Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 14. Februar 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten nach Beendigung eines Mietverhältnisses Schadensersatz wegen Verletzung der Rückgabepflicht.
Die Zeugin S. H. war Eigentümerin des Hotels „Z. B.” in B. H., zu dem ein früher als Tanzsaal genutzter Raum gehörte. Diesen Saal hatte die Zeugin zunächst an eine Frau M. zum Betrieb eines Kinos vermietet. Die Mieterin baute den Saal unter anderem durch Errichtung eines Vorführraums, Überblendung der Fenster und Einbau von Bestuhlung zu einem Kino um. Durch Mietvertrag vom 1. August 1981 vermietete die Zeugin H. den Saal mit Garderobe, Foyer und Vorführraum an den Beklagten. Der Mietvertrag enthält unter anderem folgende Vereinbarung:
„§ 8
Sollte der Mietvertrag aus irgendeinem Grund gelöst werden, verpflichtet sich der Mieter den Saal wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen einschließlich des Vorführraums.”
Zum 31. Dezember 1991 schenkte die Zeugin H. das Grundstück durch notariellen Vertrag ihrem Sohn, dem Zeugen F. H.. Dieser verkaufte das Grundstück an die Klägerin, ohne daß er zur Zeit des Abschlusses des notariellen Kaufvertrages als Eigentümer im Grundbuch eingetragen war. In der Folgezeit kam es zu einer Vereinbarung über die Aufhebung des Mietverhältnisses mit dem Beklagten zum 28. Februar 1992. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Absprache von der Zeugin S. H. und dem Beklagten getroffen wurde und der Ehemann der Klägerin in deren Vertretung lediglich bei der Festlegung des Zeitpunktes der Vertragsbeendigung mitwirkte (so der Beklagte) oder ob die Vertragsaufhebung von der Klägerin, vertreten durch ihren Ehemann, und dem Beklagten vereinbart wurde (so die Klägerin). Mit Schreiben vom 19. und 28. Februar 1992 forderte die Klägerin den Beklagten auf, den Saal bis zum 13. März 1992 wieder in den ursprünglichen Zustand zu versetzen. Mit Schreiben vom 25. März 1992 setzte sie dem Beklagten eine Nachfrist bis zum 6. April 1992 und erklärte, daß sie nach Fristablauf die Wiederherstellung durch ihn ablehne. Der Beklagte gab im März 1992 die Mieträume zurück, ohne sämtliche geforderten Rückbauten vorgenommen zu haben.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin Schadensersatz von 85.000 DM. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 61.000 DM stattgegeben. Es ist nach Vernehmung der Zeugen S. und F. H. davon ausgegangen, daß sich der Beklagte in § 8 des Mietvertrages verpflichtet habe, bei Beendigung des Mietverhältnisses sämtliche zum Kinobetrieb erfolgten Umbauten zu beseitigen; der entsprechende Anspruch sei von den Zeugen H. an die Klägerin abgetreten worden.
Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht das angefochtene Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der hiergegen gerichteten Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Das Berufungsgericht hält die Klage für unbegründet, weil der Klägerin der geltend gemachte Schadensersatzanspruch weder aus eigenem Recht (gemäß § 571 Abs. 1 BGB) noch aus abgetretenem Recht zustehe.
1. Zu der Frage einer Abtretung der mietvertraglichen Rechte an die Klägerin hat das Berufungsgericht im wesentlichen ausgeführt: Die Zeugin S. H. habe keine Ansprüche aus dem Mietvertrag an die Klägerin abgetreten. Der Zeuge F. H. habe bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht bekundet, er habe mit der Klägerin vereinbart, sie könne vom 1. Januar 1992 an über den Saal verfügen und sodann vom 1. April 1992 an selbst bestimmen, was mit dem Saal geschehe; bis zum 1. April 1992 habe die Miete weiter an seine Mutter fließen sollen. Aus dieser Aussage könne eine Abtretung der Rechte aus § 8 des Mietvertrages nicht entnommen werden. Selbst wenn ein entsprechender Wille des Zeugen F. H. unterstellt werde, wäre die Abtretung ins Leere gegangen, weil der Zeuge zu diesem Zeitpunkt mangels Eintragung als Eigentümer im Grundbuch nicht gemäß § 571 Abs. 1 BGB Inhaber der Rechte aus dem Mietvertrag gewesen sei, diese also nicht habe abtreten können. Von einer Abtretung der Rechte durch die Vermieterin S. H., vertreten durch ihren Sohn F. H., könne ebensowenig ausgegangen werden, da dieser nicht im Namen seiner Mutter gehandelt habe. Aus seiner Aussage ergebe sich vielmehr, daß er sich als Eigentümer und Berechtigter gefühlt habe, weil er bei seinen Angaben das Wort „ich” verwendet habe.
2. Diese Ausführungen halten den verfahrensrechtlichen Angriffen der Revision nicht stand, soweit sie eine – stillschweigende – Abtretung der mietvertraglichen Ansprüche der S. H., vertreten durch ihren Sohn, betreffen.
a) Wie die Revision zu Recht rügt, hat das Berufungsgericht die Aussage des Zeugen F. H. nur unvollständig gewürdigt. Es ist davon ausgegangen, der Zeuge habe lediglich im eigenen Namen gehandelt. Ein rechtswirksames Handeln des F. H. aus eigenem Recht kam allerdings nicht in Betracht, soweit es um die Abtretung der Ansprüche aus dem Mietvertrag mit dem Beklagten ging. Denn der Zeuge war zur Zeit des Grundstücksverkaufs an die Klägerin sowie der von dieser behaupteten Abtretung der Rechte aus dem Mietvertrag an sie, die im Januar 1992 bei der Übergabe des Hauses erfolgt sein soll, nicht gemäß § 571 Abs. 1 BGB an die Stelle der Vermieterin getreten. Indessen hält die Annahme des Berufungsgerichts, F. H. habe nur im eigenen Namen gehandelt, der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Wie die Revision zu Recht ausführt, hat der Zeuge in der Ich-Form gesprochen, soweit er sich zu der Veräußerung des Grundstücks, zunächst an ihn selbst und sodann an die Klägerin, geäußert hat. Daß er in bezug auf die Veräußerung des Grundstücks an die Klägerin zu einem Handeln im eigenen Namen berechtigt war, ist indessen nicht ausgeschlossen. Dem Zeugen war das Grundstück durch notariellen Vertrag von seiner Mutter geschenkt worden. Auflassung und Eintragungsbewilligung, die in einem notariellen Grundstücksübertragungsvertrag in der Regel bereits erklärt werden, enthalten, wenn sich aus ihnen nichts Gegenteiliges ergibt, die Ermächtigung (§ 185 Abs. 1 BGB) des Veräußerers zur Weiterauflassung an einen Dritten (Staudinger/Pfeifer BGB 13. Bearb. 1995 § 925 BGB Rdn. 126 m.N.). Deshalb lag es nahe, daß F. H. insoweit zum Handeln im eigenen Namen berechtigt war. Bezüglich des nicht die Grundstücksübertragung betreffenden Teils seiner Aussage hat der Zeuge F. H. aber nicht das Wort „ich” verwendet, sondern angegeben, die Klägerin habe vom 1. Januar 1992 an über den Saal verfügen und von der zum 1. April 1992 erfolgten Grundstücksübertragung an selbst bestimmen dürfen, was weiterhin mit dem Saal geschehe; bis zur Grundstücksübertragung habe seine Mutter befugt sein sollen, die Miete zu vereinnahmen, nur darum sei es ihm und der Mutter hinsichtlich des Mietvertrages gegangen; nach der Grundstücksübertragung, mit der er den in dem notariellen Kaufvertrag genannten Übergang des Grundstücks auf die Klägerin meine, hätten er und seine Mutter „nichts mehr mit dem Grundstück zu tun haben wollen”.
Diesen Teil der Aussage des Zeugen, den das Landgericht als Abtretung der Rechte aus dem Mietvertrag verstanden hat, hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, obwohl die differenzierte Ausdrucksweise des Zeugen es nahelegte, daß er, soweit es nicht um den Grundstücksverkauf ging, nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter seiner Mutter Erklärungen abgeben wollte und abgegeben hatte. In diese Richtung wies auch die Abrede über die weitere Mietzinszahlung an die Zeugin S. H., die in besonderer Weise Anlaß zu der Annahme geben mußte, daß der Zeuge F. H. seine Mutter weiterhin als Vermieterin angesehen hat und in ihrem Namen handeln wollte. Das ist von dem Berufungsgericht ebenfalls nicht in seine Überlegungen einbezogen worden. Da somit die für die Beurteilung maßgebenden Umstände nicht vollständig berücksichtigt worden sind, leidet die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts an einem Rechtsfehler.
b) Darüber hinaus erscheint neben den bereits genannten Gesichtspunkten die Annahme einer konkludenten Bevollmächtigung des F. H. durch seine Mutter zur Abtretung ihrer Rechte aus dem Mietvertrag an die Klägerin besonders naheliegend. Dafür spricht zum einen die Schenkung des Grundstücks und zum anderen der Umstand, daß die seinerzeit fast 90 Jahre alte Zeugin S. H. sich ihren Angaben zufolge nach der Schenkung nicht mehr um das Grundstück gekümmert, sondern alles ihrem Sohn überlassen hat.
Daß das Oberlandesgericht diese naheliegende Schlußfolgerung ohne Begründung nicht gezogen hat, stellt einen weiteren Rechtsfehler der Beweiswürdigung dar (Stein/Jonas/Leipold ZPO 21. Aufl. § 286 ZPO Rdn. 12; vgl. auch Senatsurteil vom 19. November 1997 – XII ZR 281/95 – NJW 1998, 1303, 1305). Die Annahme einer Abtretung der hier maßgeblichen Rechte aus dem Mietvertrag scheitert nämlich nicht aus sonstigen Gründen: Die Aussage des Zeugen, die Klägerin habe vom 1. Januar 1992 an über den Saal verfügen können, kann – unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Parteien der Abtretungsvereinbarung juristische Laien sind – als konkludente Übertragung der Rechte aus dem Mietvertrag aufgefaßt werden. Für dieses Verständnis spricht, daß die Zeugin S. H. nur den Mietzinsanspruch bis zum 31. März 1992 behalten wollte. Ein auf eine Abtretung gerichteter Erklärungswille der Parteien des Grundstückskaufvertrages kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung, ihnen sei die Notwendigkeit einer Abtretung nicht bewußt gewesen, die Klägerin sei in erster Instanz davon ausgegangen, gemäß § 571 Abs. 1 BGB Inhaberin der Rechte aus dem Mietvertrag geworden zu sein und habe erst auf gerichtlichen Hinweis hin eine Abtretung behauptet, nicht verneint werden. Die Klägerin hat schon in der Klageschrift einen Rechtsübergang durch Kauf und Abtretung behauptet und die Behauptung einer Abtretung der Rechte der S. H. in der Folgezeit mehrfach wiederholt.
c) Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht den Zeugen F. H. erneut hätte vernehmen müssen, wenn es aufgrund dessen bisheriger Aussage eine Abtretung nicht als bewiesen ansah.
Zwar steht es nach § 398 Abs. 1 ZPO grundsätzlich im Ermessen des Berufungsgerichts, ob es einen in erster Instanz vernommenen Zeugen erneut vernehmen will. Dieses Ermessen unterliegt jedoch Einschränkungen. Eine erneute Vernehmung ist unter anderem geboten, wenn das Berufungsgericht eine protokollierte Aussage anders verstehen oder ihr ein anderes Gewicht beimessen will als die Vorinstanz (st.Rspr., vgl. Senatsurteil vom 19. November 1997 aaO S. 1305) oder wenn es die protokollierten Angaben des Zeugen für zu vage und präzisierungsbedürftig hält. Zwar ist es dem Berufungsgericht nicht verwehrt, die Aussage ohne erneute Vernehmung entgegen der Würdigung des Erstrichters für nicht zur Beweisführung ausreichend anzusehen, sofern sich nicht auch insoweit die Pflicht zu erneuter Vernehmung aus Zweifeln über die Vollständigkeit und Richtigkeit der protokollierten Aussage ergibt. Anders verhält es sich aber, wenn die Aussage widersprüchlich oder mehrdeutig ist und es für die Auffassung des Erstrichters nicht an jedem Anhaltpunkt in der protokollierten Aussage fehlt (BGH Urteil vom 30. September 1992 – VIII ZR 196/91 – NJW 1993, 64, 66 m.N.).
Nach diesen Grundsätzen hätte der Zeuge F. H. erneut vernommen werden müssen. Das Landgericht hat seine Überzeugung, die maßgeblichen Rechte aus dem Mietvertrag seien der Klägerin abgetreten worden, aus der Aussage dieses Zeugen gewonnen. Wenn das Berufungsgericht dessen Aussage anders verstehen wollte, hätte es von einer Wiederholung der Vernehmung nicht absehen dürfen. Diese durfte insbesondere nicht deshalb unterbleiben, weil das Landgericht nicht hinreichend zwischen den Zeugen H. differenziert habe. Zwar trifft es zu, daß das Landgericht ausgeführt hat, die Klägerin habe den aus dem Mietvertrag folgenden Anspruch der Zeugen H. gegen den Beklagten aus § 8 des Mietvertrages durch Abtretung erworben. Insofern kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß es sich lediglich um eine verkürzte Wiedergabe der rechtlichen Beurteilung handelt. Dafür spricht jedenfalls der Beweisbeschluß des Landgerichts, in dem die Vernehmung des Zeugen F. H. dazu angeordnet worden ist, daß der Klägerin alle aus dem Mietvertrag resultierenden Ansprüche von der Voreigentümerin und Vermieterin Frau H. abgetreten worden seien. Über die danach als maßgeblich erkannte Abtretung im Verhältnis zwischen S. H. und der Klägerin ist Beweis erhoben worden. Das Landgericht hat den erforderlichen Beweis als geführt angesehen. Unter diesen Umständen durfte das Berufungsgericht die Zeugenaussage nicht als zur Beweisführung unzureichend ansehen, zumal es für die Auffassung des Landgerichts nicht an jedem Anhalt in der protokollierten Aussage fehlt (siehe oben unter 2. a)). Die erneute Vernehmung war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Klägerin eine Abtretung der Ansprüche der S. H., vertreten durch F. H., nicht behauptet hätte. Die Klägerin hat sich jedenfalls das Ergebnis der Beweisaufnahme, das in diesem Sinne verstanden werden kann, ausdrücklich zu eigen gemacht.
3. Wegen der festgestellten Mängel kann das Urteil keinen Bestand haben, sondern nötigt zur Aufhebung und zur Zurückverweisung an das Oberlandesgericht, damit dieses die Beweiswürdigung wiederholen und erforderlichenfalls die unterlassene Beweisaufnahme nachholen kann.
Unterschriften
Blumenröhr, Krohn, Gerber, Sprick, Weber-Monecke
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 22.12.1999 durch Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen