Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 13.10.1994) |
Tenor
Auf die Revision des Antragsgegners wird das Urteil des 6. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt vom 13. Oktober 1994 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien, beide deutsche Staatsangehörige, haben im November 1987 geheiratet. Die Antragstellerin stammt aus einer vermögenden Familie. Am 28. Dezember 1988 schlossen die Parteien einen notariellen Vertrag, in dem sie Gütertrennung vereinbarten und für die Vergangenheit Zugewinnausgleichsansprüche ausschlossen. Am 9. Februar 1989 wurde ein Kind der Parteien geboren. Die Parteien leben getrennt voneinander. Das genaue Datum der Trennung ist zwischen ihnen streitig, der Antragsgegner lebt aber spätestens seit Ende 1991 mit einer anderen Partnerin in den USA zusammen, zu der er schon vor der Ehe der Parteien Beziehungen hatte.
Zwischen den Parteien haben Verhandlungen wegen einer einvernehmlichen Scheidung stattgefunden. Im Rahmen dieser Verhandlungen stellte der Antragsgegner finanzielle Forderungen, die zu erfüllen die Antragstellerin nicht bereit war. Im Juli 1992 reichte die Antragstellerin einen Scheidungsantrag ein, der dem Antragsgegner am 1. August 1992 zugestellt wurde. Im Rahmen des Scheidungsverbundverfahrens macht der Antragsgegner im Wege der Stufenklage Zugewinnausgleichsansprüche geltend und verlangt in der ersten Stufe Auskunft über das Endvermögen der Antragstellerin. Mit Schreiben seines erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten vom 30. April 1993 erklärte der Antragsgegner die Anfechtung des notariellen Vertrages vom 28. Dezember 1988 „wegen arglistiger Täuschung und vorsorglich auch wegen widerrechtlicher Drohung”.
Der Antragsgegner behauptet, er habe einen von dem Vater der Antragstellerin initiierten Entwurf eines Ehe- und Erbvertrages von einem Rechtsanwalt überprüfen lassen. Dieser habe ihm geraten, den Vertrag nicht zu unterschreiben. Es sei deswegen häufiger zu Auseinandersetzungen zwischen der Antragstellerin und ihm gekommen, zuletzt am 16. Dezember 1988. In der Nacht zum 17. Dezember 1988 habe er die Antragstellerin verkrampft und in unnatürlicher Lage auf einem Sofa liegend angetroffen. Im Bad auf der Ablage des Waschbeckens habe er zwei offene Tablettenröhrchen gefunden. Eines sei leer gewesen; in dem anderen hätten sich noch einige wenige Tabletten befunden. Er habe noch in der Nacht einen befreundeten Arzt herbeigerufen, der ihm nach einer Untersuchung der Antragstellerin gesagt habe, ihr Zustand sei nicht akut besorgniserregend, man müsse die Angelegenheit aber ernst nehmen. Die Antragstellerin habe offensichtlich Tabletten eingenommen. Sie sei wohl in einer verzweifelten Situation, weil ihre Familie sie zum Abschluß des Ehevertrags dränge und weil er – der Antragsgegner – nicht bereit sei zu unterschreiben. Er solle sie im Auge behalten und notfalls sofort ihn – den Arzt – verständigen. Außerdem solle er sich überlegen, ob er ihr nicht entgegenkommen könne. Schließlich müsse er auch an das Kind denken.
Noch in der Nacht habe er Freunde davon unterrichtet, daß die Antragstellerin wegen seiner Weigerung, den Vertrag zu unterzeichnen, Tabletten eingenommen habe. Am folgenden Tag habe die Antragstellerin ihm erzählt, sie sei wegen des Drucks, den ihre Familie auf sie ausübe, verzweifelt gewesen, deshalb habe sie Tabletten genommen. Aus Angst um ihr Leben und um das Leben des ungeborenen Kindes habe er dann wenige Tage später den Ehe- und Erbvertrag unterschrieben.
Zweifel daran, daß es sich tatsächlich um einen Selbstmordversuch der Antragstellerin gehandelt habe, habe er bekommen, nachdem die Antragstellerin im April 1993 bei ihrer Anhörung in einem Sorgerechtsverfahren erklärt habe, sie habe nie einen Selbstmordversuch unternommen und auch keinen vorgetäuscht. Kurze Zeit später habe er dann in Erfahrung gebracht, daß die Antragstellerin um die Jahreswende 1988/89 einer Freundin anvertraut habe, sie habe ihm einen Selbstmordversuch vorgetäuscht, um auf diese Weise das Zustandekommen des Ehe- und Erbvertrages zu erzwingen. Die Freundin der Antragstellerin habe dies Frau R. weitererzählt.
Das Familiengericht hat ohne Beweisaufnahme durch Teilurteil den Auskunftsanspruch des Antragsgegners abgewiesen. Das Berufungsgericht hat – ebenfalls ohne Beweisaufnahme – die Berufung des Antragsgegners gegen dieses Teilurteil zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Antragsgegners, mit der er seinen Auskunftsanspruch weiter verfolgt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Antragsgegners führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen geht das Berufungsgericht davon aus, daß eine Pflicht der Antragstellerin, dem Antragsgegner Auskunft über den Bestand ihres Endvermögens zu erteilen (§ 1379 Abs. 1 und 2 BGB), nur zur Vorbereitung eines Zugewinnausgleichsanspruchs in Betracht kommt, daß in dem notariellen Vertrag der Parteien vom 28. Dezember 1988 der Zugewinnausgleich an sich wirksam ausgeschlossen worden ist und daß das Auskunftsbegehren des Antragsgegners deshalb nur begründet sein kann, wenn der notarielle Vertrag unwirksam ist oder sich die Antragstellerin aus anderen Gründen nicht auf ihn berufen kann.
Weiter führt das Berufungsgericht aus, selbst wenn man den gesamten Tatsachenvortrag des Antragsgegners als richtig unterstelle, ändere das nichts daran, daß durch den notariellen Vertrag der Zugewinnausgleich wirksam ausgeschlossen worden sei. Insbesondere ergebe sich aus dem Tatsachenvortrag des Antragsgegners nicht, daß er berechtigt sei, den Vertrag wegen Drohung oder arglistiger Täuschung nach § 123 BGB anzufechten. Nach dem Vortrag des Antragsgegners komme eine Anfechtung des Vertrages in Frage, weil die Antragstellerin den Antragsgegner durch eine widerrechtliche Drohung zum Abschluß des Vertrages veranlaßt habe. Der Antragsgegner behaupte, daß die Antragstellerin durch einen vorgetäuschten Selbstmordversuch bewußt die Furcht hervorgerufen habe, sie werde einen weiteren Selbstmordversuch unternehmen, wenn er den Vertrag nicht unterschreibe. Dies entspreche der typischen, einer Drohungsanfechtung zugrundeliegenden Fallgestaltung. Die in dem Vortäuschen eines Selbstmordversuches liegende Täuschung habe in diesem Zusammenhang keine selbständige Bedeutung, sondern sei Teil der von der Antragstellerin durch schlüssiges Verhalten vorsätzlich ausgesprochenen Drohung mit einem empfindlichen Übel. Der Antragsgegner sei deshalb, wenn man seinen Tatsachenvortrag als richtig unterstelle, zunächst berechtigt gewesen, den notariellen Vertrag wegen einer widerrechtlichen Drohung anzufechten. Dieses Anfechtungsrecht habe er aber verloren, weil er die Anfechtung nicht innerhalb der Anfechtungsfrist des § 124 Abs. 1 und 2 BGB erklärt habe. Nach dieser Vorschrift müsse die Anfechtung im Falle einer Drohung binnen eines Jahres erfolgen, von dem Zeitpunkt an, in dem die Zwangslage aufgehört habe. Die durch die Befürchtung, die Antragstellerin könne einen weiteren Selbstmordversuch unternehmen, ausgelöste psychische Zwangslage des Antragsgegners sei aber spätestens beendet gewesen, nachdem er sich von seiner Familie getrennt habe und seit Ende 1991 mit einer anderen Partnerin zusammenlebe. Die Anfechtung hätte deshalb spätestens Ende 1992 erfolgen müssen, der Antragsgegner habe sie aber erstmals im April 1993 erklärt.
Selbst wenn man der in dem Vortäuschen eines Selbstmordversuches liegenden Täuschungshandlung selbständige Bedeutung beimessen wolle, komme eine Anfechtung des notariellen Vertrages wegen arglistiger Täuschung nicht in Betracht, weil die Täuschungshandlung jedenfalls nicht kausal geworden sei für die Bereitschaft des Antragsgegners, den notariellen Vertrag nun doch zu unterschreiben. Der Antragsgegner habe nämlich selbst vorgetragen, daß die Antragstellerin offensichtlich nur eine geringe Menge Tabletten eingenommen habe und daß er sich deshalb schon damals nicht sicher gewesen sei, ob die Antragstellerin sich habe umbringen wollen. Daraus folge, daß der Antragsgegner den Vertrag unterschrieben habe „bewußt unter Einbeziehung der Möglichkeit …, daß die Antragstellerin entgegen dem Anschein keinen ernsthaften Selbstmordversuch unternommen” habe.
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
2. Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht an, das von dem Antragsgegner behauptete Verhalten der Antragstellerin in der Nacht zum 17. Dezember 1988 stelle nur eine widerrechtliche Drohung i.S. des § 123 Abs. 1 BGB dar, nicht dagegen zumindest auch eine arglistige Täuschung i.S. dieser Vorschrift.
Es ist schon fraglich, ob der Antragsgegner die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Anfechtung wegen Drohung dargelegt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Drohung die Ankündigung eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt oder Nichteintritt der Drohende einwirken zu können behauptet und das verwirklicht werden soll, wenn der Bedrohte nicht die von dem Drohenden gewünschte Willenserklärung abgibt (BGH, Urteil vom 7. Juni 1988 – IX ZR 245/86 – NJW 1988, 2599, 2600 f. m.N.). Die Drohung muß nicht ausdrücklich ausgesprochen werden, sie kann vielmehr auch versteckt oder durch schlüssiges Verhalten erfolgen (BGH a.a.O. S. 2601 m.N.). Sie muß aber vorsätzlich erfolgen, d.h. der Drohende muß bewußt den Zweck verfolgen, den Bedrohten zur Abgabe einer bestimmten Willenserklärung zu veranlassen (MünchKomm-BGB/Kramer, 3. Aufl. § 123 Rdn. 33). Der Bedrohte muß den Erklärungen oder dem Verhalten des Drohenden entnommen haben, dieser werde dafür sorgen, daß das angedrohte Übel eintritt, wenn er – der Bedrohte – die Willenserklärung nicht abgeben sollte (BGH a.a.O.). Maßgeblich für die Annahme, es liege eine ernstzunehmende Drohung vor, ist nicht die Meinung des Drohenden, sondern die Sicht des Bedrohten (BGH, Urteil vom 6. Mai 1982 – VII ZR 208/81 – NJW 1982, 2301, 2302 m.N.; Staudinger/Dilcher 12. Aufl. § 123 Rdn. 55; Erman/Brox, BGB 9. Aufl. § 123 Rdn. 58). Wurde eine entsprechende Ankündigung nicht als Drohung aufgefaßt, so entsteht keine Anfechtbarkeit der Willenserklärung (Staudinger/Dilcher a.a.O.).
Der Antragsgegner behauptet, er sei sich – auch nach dem Gespräch mit dem Arzt – nicht sicher gewesen, ob es sich um einen Selbstmordversuch gehandelt habe oder ob die Antragstellerin in ihrer Verzweiflung lediglich Tabletten eingenommen habe, ohne sich töten zu wollen. Daß die Antragstellerin ausdrücklich erklärt hat, sie werde einen zweiten Selbstmordversuch unternehmen, wenn der Antragsgegner den Vertrag nicht unterschreibe, behauptet der Antragsgegner nicht. Er behauptet auch nicht, er habe damals schon mit der Möglichkeit gerechnet, die Antragstellerin habe einen Selbstmordversuch vorgetäuscht, um ihn zum Abschluß des Ehevertrages zu bewegen. Aus dem Umstand allein, daß die Antragstellerin möglicherweise versucht hatte, sich zu töten, konnte er nicht herleiten, daß sie in der Absicht gehandelt habe, ihn damit unter Druck zu setzen. Hätte der für möglich gehaltene Selbstmordversuch der Antragstellerin Erfolg gehabt, so wäre es gerade nicht mehr zum Abschluß eines notariellen Vertrages zwischen den Parteien gekommen, es wäre vielmehr uneingeschränkt die gesetzliche Erbfolge eingetreten und der Anspruch des Antragsgegners auf Zugewinnausgleich wäre pauschal abgegolten worden (§ 1371 Abs. 1 BGB). Ob dem in diesem Punkt unklaren und auch wechselnden Vortrag des Antragsgegners entnommen werden kann, er habe sich damals von der Antragstellerin bedroht gefühlt, weil sie stillschweigend für den Fall, daß er den Vertrag nicht unterschreibe, einen weiteren Selbstmordversuch angekündigt habe, ist zweifelhaft. Der Antragsgegner macht zwar geltend, insbesondere auch nach Rücksprache mit dem Arzt habe er nicht ausschließen können, daß die Antragstellerin wegen des Konfliktes, in dem sie sich befand, ernsthaft selbstmordgefährdet sein könne; er habe das daraus resultierende Risiko – auch mit Rücksicht auf das ungeborene Kind – nicht eingehen wollen. Damit behauptet der Antragsgegner aber nur, er habe sich damals in einer Zwangslage befunden. Das Vorliegen einer seelischen Zwangslage und sogar das Ausnutzen einer solchen Zwangslage reicht nicht aus, um eine Anfechtung wegen Drohung zu begründen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 1988 a.a.O. m.N.).
3. Die Frage, ob der Antragsgegner eine Anfechtungsberechtigung wegen Drohung schlüssig dargelegt hat und ob eine Anfechtung wegen Drohung rechtzeitig erfolgt wäre, kann aber letztlich offenbleiben. Eine Anfechtung wegen Drohung und eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung schließen sich nicht gegenseitig aus, beide Anfechtungsrechte können vielmehr nebeneinander bestehen. Nach dem Vortrag des Antragsgegners hat zumindest auch eine arglistige Täuschung der Antragstellerin ihn zum Abschluß des notariellen Vertrages veranlaßt. Der Antragsgegner behauptet, nach seiner heutigen Kenntnis habe die Antragstellerin ihm bewußt einen Selbstmordversuch vorgespielt, um seinen Widerstand gegen den von ihrem Vater gewünschten Ehe- und Erbvertrag zu brechen. Nach diesem vom Berufungsgericht als wahr unterstellten Vorbringen hat die Antragstellerin bewußt und arglistig bei dem Antragsgegner den Irrtum hervorgerufen, daß sie akut suizidgefährdet sei und daß er, wenn er den Vertrag nicht unterschreibe, mit einem weiteren Selbstmordversuch rechnen müsse. Diese Täuschung ist nicht, wie das Berufungsgericht meint, lediglich ein Element einer widerrechtlichen Drohung, sie ist vielmehr der eigentliche Anfechtungsgrund im Rahmen des § 123 Abs. 1 BGB.
Zu Unrecht meint das Berufungsgericht in einer Hilfsbegründung, zwischen dieser Täuschung und dem Entschluß des Antragsgegners, den Vertrag zu unterschreiben, bestehe keine hinreichende Kausalität, weil der Antragsgegner es jedenfalls für möglich gehalten habe, daß die Antragstellerin keine ernsthaften Selbstmordabsichten gehabt habe, und weil er sich auch für diesen Fall zum Abschluß des notariellen Vertrages entschlossen habe. Nach der Darstellung des Antragsgegners hatte er aufgrund des vorgetäuschten Selbstmordversuches die Befürchtung, die Antragstellerin könne einen zweiten Versuch unternehmen, wenn er sich weiterhin weigere, den Vertrag zu unterschreiben. Allein diese von der Antragstellerin arglistig herbeigeführte falsche Vorstellung, es bestehe ein entsprechendes Risiko, hat den Antragsgegner nach seinem Vortrag dazu veranlaßt, den Vertrag zu unterschreiben. Insofern besteht eine Kausalität zwischen der Täuschungshandlung und dem Abschluß des Vertrages.
4. Im Falle der arglistigen Täuschung beginnt nach § 124 Abs. 2 BGB die einjährige Anfechtungsfrist mit dem Zeitpunkt, in dem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt. Nach dem von dem Berufungsgericht als richtig unterstellten Vortrag des Antragsgegners hat er erst im Anschluß an den Termin in der Sorgerechtssache am 15. April 1993 erfahren, daß die Antragstellerin ihm einen Selbstmordversuch vorgetäuscht habe, um hierdurch das Zustandekommen des Ehe- und Erbvertrages zu erreichen. Das Berufungsgericht hat keine gegenteiligen Feststellungen getroffen. Es ist deshalb in der Revisionsinstanz davon auszugehen, daß die Anfechtungserklärung mit Schriftsatz vom 30. April 1993 rechtzeitig erfolgt ist.
5. Da entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts der Antragsgegner nach seinem vom Berufungsgericht unterstellten Vortrag den Ehe- und Erbvertrag wirksam angefochten hat, kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben.
Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Zwar hat der Antragsgegner nach Abschluß des Ehe- und Erbvertrages Erklärungen abgegeben, die als – formlos mögliche, § 144 Abs. 2 BGB – Bestätigung des anfechtbaren Rechtsgeschäftes i.S. des § 144 Abs. 1 BGB angesehen werden könnten. Das gilt insbesondere für das von seinem anwaltlichen Bevollmächtigten unter dem Datum 5. August 1992 übermittelte Schreiben, in dem es auf Seite 6 heißt, der Antragsgegner habe „schließlich ohne einen Moment zu zögern, etwa ein Jahr nach der Eheschließung, den Ehe- und Erbvertrag der Parteien” unterzeichnet. Der Antragsgegner hat diese Erklärung aber abgegeben, bevor er nach seinem Vortrag ab April 1993 Kenntnis davon hatte, daß die Antragstellerin einen Selbstmordversuch vorgetäuscht hatte. Anhaltspunkte dafür, daß er auch nach diesem Zeitpunkt den Ehe- und Erbvertrag i.S. des § 144 Abs. 1 BGB bestätigt hat, ergeben sich nicht. Die wirksame Bestätigung eines anfechtbaren Rechtsgeschäftes nach § 144 Abs. 1 BGB setzt aber voraus, daß der Anfechtungsberechtigte zu dem Zeitpunkt, in dem er die Bestätigungserklärung abgibt, die Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäftes kennt oder zumindest mit ihr rechnet (MünchKomm-BGB/Mayer-Maly, 3. Aufl. § 144 Rdn. 4; Palandt/Heinrichs BGB 54. Aufl. § 144 Rdn. 2, jeweils m.N.).
6. Der Senat ist nicht in der Lage, abschließend zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 ZPO). Die Sache muß an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit das Berufungsgericht die notwendigen Feststellungen nachholen kann. Es muß vor allem Feststellungen dazu treffen, ob der Vortrag des Antragsgegners richtig ist, die Antragstellerin habe ihm bewußt einen Selbstmordversuch vorgetäuscht, um ihn zum Abschluß des Ehe- und Erbvertrages zu bewegen. Welche Beweise dazu zu erheben sind, ist Sache der tatrichterlichen Beurteilung. Die Parteien werden nach der Zurückverweisung ferner Gelegenheit haben, dem Berufungsgericht die weiteren Gesichtspunkte vorzutragen, auf die sie in der Revisionsinstanz hingewiesen haben.
Unterschriften
Blumenröhr, Zysk, Hahne, Gerber, Weber-Monecke
Fundstellen