Entscheidungsstichwort (Thema)
Anscheinsbeweis
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage des Anscheinsbeweises dafür, daß der Hersteller eines Produkts an einer redaktionellen Werbung in wettbewerbsrechtlich verantwortlicher Weise mitgewirkt hat.
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger, ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, verfolgt satzungsgemäß Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht. Die Beklagte stellt her und vertreibt u.a. die Produkte "S.-Stift" zur Soforthilfe bei Insektenstichen, "S.-Gel" bei Sonnenbrand und "T.-Filmtabletten" zum Schutz vor Reisedurchfall.
Die Ausgabe der Zeitschrift "B." vom 2. April 1992 enthielt als Einlage in der Mitte des Heftes einen mit "Top Inside" bezeichneten 80-seitigen Sonderteil, in dem nach Art eines Reise- und Spezialitätenmagazins u.a. verschiedene Hotels, Reiseziele und Einkaufsgelegenheiten vorgestellt wurden. Die letzte Seite des Sonderteils enthielt am Kopf einer von jeweils zwei zusammengehörigen Doppelseiten die Angabe "Anzeige". Die untere Hälfte war - wie nachstehend verkleinert wiedergegeben - gestaltet:
(Es folgt Anzeige)
Die Beklagte ließ in der Juni-Ausgabe 1992 der Zeitschrift "D. " eine mit "Anzeige" gekennzeichnete Werbung für die drei genannten Produkte veröffentlichen, die inhaltlich und zu etwa zwei Dritteln wörtlich mit dem vor stehend wiedergegebenen Text in der "B. " übereinstimmte.
Der Kläger hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen, (l.) durch redaktionell aufgemachte Veröffentlichungen zu werben, die nicht als "Anzeige" gekennzeichnet sind, wenn dies so geschieht, wie in der vorstehenden Abbildung wiedergegeben, und (2.) ferner, außerhalb der Fachkreise für die in der vorstehenden Veröffentlichung genannten Arzneimittel unter Verstoß gegen näher bezeichnete Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes zu werben.
Der Kläger hat die Veröffentlichung in dem Sonderteil der Zeitschrift "B. " als wettbewerbswidrig beanstandet, weil es sich um eine von der Beklagten bezahlte Anzeigenwerbung handele, ohne daß dies den Lesern gegenüber offenbart werde, und die Beklagte an deren Gestaltung auch mitgewirkt habe, außerdem fehlten bei den beworbenen Arzneimitteln die nach dem Heilmittelwerbegesetz vorgeschriebenen Pflichtangaben. Der Kläger hat die Beanstandung hilfsweise darauf gestützt, daß es sich um einen unangemessen werbenden Beitrag handele, an dessen Veröffentlichung die Beklagte mitgewirkt habe.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat bestritten, einen Auftrag zur Veröffentlichung des beanstandeten Beitrags erteilt zu haben. Der zuständige Objektleiter der Reiseredaktion habe den Beitrag ohne Auftrag und ohne ihr Wissen veröffentlicht.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
Mit der Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte den Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte wegen unzulässiger getarnter Werbung und wegen wettbewerbswidrigen Verstoßes gegen das Heilmittelwerbegesetz für begründet erachtet. Es hat dazu ausgeführt:
Die beanstandete Veröffentlichung erwecke zwar den An schein eines redaktionellen Beitrags. Tatsächlich handele es sich aber um eine mittelbar oder unmittelbar von der Beklagten bezahlte und von dieser in Auftrag gegebene Werbeanzeige. Hierfür spreche eine auf Indizien aufbauende Anscheins lage. So stimme die beanstandete Veröffentlichung vom März 1992 mit der Anzeige der Beklagten in der Zeitschrift "D. " vom Juni 1992 nicht nur inhaltlich, sondern überwiegend sogar wörtlich und in der Form der Darstellung überein. Daher liege es nahe, von einem einheitlichen Urheber auszugehen, bei dem es sich, da die Werbung in der Zeitschrift "D. " von der Beklagten veranlaßt worden sei, auch bei der Werbung in der Zeitschrift "B", um diese handele. Für das Vorliegen einer Anzeige spreche auch, daß die meisten Doppelblätter des 80-seitigen Sonderteils am oberen Rand die Angabe "Anzeige" aufwiesen und jedenfalls die meisten der Doppelseiten erkennbar ausschließlich Werbung enthielten. Lobende redaktionelle Beiträge würden in Werbebeilagen auch nicht mit Anzeigen vermischt. Auch sei im Impressum des Sonderteils an zweiter Stelle die Anzeigenleitung genannt und Herausgeber dieser Sonderbeilage sei eine Werbeagentur. Dafür, daß es sich um eine von der Beklagten geschaltete Anzeige handele, spreche auch, daß in der Veröffentlichung nach den Bezeichnungen der Produkte "S." und "T. " jeweils ein "R im Kreis" angebracht sei. Solche Hinweise auf die Eintragung als Warenzeichen seien bei Veröffentlichungen durch die Hersteller zum Schutze der Eintragungen üblich, bei redaktionellen Beiträgen kämen sie aber nicht vor. Diese, auf gewichtigen Indizien aufbauende Anscheinslage habe die Beklagte nicht erschüttern können.
Die auf die Werbung außerhalb der Fachkreise gestützten Klageanträge seien wegen Verstoßes gegen § 1 UWG i.V. mit § 4 Abs. 1 und 4 HWG begründet. In der Anzeige seien die nach diesen Vorschriften geforderten Angaben nicht enthalten gewesen. Durch die Aussage, das Produkt "T.-Filmtabletten" sei unter ärztlicher Aufsicht getestet worden, sei zudem § 11 Nr. 2 HWG verletzt.
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Abweisung der Klage.
1. Entgegen der von der Revision vertretenen Ansicht bestehen gegen die Klagebefugnis des Klägers aufgrund der nach Erlaß des Berufungsurteils in Kraft getretenen Neufassung des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG keine Bedenken.
a) Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, der insbesondere nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande ist, seine satzungsgemäßen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen. Dies wird auch von der Revision nicht in Abrede gestellt. Der Kläger erfüllt aber auch - anders als die Revision meint - das vom Gesetzgeber neu aufgestellte Erfordernis, daß dem Verband eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden angehören muß, die Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben.
Dieser durch die UWG - Novelle 1994 in § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG neu eingeführte Begriff ist nach der Rechtsprechung des Senats weit auszulegen. Es genügt ein abstraktes Wettbewerbsverhältnis und die Feststellung, daß eine Beeinträchtigung des betreffenden Mitgliedsunternehmens durch die beanstandete Werbemaßnahme mit einer - wenn auch nur geringen - Wahrscheinlichkeit in Betracht kommen kann und für dieses nicht unbedeutend ist. Als Hersteller und Vertreiber von Waren gleicher oder verwandter Art kommen daher zunächst die in der Pharmawirtschaft tätigen Unternehmen in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 11.7.1996 - I ZR 79/94, GRUR 1996, 804, 805 - WRP 1996, 1034, 1035 - Preisrätselgewinnauslobung III, Urt. v. 12.12.1996 - I ZR 7/94 - Lifting-Creme, zur Veröffentlichung vorgesehen). Dabei ist nicht nur auf die Hersteller von Sonnenschutzmitteln, sowie auf Präparate zur Behandlung von Insektenstichen und Magen-/Darmbeschwerden abzustellen, sondern auf den Pharmabereich schlechthin. Selbst wenn Unternehmen im maßgeblichen Zeitpunkt der Beurteilung keine solchen Mittel herstellten, besagt das nicht, daß sie nicht eines Tages bei entsprechenden Marktgegebenheiten auch diese in ihre Produktion aufnehmen können. Nur darauf kommt es an. Ferner gehören jedenfalls für den Bereich der Mittel zur Insektenstich- und der Sonnenbrandbehandlung die Hersteller und Vertreiber kosmetischer Artikel zu den in Betracht zu ziehenden Wettbewerbern, denn insoweit kommen erfahrungsgemäß auch Behandlungsmittel in Betracht, die im kosmetischen Bereich ihren Ursprung haben. Für diesen Bereich hat der Senat bereits früher (vgl. BGH GRUR 1996, 804, 805 - Preisrätselgewinnauslobung III, Urt. v. 19.9.1996 I ZR 130/94, GRUR 1997, 139, 140 = WRP 1997, 24, 27 - Orangenhaut, Urt. v. 12.12.1996 - I ZR 7/94 - Lifting-Creme, zur Veröffentlichung vorgesehen) anerkannt, daß dem Kläger eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden angehört, die Waren gleicher oder verwandter Art herstellen.
Aufgrund der mit Schriftsatz vom 10. Mai 1996 vorgelegten und mit Schriftsatz vom 10. Oktober 1996 ergänzten und erläuterten Mitgliederliste hat der Kläger nachgewiesen, da eine erhebliche Zahl seiner Mitglieder auf demselben räumlichen und sachlichen Markt wie die Beklagte tätig ist. So befinden sich unter den genannten Mitgliedsunternehmen eine Drogeriekette mit allein über 70 Filialen in Berlin und ein gerichtsbekannt umsatzstarker Selbstbedienungsgroßhandel. Mit dem Vertrieb gleicher oder zumindest verwandter Waren sind zudem - auch unter Beachtung der berechtigten Einwendungen der Beklagten - jedenfalls drei Apotheken, drei Kurkliniken, zwei Vertriebsunternehmen von Nahrungsergänzungsmitteln, vier Versender von Naturheilmitteln und 13 pharmazeutische Unternehmen beschäftigt, von denen eines Insektenmittel, fünf Sonnenschutzmittel und ein Unternehmen Magen-/Darmmittel herstellen oder vertreiben. Aus den Bereichen "Handel mit pharmazeutischen Produkten" und "Sanitätshaus, Reform- und Drogerieprodukte" kommen je ein und aus dem Bereich des "Versandhandels" drei Unternehmen hinzu.
Ausweislich der vorgelegten Liste sind die zu berücksichtigenden Mitglieder des Klägers auch in allen Umsatzgruppen vertreten und damit für den hier zu beurteilenden Wettbewerbsbereich repräsentativ. Davon ist der Senat auch bereits in anderen Verfahren ausgegangen, in denen es um die Zahl der Mitglieder des Klägers auf dem hier in Rede stehen den Markt der Herstellung und des Vertriebs kosmetischer und/oder pharmazeutischer Produkte ging (vgl. BGH GRUR 1996, 804 - Preisrätselgewinnauslobung III, 1997, 139 - Orangenhaut, Urt. v. 12.12.1996 - I ZR 7/94 - Lifting-Creme und Urt. v. 23.1.1997 - I ZR 238/93 - Produkt-Interview, jeweils zur Veröffentlichung vorgesehen).
b) Entgegen der Ansicht der Revision kann die Zulässigkeit des Klagebegehrens auch nicht unter dem Gesichtspunkt der mißbräuchlichen Rechtsausübung im Sinne des § 13 Abs. 5 UWG in Zweifel gezogen werden (vgl. dazu auch bereits BGH GRUR 1996, 804, 806 - Preisrätselgewinnauslobung III, neuerdings BGH, Urt. v. 12.12.1996 - I ZR 7/94 - Lifting Creme). Die Beklagte beruft sich insoweit erstmals in der Revisionsinstanz darauf, der Kläger lasse ein vergleichbares Wettbewerbsverhalten seiner Mitglieder unbeanstandet und gehe nur gegen Dritte vor. Mit diesem Vorbringen vermag die Beklagte - ungeachtet der Frage seiner revisionsrechtlichen Erheblichkeit - schon deshalb keinen Erfolg zu haben, weil die angeführten Werbungen mit dem beanstandeten Verhalten der Beklagten nicht ohne weiteres vergleichbar sind.
Darüber hinaus kann der Einwand dem Kläger aber auch deshalb nicht entgegengehalten werden, weil im Streitfall, insbesondere soweit es um die behaupteten Verstöße gegen das Heilmittelwerbegesetz geht, Interessen der Allgemeinheit berührt werden (st. Rspr., vgl. u.a. BGH, Urt. v. 26.11.1976 - I ZR 86/75, GRUR 1977, 494, 497 - WRP 1977, 173 - DERMATEX). Einem nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG klagebefugten Verband ist es in einem solchen Falle grundsätzlich nicht verwehrt, nur gegen bestimmte Verletzer gerichtlich vorzugehen, gegen andere aber nicht, die Entscheidung hierüber steht ebenso in seinem freien Ermessen wie es dem einzelnen Gewerbetreibenden freisteht, ob und gegen welche Mitbewerber er Klage erheben will (vgl. BGH, Urt. v. 1.2.1967 - Ib ZR 3/65, GRUR 1967, 430, 431 - Grabsteinaufträge I). Eine unzumutbare Benachteiligung des (allein) angegriffenen Verletzers gegen über anderen - etwa deshalb, weil nunmehr allein er die an gegriffenen Handlungen unterlassen müsse - ist darin schon deshalb nicht zu sehen, weil es dem Verletzer offensteht, seinerseits gegen gleichartige Verletzungshandlungen seiner von dem Verband nicht angegriffenen Mitbewerber vorzugehen (BGH, Urt. v. 12.7. 1984 - I ZR 37/82, GRUR 1985, 58, 59 - WRP 1985, 19 - Mischverband II). An diesen noch zu § 1 Abs. 1 UWG a.F. entwickelten Grundsätzen ist auch nach der Neufassung des § 13 UWG festzuhalten (vgl. Baumbach/Hefermehl, UWG, 19. Aufl., Einl. 449, § 3 Rdn. 442, § 13 Rdn. 54, auch BGHZ 131, 90, 95 - Anonymisierte Mitgliederliste). Besondere Umstände, insbesondere sachfremde Erwägungen (vgl. Köhler/Piper, UWG 1995, § 13 Rdn. 54), die im Streitfall eine andere Beurteilung nahelegen könnten, sind nicht ersichtlich. Selbst bei identischer Werbung kann es grundsätzlich noch nicht als rechtsmißbräuchlich angesehen werden, wenn ein Verband, der die Frage der Wettbewerbswidrigkeit eines bestimmten Verhaltens höchstrichterlich klären lassen will, zunächst gegen einen Dritten und nicht gegen ein eigenes Mitglied gerichtlich vorgeht (BGH, Urt. v. 12.12.1996 - I ZR 7/94 - Lifting-Creme). An hinreichenden Anhaltspunkten, die ein planmäßiges Dulden des unlauteren Wettbewerbs der eigenen Mitglieder durch den Kläger belegen, fehlt es.
2. Die Revision hat jedoch in der Sache Erfolg.
Das Berufungsgericht hat seine Annahme, die Beklagte sei für die als Verstoß gegen § 1 UWG und §§ 4 und 11 Nr. 2 UWG zu bewertende Veröffentlichung in der Zeitschrift "B." verantwortlich, auf eine auf Indizien aufbauende Anscheinslage gestützt. Dies wird von der Revision zu Recht beanstandet.
a) Sollte das Berufungsgericht - wofür seine Annahme sprechen könnte, die Beklagte habe den bestehenden Anschein nicht entkräftet oder erschüttert - der Auffassung gewesen sein, im Streitfall seien die Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins anwendbar, so begegnete dies durchgreifen den Bedenken.
Die Frage, ob ein Anscheinsbeweis eingreift, unterliegt der Prüfung durch das Revisionsgericht (BGH, Urt. v. 4.10.1983 - VI ZR 98/82, VersR 1984, 40, 41). Der Beweis des ersten Anscheins greift nur bei typischen Geschehensabläufen ein, d. h. in Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist (st. Rspr., vgl. BGHZ 100, 31, 33 - Raubpressungen, m.w.N.). Daran fehlt es im Streitfall selbst dann, wenn an genommen wird, in Fällen eines durch individuelle Willensentschließung geprägten Rechtsgeschäfts (hier der Auftragserteilung für eine bezahlte Werbung) könnten die Regeln des Anscheinsbeweises überhaupt angewandt werden (vgl. BGHZ 123, 311, 316 f. zum Meinungsstand).
Das Berufungsgericht hat keinen Sachverhalt festgestellt, der es rechtfertigt, von einem typischen Geschehensablauf auszugehen. Es hat seine Annahme, die Beklagte sei Auftraggeberin der beanstandeten Veröffentlichung gewesen, maßgebend daraus hergeleitet, daß diese Veröffentlichung nicht nur inhaltlich, sondern überwiegend sogar wörtlich mit einer von der Beklagten unstreitig in Auftrag gegebenen Anzeige im drei Monate später erschienenen Juni-Heft 1992 der Zeitschrift "D. " übereinstimmt. Dies lege es nahe, von einem einheitlichen Urheber auszugehen, bei dem es sic dem Anschein nach nur um die Beklagte handeln könne. Denn die streitgegenständliche Anzeige könne schon wegen des zeitlichen Ablaufs nicht von dem später erschienenen Inserat abgeschrieben worden sein.
Daraus läßt sich indessen noch kein Erfahrungssatz des Inhalts herleiten, daß ein als redaktioneller Beitrag gestalteter, die Wirkungen von Medikamenten behandelnder Text vom Produzenten jedenfalls dann als Anzeige in Auftrag gegeben wurde, wenn dieser wenige Monate später Auftraggeber einer ähnlich gestalteten Anzeige war. Wenn der Schluß auf einen einheitlichen Urheber beider Texte würde nur dann naheliegen, wenn zuvor keine entsprechenden Anzeigen in anderen Zeitschriften, auf die bei der Gestaltung der beanstandeten Anzeige zurückgegriffen worden sein könnte, erschienen wären. Dies ist aber zwischen den Parteien nicht unstreitig. Die Beklagte hatte vorgetragen, entsprechende Inserate seien auch schon früher erschienen, so daß von ihnen abgeschrieben worden sein könnte. Die Revision rügt, daß das Berufungsgericht dies nicht hinreichend berücksichtigt und der Beklagten unter Verstoß gegen §§ 139, 278 ZPO nicht den erforderlichen und erbetenen Hinweis gegeben habe, daß es auf diesen Umstand ankommen könne, auf einen entsprechenden Hinweis hätte sie unter Vorlage der "Streupläne" und dem Angebot von Zeugenbeweis näher vorgetragen, daß die beanstandeten Anzeigen schon seit Anfang 1991 in erheblichem Umfang in anderen Publikumszeitschriften, Reisekatalogen und Reiseführern veröffentlicht worden seien. Indessen braucht dem nicht weiter nachgegangen zu werden. Denn grundsätzlich ist der Kläger für seine Behauptung beweispflichtig, es habe vor der beanstandeten Anzeige keine entsprechenden Inserate gegeben. Sollte das Berufungsgericht gemeint haben, dem Kläger komme insoweit eine Beweiserleichterung zugute, weil er sich in Beweisnot befinde, so hätte es die nach der Rechtsprechung des Senats für die Annahme einer solchen Beweislage bestehenden Voraussetzungen nicht hinreichend beachtet. Zwar können dem Kläger unter Umständen Darlegungs- und Beweislasterleichterungen zugute kommen, wenn es um die Aufklärung von Tatsachen geht, die in den Verantwortungsbereich der Beklagten fallen und diese deshalb nach dem Gebot redlicher Prozeßführung (§ 242 BGB) eine prozessuale Erklärungspflicht trifft (vgl. BGHZ 120, 320, 327 f. - Tariflohnunterschreitung, m.w.N.). Dies setzt aber voraus, daß sich der Kläger in Beweisschwierigkeiten befindet. Daran fehlt es hier. Zwar mag für den Kläger der Nachweis schwierig sein, daß entsprechende Werbeanzeigen vor März 1992 nicht erschienen sind. Er hätte aber, ohne Rückgriff auf schwer nachweisbare Indizien nehmen zu müssen, unmittelbar Beweis für seine Behauptung führen können, daß die Beklagte den Auftrag zur Veröffentlichung der Anzeigen erteilt hatte. Denn er hätte die für die Gestaltung des Sonderteils der Zeitschrift verantwortlichen Mitarbeiter, die aus dem Impressum ersichtlich sind, als Zeugen benennen können. Daß dies nicht möglich oder etwa unzumutbar gewesen sein sollte, hat der Kläger nicht vorgetragen. Er hat sich im Gegenteil selbst darauf berufen, wegen der nach seiner Auffassung wettbewerbswidrig gestalteten Beilage mit dem Herausgeber der Zeitschrift "B. " verhandelt und eine Unterlassungserklärung erreicht zu haben. Überdies erscheint es im Streitfall auch nicht zwingend, da nur die Beklagte als Produktherstellerin ein Interesse an der beanstandeten Veröffentlichung haben könnte. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung kann auch der Herausgeber einer Zeitungsbeilage, die sich mit Reiseangeboten befaßt, zum Zwecke einer attraktiven Gestaltung der Beilage hinreichen den Anlaß haben, Mittel gegen mit Reisen verbundene typische Beschwerden darzustellen.
Danach fehlt es für den vom Berufungsgericht als maßgebend erachteten typischen Geschehensablauf bereits an einer ausreichenden Tatsachengrundlage. Die Beweisführung nach den Regeln des Anscheinsbeweises scheidet auch aufgrund der vom Berufungsgericht weiter geprüften Beweisanzeichen aus. Dem Berufungsurteil ist zu entnehmen, daß das Berufungsgericht diese weder für sich allein noch in ihrer Gesamtschau für die Annahme einer Typizitätsgrundlage ausreichen lassen wollte, sondern sie nur unterstützend in seine Erwägungen einbezogen hat.
b) Sollte das Berufungsurteil dahin zu verstehen sein, daß es zu dem Schluß, die Beklagte sei Auftraggeberin der als redaktioneller Beitrag gestalteten Anzeige, (auch) aufgrund einer Indizienbeweisführung gelangt ist, so hielte auch dies einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Der Tatrichter ist zwar grundsätzlich darin frei, welche Beweiskraft er den Indizien im einzelnen und in einer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimißt. Revisions rechtlich ist seine Würdigung jedoch darauf zu überprüfen, ob er alle Umstände vollständig berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen hat. Ein solcher Verstoß liegt u.a. dann vor, wenn der Tatrichter die Ambivalenz der Indiztatsachen nicht erkannt oder ihnen Indizwirkungen zuerkannt hat, die sie nicht haben können (BGH, Urt. v. 22.1.1991 - VI ZR 97/90, NJW 1991, 1894, 1895). Da von ist hier auszugehen. Aus den vorstehend unter II. 2. a) angeführten Gründen ist die vom Berufungsgericht als entscheidend angesehene - aus dem zeitlichen Ablauf der beiden Anzeigen im April-Heft 1992 der Zeitschrift "B. " und im Juni-Heft 1992 der Zeitschrift "D. " hergeleitete - Indiztatsache nicht tragend, da die beanstandete Anzeige von der Redaktion auch ohne Beteiligung der Beklagten aufgrund früher erschienener Anzeigen gestaltet worden sein kann. Da das Berufungsgericht die übrigen Hilfstatsachen ersichtlich weder allein noch in ihrer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung hat ausreichen lassen wollen, kommt es auf deren Beweiskraft daher nicht entscheidend an. Dies gilt vor allem für den Hinweis des Berufungsgerichts, daß die Beilage überwiegend in der obersten Zeile einer Seite die Angabe "Anzeige" enthält. Insoweit räumt das Berufungsgericht selbst ein, daß nicht alle Doppelseiten erkennbar ausschließlich Werbung enthalten, d.h., es muß auch andere Beiträge geben. Hinzu kommt, daß - wie vom Berufungsgericht zutreffend festgestellt - in Werbeblättern grundsätzlich auch redaktionelle Beiträge enthalten sein können und daß im Impressum der Sonderbeilage neben der Anzeigenleitung auch eine redaktionelle Leitung und zahlreiche redaktionelle Mitarbeiter genannt werden. Schließlich spricht auch die Tatsache, daß sich hinter dem Produktnamen ein "R" im Kreis befindet, nicht ohne weiteres für eine von der Beklagten in Auftrag gegebene Anzeige. Wenn der zuständige redaktionelle Mitarbeiter - was nicht auszuschließen ist - eine frühere Werbeanzeige verwertet haben kann, läßt sich die Übernahme des "R" im Kreis auch zwanglos ohne einen Auftrag der Beklagten erklären.
3. Das Berufungsurteil kann auch nicht mit anderer Begründung aufrechterhalten bleiben (§ 563 ZPO). Soweit der Kläger sein Unterlassungsbegehren hilfsweise auch darauf gestützt hat, daß es sich bei der Veröffentlichung um einen unangemessen werbenden redaktionellen Beitrag handele, an dessen Veröffentlichung die Beklagte mitgewirkt habe, fehlt es an einem unter Beweis gestellten konkreten Vortrag des Klägers, daß die Beklagte auf einen entsprechenden werbenden Beitrag bei dem Presseunternehmen hingewirkt oder diesen Beitrag trotz Kenntnis - und der Möglichkeit dazu - nicht verhindert habe. Da sich die Veröffentlichung des beanstandeten Beitrags zwanglos ohne jede Mitwirkung der Beklagten erklären läßt, fehlt es auch an einer ausreichenden Grundlage für eine Vermutung, daß die Beklagte der Redaktion die Anzeige oder Informationen gezielt zur Veröffentlichung oder in einer Weise hat zukommen lassen, die die Annahme nahelegt, daß über die Produkte unter Verstoß gegen das Gebot der Trennung von redaktionellem Teil und Werbung berichtet werden sollte (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.1995 - I ZR 227/93, GRUR 1996, 71, 72 - WRP 1996, 98 - Produktinformation III, Urt. v. 19.9.1996 - I ZR 130/94, GRUR 1997, 139, 140 = WRP 1997, 24, 26 - Orangenhaut, Urt. v. 10.3.1994 - I ZR 51/92, GRUR 1994, 445, 446 = WRP 1994, 400 - Beipackzettel).
III. Danach war auf die Revision der Beklagten das angefochtene Urteil aufzuheben und auf die Berufung das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 2993714 |
NJW 1997, 2757 |
BGHR UWG § 13 Abs. 2 Nr. 2 Prozeßführungsbefugnis 20 |
BGHR UWG § 13 Abs. 5 Prozeßführungsbefugnis 1 |
BGHR ZPO § 286 Abs. 1 Anscheinsbeweis 20 |
GRUR 1997, 681 |
WM 1997, 1493 |
AfP 1998, 54 |
MDR 1997, 1146 |
WRP 1997, 715 |
NJWE-WettbR 1997, 241 |
PharmaR 1997, 356 |