Leitsatz (amtlich)
Zu den Grenzen der Verkehrssicherungspflicht gegenüber kleinen Kindern nach dem Recht der DDR bei Aufsichtsversäumnissen ihrer Eltern.
Normenkette
BGB § 823
Verfahrensgang
Brandenburgisches OLG (Urteil vom 27.10.1994) |
LG Potsdam (Urteil vom 08.06.1994) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 27. Oktober 1994 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 8. Juni 1994 wird zurückgewiesen.
Die Kosten beider Rechtsmittelzüge hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagten waren Eigentümer eines dem Anwesen der Eltern der Klägerin benachbarten Grundstücks in B. (Kreis Brandenburg). Beide Grundstücke liegen zusammen mit einem weiteren Anwesen an einem zur öffentlichen Straße hin durch ein Tor abgetrennten Anliegerweg, auf dem man zunächst das Grundstück der Familie G., sodann das damalige Anwesen der Beklagten und als letztes das vollständig umfriedete Grundstück der Eltern der Klägerin erreicht. Das Grundstück der Beklagten war im Juni 1990 ebenfalls eingezäunt bzw. eingefriedet, jedoch mit Ausnahme eines 1 m breiten Zugangs zum Anliegerweg und eines ca. 70 cm breiten Zugangs zum PKW-Abstellplatz. An diesen Zugängen befanden sich noch keine Tore; das Haus der Beklagten, die das Grundstück erst einige Zeit zuvor erworben hatten, war damals noch im Bau. Die Beklagten hielten sich nur während der Bautätigkeit dort auf.
Auf dem hinteren Teil des Grundstücks, ca. 12 bis 15 m vom Anliegerweg entfernt, hatten die Beklagten einen 60 bis 80 cm tiefen Teich mit einer Ausdehnung von 2 × 1,50 m angelegt, der frei zugänglich war. Der Beklagte zu 2) hatte dem Vater der Klägerin, die sich bereits einige Male, jedoch stets unter Aufsicht, auf dem Grundstück der Beklagten aufgehalten hatte, gesagt, er möge auf das Kind aufpassen, damit es nicht irgendwann einmal in den Teich falle; dieser sei tief und für die Klägerin gefährlich.
Am 20. Juni 1990 verließ die damals 2 3/4 Jahre alte Klägerin mit ihrem Dreirad das elterliche Grundstück, um die Familie G. zu besuchen. Hierbei wurde sie zunächst noch von ihrem Vater beobachtet. Weil die Klägerin bei der Familie G. niemanden antraf, kehrte sie um, fuhr jedoch nicht auf das Grundstück ihrer Eltern zurück. Sie gelangte auf das Anwesen der Beklagten und fiel in den Teich. Dort wurde sie von ihrer Mutter, die nach ihr suchte, aufgefunden. Sie erlitt schwere körperliche und geistige Schäden.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagten hätten in Bezug auf den Teich die ihnen obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Sie hat die Feststellung begehrt, daß die Beklagten ihr für sämtliche immateriellen und materiellen Schäden aus dem Unfall vom 20. Juni 1990 einzustehen hätten, soweit die Ansprüche nicht auf Träger der Sozialversicherung übergegangen seien.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr im Umfang des § 338 ZGB-DDR stattgegeben. Mit der (zugelassenen) Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hält die Beklagten gemäß § 330 ZGB-DDR für schadensersatzpflichtig, weil sie weder die Zugänge zum Grundstück versperrt, noch den Teich abgesichert und dadurch gegen die ihnen nach §§ 4, 323 und 324 ZGB-DDR obliegende Vorsorge- und Schadensverhütungspflicht verstoßen hätten. Dieser Pflicht sei in der Rechtspraxis der DDR ein hoher Stellenwert zugekommen. Auch wenn die Klägerin vor dem Unfall das Grundstück der Beklagten niemals unbefugt und ohne Aufsicht betreten habe, so habe doch die Möglichkeit, daß sie unbeaufsichtigt zu dem Teich gelangen könne, nicht so fern gelegen, als daß die Beklagten von Schutzmaßnahmen hätten absehen können. Sie hätten sich nicht darauf verlassen können, daß die Klägerin von ihren Eltern ständig überwacht werde. Angesichts der besonderen Anziehungskraft, die Wasser auf Kinder ausübe, sei es nur eine Frage der Zeit gewesen, daß die Klägerin in einem unbeaufsichtigten Moment zu dem Teich gelange. Die vom Beklagten zu 2) gegenüber dem Vater der Klägerin ausgesprochene Warnung habe nicht ausgereicht, um der von dem Teich für die Klägerin ausgehenden Gefahr zu begegnen.
Die Beklagten hätten fahrlässig gehandelt, eine Mitverantwortlichkeit der Klägerin komme nicht in Betracht und eine Verletzung der Aufsichtspflicht durch ihre Eltern schränke den Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht ein. Da das Gericht wegen des unterschiedlichen Vortrags der Parteien nicht in der Lage sei, die Verursachungsbeiträge des Kindesvaters und der Beklagten gegeneinander abzuwägen, habe es von der in § 342 Abs. 2 ZGB-DDR vorgesehenen Möglichkeit, die Schadensersatzpflicht der Beklagten nur in Höhe ihres Anteils festzulegen, keinen Gebrauch gemacht. Die Beklagten hätten der Klägerin gemäß § 338 Abs. 1 und 2 ZGB-DDR die materiellen Schäden und im Umfang des § 338 Abs. 3 ZGB-DDR auch die immateriellen Schäden zu ersetzen.
II.
Das Berufungsurteil hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Klage ihre Grundlage in den Vorschriften des Zivilgesetzbuches der DDR findet. Nach Art. 232 § 1 EGBGB bleibt für ein Schuldverhältnis, das vor dem Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland am 3. Oktober 1990 entstanden ist, das bisher für das in Art. 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet geltende Recht maßgebend. Zudem ist in Art. 232 § 10 EGBGB ausdrücklich bestimmt, daß die §§ 823 bis 853 BGB nur auf solche Handlungen anzuwenden sind, die am Tag des Beitritts oder danach begangen worden sind. Danach ist über den Unfall der Klägerin, der sich am 20. Juni 1990 im Beitrittsgebiet ereignet hat, nach dem Zivilgesetzbuch der DDR zu entscheiden.
2. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften dieses Gesetzbuchs hat, wovon das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend ausgeht, unter Berücksichtigung der Rechtspraxis in der ehemaligen DDR zu erfolgen. Aus der Zielsetzung der Anordnung der partiellen Fortgeltung des alten Rechts, die Betroffenen in dem bisherigen Rechtszustand zu belassen, folgt, daß das fortgeltende Recht so anzuwenden ist, wie es von den Gerichten der DDR angewendet worden wäre. Deshalb sind, wie der Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat, zur Gesetzesauslegung auch die Richtlinien des Plenums des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik heranzuziehen (BGHZ 123, 65, 68; 126, 87, 91 f). Dabei haben allerdings solche Auslegungsgrundsätze, die von spezifisch sozialistischen Wertung und Rechtsmaximen geprägt sind, unberücksichtigt zu bleiben (BGH = aaO).
3. Gegen den Inhalt der vom Berufungsgericht hier angewendeten Vorschriften der §§ 330 und 338 ZGB-DDR bestehen keine rechtsstaatlichen Bedenken. Dasselbe gilt für die im Berufungsurteil weiter genannten Vorschriften der §§ 4, 323 und 324 ZGB-DDR, denen das Berufungsgericht in Verbindung mit der insoweit ebenfalls rechtsstaatlich unbedenklichen Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik zur Rechtsprechung bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen vom 14. September 1978 (GBl. I S. 369) zutreffend entnimmt, daß der Vorsorgepflicht zur Schadensverhütung in der DDR ein hoher Stellenwert zukam (vgl. dazu auch Autorenkollektiv, Kommentar zum Zivilgesetzbuch der DDR, 2. Aufl. 1985, § 4 Anm. 3, Vorbemerkung vor § 323 sowie § 324 Anm. 0 bis 2; Posch, NJ 1976, 584, 585 ff. ders., Schutz des Lebens, der Gesundheit und des Eigentums vor Schadenszufügung (Grundriß Zivilrecht, Heft 8), 3. Aufl. 1979, S. 17 ff).
4. Trotz des hohen Stellenwerts der Vorsorgepflicht zur Schadensverhütung waren jedoch die Anforderungen an ihre Einhaltung nach den Gesetzen der DDR jedenfalls nicht höher anzusetzen, als sie nach dem Recht der alten Bundesländer an die Wahrung der Verkehrssicherungspflicht zu stellen sind; ob und ggfls. für welche Lebensbereiche in der DDR eher sogar geringere Anforderungen galten, bedarf hier keiner Entscheidung. Auch nach den Gesetzen der DDR konnte und mußte nicht jeder abstrakten Gefahr durch vorbeugende Maßnahmen begegnet werden; eine absolute Sicherheit konnte und mußte nicht gewährleistet werden. Vielmehr richteten sich das Erfordernis und der Umfang von Sicherungsmaßnahmen auch in der DDR nach dem Sicherungsbedarf für den gefährdeten Bürger nach Maßgabe der konkreten Gegebenheiten des jeweiligen Falles (vgl. OG NJ 1978, 359, 360 zur Streupflicht; Göhring, NJ 1975, 48, 50; 1976, 704 ff, 708; Posch, NJ 1974, 551, 552 f; 1976, 584, 587). Diesem Umstand hat das Berufungsgericht hier nicht ausreichend Rechnung getragen.
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, daß nach den Rechtsprechungsgrundsätzen, die für den Geltungsbereich des Bürgerlichen Gesetzbuchs entwickelt worden sind, derjenige, der Gefahrenquellen schafft oder unterhält, zum Zwecke der Gefahrenabwehr im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren Maßnahmen treffen muß, die ein verständiger und umsichtiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren (Senatsurteile vom 28. April 1992 – VI ZR 314/91 – VersR 1992, 844, 845 und vom 20. September 1994 = aaO; jeweils m.w.N.). Dabei hat er, wenn es um den Schutz von Kindern geht, in besonderem Maße auch diejenigen Gefahren zu bedenken, die Kindern aufgrund ihres Spieltriebs, ihrer Unerfahrenheit und ihres Leichtsinns drohen. Ist dem Eigentümer eines Grundstücks, auf dem sich für Kinder gefährliche Einrichtungen oder Gegenstände befinden, bekannt oder muß ihm bekannt sein, daß sein Grundstück von Kindern, wenn auch unbefugt, zum Spielen benutzt wird, und muß er damit rechnen, daß sie sich dort an gefährlichen Gegenständen zu schaffen machen und dabei Schaden erleiden können, so hat er ausreichende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um die Kinder vor Unfällen als Folge ihrer Unerfahrenheit und Unbesonnenheit zu bewahren (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 19. Februar 1991 – VI ZR 171/90 – VersR 1991, 559; vom 28. April 1992 = a.a.O. und vom 20. September 1994 – VI ZR 162/93 – VersR 1994, 1486 f = LM § 823 (Dc) BGB Nr. 197 mit Anmerkung Schiemann). Dies gilt insbesondere auch für Teiche auf Privatgrundstücken, deren erhebliche Gefährlichkeit für Kleinkinder das Berufungsgericht mit Recht hervorgehoben hat (s. dazu auch Senatsurteile vom 16. Februar 1993 – VI ZR 29/92 – VersR 1993, 585 und vom 20. September 1994 = aaO).
Nichts spricht dafür, daß diese sich an dem erhöhten Sicherungsbedarf zum Schutz von Kindern orientierenden Anforderungen nicht auch für die Pflichtenstellung der Bürger der DDR im Sinne von §§ 4, 324 ZGB-DDR maßgebend gewesen sind.
b) Im Streitfall hat jedoch das Berufungsgericht an die Verkehrssicherungspflicht der Beklagten Anforderungen gestellt, die in Anbetracht der Besonderheiten des hier gegebenen Sachverhalts als überhöht anzusehen sind.
aa) Als durch den Teich der Beklagten gefährdetes Kind kam allein die Klägerin in Betracht. Über etwaige Kinder der Familie G. ist nichts vorgetragen, und nicht am Anliegerweg wohnende andere Kinder wurden durch das diesen Weg von der öffentlichen Straße abtrennende Tor am Betreten der Grundstücke gehindert.
Die Klägerin hatte sich vor dem 20. Juni 1990 noch niemals ohne Aufsicht auf dem Grundstück der Beklagten aufgehalten. Mit einem unbefugten und unbeaufsichtigten Eindringen auf ihr Grundstück mußten die Beklagten entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht rechnen. Das Anwesen der Eltern der Klägerin war vollständig umfriedet. Daß die beim Unfall erst 2 3/4 Jahre alte Klägerin dieses Grundstück unbeaufsichtigt verlassen und vom Anliegerweg unbeobachtet zum Grundstück der Beklagten gelangen könnte, war um so weniger zu erwarten, als den Eltern der Klägerin die beiden offenen Zugänge zu diesem Grundstück, die nur zeitweilige Anwesenheit der Beklagten und der Teich auf deren Grundstück bekannt waren. Hinzu kommt, daß der Beklagte zu 2) den Vater der Klägerin ausdrücklich auf die von dem Teich für die Klägerin ausgehenden Gefahren hingewiesen und ihn um eine diese Gefahren berücksichtigende Beaufsichtigung der Klägerin gebeten hatte.
Mit einer konkreten Gefährdung der Klägerin durch den Teich mußten die Beklagten hier auch nicht deshalb rechnen, weil sie nach der Behauptung der Klägerin in der Berufungsbegründung, deren Nichtberücksichtigung die Revisionserwiderung mit der Verfahrensrüge nach § 286 Abs. 1 ZPO beanstandet, vom Vater der Klägerin mehrfach auf eine Einfriedung des Grundstücks angesprochen worden waren und eine solche Einfriedung bis auf die beiden noch fehlenden Zugangstore auch bereits vorgenommen hatten. Das Ansprechen und die noch nicht vollständige Einfriedung standen einem Vertrauen der Beklagten auf die sorgfältige Beaufsichtigung der Klägerin durch ihre Eltern ebensowenig entgegen wie die nach der Rüge der Revisionserwiderung bei einem Hinweis des Berufungsgerichts nach § 139 Abs. 1 ZPO von der Klägerin weiter in den Prozeß eingeführte Behauptung, die Beklagten hätten den Eltern der Klägerin seinerzeit die alsbaldige Anbringung der Zugangstore auch zugesagt. Das gesamte Vorbringen der Klägerin verdeutlicht vielmehr, daß sich ihre Eltern einer Gefährdung der Klägerin bei unbeaufsichtigtem Aufenthalt auf dem Grundstück der Beklagten durchaus bewußt waren.
bb) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats reicht die bloße Möglichkeit, daß kleine Kinder auf fremden Grundstücken unbefugt bis zu einer für sie gefährlichen Anlage oder Einrichtung vordringen und dort zu Schaden kommen können, zur Begründung einer Verkehrssicherungspflicht des Grundstückseigentümers jedenfalls dann nicht aus, wenn dieser sich in Anbetracht des Alters der betroffenen Kinder darauf verlassen darf, daß sie von ihren Eltern oder anderen Personen sorgfältig beaufsichtigt und von einer Selbstgefährdung auf fremden Grundstücken abgehalten werden. Kleinkinder bedürfen besonders intensiver Aufsicht, weil für sie Gefahren schon aus Gegebenheiten entstehen können, die für andere Personen gänzlich ungefährlich sind. Zur Abwehr solcher Gefahren ist bei ihnen zu allererst der Aufsichtspflichtige zuständig, auf dessen sorgfältiges Verhalten der Verkehrssicherungspflichtige jedenfalls beim Fehlen entgegenstehender Anhaltspunkte vertrauen darf (Senatsurteil vom 20. September 1994 = aaO; Schiemann = aaO).
cc) Die sich hieraus ergebende Eingrenzung der Verkehrssicherungspflicht gegenüber Kleinkindern gilt nicht nur, wie ausgeführt, nach dem Recht der alten Bundesländer; sie bestimmt auch den Umfang der Vorsorge- und Schadensverhütungspflicht nach dem im Streitfall noch anzuwendenden Recht der DDR. Auch hiernach umfaßte die Erziehungs- und Aufsichtspflicht der Eltern nicht nur die Aufgabe, das Kind von einer Schädigung anderer abzuhalten (§ 351 ZGB-DDR); sie erstreckte sich auch auf die Verpflichtung, das Kind vor möglichen Selbstgefährdungen zu schützen (vgl. Funke in FGB-Kommentar, 4. Aufl. 1973, § 43 Anm. 3.2; Autorenkollektiv unter Leitung von Grandke, Lehrbuch Familienrecht, 3. Aufl. 1981, S. 158 f). Damit fand auch nach diesem Rechtssystem die Verkehrssicherungspflicht anderer Personen gegenüber Kindern ihre Grenze in dem Vertrauen auf die Wahrnehmung der Aufsichtspflicht durch die Eltern. Wurden daher im Streitfall die von dem Teich der Beklagten ausgehenden Gefahren für die Klägerin durch deren gebotene Beaufsichtigung herabgesetzt, so ermäßigten sich im selben Maße die für den Umfang der Verkehrssicherungspflicht maßgeblichen Sicherungserwartungen an die Beklagten als Grundstückseigentümer, die auf eine ausreichende Beaufsichtigung der Klägerin vertrauen durften (vgl. Senatsurteil vom 20. September 1994 = aaO).
dd) Soweit das Berufungsgericht meint, die Beklagten hätten sich nicht darauf verlassen können, daß die Klägerin von ihren Eltern ständig überwacht werde, und deshalb den von dem Teich für Kinder ausgehenden Gefahren durch Sicherungsmaßnahmen begegnen müssen, überspannt es die den Beklagten obliegenden Pflichten. Können Kleinkinder im Alter der Klägerin das elterliche Anwesen unbeaufsichtigt verlassen, dann liegt durchweg ein erhebliches Aufsichtsversagen der Eltern vor. Die freilich nie auszuschließende Möglichkeit eines solchen Versagens begründete für die Beklagten als Verkehrssicherungspflichtige Grundstückseigentümer nicht schon die Pflicht, auch den Gefahren aus solchen Aufsichtsversäumnissen zu begegnen. Dazu hätte für die Beklagten nur dann Anlaß bestanden, wenn für sie konkrete Anhaltspunkte für ein Aufsichtsversagen der Eltern und das unbeaufsichtigte Betreten ihres Grundstücks durch die Klägerin vorgelegen hätten. Das hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und ist von der Klägerin auch nicht behauptet worden. Deshalb kann den Beklagten hier eine Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht vorgeworfen werden.
III.
Aus den dargelegten Gründen muß das Berufungsurteil aufgehoben werden. Da eine weitere Sachaufklärung nicht erforderlich, sondern der Rechtsstreit zur abschließenden Entscheidung reif ist, hat der Senat gemäß § 565 Abs. 3 Satz 1 ZPO in der Sache selbst erkannt und die Klage abgewiesen.
Der Ausspruch über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Steffen, Bischoff, Dr. v. Gerlach, Dr. Müller, Dr. Dressler
Fundstellen
Haufe-Index 1128064 |
Nachschlagewerk BGH |