Leitsatz (amtlich)
Sind die aus einem gegenseitigen Vertrage geschuldeten Leistungen teilbar und hat der Gläubiger oder haben beide Vertragsparteien die Leistung teilweise erbracht, so werden die noch ausstehenden Teilleistungen durch die Eröffnung des Vergleichsverfahrens nicht berührt. Der Rücktritt des Gläubigers wegen eines nach Eröffnung des Verfahrens eingetretenen Verzuges des Schuldners mit den ausstehenden Teilleistungen oder die hierauf gestützte fristlose Kündigung eines Dauervertrages sind nicht nach § 36 Abs. 2 S. 2 VerglO ausgeschlossen.
Normenkette
VerglO § 36
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Urteil vom 29.05.1970) |
LG Duisburg |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. Mai 1970 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Bei Ausbruch des zweiten Weltkrieges wurden alle auf dem deutschen Markt im Mineralölhandel tätigen Unternehmen im Zentralbüro für Mineral-Öl GmbH (im folgenden ZB) zusammengefaßt. Die Gewinne des ZB wurden den Mitgliedsunternehmen nach Maßgabe ihrer bisherigen Umsätze zugewiesen. Zu den Mitgliedsunternehmen gehörte die Firma H.S.GmbH. Sie nahm im ZB die Interessen aller Unternehmen des damaligen Stinnes-Konzerns wahr. Dem Konzern gehörten auch die Firmen „B.”-AG und „E.”-GmbH an. Die Beteiligungsquote des im ZB durch die Firma H.S.GmbH vertretenen S.-Konzern betrug 1,2 %. Davon entfielen auf die 38,34 % und auf die „E.” 24,5 %. Nach dem Kriege wurde das ZB aufgelöst. Seine Mitgliedsunternehmen schlossen sich im sog. Altpartnerkreis zusammen. Die neu gegründete bundeseigene Gesellschaft für Nebenbetriebe der Bundesautobahnen (GfN) beschloß, bei der künftigen Vergabe von Autobahn-Tankstellen den Altpartnerkreis mit einem Anteil von 3/5 und die übrigen Mineralölunternehmen (sog. Newcomers) mit 2/5 zu berücksichtigen. Die Altpartner verständigten sich dahin, bei der Verteilung der Autobahn-Tankstellen untereinander die früheren Quoten des ZB zugrunde zu legen. Der S.Konzern wurde nach dem Kriege entflochten. Die bisherige Firma H.S.GmbH wurde in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Firmen „B.” (jetzt eine GmbH) und „E.” wurden nunmehr Tochtergesellschaften der Firma H. S. oHG, der Beklagten des vorliegenden Rechtsstreits. Die Firma H.S.AG vertrat weiterhin im Altpartnerkreis sowohl ihre eigenen Interessen als auch die der Beklagten mit deren Tochtergesellschaften. Die Tochtergesellschaften unterhielten – die „E.” heute noch – ein eigenes Tankstellennetz. Die Beklagte selber bewirtschaftet keine Tankstellen.
Nachdem die Firma H.S.AG und die Beklagte Konkurrenten geworden waren, entstanden daraus, daß die H.S.AG weiter die Interessen des Altpartnerkreises wahrnahm, Streitigkeiten zwischen den beiden Firmen. Diese Streitigkeiten wurden durch eine Vereinbarung vom 2. November 1961 beigelegt. Darin wurde im Innenverhältnis der beiden Firmen die Verteilung der Autobahn-Tankstellen nach Maßgabe der alten ZB – Quote aufgegeben und stattdessen vereinbart, daß mit Wirkung vom 1. November 1961 die im Rahmen des Altpartnerkreises der Firma H.S.AG zufallenden Tankstellen je zur Hälfte, und zwar abwechselnd auf die Firma H.S. AG und die Beklagte aufgeteilt werden sollten. Die Vereinbarung enthält ferner folgende Abreden:
„2.) Für die Zeit vom 1.1.1963 bis 31.12.1964 wird es im Innenverhältnis der beiden Vertragsteile so angesehen, als ob wegen der der AG. zugeteilten Autobahntankstelle W. die oH. Trägerin der vertraglichen Berechtigungen und Verpflichtungen gegenüber Bund und Gesellschaft … mbH., B., wäre. Das finanzielle Nettoergebnis hinsichtlich dieser Tankstelle geht in dem bezeichneten Zeitraum für Rechnung der oH. unter Berücksichtigung aller Belastungen, wie sie sich insbesondere auch aus dem zwischen der AG. und der Gesellschaft … mbH., B., hinsichtlich der Tankstelle W. geschlossenen Vertrag einschließlich des in diesem Zusammenhang seitens der AG. an die Gesellschaft für Nebenbetriebe der Bundesautobahnen mbH. gewährten Darlehens ergeben.
…
Ob in diesem Zeitraum die oH. die Tankstelle W. effektiv beliefert, bleibt späterer Entscheidung vorbehalten. Für eine solche Entscheidung ist maßgebend, daß unter allen Umständen jegliche Beeinträchtigung der Aussichten für die Zuteilung weiterer Tankstellen im Rahmen des Partnerkreises vermieden werden muß.
3.) Während die Absprache zu Ziffer 2 einmaligen Charakter hat, setzt sich die Vereinbarung unter Ziffer 1 unter den Vertragspartnern solange fort, wie das derzeitige Abkommen des sogenannten Partnerkreises der Mineralölgesellschaften über die Verteilung von Tankstellen an den Bundesautobahnen in seinen Grundzügen und dabei insbesondere in der Berücksichtigung der früheren ZB-Referenzperiode Geltung behält. Dies gilt auch für eine etwaige Fortsetzung des Abkommens des Partnerkreises, das im Augenblick bis 1969 befristet ist, über das Jahr 1969 hinaus.”
Am 3. Oktober 1962 schlossen die „B.” und die D. T. GmbH, eine Tochtergesellschaft der C. F. P., die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits, einen Vorvertrag zu einer Vereinbarung, die zur Stärkung und Ausweitung des Treib- und Schmierstoffgeschäftes eine Zusammenarbeit der beiden Unternehmen zum Gegenstand haben sollte. Der Vorvertrag sah unter A. eine Vereinbarung über die Verpachtung des Tankstellenbetriebes der „B.” vor und unter B. eine Übertragung von Rechten der „B.” zur Belieferung von Autobahn-Tankstellen auf die Klägerin. In Ausführung des Vorvertrages schlossen die „B.” mit Zustimmung der Beklagten und die Klägerin am 21. Dezember 1962 zwei Verträge. In dem einen Vertrage verpachtete die „B.” ihr Tankstellennetz, ausgenommen das Berliner Netz und die Autobahn-Tankstellen, an die Klägerin auf die Dauer von 15 Jahren. Der Vertrag sollte sich auf Wunsch der Klägerin um weitere fünf Jahre verlängern. Außer der vereinbarten Umsatzpacht hatte die Klägerin an die „B.” eine einmalige feste Abfindung in Höhe von 3.750.000,– DM zu zahlen. Der zweite Vertrag, ein Abkommen über Autobahn-Tankstellen, lautet auszugsweise wie folgt:
„1. Am 2. November 1961 hat die Firma H. S. Aktiengesellschaft mit der OH (das ist die Beklagte) eine Regelung über die Zuteilung von Autobahntankstellen getroffen. …
Unter anderem hat nach diesem Vertrag die OH das Recht, die der H. S. Aktiengesellschaft zugeteilte Autobahntankstelle „W.” zu beliefern.
2. Die Rechtsstellung, die die OH aus ihrem Vertrag mit der Firma H. S. Aktiengesellschaft vom 2. November 1961 über neue Autobahntankstellen innehat, wird übertragen, sofern und wann immer T. dies wünscht. Sollte T. aus irgendwelchen Gründen, z.B. mit Rücksicht auf die Verhältnisse in bezug auf die Gesellschaft (GFN), die Rechte aus Abkommen über neue Autobahntankstellen nicht unmittelbar wahrnehmen können oder wollen, so bleibt der T. in jedem Falle das Belieferungsrecht erhalten, wobei die Abrechnungen gegebenenfalls über B. erfolgen, ohne daß der Nutzen aus Belieferung und Vertrieb T. verlorengeht. …
Sollte die bisherige Grundlage für die Zuteilung von Autobahntankstellen durch die GFN entfallen und damit die bisher durch die Firma H. S. Aktiengesellschaft für die OH mitverwaltete Quote bedeutungslos werden, so verpflichten sich die OH und B., während der Laufzeit des Pachtvertrages in enger Zusammenarbeit mit T. alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um die T. bei der weiteren Zuteilung von Autobahntankstellen zu unterstützen. B. ist in diesem Falle einverstanden, daß auch ihre nicht an T. verpachteten Tankstellen bei einer etwaigen Zuteilung an T. mitgerechnet werden. …
5. Sobald die Firma B. das der T. überlassene Tankstellen-Netz zurückerhalten hat und der über diesen Komplex zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag vom 21-12-62 beendet ist, gewährt T. der OH für die Zukunft nach dem Grundsatz der Billigkeit alle die Vorteile zurück, die T. auf Grund der vorstehenden Ziffern 2. und 4. durch OH bzw. B., nicht auf Grund eigener Leistungen der T., erhalten hat. Die Rückgewähr erfolgt in natura. Wo dies nicht möglich ist oder, vom Gesichtspunkt beider Parteien aus gesehen, unzweckmäßig sein sollte, leistet die T. Wertersatz. Erzielen die Parteien keine Einigung über Fragen, die in dieser Bestimmung behandelt sind, so entscheidet bindend ein von der Industrie- und Handelskammer Hamburg zu ernennender Sachverständiger als Schiedsgutachter.
6 Als Entgelt für die aus diesem Vertrag der T. zufließenden Vermögensvorteile zahlt T. an die OH eine einmalige feste Abfindung in Höhe von
DM 1.000.000,– (einemillion)
…
Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam sein oder werden, oder sollte sich in dieser Regelung eine Lücke herausstellen, so soll insoweit aus dem Sinn und Zweck dieses Vertrages heraus eine angemessene Regelung gelten, die im Rahmen des rechtlich Möglichen dem am nächsten kommt, was die Vertragsschließenden gewollt haben oder, hätten sie den Punkt bedacht, gewollt haben würden.”
Die Beklagte räumte der Klägerin die Belieferung der Tankstelle W. für die Jahre 1963 und 1964 ein.
Im Jahre 1963 geriet die Beklagte in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Sie schloß am B. November 1963 einen notariellen Vertrag, durch den sie ihre Geschäftsanteile an der „B.” an ein Bankenkonsortium verkaufte. Das Bankenkonsortium veräußerte anschließend die Geschäftsanteile an die Firma H. S. AG. Von dieser erwarb die Klägerin durch Vertrag vom 3. Juli 1965 das Tankstellennetz der „B.”.
Am 17. Januar 1964 wurde über das Vermögen der Beklagten das Vergleichsverfahren eröffnet. Der Vergleich, der eine Vergleichsquote von 75,75 % zum Inhalt hatte, wurde am 4. März 1964 bestätigt.
Nachdem es zu Streitigkeiten zwischen der Beklagten sowie der „E.” mit der Firma H. S. AG wegen der Zuteilung von Tankstellen gekommen war, forderte die Klägerin mit Schreiben vom 19. Juli 1967 die Beklagte unter Fristsetzung zum 15. August 1967 auf, ihr die Rechtsstellung aus dem Vertrage der Beklagten mit der Firma H. S. AG vom 2. November 1961 zu übertragen und ihr die Rechte und Ansprüche zu verschaffen, deren sich die Beklagte und die „E.” gegenüber der Firma H. S. AG berühmten. Mit Schreiben vom 16. August 1967 lehnte die Beklagte das Verlangen der Klägerin als rechtlich unbegründet ab. Daraufhin erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 16. Oktober 1967 den Rücktritt von dem über die Autobahn-Tankstellen am 21. Dezember 1962 geschlossenen Abkommen.
Mit der Klage verlangt die Klägerin die Rückzahlung eines Teils dem nach dem Abkommen geleisteten Abfindung von einer Million DM. Ausgehend von einer 20-jährigen Laufzeit des mit dem Abkommen gekoppelten Tankstellen-Pachtvertrages vom selben Tage sieht die Klägerin das Abkommen für die Jahre 1963 und 1964 zu einem 1/10 als erfüllt an. Demgemäß errechnet sie einen Rückgewährungsanspruch von 900.000 DM, den sie nebst Zinsen mit der Klage geltend macht.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 650 000 DM nebst Zinsen stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hält den Rücktritt der Klägerin von dem Abkommen vom 21. Dezember 1962, das die Zuteilung von Autobahn-Tankstellen betrifft, für unwirksam. Es meint anfänglich, die Beklagte habe Vertragsverletzungen nicht begangen, unterstellt dann aber, daß sie durch endgültige Leistungsverweigerung sich einer positiven Vertragsverletzung schuldig gemacht habe, die die Klägerin zum Rücktritt berechtigt haben könnte. Die weiter angeschnittene Frage, ob durch den Übergang der „B.” auf die H. S. AG die Verpflichtung der Beklagten gegenüber der Klägerin aus dem Abkommen vom 21. Dezember 1962 nach dessen Sinn und Zweck erloschen sei oder sich wenigstens geändert habe und ob etwa der Klägerin wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage ein Anspruch auf Rückzahlung des Abfindungsbetrages zustehe, entscheidet es nicht abschließend. Nach Auffassung des Berufungsgerichts scheitern alle Ansprüche daran, daß über das Vermögen der Beklagten ein Vergleichsverfahren geschwebt hat, das durch gerichtlich bestätigten Vergleich geendet hat.
II.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, daß die Ansprüche der Klägerin, worauf immer sie auch gestützt sein mögen, auf Grund des bestätigten Vergleichs unbegründet seien, begegnet rechtlichen Bedenken.
1. Das Berufungsgericht legt das Abkommen der Parteien vom 21. Dezember 1962 dahin aus, daß die Beklagte verpflichtet wurde, Tankstellen, die ihr die H. S. AG auf Grund des Vertrages vom 2. November 1961 künftig zuteilen werde, an die Klägerin auf deren Anforderung hin jeweils von Fall zu Fall weiter zu übertragen. Die „Rechtsstellung”, die die Beklagte nach dem Abkommen vom 21. Dezember 1962 zu übertragen hatte, sei, so meint das Berufungsgericht, nicht bereits mit Abschluß des Abkommens übertragen worden. Das Abkommen habe nur ein Verpflichtungsgeschäft, nicht aber auch ein Ausführungsgeschäft enthalten. Eine Verpflichtung der Beklagten sei erst entstanden, wenn die GfN der Firma H. S. AG eine Autobahn-Tankstelle zugeteilt habe, die nach dem Vertrage vom 2. November 1961 die H. S. AG an die Beklagte weiterzuleiten hatte. Diese Auslegung läßt einen Rechtsirrtum nicht erkennen. Nach ihr ist durch das Abkommen vom 21. Dezember 1962 die schuldrechtliche Verpflichtung der Beklagten begründet worden, der Klägerin die Rechtsstellung zu verschaffen, die der Beklagten aus künftigen Tankstellenzuweisungen der GfN an die H. S. AG und der AG an die Beklagte erwuchs. Zutreffend ist auch der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß ein solcher Anspruch auf Übertragung von Rechten, die zum Schuldnervermögen gehören, grundsätzlich in einem Vergleichsverfahren eine Vergleichsforderung bildet (Bley/Mohrbutter, Vergleichsordnung 3. Aufl. § 25 Anm. 24). Die hier für die Klägerin begründeten Ansprüche auf Übertragung künftig zugeteilter Tankstellen sind nach der Auslegung des Berufungsgerichts aufschiebend bedingt. Auch aufschiebend bedingte Ansprüche nehmen am Vergleichsverfahren teil (Bley/Mohrbutter a.a.O. § 25 Anm. 31, § 31 Anm. 3). Die Übertragungsansprüche der Klägerin würden nach § 34 VerglO mit einem zu schätzenden Wert am Verfahren beteiligt sein. Mit der Vergleichsbestätigung wäre eine materiell-rechtliche Inhaltsänderung der Ansprüche eingetreten. Die Klägerin hätte nur noch Zahlung und nicht mehr Übertragung von Tankstellen fordern können. Sie hätte daher, wie das Berufungsgericht meint, nicht mehr von dem Abkommen mit der Begründung zurücktreten können, daß die Beklagte ihre Verpflichtung zur Übertragung von Tankstellen verletzt habe.
2. Nach § 36 Abs. 1 VerglO ist allerdings ein Gläubiger, dessen Forderung auf einem gegenseitigen Vertrage beruht, nicht Vergleichsgläubiger und deshalb am Verfahren nicht beteiligt, wenn zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens noch keine Vertragspartei den Vertrag vollständig erfüllt hat. Das Berufungsgericht wendet diese Vorschrift nicht an, weil es meint, die Klägerin habe das Abkommen vom 21. Dezember 1962 mit der Zahlung der Abfindung von einer Million DM vollständig erfüllt. Sonstige Verpflichtungen habe die Klägerin nicht mehr gehabt.
a) Gegen die Auffassung, daß die Klägerin bei Eröffnung des Vergleichsverfahrens den Vertrag bereits vollständig erfüllt habe, wendet die Revision sich indessen zu Recht. Sie rügt, das Berufungsgericht habe es unterlassen, das Wesen des Abkommens vom 21. Dezember 1962 zu prüfen und dem Vortrag der Klägerin nachzugehen, daß ihr auch nach der Zahlung von einer Million DM Verpflichtungen obgelegen hätten, insbesondere im Zusammenhang damit, daß die „Brenntag” ihr Tankstellen-Netz an sie überlassen habe.
Das Berufungsgericht behandelt das Abkommen vom 21. Dezember 1962 so, als habe die Klägerin lediglich gegen Zahlung von einer Million DM künftige Rechte gekauft. Das ist aus mehreren Gründen zu eng gesehen:
Das Abkommen vom 21. Dezember 1962 über die Autobahn Tankstellen und der Pachtvertrag vom 21. Dezember 1962 über die Verpachtung des Tankstellen-Netzes waren unstreitig, wie auch im Tatbestand des angefochtenen Urteils festgestellt wird, im Vollzug des Vorvertrages vom 3. Oktober 1962 geschlossen. Der Vorvertrag sollte die Zusammenarbeit der „B.”, also der Tochtergesellschaft der Beklagten, mit der Klägerin, einer Tochtergesellschaft der französischen C. F. P. begründen. Die beiden Verträge vom 21. Dezember 1962 waren, wie das Berufungsgericht an anderer Stelle hervorhebt, wirtschaftlich miteinander verflochten. So sollte mit der Beendigung des Pachtvertrages auch das Abkommen über die Einräumung der „Rechtsstellung” enden. Ferner war die Klägerin nach Nr. 5 des Abkommens bei Beendigung des Pachtvertrages verpflichtet, der Beklagten nach dem Grundsatz der Billigkeit alle Vorteile zurückzugewähren, die sie durch die Beklagte oder die „B.”, nicht aber auf Grund eigener Leistung erhalten hatte. Die beiden Verträge, die im Vorvertrage als Teilabreden einer einheitlichen Regelung behandelt worden waren, bilden ersichtlich eine wirtschaftliche Einheit. So haben denn auch die Klägerin im Schriftsatz vom 29. Januar 1969 und die Beklagte im Schriftsatz vom 13. März 1969 dem Sinne nach übereinstimmend vorgetragen, die im Vorvertrag unter den Schlußbestimmungen vorgesehene Gesamtzahlung von sechs Millionen DM sei auf Veranlassung der Klägerin mit einem Teilbetrage von einer Million DM als Entgelt für die Autobahn-Tankstellen-Vereinbarung aufgeteilt worden. Das Abkommen vom 21. Dezember 1962 ist also Teil eines auf die Dauer angelegten Vertrages auf wirtschaftlichen Zusammenschluß und Zusammenarbeit.
Von einem Dauervertrage geht im übrigen auch das Berufungsgericht bei seiner Auslegung des Vertrages aus. Es sieht, wie schon erwähnt, das Abkommen vom 21. Dezember 1962 nicht als einen Vertrag über die einmalige Übertragung von Rechten und Pflichten an, sondern findet in ihm die Begründung einer dauernden Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin bei Eintritt bestimmter Voraussetzungen jeweils eine Rechtsstellung gegenüber der Hugo Stinnes AG zu verschaffen. Dauernde Verpflichtungen entstanden aber nicht nur für die Beklagte. Wird zugrundegelegt, daß das Abkommen Teileiner allgemeinen Vereinbarung über wirtschaftliche Zusammenarbeit ist, so war für die Klägerin aus dem Abkommen vom 21. Dezember 1962 nicht nur die Verpflichtung begründet, das einmalige Entgelt von einer Million DM zu zahlen, sondern auch die Pflicht, während der ganzen Vertragsdauer das Abkommen so zu erfüllen, daß der Vertragszweck der wirtschaftlichen Zusammenarbeit erreicht wurde. Ebenso, wie die Vereinbarung über die Zusammenarbeit ein Dauerrechtsverhältnis begründete, handelte es sich auch bei dem Abkommen vom 21. Dezember 1962 als einem Teil dieser Vereinbarung um einen auf die Dauer angelegten Vertrag, aus dem laufend für beide Teile Rechte und Pflichten erwuchsen. Ob die Beklagte nach § 50 VerglO die weitere Erfüllung der Gesamtvereinbarung über die wirtschaftliche Zusammenarbeit hätte ablehnen können, mag dahingestellt bleiben. Sie hat das nicht getan, ebensowenig wie sie nach § 51 Abs. 1 VerglO die Erfüllung des Pachtvertrages vom 21. Dezember 1962 ablehnen konnte. Die Parteien haben vielmehr nach der am 4. März 1964 erfolgten Bestätigung des Vergleiches ihre Vertragsbeziehungen fortgesetzt, und zwar gerade auch, soweit es um das Abkommen vom 21. Dezember 1962 geht. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe nach Bestätigung des Vergleichs nicht mehr gegenständliche Leistung – hier also Übertragung von Bewirtschaftungsrechten – beanspruchen können, ihr habe nur noch ein aufschiebend bedingter Anspruch auf Geldzahlung nach § 34 VerglO zugestanden, steht in unvereinbarem Widerspruch zu der Art und Weise, wie die Parteien nach der Bestätigung des Vergleichs ihre Geschäftsbeziehungen abgewickelt haben. So hat die Beklagte nach der Feststellung des Berufungsgerichts der Klägerin die Bewirtschaftung der Tankstelle W. auch für das ganze Jahr 1964 eingeräumt. Wie das Berufungsgericht ebenfalls feststellt, ist die Beklagte auch, nachdem sie im April 1964 erfahren hatte, daß der Firma H. S. AG die Autobahn-Tankstelle zugeteilt worden war, tätig geworden, um der Klägerin die Bewirtschaftungsrechte für diese Tankstelle zu verschaffen.
Daß die Verpflichtung der Klägerin aus dem Abkommen vom 21. Dezember 1962 sich nicht in der Zahlung des einmaligen Entgelts von einer Million DM erschöpfte, ergibt sich im übrigen auch aus Inhalt und Wesen des Abkommens selbst. Wenn im Falle der Zuteilung einer Autobahn-Tankstelle an die H. S. AG die Beklagte der Klägerin im Innenverhältnis die Rechtsstellung übertrug, die sie nach dem Vertrage vom 2. November 1961 gegenüber der H. S. AG hatte, so fielen der Klägerin nicht nur die Rechte der Beklagten gegenüber der H. S. AG zu, sondern sie hatte auch deren Pflichten zu erfüllen. „Rechtsstellung” bedeutete ersichtlich Parteistellung. Auch wenn ein Übergang der Parteistellung der Beklagten auf die Klägerin nach außen nicht erfolgte, so war doch der Anspruch der Beklagten begründet, daß die Klägerin, sofern sie die Autobahn-Tankstelle belieferte, auch die der Beklagten obliegenden Verpflichtungen erfüllte. Daß die Beklagte gegenüber der H. S. AG auch Pflichten zu erfüllen hatte, ergibt sich deutlich aus der Nr. 2 der Vereinbarung vom 2. November 1961, es solle so angesehen werden, als ob wegen der der S. AG zugeteilten Autobahn-Tankstelle W. die Beklagte Trägerin der vertraglichen Berechtigungen und Verpflichtungen gegenüber Bund und GfN wäre. Die Klägerin war nicht nur, soweit ihr für die Jahre 1963 und 1964 die Belieferung der Autobahn-Tankstelle W. übertragen war, sondern auch hinsichtlich aller künftig von ihr zu beliefernden Autobahn-Tankstellen im Innenverhältnis zur Beklagten verpflichtet, ihrerseits für die Beklagte die Verpflichtungen zu erfüllen, die die Beklagte gegenüber der S. AG, dem Bund und der GfN hatte. Ob es, wie die Revision meint, auch eine von der Klägerin geschuldete Leistung im Sinne des § 36 VerglO bedeutete, daß sie nach der Bestimmung der Nr. 5 des Abkommens bei Beendigung des Abkommens Vorteile zurückzugewähren hatte, die sie ohne ihr eigenes Zutun erlangt hatte, bedarf keiner Entscheidung mehr.
Im übrigen sind die Parteien selbst im vorliegenden Rechtsstreit bei der rechtlichen Einordnung des Abkommens von einem Dauerrechtsverhältnis mit beiderseitigen Pflichten ausgegangen. Sie haben nach den Entscheidungsgründen des Urteils des Landgerichts mindestens im ersten Rechtszuge einheitlich die Rechtsauffassung vertreten, der streitige Vertrag vom 21. Dezember 1962 sei ein Pachtvertrag. Ob dem zu folgen ist, kann dahingestellt bleiben. Näher mag die Annahme liegen, daß es sich bei der Vereinbarung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit um einen Vertrag eigener Art mit gesellschaftsrechtlichen Zügen und bei dem dazugehörigen Tankstellenabkommen um eine Vereinbarung von optionsrechtlichem Wesen handelt. Jedenfalls haben die Parteien im ersten Rechtszuge auf dieses Abkommen die für einen Dauervertrag, wie es der Pachtvertrag ist, entwickelten Rechtsgrundsätze anwenden wollen. Daß sie im Berufungsrechtszuge von dieser Rechtsauffassung abgegangen wären, ist nicht ersichtlich.
Hatte aber das Abkommen vom 21. Dezember 1962 ein Dauerrechtsverhältnis zum Inhalt, aus dem während der Vertragsdauer gegenseitige Rechte und Pflichten erwuchsen, so war das Abkommen, obwohl die Klägerin die ihr obliegende Zahlung von einer Million DM geleistet hatte, bei Eröffnung des Vergleichsverfahrens von keiner Vertragspartei vollständig erfüllt. Das Reichsgericht (RGZ 147, 340) hat angenommen, ein Gesellschaftsvertrag sei, auch wenn die Einlagen geleistet worden sind und insofern eine weitere Verpflichtung nicht besteht, noch nicht beiderseits erfüllt, solange die Gesellschaft besteht (ebenso Böhle-Stamschräder, Vergleichsordnung 7. Aufl., § 36 Anm. 3; vgl. auch Bley/Mohrbutter aaO § 36 Anm. 5 letzter Absatz). Trotz Zahlung, so führt das Reichsgericht aus, könnten noch Verpflichtungen bestehen, wie die gegenseitige gesellschaftliche Treupflicht. Unter diesem Blickpunkt ist auch das Tankstellenabkommen zu beurteilen. Daß es von beiden Seiten mit dem Ziel einer an den Grundsätzen von Treu und Glauben ausgerichteten wirtschaftlichen Zusammenarbeit zu erfüllen war, ist bereits ausgeführt worden.
b) Das Landgericht, das einen Dauervertrag zugrunde legt, nimmt an, die von der Beklagten geschuldete Leistung, der Klägerin die Rechte und die Position hinsichtlich der Autobahn-Tankstellen zur Ausnutzung zu überlassen, sei teilbar. Ebenso habe die Klägerin mit der Zahlung von einer Million DM bei einer Vertragsdauer von 15 Jahren in Anbetracht der Belieferung der Autobahn-Tankstelle W. in den Jahren 1963 und 1964 eine Teilleistung von 2/15 erbracht. Der Klägerin sei deshalb nach § 36 Abs. 2 VerglO der Rücktritt verwehrt. Diese Vorschrift will das Berufungsgericht auch von seinem Standpunkt aus, daß die Klägerin die ihr obliegende Leistung vollständig erfüllt habe, anwenden. Diesen Erwägungen kann nicht gefolgt werden.
Ob die Leistungen der Parteien teilbar sind, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist die Meinung, die Vorschrift des § 36 Abs. 2 VerglO schließe, wenn der Gläubiger ganz oder teilweise den Vertrag erfüllt habe, einen Rücktritt wegen Vertragsverletzung des Schuldners schlechthin aus, unrichtig. Nach dieser Bestimmung ist bei beiderseits teilbaren Leistungen der Gläubiger, der die ihm obliegende Leistung bei Eröffnung des Verfahrens bereits teilweise erbracht hat, mit dem der Teilleistung entsprechenden Betrage seiner Forderung auf die Gegenleistung Vergleichsgläubiger. Wegen dieser Teilleistung kann er ein Rücktrittsrecht nicht mehr ausüben. Die Bedeutung des Satzes 2 liegt darin, zu verhindern, daß die rechtlichen Auswirkungen des Satzes 1 umgangen werden. Der Ausschluß des Rücktrittsrechts bezieht sich deshalb nur auf die vom Gläubiger erbrachte Teilleistung, hinsichtlich deren er Vergleichsgläubiger ist, also den Auswirkungen des Vergleichsverfahrens unterworfen ist. Dagegen werden die noch ausstehenden beiderseitigen Teilleistungen durch die Eröffnung des Vergleichsverfahrens nicht berührt. Daher ist der Rücktritt nicht etwa völlig ausgeschlossen, vielmehr beschränkt sich ein erst nach der Verfahrenseröffnung erklärter oder wirksam gewordener Rücktritt auf den bei der Eröffnung beiderseits noch unerfüllten Vertragsteil (Bley/Mohrbutter aaO § 36 Anm. 50). Haben beide Vertragsparteien Teilleistungen bewirkt, die sich betragsmäßig decken, so ist ein Teilerlöschen der beiderseitigen Ansprüche eingetreten. Der Gläubiger kann dann also von den vertraglichen Beziehungen nur noch hinsichtlich der ausstehenden Teilleistungen zurücktreten. Insoweit ist er aber bei Inanspruchnahme seiner Rechte unbeschränkt (Bley/Mohrbutter aaO Anm. 50 letzter Absatz). Jede andere Auffassung würde auch zu grober Unbilligkeit führen. Wird ein in seinen Einzelansprüchen teilbarer Vertrag nach Eröffnung des Vergleichsverfahrens fortgeführt, so können dem Gläubiger durch die bloße Eröffnung des Verfahrens nicht Rechte genommen werden, die ihm aus späteren – hier angeblich sogar nach Beendigung des Vergleichsverfahrens begangenen – Vertragsverletzungen des Schuldners zustehen. Insoweit ist er bei Inanspruchnahme seiner Rechte Neugläubiger und wird durch den Vergleich nicht mehr betroffen (Bley/Mohrbutter a.a.O. § 36 Anm. 52 c letzter Absatz).
III.
Entgegen der Auffassung: des Berufungsgerichts kommt es also darauf an, ob die Klägerin sich von dem Abkommen vom 21. Dezember 1962 deswegen hat lösen können, weil die Beklagte sich Vertragsverletzungen hat zuschulden kommen lassen.
1. Die Lösung vom Vertrage kann allerdings nicht im Wege eines Rücktritts nach §§ 326, 346 ff BGB erfolgen. Bei einem, wie hier, in Vollzug gesetzten Dauervertrag ist in der Regel der Rücktritt mit rückwirkender Kraft nicht zulässig. Ein solcher Vertrag kann zum mindesten bei Leistungsstörungen, die während des Laufes des Vertrages eintreten, nur in entsprechender Anwendung der für bestimmte Dauerschuldverhältnisse geltenden Bestimmungen der §§ 542, 554a, 626, 723 BGB fristlos mit Wirkung für die Zukunft gekündigt werden (Reimer Schmidt bei Soergel/Siebert, BGB 10. Aufl. § 241 Anm. 11; Anm. 3 vor § 323; vgl. auch Urteil des erkennenden Senats BGHZ 50, 312 für das Mietverhältnis). Für diese Art der Beendigung eines Vertragsverhältnisses bei Leistungsstörung spricht, daß im allgemeinen den Parteien nicht daran gelegen ist, das Vertragsverhältnis auch für die vergangene Zeit, in der es durch Leistung und Gegenleistung abgewickelt worden ist, aufzulösen, und daß eine Rückabwicklung des ganzen Vertragsverhältnisses, also auch für die Zeit, in der der Vertrag durchgeführt worden ist, häufig beträchtliche Schwierigkeiten bereiten würde. Das bedeutet keinen Freibrief für eine vertragsuntreue Partei. Schadensersatzansprüche wegen positiver Vertragsverletzung werden durch eine Kündigung nicht ausgeschlossen.
2. Von den in den vorhergehenden Rechtszügen erörterten Vertragsverletzungen, die der Klägerin ein Recht zur Kündigung des Abkommens gegeben haben könnten, ist Gegenstand der Revision unmittelbar nur noch die angebliche Weigerung der Beklagten, das Abkommen weiter zu erfüllen, die in ihrem Schreiben vom 16. August 1967 ausgesprochen sein soll.
a) Als die Klägerin mit Schreiben vom 19. Juli 1967 die Beklagte aufforderte, ihr die Rechtsstellung aus dem Vertrage mit der Hugo Stinnes AG vom 2. November 1961 zu übertragen und im Rahmen dieses Vertrages auch die Rechte und Ansprüche zu verschaffen, deren sie, die Beklagte, und die Tochtergesellschaft E. sich gegenüber der H. S. AG berühmten, erwiderte die Beklagte mit Schreiben vom 16. August 1967, das Ansinnen der Klägerin werde von ihr als rechtlich unbegründet abgelehnt.
Das Berufungsgericht meint, dieses Schreiben könne auch dahin verstanden werden, daß die Beklagte sich an das Abkommen vom 21. Dezember 1962 nicht mehr gebunden fühle und auch für die Zukunft jede Leistungspflicht gegenüber der Klägerin verneine. Das Berufungsgericht entscheidet diese Frage aber nicht abschließend.
In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte vorgetragen, sie habe im Schreiben vom 16. August 1967 lediglich zum Ausdruck bringen wollen, daß auf Grund des Abkommens nicht schon unmittelbar ein Übergang der Rechtsstellung, die sie als Partei der Vereinbarung vom 2. November 1961 gegenüber der H. S. AG eingenommen habe, auf die Klägerin erfolgt sei. Daß sie nach dem Abkommen vom 21. Dezember 1962 verpflichtet gewesen sei, in der bestimmten Reihenfolge der Klägerin auf deren Verlangen die Nutzung einer ihr, der Beklagten, etwa zufallenden Tankstelle zu überlassen, habe sie nicht bestreiten wollen. Dieser Vortrag steht allerdings in nicht zu vereinbarendem Widerspruch zu der sonst von der Beklagten, insbesondere in diesem Rechtsstreit, vertretenen Auffassung. Nachdem die Beklagte die Geschäftsanteile der „B.” veräußert hatte, die Anteile sodann an die H. S. AG weiterveräußert worden waren und die Klägerin von der H. S. AG das Tankstellen-Netz durch Kaufvertrag vom 3. Juli 1965 erworben hatte, hat die Beklagte sich-nämlich, wie das Berufungsurteil ergibt, auf den Standpunkt gestellt, dadurch sei der Pachtvertrag und damit gleichzeitig das Abkommen vom 21. Dezember 1962 erloschen. Es spricht manches dafür, daß auf dieser Auffassung auch das Schreiben der Beklagten vom 16. August 1967 beruhte. Das Berufungsgericht, an das die Sache zurückverwiesen werden muß, wird auch unter diesem Gesichtspunkt das Schreiben zu würdigen haben. Dabei wird auch zu prüfen sein, was die Beklagte mit den der Klägerin angeblich bekannten „Gründen” für ihre Einstellung gemeint hat und wie die Klägerin das Schreiben der Beklagten hat auffassen dürfen.
Sollte das Berufungsgericht bei der erneuten Verhandlung zu dem Ergebniskommen, daß die Beklagte das Abkommen wegen der zeitlichen Verknüpfung mit dem Pachtvertrage für erloschen angesehen hat, so könnte die Weigerung, das Abkommen weiter zu erfüllen, eine schuldhafte Vertragsverletzung bilden. Eine solche Auffassung der Beklagten wäre, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, nicht haltbar. Zwar war die Dauer des Abkommens mit der Dauer des Pachtvertrages verknüpft. Wenn die Beklagte aber ihre Tochtergesellschaft mit dem Tankstellen-Netz veräußerte und dadurch mittelbar die Klägerin nötigte, zur Vermeidung von Schwierigkeiten das Tankstellen-Netz nunmehr selbst zu erwerben, so kann das eine Beendigung des Abkommens über die Autobahn-Tankstellen nicht herbeiführen. Ein solches Ergebnis bezeichnet das Berufungsurteil mit Recht als mit Treu und Glauben unvereinbar.
b) Darauf, daß die Beklagte die Geschäftsanteile an der „Brenntag” veräußert hat, stützt die Klägerin die im Schreiben vom 16. August 1967 ausgesprochene Lösung vom Abkommen vom 21. Dezember 1962 zwar nicht ausdrücklich. Die Revision möchte auch insoweit das Verhalten der Beklagten als Grund für ein „Rücktrittsrecht aus § 325 BGB” werten. Der Revision ist darin zuzustimmen, daß die Veräußerung der Geschäftsanteile und der damit letzten Endes zusammenhängende Erwerb des Tankstellennetzes der „B.” durch die Klägerin die angebliche Weigerung der Beklagten, das Abkommen zu erfüllen, ausgelöst haben können. Die von der Revision der Beklagten als Vertragsverstoß vorgeworfene Veräußerung der „B.”-Anteile wird deshalb bei einer Gesamtwürdigung des Verhaltens der Beklagten unterstützend herangezogen werden müssen und könnte für die Frage, ob der Klägerin eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zuzumuten war, von Bedeutung sein.
Das Berufungsgericht führt zu der Veräußerung der Geschäftsanteile im wesentlichen unter dem Blickpunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage aus: Der Pachtvertrag zwischen der Klägerin und der „B.” vom 21. Dezember 1962 sei zwar nicht dadurch erloschen, daß die Beklagte die Geschäftsanteile der „B.” an ein Bankenkonsortium veräußert und dieses sie an die Firma H. S. AG weiterveräußert habe. Durch das Ausscheiden der „B.” aus der Verflechtung mit der Beklagten habe sich aber deren Rechtsstellung aus dem mit der Firma H. S. AG geschlossenen Vertrag vom 2. November 1961 nachhaltig verändert. Bisher habe die Beklagte die Anteile ihrer beiden Tochtergesellschaften „B.” und „E.” mit zusammen 62,84 % vertreten. Nach Wegfall der „B.” seien der Beklagten nur noch 24,5 % geblieben. Dadurch habe sich die Geschäftsgrundlage des Vertrages vom 2. November 1961 wesentlich verändert. Entweder sei der Vertrag in vollem Umfang hinfällig geworden oder aber er sei wenigstens der wesentlich geringer gewordenen Beteiligung der Beklagten durch entsprechende Herabsetzung der bisherigen Quote von 50% an der S.-Quote anzupassen. Das habe auch Auswirkungen auf das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits. Die Rechtsstellung, die die Beklagte auf Grund des Abkommens vom 21. Dezember 1962 auf die Klägerin übertragen habe, sei entweder weggefallen oder bedeutend schwächer geworden. Gemeint ist dabei offenbar, wie sich aus den Ausführungen des Berufungsgerichts an anderer Stelle ergibt, daß die Beklagte infolge der im Verhältnis zur H. S. AG nunmehr verringerten Quote von dieser die Überlassung einer Tankstelle kaum mehr zu erwarten habe und daß deshalb auch die Aussicht der Klägerin, eine Tankstelle von der Beklagten zu erhalten, sehr gering geworden sei. Das Berufungsgericht ist allerdings der Ansicht, eine auch nur teilweise Rückzahlungspflicht der Beklagten werde dadurch nicht ausgelöst. Das ergebe sich aus der Nr. 3 des Abkommens. Danach sei die Beklagte nur verpflichtet gewesen, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um die Klägerin bei der weiteren Zuteilung von Autobahn-Tankstellen zu unterstützen.
Soweit das Berufungsgericht danach die Auffassung vertritt, die Beklagte sei, ohne gegen Vertragspflichten zu verstoßen, berechtigt gewesen, durch den Verkauf sämtlicher Geschäftsanteile ihrer Tochtergesellschaft das von dieser betriebene Unternehmen zu veräußern, kann ihm nicht gefolgt werden. Die Ansicht des Berufungsgerichts steht in schroffem Widerspruch zu seinen Ausführungen darüber, daß der Erwerb des Tankstellen-Netzes durch die Klägerin das Abkommen nicht vorzeitig beendet habe. Das Berufungsgericht meint dort, es wäre mit Treu und Glauben unvereinbar, daß die Beklagte aus der Bindung des Abkommens auf Übertragung der Rechtsstellung vorzeitig auch dann frei würde, wenn der Pachtvertrag nur durch ein zusätzliches Vermögensopfer der Klägerin, nämlich durch den Kaufpreis für das Tankstellen-Netz, kraft Vereinbarung mit einem Dritten sein vorzeitiges Ende finde. Wenn die Beklagte die Geschäftsanteile an ihrer Tochtergesellschaft veräußerte und damit die Gefahr hervorrief, daß die H. S. AG ihr Tankstellen künftig kaum mehr überlassen werde, so hat sie sich der Klägerin gegenüber vertragswidrig verhalten, weil sie sich durch eigenes Handeln zur vorgesehenen Vertragserfüllung außerstande setzte. Dieser Fall wurde offensichtlich von der Nr. 3 des Abkommens nicht erfaßt. Es handelt sich nicht, wie in dieser Bestimmung vorgesehen ist, darum, daß die GfN eine andere Art der Zuteilung an die … S. AG vornahm, sondern daß die H. S. AG gegenüber der Beklagten eine höhere Quote für sich in Anspruch nahm. Die Bestimmung der Nr. 3 betrifft nach ihrem klaren Wortlaut ersichtlich nur den Fall, daß aus Gründen, die der Beklagten nicht zuzurechnen sind, die bisher durch die Firma H. S. AG für die Beklagte mitverwaltete Quote bedeutungslos wird. Daß die Beklagte nicht durch eigenes Handeln die Zahl der ihr von der H. S. AG zu überlassenden Tankstellen verringern durfte, ergibt sich sinngemäß auch aus der Bestimmung der Nr. 18 des Pachtvertrages vom 21. Dezember 1962, dem die Beklagte ausdrücklich zugestimmt hat, wonach Absprachen für den Fall vorgesehen sind, daß durch äußere Umstände, die dem Einfluß der „B.” und der Klägerin entzogen sind, oder auch durch Veränderungen der konkreten Verhältnisse wie Verkehrsverlagerungen usw. eine oder mehrere Tankstellen unwirtschaftlich werden. Ferner bestand nach Nr. 21 des Pachtvertrages Einverständnis zwischen der Klägerin und der „B.” darüber, daß während des Pachtvertrages eine Weiterveräußerung von Tankstellen der „B.” nur mit Zustimmung der Klägerin gestattet ist. Bei dem wirtschaftlichen Zusammenhang des Pachtvertrages mit dem Abkommen konnte eine ohne Zustimmung der Klägerin erfolgte Veräußerung des „B.”-Unternehmens mit dem gesamten Tankstellen-Netz auch eine Verletzung des Abkommens bilden, wenn mit der Veräußerung des Tankstellen-Netzes die Zuteilung von Autobahn-Tankstellen beeinträchtigt wurde. Ob das, wie das Berufungsgericht annimmt, der Fall gewesen ist, wird es bei der erneuten Verhandlung, sofern es darauf ankommt, zu prüfen haben. Den Parteien bleibt es überlassen, ihr Vorbringen zu diesem Fragenbereich zu ergänzen.
3. War die Klägerin berechtigt, das Abkommen vom 21. Dezember 1962 fristlos zu kündigen, so ist die Beklagte verpflichtet, den für ihre Leistungen empfangenen Betrag nach den Grundsätzen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung insoweit zurückzuerstatten, als die Zahlung die nach der Kündigung noch ausstehenden Leistungen der Beklagten abzugelten bestimmt war. Die Höhe dieses Betrages wird gegebenenfalls das Berufungsgericht nach weiterer Sachaufklärung zu ermitteln haben. Dabei kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß die Beklagte, etwa wie beim Mietvertrag ein Vermieter, während der Vertragszeit stets gleichbleibende Leistungen zu erbringen hatte und sie deshalb in dem Verhältnis, in dem die Zeit von der fristlosen Kündigung bis zum Vertragsende zur ganzen Vertragszeit steht, um das im Abkommen genannte Entgelt von einer Million DM ungerechtfertigt bereichert ist. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand liegt vielmehr die Annahme nahe, daß die den Hauptinhalt des Abkommens bildenden Verpflichtungen der Beklagten zur Überlassung von Tankstellen in der bis zur Kündigung des Abkommens abgelaufenen Zeit und damit in dem abgewickelten Teil erwachsen waren. Das gilt von der Belieferung der Tankstelle W. in den Jahren 1963 und 1964, der Überlassung der Tankstelle B., auf der die Klägerin nicht bestanden hat, und der vom Berufungsgericht behandelten Tankstelle H. Bei der geringen Quote, mit der die Beklagte an den Zuteilungen von Tankstellen beteiligt war, erscheint es fraglich, ob auf die Klägerin, wenn das Abkommen von ihr nicht aus – wie zu unterstellen ist – begründetem Anlaß gekündigt worden wäre, noch mehrere Tankstellen entfallen wären. Das Berufungsgericht wird gegebenenfalls weiter zu prüfen haben, ob die von der Beklagten nach dem Abkommen erbrachten Leistungen in Wahrheit gerade durch den als Entgelt genannten Betrag von einer Million DM abgegolten werden sollten. Wie schon ausgeführt worden ist, stellt das Abkommen offenbar nur eine Teilvereinbarung aus einem die wirtschaftliche Zusammenarbeit der Parteien regelnden Gesamtvertragswerk dar, das eine von der Klägerin zu entrichtende Zahlung von 6 Millionen DM vorsah. Dieser Betrag ist nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien auf Wunsch der Klägerin als Entgelt für die nach den Einzelverträgen der Beklagten obliegenden Leistungen aufgeteilt worden. Ob der hier in Frage stehende Betrag von einer Million DM das wahre Entgelt für die Überlassung der Autobahntankstellen bildet, ist bisher nicht erörtert worden. Darauf kann es aber unter dem Gesichtspunkt, daß der Klageanspruch sich als Anspruch auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung darstellt, ankommen.
Im übrigen könnte, wenn die Beklagte sich einer positiven Vertragsverletzung schuldig gemacht haben sollte, der Klageanspruch auch als Schadensersatzanspruch mindestens zum Teil begründet sein. Auch insoweit würde die Sache noch näherer Aufklärung bedürfen.
IV.
Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Die Sache war zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Ihm war auch die Entscheidung über die Kosten der Revision zu übertragen.
Fundstellen
Haufe-Index 749232 |
NJW 1972, 827 |
Nachschlagewerk BGH |