ihm die Geschäftsführer vorgelegt hatten, „zustimmend Kenntnis”: Einem sogenannten Franchising-Vertrag mit der A. Immobilien AG, einer voll im Besitz der Familie E. befindlichen Schweizer Gesellschaft, vom 2. Februar 1971, worin diese als eingeführtes Touristikunternehmen gegen Zahlung von 4,1 Mio DM für die Jahre 1971 bis 1973 und einer Umsatzbeteiligung von 1% von 1974 an die Klägerin in verschiedenen Richtungen zu unterstützen versprach; einem Mietvertrag mit derselben Gesellschaft über ein mehr als 1.000 qm großes Anwesen in M. mit Inventar, für das die Klägerin (nach einer für sie günstigeren Neufassung vom 4. Oktober 1971) eine Monatsmiete von 18.000 DM, eine Mietvorauszahlung von 432.000 DM und einen verlorenen Zuschuß von 216.000 DM leisten sollte; einer Abfindungsvereinbarung mit E. vom 3. November 1970, wonach dieser von der Klägerin als Entschädigung für Aufwendungen und Arbeitseinsatz zur Gründung der Gesellschaft insgesamt 1.120.000 DM erhalten sollte; einem weiteren Vertrag mit der A. Immobilien AG vom 10. Februar 1971 über die Zahlung einer Provision von 950.000 DM für Kreditbeschaffung; einem über zwei Treuhänder abgeschlossenen Vertrag vom 25. April 1971, worin die Klägerin versprach, an die St. AG in B. und das Bankinstitut und Finanzinstitut Z. für die Vermittlung von Grundstücksgeschäften und Belegungsvorverträgen sowie die Mitwirkung beim Vertrieb der Beteiligungen insgesamt 3% des zu emittierenden Betrags von 49 Mio DM zu zahlen; schließlich einem Vertrag mit H. L. über die Zahlung einer Provision von 500.000 DM für die Konzipierung und Vorbereitung der Emission von Beteiligungen. Auf einer Gesellschafterversammlung vom 27. Juli 1972 wurden diese Verträge erörtert; die Gesellschafter beschlossen, im Hinblick auf den noch ausstehenden Geschäftsbericht die Entlastung von Geschäftsführung und Beirat zurückzustellen. In einer Sitzung vom 18. Oktober 1972 beschloß der nunmehr voll besetzte Beirat, nachdem er nochmals einige Punkte des Geschäftsberichts für 1971 durchgesprochen hatte, den Bericht zu billigen und den Gesellschaftern zu empfehlen, Geschäftsführung und Beirat zu entlasten. Das geschah in der Folgezeit auf schriftlichem Wege.
Nachdem sich im Jahre 1974 herausgestellt hatte, daß die Vorhaben der Klägerin nicht, wie vorgesehen, finanziert werden konnten, wurden die Geschäftsführer E. und Dr V. abberufen. Ein noch im selben Jahr von der Klägerin gestellter Konkursantrag wurde mangels Masse abgelehnt.
Die Klägerin hat ihren gegen den Beklagten in Höhe eines Teilbetrags von 200.000 DM erhobenen Schadensersatzanspruch in erster Linie damit begründet, der Beklagte habe unter schuldhafter Verletzung seiner Aufsichtspflichten als Beiratsmitglied verkannt, daß die notwendige Finanzierung der im Werbeprospekt der Klägerin dargestellten und größtenteils nicht verwirklichten Vorhaben von vornherein ungesichert gewesen sei. In zweiter Linie hat er dem Beklagten vorgeworfen, er hätte den vorgenannten Verträgen bei pflichtmäßiger Prüfung nicht zustimmen dürfen. Durch diese Verträge sei nämlich erkennbar Geld der Klägerin vergeudet und einer dem Gesellschaftszweck entsprechenden Verwendung entzogen worden. Mit ihrer Hilfe habe sich die Geschäftsleitung zum Teil auf unlautere Weise bereichert.
Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision, die der Beklagte zurückzuweisen beantragt, verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I. Die Revisionserwiderung macht geltend, der Liquidator der Klägerin habe die Klageforderung am 5. Januar 1976, während der Rechtsstreit beim Landgericht schwebte, an die IG St. KG, eine von ihm gegründete Gesellschaft, abgetreten. Dieses Vorbringen ist nicht neu (vgl BU S 15, Schrifts d Bekl v 8.1.76 S 5, 10). Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin und ihr Liquidator haben jedoch vor dem Landgericht eine solche Abtretung geleugnet, woraufhin das Landgericht sie als nicht bewiesen betrachtet hat (Prot v 14.1. 76 S 5 u v 18.2.76 S 6; Urt d LG S 24). Nunmehr räumt die Klägerin die Richtigkeit jener Behauptung ein. Sie trägt dazu aber vor, es handle sich lediglich um eine stille Sicherungszession (vgl hierzu Urt d BGH v 11.11.77 – I ZR 80/75, NJW 1978, 698). Da die Sache ohnehin an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden muß, wird im weiteren Verlauf des Rechtsstreits noch Gelegenheit sein, diese Frage näher zu klären und zu prüfen, ob die Klage auf Zahlung an die Abtretungsempfängerin umzustellen ist oder nicht (vgl BGHZ 26, 31, 37).
II. Das Berufungsgericht hält einen schuldhaften Verstoß des Beklagten gegen seine Beiratspflichten nicht für bewiesen. Dabei geht es davon aus, zu einer umfassenden Kontrolle und Überwachung der Geschäftsführung sei der Beirat der Klägerin grundsätzlich nicht verpflichtet gewesen. Weder aus dem Gesetz noch aus dem Sinn und Zweck seiner Errichtung oder dem Gesellschaftsvertrag ergebe sich, daß er etwa wie ein Aufsichtsrat von sich aus Nachforschungen über die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung habe anstellen müssen. Von „Kontrolle”, „Überwachung”, „Aufsicht” oder ähnlichen Aufgaben stehe nichts im Gesellschaftsvertrag; dort sei nur von einer „Beratung der persönlich haftenden Gesellschafterin” die Rede (§ 8 Nr 6 Abs 1a). Der Wert des Beirats habe, über die in § 8 Nr 6 Abs 1b bis f ausdrücklich genannten Tätigkeiten hinaus, in der Möglichkeit gelegen, die Geschäftsführung unterstützend zu beraten, den Kontakt zwischen ihr und den Gesellschaftern herzustellen und gegebenenfalls bei auftretenden Zweifel an ihn herangetragene Vorgänge zu überprüfen. Das schließe nicht aus, daß der Beirat in besonderen Fällen, vor allem bei offensichtlichen Mißständen, sich auch zum Einschreiten hätte veranlaßt sehen können oder gar hierzu verpflichtet gewesen wäre. Solche Fälle hätten aber nicht vorgelegen.
Diese Ausführungen sind schon im rechtlichen Ausgangspunkt nicht haltbar.
1. Die Frage, welche Aufgaben der Beklagte als Beiratsmitglied hatte, lassen sich nicht losgelöst von den besonderen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen der Klägerin richtig beurteilen. Bei der Klägerin handelt es sich um eine typische Publikums-Kommanditgesellschaft, die auf der einen Seite durch eine Vielzahl von Kommanditbeteiligungen, auf der anderen Seite durch eine starke Machtstellung der von nur einem Gesellschafter beherrschten Komplementär-GmbH gekennzeichnet ist. Anders als in einer gewöhnlichen, dem gesetzlichen Leitbild entsprechenden Kommanditgesellschaft fehlt es hier an einem engen, für die Aufnahme in die Gesellschaft wesentlichen und durch persönliche Zusammenarbeit geprägten Vertrauensverhältnis unter den Gesellschaftern. Der Abschluß von Beitrittsverträgen mit neuen Gesellschaftern ist der persönlich haftenden Gesellschafterin überlassen und damit dem Einfluß der Kommanditisten entzogen (vgl § 5 Nr 2 Abs 2, Satz 2 u Nr 4 des Gesellschaftsvertrags). Für den Entschluß, in die Gesellschaft einzutreten, sind nicht eine genauere, auf eigener Anschauung beruhende Kenntnis der inneren Verhältnisse der Gesellschaft und namentlich auch ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit maßgebend, sondern in erster Linie die Angaben in einem öffentlich verbreiteten Werbeprospekt, denen ein fertig formulierter Gesellschaftsvertrag zugrunde liegt.
Diesem Mangel an Einblick in die Gesellschaft und Einfluß auf deren Zusammensetzung entspricht es, daß für den einzelnen Kommanditisten auch die Möglichkeiten, die Geschäftsführung laufend zu überwachen und sich hierdurch gegen einen Verlust des angelegten Kapitals zu schützen, im allgemeinen gering sind. Eine wirksame Wahrnehmung der ohnehin nur schwachen gesetzlichen Kontrollrechte nach § 166 HGB wird durch die Undurchsichtigkeit der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, wie sie bei solchen Gesellschaften oft durch den äußeren Zuschnitt ebenso wie durch interne Verpflechtungen mit anderen Unternehmen oder Interessen bedingt ist, noch erschwert. Nicht von ungefähr besteht daher bei Publikumsgesellschaften vielfach ein als „Beirat”, „Verwaltungsrat” oder auch „Aufsichtsrat” bezeichnetes Gesellschaftsorgan, das die Aufgabe hat, im Interesse der Gesellschaft und der Anlage-Gesellschafter die Geschäftsführung ständig dahin zu überprüfen, ob sie das ihr anvertraute Kapital mit der gebotenen Sorgfalt für die im Gesellschaftsvertrag festgelegten Zwecke verwendet. Auf diese Weise wird dem hier besonders starken Schutzbedürfnis der Kommanditisten einigermaßen Rechnung getragen (vgl BGHZ 69, 207, 209f).
Infolgedessen sind im Zweifel die Rechte und Pflichten eines Beirats, wie er hier nach § 8 des Gesellschaftsvertrags errichtet worden ist, ähnlich denen eines satzungsmäßig bestellten Aufsichtsrats einer GmbH (§ 52 GmbHG mit § 111 AktG) in erster Linie darin zu sehen, die Geschäftsführung zu überwachen. Nur so kann ein solcher Beirat das notwendige Gegengewicht zu den Gefahren bilden, die der Beitritt zu einer Massengesellschaft in der Regel mit sich bringt.
2. Eine Beschränkung dieser im allgemeinen schon aus der Eigenart einer Publikumsgesellschaft zu folgernden Funktion eines Beirats ist dem vorliegenden Gesellschaftsvertrag entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht zu entnehmen; der Vertrag spricht im Gegenteil eher für eine umfassende Überwachungsaufgabe ähnlich der eines Aufsichtsrats. Die Annahme, die Beiratsmitglieder hätten ihren Sachverstand lediglich im Interesse der persönlich haftenden Gesellschafterin zu deren Beratung und Unterstützung gebrauchen sollen, verbietet sich schon mit Rücksicht auf die vorgeschriebene Besetzung (fünf von den Kommanditisten gewählte gegenüber vier von der Komplementär-GmbH benannten Mitgliedern), die den Beirat eindeutig als ein gewillkürtes Gesellschaftsorgan ausweist (vgl Urt d Sen v 14.4.75 – II ZR 147/73, WM 1975, 767, zu 1, insoweit in BGHZ 64, 238 nicht abgedr). Als solches hatte er die Interessen der Gesellschaft wahrzunehmen. Das schloß als eine wesentliche Funktion der Kontrolle der Geschäftsführung auf eine ordentliche und gewissenhafte Erfüllung ihrer Aufgaben hin und damit zwangsläufig auch den Schutz der Anlagegesellschafter vor Verlusten durch einen unsachgemäßen Einsatz des Gesellschaftskapitals ein.
Dem steht nicht entgegen, daß § 8 Nr 6 Abs 1a des Gesellschaftsvertrags den Beirat zur „Beratung der persönlich haftenden Gesellschafterin hinsichtlich deren Geschäftsführung” verpflichtet. Denn eine solche an das Gesellschaftsinteresse gebundene Beratung kann sich sinnvoll nur dann ausrichten, welche Maßnahmen im Rahmen ordnungsgemäßer Geschäftsführung geboten oder zu unterlassen sind. Daß damit auch eine laufende Überwachung der Geschäftsführer zum Schutz der Gesellschaft und ihrer Mitglieder verbunden sein sollte, ergibt sich schon aus dem weiteren Aufgabenkatalog des § 8 Nr 6 Abs 1 und namentlich aus der Übertragung gesetzlicher Befugnisse der Kommanditisten auf den Beirat, wie des Rechts auf Mitwirkung bei außergewöhnlichen Geschäften (§ 7 Nr 2 Satz 2, § 8 Nr 6 Abs 1b) oder der in § 166 HGB bestimmten, über den Erhalt eines geprüften Jahresabschlusses mit Gewinnrechnung und Verlustrechnung hinausgehenden Rechte (§ 13 Nr 4 Satz 2). Auch das in § 8 Nr 6 Abs 2 dem Beirat „im Rahmen der ihm zugewiesenen Aufgaben” zugebilligte „umfassende Informationsrecht” läßt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts darauf schließen, daß eine Kontrolle der Geschäftsführung zu seinen wesentlichen Funktionen gehört. Denn es hat nur dann einen rechten Sinn, wenn es dazu dienen soll, dem Beirat eine ebenso weitgespannte Aufsichtstätigkeit zu ermöglichen. Das hauptsächliche Ziel einer solchen Tätigkeit kann aber nach Lage der Sache nur darin bestehen, über die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung im Interesse der Gesellschaft und damit zugleich auch der Anlagegesellschafter zu wachen.
3. Darauf, daß der Beirat der Klägerin von dieser bei einer Publikumsgesellschaft regelmäßig vorauszusetzenden Aufgabe freigestellt sein sollte, lassen weder die verhältnismäßig geringe Höhe der an die Beitragsmitglieder gezahlten Vergütung noch die weiterhin vom Berufungsgericht vermerkte Tatsache schließen, daß im Gesellschaftsvertrag der ursprünglich vorgesehene Ausdruck „Aufsichtsrat” durch „Beirat” ersetzt worden ist. Wenn dem Beklagten das für seine Beiratstätigkeit bewilligte Honorar von jährlich 5.000 DM angesichts der mit einer solchen Tätigkeit verbundenen Verantwortung zu niedrig erschien, stand es ihm frei, die Berufung in den Beirat abzulehnen. Zudem hat sich sein Interesse an der Gesellschaft nach dem nur teilweise bestrittenen Vortrag der Klägerin nicht in dem Beiratshonorar erschöpft. Was die Wahl der in Publikums-Kommanditgesellschaften vielfach gebräuchlichen Bezeichnung „Beirat” anstelle von „Aufsichtsrat” betrifft, so weist sie ebenfalls nicht schon auf die vom Berufungsgericht angenommene Beschränkung der Aufgaben dieses Gesellschaftsorgans hin. So hat der Beirat zwar in seiner Sitzung vom 18. Oktober 1972 den Vorschlag, ihn in „Aufsichtsrat” umzubenennen, abgelehnt, andererseits aber in derselben Sitzung den Antrag, ihm neben dem umfassenden Informationsrecht noch ein gleiches Kontrollrecht einzuräumen, deshalb für unbegründet gehalten, „weil die jetzige Bestimmung des Gesellschaftsvertrages hierfür als ausreichend angesehen” wurde.
4. Es geht schließlich auch nicht an, bei der Frage nach den Funktionen des Beirats mit dem Berufungsgericht ganz außer Betracht zu lassen, wie der Beirat selbst, die Gesellschafter und die Geschäftsführung diese Frage beurteilt haben. Neben der schon erwähnten Niederschrift über die Beiratssitzung vom 18. Oktober 1972 ist in dieser Hinsicht vor allem eine Reihe von Zußerungen in der Gesellschafterversammlung vom 27. Juli 1972 bemerkenswert (vgl Prot S 6, 7, 8, 20, 22, 23). So versprach der Geschäftsführer V., den Gesellschaftern ausdrückliche Erläuterungen zum Jahresabschluß nachzureichen, bemerkte dazu aber, „eine eigentliche Überprüfung sei den Gesellschaftern natürlich auch mit Hilfe der Erläuterungen nicht möglich. Hier müßten sie sich auf den Beirat beziehungsweise Wirtschaftsprüfer verlassen”. Auf den Einwand einer Kommanditistin, der von der Komplementärin benannte Beirat könne wohl kaum Anspruch darauf erheben, für die Kommanditisten zu sprechen, entgegnete der Beiratsvorsitzende Dr A., der die Versammlung leitete, „daß der Beirat seine Aufgaben sehr ernst genommen und es als seine Pflicht angesehen habe, für die Kommanditisten und die Gesellschaft tätig gewesen zu sein”; durch die Zuwahl von fünf Kommanditisten „werde das Aufsichtsproblem noch besser gelöst”. Die Zußerung eines Gesellschafters, nach seiner Meinung sei der Beirat nicht nur Kontrollorgan, beantwortete Dr A. damit, daß „nach seiner Auffassung der Beirat sich informieren und die Geschäftsführung kontrollieren müsse”. In einem Schlußwort betonte er nochmals, daß er sich als „neutralen Sachwalter aller Kommanditisten sehe”. Der Beirat dürfe nicht in die Geschäftsführung eingreifen, habe sie aber „zu überwachen, zu fördern und die Gesellschafter vor Schwierigkeiten zu bewahren”.
Diese unwidersprochen gebliebenen Zußerungen mußten die Kommanditisten zu der Überzeugung bringen, ihr Interesse an einer wirksamen Überwachung der Geschäftsführung werde durch den Beirat ausreichend wahrgenommen, so daß sich zusätzliche Kontrollmaßnahmen, abgesehen von einer Überprüfung des damals noch ausstehenden Geschäftsberichts für 1971, gegenwärtig erübrigten. Auch aus diesem Grunde kann sich der Beklagte, der an der Gesellschaftsversammlung teilgenommen hat, jetzt nicht darauf zurückziehen, eine Beaufsichtigung der Geschäftsführung habe überhaupt nicht zu seinen Aufgaben als Beiratsmitglied gehört. In Anbetracht der Eindeutigkeit jener Zußerungen und des Rahmens, in dem sie gefallen sind, kommt es nicht mehr auf die bestrittene Kenntnis des Beklagten von einem Rundbrief vom August 1971 an, worin die Geschäftsführer der Klägerin unter Hinweis auf den Zeichnungsprospekt namens der Klägerin und ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin versicherten, sie hätten im Interesse ihrer Zeichner „den Beirat mit sehr starken Entscheidungsfunktionen ausgestattet, die aus der Sicht einer Aktiengesellschaft etwa der Zuständigkeit eines Aufsichtsrates entsprechen”.
III. Bei der Würdigung der im einzelnen gegen den Beklagten erhobenen Vorwürfe kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dem Beklagten sei in keinem Fall eine schuldhafte Pflichtverletzung zur Last zu legen. Es läßt sich nicht ausschließen, daß diese Beurteilung durch die unrichtige Ansicht beeinflußt ist, der Beirat sei zu einer Kontrolle der Geschäftsführung nicht allgemein verpflichtet gewesen.
1. So meint das Berufungsgericht, sich mit der Feststellung begnügen zu dürfen, Mißstände hätten nicht so offensichtlich vorgelegen, daß sie sich dem Beirat bereits ohne weitere Nachforschungen hätten aufdrängen und zu besonderen Maßnahmen hätten veranlassen müssen (BU S 35, 57). Damit ist, wie ausgeführt, der Aufgabenkreis eines solchen Aufsichtsorgans zu eng gesehen. Er besteht – neben der Prüfung des Jahresabschlusses – hauptsächlich darin, sich von der Geschäftsleitung regelmäßig Bericht erstatten zu lassen, die hierzu notwendigen Unterlagen einzusehen und, wenn sich dabei Bedenken ergeben, ihnen weiter nachzugehen (Urt d Sen v 7.11.77 – II ZR 43/76, NJW 1978, 425 = WM 1977, 1446 zu II 4). Darüber hinausgehende Nachforschungen können geboten sein, wenn die Umstände dazu Anlaß geben. Sie sind vor allem dann erforderlich, wenn der Beirat mit bestimmten Vorgängen, wie hier einer Reihe von Vertragsabschlüssen, eigens befaßt ist und dazu ausdrücklich Stellung zu nehmen hat oder tatsächlich Stellung nimmt. Zu berücksichtigen ist hier aber auch, daß die Gesellschaft erst vor verhältnismäßig kurzer Zeit angelaufen war und deshalb für den Beirat genügend Grund bestand, sich unter Ausschöpfung der ihm in § 8 Nr 6 Abs 2 des Gesellschaftsvertrages eingeräumten Befugnisse zunächst einmal eingehend über die rechtlichen, sachlichen und vor allem finanziellen Bedingungen zu informieren, um so die nötige Grundlage für eine laufende Überwachung der Geschäftsführung zu gewinnen. Dazu mußte sich der Beirat wenigstens in groben Zügen ein Bild davon zu machen suchen, inwieweit die im Werbeprospekt der Klägerin dargestellten Vorhaben bereits in Angriff genommen und mit den vorhandenen oder sicher zu erwartenden Mitteln überhaupt durchführbar waren.
2. Das Berufungsgericht läßt offen, ob die Verträge, von denen der Beirat der Klägerin in seiner Sitzung vom 21. Juni 1972 unter Bezugnahme auf die §§ 7 und 8 des Gesellschaftsvertrags „zustimmend Kenntnis” genommen hat, nach den genannten Bestimmungen zustimmungsbedürftig gewesen sind. Hierauf kommt es auch nicht entscheidend an. Denn durch seine „zustimmende” Kenntnisnahme hat der Beirat klar zum Ausdruck gebracht, daß er die Verträge geprüft und in Ordnung befunden habe. Das durfte er ohne Rücksicht auf die Frage der Zustimmungsbedürftigkeit nur tun, wenn er sich vorher tatsächlich mit der gebotenen kaufmännischen Sorgfalt von der Ordnungsmäßigkeit der Vereinbarungen überzeugt hatte. War dies nicht geschehen oder bislang an irgendwelchen Schwierigkeiten gescheitert, so mußte er sich jeder Stellungnahme enthalten und die Gründe hierfür zu erkennen geben. Das gilt um so mehr, als nach dem Vortrag des Beklagten (Schrifts v 3.10.75 S 46 u v 8.1.76 S 23f) in der Gesellschafterversammlung vom 27. Juli 1972 die den Vertriebskosten von etwa 7,5 Mio DM zugrundeliegenden Beträge „unter härtester Befragung durch die Kommanditisten” eingehend erörtert, der Beirat mit ihrer nochmaligen Überprüfung beauftragt und die Entlastung von Geschäftsführung und Beirat mit Rücksicht auf den noch ausstehenden Geschäftsbericht zurückgestellt wurden. Damit war dem Beirat aufgegeben, sich noch einmal gründlich und in eigener Verantwortung mit den Verträgen zu befassen. Nur wenn er dieser Aufgabe gewissenhaft nachgekommen war, durfte er den Kommanditisten mit dem Bemerken, er habe in seiner Sitzung vom 18. Oktober 1972 den Geschäftsbericht durchgesprochen und gebilligt, die Entlastung von Geschäftsführung und Beirat empfehlen (Prot über die Beiratssitzung v 18.10.72). Auf den Bericht des Wirtschaftsprüfers Dr H. vom 4. Juli 1972 über den Jahresabschluß zum 31. Dezember 1971 konnte er sich hierbei nicht verlassen, da dieser sich seinerseits auf den Hinweis beschränkte, der Beirat habe die Verträge gebilligt (S 4ff, 38).
Ob das Berufungsgericht diese Gesichtspunkte richtig erkannt und bei seinen tatsächlichen Feststellungen hinreichend berücksichtigt hat, lassen schon seine allgemeinen, einer Einzelwürdigung der Verträge vorausgeschickten Ausführungen bezweifeln.
a) So hält es dem Beklagten zugute, daß jene Verträge bereits abgeschlossen und damit rechtsverbindlich gewesen seien, als sie in der Beiratssitzung vom 21. Juni 1972 erörtert wurden. Dabei ist zunächst übersehen, daß nach dem Vortrag der Klägerin den von ihr versprochenen Leistungen zum Teil keine entsprechenden Gegenleistungen gegenübergestanden haben sollen – der „Stuba-Vertrag” vom 25. April 1971 soll sogar ein Scheinvertrag gewesen sein – und es sich obendrein teilweise um Vereinbarungen mit dem Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin oder der von ihm beherrschten A. Immobilien AG gehandelt hat, was den Beirat übrigens dazu hätte veranlassen müssen, die Notwendigkeit und Angemessenheit der Verträge im Hinblick auf den Gesellschaftszweck besonders kritisch zu untersuchen. Geht man von diesem nicht abschließend tatrichterlich gewürdigten Vortrag aus, so ist mit der Möglichkeit zu rechnen, daß die Klägerin die Erfüllung der einen oder anderen Vereinbarung unter den Gesichtspunkten des § 138 BGB oder der Arglist hätte verweigern oder sich sonst von ihr hätte lösen können.
b) Die weitere Erwägung des Berufungsgerichts, nicht schon die Erkenntnis, daß einzelne der Verträge unzweckmäßig gewesen seien, sondern nur das positive Wissen von Unredlichkeiten der Geschäftsführung hätten es rechtfertigen können, nach entsprechender Unterrichtung der Kommanditisten auf eine Abberufung der Geschäftsführer hinzuwirken, ist wiederum ersichtlich von der unzutreffenden Vorstellung beeinflußt, der Beirat hätte allenfalls gegen klar erkannte Mißstände einschreiten müssen, wie dies bei den Ausführungen zu dem sogenannten Frachise-Vertrag, dem Mietvertrag mit der A. Immobilien AG, dem Abfindungsvertrag mit E. und den Vereinbarungen mit L. (BU S 50, 51, 54, 55f) besonders deutlich hervortritt. Auch leuchtet es nicht ein, wie der Umstand, daß die Verträge schon abgeschlossen waren, es rechtfertigen soll, daß der Beirat auf die Gefahr hin, die Kommanditisten irrezuführen oder von notwendigen weiteren Untersuchungen abzuhalten, zu ihnen ausdrücklich positiv Stellung genommen hat.
Die Zweifel des Berufungsgerichts, ob dieses Verhalten für einen der Klägerin entstandenen Schaden ursächlich sein könnte (BU S 45), beruhen ebenfalls mit darauf, daß es an die Sorgfaltspflicht des Beirats allgemein einen zu milden Maßstab angelegt hat. Hätte der Beirat in der Gesellschafterversammlung auf die „harten Fragen” der Kommanditisten hin die Verträge oder einzelne von ihnen beanstandet oder einfach erklärt, er könne oder wolle sich über sie kein Urteil erlauben, anstatt mit dem Anschein hinreichend ausgeübter Kontrolle die Gesellschafter zu beschwichtigen, so hätten diese möglicherweise im Rahmen ihrer gesetzlichen und vertraglichen Befugnisse unmittelbar oder durch die Weigerung, Geschäftsführung und Beirat zu entlasten, eine gründlichere Überprüfung veranlaßt und, je nach deren Ausgang, Maßnahmen in die Wege geleitet, die geeignet gewesen wären, Schaden von der Gesellschaft abzuwenden, bereits entstandene Schäden zu mindern oder wenigstens die Geschäftsführer nachhaltig zu warnen. Demgegenüber hätte der Beklagte darlegen müssen, daß und warum die Dinge auch bei korrektem Verhalten des Beirats für die Klägerin nicht günstiger verlaufen wären (vgl Urt d Sen v 7.11.77 aaO zu II 4 unter Hinweis auf RGZ 161, 129, 134ff, 139).
c) Die vom Beirat selbst empfohlene (schriftliche) Entlastung durch die Gesellschafterversammlung kann den Beirat schon deshalb nicht von einer etwaigen Haftung freistellen, weil ihm gerade eine mangelhafte Unterrichtung der Gesellschafter vorgeworfen wird.
d) Einige Wendungen im Berufungsurteil (vgl zB S 42) deuten auf die Ansicht hin, die Klägerin habe die volle Beweislast auch dafür, daß der Beklagte die von ihm als Beiratsmitglied geschuldete Sorgfalt verletzt habe. Demgegenüber ist darauf hinzuweisen, daß die Vergleichbarkeit der Funktionen des Beirats einer Publikumsgesellschaft mit denen des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft es angezeigt erscheinen läßt, die Beweisregel des § 93 Abs 2 Satz 2 in Verbindung mit § 116 AktG entsprechend anzuwenden (U H Schneider, DB 1973, 953ff Fn 29). Damit wird der Beklagte nicht unzumutbar belastet, da er in der Lage sein muß, darzulegen und, wenn nötig, zu beweisen, was er von sich aus unternommen hat, um seine Pflichten als Beiratsmitglied gewissenhaft zu erfüllen, und gegebenenfalls auch, warum es ihm trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht gelingen konnte, die vom Berufungsgericht vermuteten Machenschaften der Geschäftsführer zu durchschauen.
IV. Das Berufungsurteil kann hiernach nicht aufrechterhalten bleiben. Bei der notwendigen erneuten Würdigung des Sachverhalts unter den aufgezeigten Gesichtspunkten wird das Berufungsgericht Gelegenheit haben, sich, wenn nötig, auch mit den weiteren, vorstehend nicht besonders erörterten Revisionsrügen auseinanderzusetzen.
Der Senat hält es für angebracht, von der Möglichkeit des § 565 Abs 1 Satz 2 ZPO Gebrauch zu machen.
Fundstellen