Leitsatz (amtlich)
›Nimmt der Gläubiger eine rechtskräftig zuerkannte Unterhaltsrente weiter entgegen, ohne die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu offenbaren, so liegt darin allein - wenn nicht besondere Umstände hinzutreten - keine sittenwidrige, vorsätzliche Schädigung, die nach § 826 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. (Im Anschluß an das Senatsurteil vom 19. Februar 1986 - IVb ZR 71/84, zur Veröffentlichung bestimmt).‹
Tatbestand
Die Parteien waren miteinander verheiratet. Aus ihrer im Jahre 1978 geschiedenen Ehe sind zwei 1967 und 1969 geborene Kinder hervorgegangen, die bei der - für sie sorgeberechtigten - Beklagten leben.
Durch Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. September 1981 wurde der Kläger verurteilt, ab 1. Januar 1981 an die Beklagte eine Unterhaltsrente von monatlich 515 DM zu zahlen. Bei der Bemessung dieses Betrages ging das Oberlandesgericht von einem anrechenbaren Nettoeinkommen des Klägers von monatlich 2.098,54 DM aus, das sich unter Berücksichtigung des geschuldeten Kindesunterhalts auf monatlich 1.548,54 DM ermäßigte. Hiervon sprach das Gericht der Beklagten, die damals keiner Erwerbstätigkeit nachging, den begehrten Unterhalt in Höhe von monatlich 515 DM zu und führte dazu aus: Angesichts des Alters und Entwicklungsstandes der Kinder sei der Beklagten inzwischen eine Erwerbstätigkeit zuzumuten. Da sie jedoch seit 1969 nicht mehr berufstätig gewesen sei und auch die Kinder sich erst an die neue Situation gewöhnen müßten, habe sie sich zunächst noch in einer Übergangsphase befunden. Es sei deshalb davon auszugehen, daß sie im Jahre 1981 nur ein Entgelt aus einer stundenweise ausgeübten Beschäftigung und nicht aus einer Halbtagstätigkeit hätte erzielen können. Daher könne ihr ein höheres fiktives Einkommen als ein solches, das zusammen mit den verlangten 515 DM ihren angemessenen - nach den ehelichen Lebensverhältnissen auf der Grundlage allein der Einkünfte des Klägers bestimmten - Unterhaltsbedarf abdecke, nicht angerechnet werden.
Seit dem 1. Januar 1982 übt die Beklagte eine Halbtagsbeschäftigung (25 Wochenstunden) bei der Firma B. AG aus. Sie verdiente dort - jeweils netto - im Januar 1982 1.004,10 DM, im Februar 1.114,95 DM, im März 1.004,10 DM, im April 1.093,53 DM und im Mai 1.052,49 DM. Im Mai 1982 erfuhr der Kläger von der Erwerbstätigkeit der Beklagten. Er erhob darauf im Juni 1982 Abänderungsklage, mit der er den Wegfall seiner Verpflichtung zur Unterhaltszahlung erstrebte. Die weiterhin fällig werdenden Unterhaltsbeträge zahlte er - aufgrund einer Vereinbarung der Parteien - zur Hinterlegung auf ein Anwaltskonto seines Prozeßbevollmächtigten. Von der Hinterlegungssumme sind noch 1.800 DM vorhanden, nämlich monatlich 100 DM aus dem Zeitraum von Juli 1982 bis Dezember 1983. Das Abänderungsverfahren endete durch Vergleich vor dem Oberlandesgericht vom 15. Dezember 1983. Darin verpflichtete sich der Kläger, in Abänderung der früheren Verurteilung ab 1. Juli 1982 - nur noch - monatlich 100 DM Unterhalt an die Beklagte zu zahlen sowie einen weiteren Betrag von monatlich 50 DM, durch den bis Ende 1985 ein Unterhaltsrechtsstreit der Kinder gegen den Kläger, gestützt auf veränderte Tabellenwerte infolge des Vergleichs, vermieden werden sollte.
Mit Schreiben vom 17. Januar 1984 machte der Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung in den Monaten Januar bis Juni 1982 zuviel geleisteten Unterhalts geltend. Er ging davon aus, daß er der Beklagten wegen ihrer eigenen Einkünfte auch in diesem Zeitraum nur monatlich 100 DM Unterhalt geschuldet und deshalb insgesamt 2.490 DM (6 x 415 DM) zuviel gezahlt habe. Mit der Forderung auf Rückgewähr dieses Betrages rechnete er gegen den Anspruch der Beklagten auf Auszahlung der Hinterlegungssumme von 1.800 DM auf.
Die Beklagte leitete, da sie die Unterhaltsbeträge für Juli 1982 bis Dezember 1983 nicht ausgezahlt bekam, die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 15. Dezember 1983 ein.
Der Kläger beantragt die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich wegen der Unterhaltsrückstände aus der Zeit vom 1. Juli 1982 bis zum 31. Dezember 1983 für unzulässig zu erklären. Er stützt sich auf die erklärte Aufrechnung und leitet seine Gegenforderung daraus her, daß die Beklagte ihm die Aufnahme ihrer Erwerbstätigkeit im Januar 1982 treuwidrig verschwiegen und ihm damit vorsätzlich sittenwidrig Schaden zugefügt habe, weil er mit der Abänderungsklage die Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung erst ab 1. Juli 1982 und nicht schon mit Wirkung vom 1. Januar 1982 an habe erreichen können.
Das Amtsgericht hat der Klage in Anwendung des § 826 BGB stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Entscheidung abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der - zugelassenen - Revision.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Vollstreckungsabwehrklage für unbegründet gehalten, weil die von dem Kläger gemäß §§ 767, 795, 794 Abs. 1 ZPO erhobene Einwendung der Aufrechnung nicht durchgreife. Der zur Aufrechnung gestellte Anspruch sei nicht gegeben; denn der Kläger sei nicht berechtigt, die aufgrund des Urteils vom 7. September 1981 in der Zeit von Januar bis Juni 1982 an die Beklagte geleisteten Unterhaltsbeträge auch nur teilweise zurückzuverlangen.
1. a) Ein Rückzahlungsanspruch nach den Vorschriften des Bereicherungsrechts stehe ihm nicht zu, da er den Unterhalt in Erfüllung des Urteils vom 7. September 1981 und damit "mit Rechtsgrund" geleistet habe.
b) Dem tritt die Revision entgegen und macht geltend: Es sei davon auszugehen, daß der Kläger seit dem 1. Januar 1982 nur noch zu Unterhaltsleistungen in Höhe von monatlich 100 DM verpflichtet gewesen sei. Soweit er mehr gezahlt habe, habe die Beklagte Beträge erhalten, die ihr materiell-rechtlich nicht zugestanden hätten. Es sei nicht einzusehen, warum der formal bis zur Entscheidung über die Abänderungsklage noch rechtskräftige Schuldtitel, aus dem die Beklagte sogar hätte vollstrecken können, dieser auch materiell-rechtlich zu einem Unterhaltsanspruch habe verhelfen sollen. Die aus Zweckmäßigkeitsgründen getroffene prozessuale Regelung des § 323 Abs. 3 ZPO, die notwendigerweise zu einer Abänderung des Schuldtitels erst für einen späteren Zeitpunkt als den der Änderung der zugrundeliegenden maßgeblichen Verhältnisse führe, könne dem Gläubiger nicht einen materiell-rechtlich unbegründeten Unterhaltsanspruch verschaffen. So habe der Bundesgerichtshof einem Ehemann in einem ähnlich liegenden Fall - in dem ein Unterhaltstitel dadurch überholt gewesen sei, daß der Ehefrau im Versorgungsausgleichsverfahren eine zur sofortigen Rente führende Versorgungsanwartschaft übertragen worden sei - einen Anspruch auf Rückzahlung zuviel geleisteten Unterhalts zugesprochen. In entsprechender Weise sei es auch hier geboten, dem Kläger ein Rückforderungsrecht zuzubilligen.
c) Das trifft nicht zu.
Die von der Revision angesprochene Entscheidung, in der der Senat einem zu Unterhaltszahlungen verurteilten Ehegatten einen Rückzahlungsanspruch wegen zuviel geleisteten Unterhalts nach Bereicherungsgrundsätzen zugebilligt hat (Senatsurteil BGHZ 83, 278), ist mit dem vorliegenden Fall in dem für die Beurteilung nach § 812 BGB maßgeblichen Punkt nicht vergleichbar. In dem damals entschiedenen Fall war der rechtskräftig zuerkannte Unterhaltsanspruch nachträglich dadurch weggefallen, daß an seine Stelle ein eigener Rentenanspruch in übersteigender Höhe aus dem Versorgungsausgleich getreten war. Der unterhaltsberechtigte Ehegatte hatte damit aus den Versorgungsanwartschaften des Unterhaltsverpflichteten ein Unterhaltssurrogat erlangt, wodurch sein Unterhaltsanspruch praktisch durch Erfüllung erloschen war. Dies hätte der Unterhaltsschuldner bis zur Beendigung der Zwangsvollstreckung im Wege der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO geltend machen können. Nachdem die Zwangsvollstreckung beendet war, setzten sich die rechtlichen Möglichkeiten der Klage aus § 767 ZPO in einem materiell-rechtlichen Bereicherungsanspruch nach § 812 BGB fort.
Im vorliegenden Fall hingegen ist der Unterhaltsanspruch der Beklagten nicht durch Gewährung eines Unterhaltssurrogats von seiten des Klägers erloschen. Vielmehr haben sich ihre eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse so wesentlich verbessert, daß aus diesem Grund eine Abänderung der Unterhaltspflicht des Klägers nach Maßgabe des § 323 ZPO in Betracht kam. Für eine solche Situation hat der Senat in dem Urteil ausdrücklich hervorgehoben, daß hier die prozessuale Zeitschranke des § 323 Abs. 3 ZPO - auch im Hinblick auf die materiell- rechtliche Beurteilung - zu beachten und eine "Anpassung" des rechtskräftig titulierten Unterhaltsanspruchs an die veränderten Verhältnisse nur unter den Voraussetzungen und im Rahmen der Abänderungsklage möglich ist (BGHZ 83, 278, 281 f). Solange der Vollstreckungsschuldner keine Abänderungsklage erhebt, besteht seine Verpflichtung zur Unterhaltszahlung nach Maßgabe des rechtskräftigen Titels fort. Dieser bildet den Rechtsgrund für die erbrachten Leistungen und steht einem Anspruch auf Rückforderung der aufgrund der Verurteilung gezahlten Beträge nach den Grundsätzen der §§ 812 ff BGB entgegen (vgl. Senatsurteil BGHZ 83, 278, 280; auch Rosenberg/Schwab Zivilprozeßrecht 13. Aufl. § 163 Abs. 3 S. 993). Insoweit setzt sich die Rechtskraft des Unterhaltsurteils gegen über einer materiell-rechtlich abweichenden Bewertung der Unterhaltsverpflichtung durch.
2. a) Das Berufungsgericht hat - im Gegensatz zu dem Familiengericht - einen Schadensersatzanspruch des Klägers nach § 826 BGB, der zur Durchbrechung der Rechtskraft führen könnte (vgl. dazu Senatsurteil vom 19. Februar 1986 - IVb ZR 71/84, zur Veröffentlichung bestimmt), verneint und dazu ausgeführt: Es erscheine bereits zweifelhaft, ob die Beklagte verpflichtet gewesen sei, dem Kläger von sich aus mitzuteilen, daß sie seit Januar 1982 eine Berufstätigkeit aufgenommen habe. Jedenfalls sei aber die weitere Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB nicht erfüllt, daß nämlich die Annahme der Unterhaltszahlungen durch die Beklagte sittenwidrig, also in besonderem Maße unbillig und geradezu unerträglich gewesen sei. So sei der Beklagten zuzugestehen, daß die materielle Unrichtigkeit des Urteils vom 7. September 1981 als Folge ihrer Erwerbstätigkeit für sie nicht in vollem Ausmaß erkennbar gewesen sei. Wenn sie im Ergebnis auch sofort habe erkennen können und müssen, daß der zugesprochene Unterhalt in der Höhe nicht mehr gerechtfertigt sein könne, da sie infolge ihres Eigenverdienstes inzwischen höhere Beträge zur Verfügung gehabt habe als der Kläger, so sei doch nicht zu verkennen, daß ihr Bedarf in dem Urteil vom 7. September 1981 nicht konkret berechnet worden sei. Sie habe daher im einzelnen nicht übersehen können, in welchem Maße sich die Unterhaltsverpflichtung des Klägers reduzierte. Immerhin habe sie sich darauf berufen können, daß ihr infolge ihrer Berufstätigkeit zusätzliche Fahrtaufwendungen entstanden seien, und daß sie im Hinblick auf die Betreuung der beiden minderjährigen Kinder einen gewissen Mehraufwand geltend machen könne, der bei der Unterhaltsberechnung mit zu berücksichtigen sei. Im übrigen habe sich der Kläger selbst bis Mai 1982 in keiner Weise darum gekümmert, ob die Beklagte inzwischen eine Erwerbstätigkeit aufgenommen habe. Eine Nachfrage wäre aber angesichts der Tatsache, daß der Senat ihr in dem Urteil vom 7. September 1981 fiktive Einkünfte zugerechnet und ihr dringend eine Arbeitsaufnahme angeraten habe, naheliegend gewesen. Bei Beachtung aller dieser Umstände, auch der Höhe der streitigen Beträge, sei das Verhalten der Beklagten, die die Unterhaltszahlungen des Klägers trotz ihres eigenen Verdienstes weiter angenommen habe, nicht als geradezu unerträglich im Sinne einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung des Klägers zu werten.
b) Die Revision vertritt demgegenüber den Standpunkt, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung der zwischen geschiedenen Eheleuten bestehenden Auskunftspflicht zu. Es gehöre zu den nachehelichen Verpflichtungen sowohl des Unterhaltsverpflichteten als auch des Unterhaltsberechtigten, den anderen Teil auf Veränderungen hinzuweisen, die Grund und Höhe des Unterhaltsanspruchs beeinflussen könnten. So müsse der Unterhaltsverpflichtete den Unterhaltsberechtigten unterrichten, wenn sich seine Einnahmen in einer Weise erhöhten, die auf die Unterhaltsrente von Einfluß sein könne; andererseits sei der Unterhaltsberechtigte zu einem Hinweis verpflichtet, wenn er eigene Einkünfte erziele und deshalb für den anderen Teil eine Unterhaltsverpflichtung nicht mehr bestehe. Nur auf diese Weise könne sichergestellt werden, daß der Betroffene rechtzeitig von einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse Kenntnis erlange. Hingegen laufe die Auffassung des Oberlandesgerichts darauf hinaus, daß der Kläger die Beklagte in geeigneter Form ständig, mindestens allmonatlich, hätte beobachten (lassen) müssen, um zu erfahren, ob sie inzwischen eine Erwerbstätigkeit aufgenommen habe. Das sei unzumutbar.
c) Dieser Auffassung kann nicht beigetreten werden. Der Senat hat nach Erlaß der angefochtenen Entscheidung in dem Urteil vom 19. Februar 1986 (IVb ZR 71/84, zur Veröffentlichung bestimmt) entschieden, unter welchen Voraussetzungen eine Auskunftspflicht unter geschiedenen Ehegatten über § 1580 BGB hinaus in Betracht kommt. Danach kann als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben in besonderen Fällen - neben der Pflicht zur Auskunfterteilung auf Verlangen (§ 1580 BGB) - auch eine Verpflichtung zur ungefragten Information des anderen Partners eines Unterhaltsrechtsverhältnisses bestehen. Das ist aber nicht schon dann der Fall, wenn eine im Sinne des § 323 Abs. 1 ZPO wesentliche Änderung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse eingetreten ist. Vielmehr bleibt es auch unter solchen Umständen im Grundsatz bei der Auskunftspflicht nur auf Verlangen mit der Folge, daß es dem anderen Teil obliegt, sich Gewißheit über eingetretene Änderungen zu verschaffen. Lediglich in Ausnahmefällen, in denen das Schweigen über eine günstige, für den Unterhaltsanspruch ersichtlich grundlegende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse evident unredlich erscheint, kann eine Pflicht zur ungefragten Offenbarung derartiger Veränderungen eingreifen. Das kann etwa dann angenommen werden, wenn der Unterhaltsschuldner aufgrund vorangegangenen Tuns des Unterhaltsgläubigers sowie nach der Lebenserfahrung keine Veranlassung hat, sich des Fortbestandes der anspruchsbegründenden Umstände durch ein Auskunftsverlagen zu vergewissern, der Unterhaltsgläubiger sodann trotz einer für den Schuldner nicht erkennbaren Veränderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse, die den materiell-rechtlichen Unterhaltsanspruch ersichtlich erlöschen läßt, eine festgesetzte Unterhaltsrente weiter entgegennimmt und dadurch den Irrtum befördert, in seinen Verhältnissen habe sich erwartungsgemäß nichts geändert.
Mit diesen Grundsätzen läßt sich der von der Revision vertretene Standpunkt nicht in Einklang bringen. Insbesondere kann ihr nicht gefolgt werden, soweit sie eine allgemeine nacheheliche Auskunftspflicht sowohl des Unterhaltsgläubigers als auch des Unterhaltsschuldners bei Eintritt jeder wesentlichen Änderung der für eine Unterhaltsverpflichtung maßgeblichen Umstände voraussetzt. Nach der Rechtsprechung des Senats besteht keine allgemeine Pflicht zur ungefragten Offenbarung veränderter Verhältnisse.
Daher unterliegt es aus Rechtsgründen keinen Bedenken, daß das Berufungsgericht im Ergebnis keine zum Schadensersatz führende Auskunftspflichtverletzung der Beklagten angenommen hat. Der Kläger hatte nach dem Inhalt des Urteils vom 7. September 1981 in seinem eigenen Interesse Veranlassung, sich zu vergewissern, ob die Beklagte der Empfehlung des Oberlandesgerichts gefolgt war und sich um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bemüht hatte. Da das Oberlandesgericht ihr bereits im Jahre 1981 fiktive Einkünfte - aus einer seinerzeit noch nicht ausgeübten Erwerbstätigkeit - zugerechnet und ausdrücklich betont hatte, ihr sei angesichts des Alters und Entwicklungsstandes der beiden Kinder inzwischen eine Erwerbstätigkeit zuzumuten, lag die Möglichkeit nahe, daß sie einige Zeit nach der Verkündung jenes Urteils in der Tat eigene Arbeitseinkünfte erzielte. Angesichts der gegebenen Verhältnisse sprach mithin - anders als in dem der Entscheidung vom 19. Februar 1986 zugrundeliegenden Fall - keine Wahrscheinlichkeit dafür, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten unverändert blieben.
Aus diesem Grund stellte sich andererseits das Verhalten der Beklagten, die entsprechend der Empfehlung des Oberlandesgerichts in dem Urteil vom 7. September 1981 eine Erwerbstätigkeit aufgenommen, den Kläger jedoch nicht von sich aus über die damit verbundene Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation informiert hatte, nicht als evident unredlicher Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben dar. Das Berufungsgericht hat zur Entlastung der Beklagten darauf hingewiesen, daß ihr die genaue Höhe ihres eheangemessenen Unterhaltsbedarfs nicht bekannt gewesen sei und sie sich im übrigen auf abzugsfähige Fahrtkosten als Mehraufwendungen infolge ihrer Erwerbstätigkeit sowie auf einen vorab zu berücksichtigenden Mehraufwand im Hinblick auf die Betreuung der beiden minderjährigen Kinder habe berufen können. Gegen eine Berücksichtigung dieser Umstände bestehen keine rechtlichen Bedenken. Auch die Revision erhebt insoweit keine Einwände.
Da die Beklagte überdies in den drei ersten Monaten ihrer Arbeitstätigkeit nur probeweise beschäftigt war und daher zunächst noch nicht von einer nachhaltigen Sicherung ihres Unterhaltsbedarfs durch eigene Erwerbstätigkeit ausgehen konnte, liegt - bei Abwägung aller maßgeblichen Umstände - keiner der Ausnahmefälle vor, in denen eine Pflicht des Unterhaltsgläubigers zur ungefragten Offenbarung veränderter wirtschaftlicher Verhältnisse in Betracht kommt.
d) Das Berufungsgericht hat es nicht als "geradezu unerträgliches" Verhalten der Beklagten und damit nicht als vorsätzlich sittenwidrige Schädigung im Sinne von § 826 BGB gewertet, daß sie die Unterhaltszahlungen des Klägers trotz ihres Eigenverdienstes in der Zeit von Januar bis Juni 1982 weiter angenommen hat.
Auch diese tatrichterliche Wertung unterliegt revisionsrechtlich keinen Bedenken. Zwar hat das Berufungsgericht zu Recht hervorgehoben, daß der Beklagten infolge ihres Eigenverdienstes zusammen mit den Unterhaltszahlungen nunmehr höhere Beträge zur Verfügung standen als dem Kläger selbst. Da sie jedoch annehmen konnte, daß ihr ein Teil ihres Verdienstes ohne Anrechnung vorweg verbleiben müsse, verliert dieser Umstand - jedenfalls bei der Größenordnung der beiderseits vorhandenen Beträge - angesichts der sonstigen mit zu berücksichtigenden Verhältnisse an Gewicht. Auch wenn sich die Beklagte mit der Annahme der Unterhaltszahlungen des Klägers das Urteil vom 7. September 1981 - in zumindest partieller Erkenntnis seiner Unrichtigkeit - weiter zunutze machte, rechtfertigt dies allein nicht die Anwendung des § 826 BGB. Die Rechtskraft des Urteils vom September 1981 müßte nur zurücktreten, wenn es aufgrund weiterer besonderer Umstände in hohem Maße unbillig und geradezu unerträglich wäre, die Ausnutzung jenes Titels zuzulassen (vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 1986 m.w.N.). Daß dies jedoch nicht der Fall ist, hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeführt.
Fundstellen
Haufe-Index 2992848 |
NJW 1986, 2047 |
DRsp I(144)108b-c |
FamRZ 1986, 794 |
EzFamR BGB § 826 Nr. 2 |
MDR 1986, 1008 |