Verfahrensgang
Gründe
Das Landgericht hat die Angeklagten "jeweils der gemeinschaftlichen unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln - nämlich Haschisch - in nicht geringer Menge, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln - nämlich Haschisch - in nicht geringer Menge in 26 Fällen" für schuldig befunden und die Angeklagte N. unter Einbeziehung einer rechtskräftig erkannten Geldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren, den Angeklagten Sch. - neben der Anordnung einer Maßregel nach §§ 69, 69 a StGB - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt. Mit ihrer zuungunsten der Angeklagten eingelegten Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Soweit sich das Rechtsmittel gegen die Teilfreisprüche richtet, hat der Senat das Verfahren mit Beschluß vom heutigen Tag gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Im übrigen hat das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel nur in geringem Umfang Erfolg.
1. Nach den Feststellungen brachten die Angeklagten in der Zeit von spätestens April 1995 bis Mai 1997 aufgrund eines zuvor gefaßten gemeinsamen Tatentschlusses einmal monatlich zunächst - Fälle 1 bis 19 - jeweils zwei Kilogramm, später - Fälle 20 bis 26 - jeweils fünf Kilogramm Haschisch mit einem vom Angeklagten Sch. gesteuerten Pkw von Enschede/Niederlande über die deutsche Grenze nach Hagen, wo sie es (abgesehen von Fall 26) gleichmäßig aufteilten und - nach Abzweigung der benötigten Eigenbedarfsmengen - an gesonderte Abnehmerkreise gewinnbringend weiterveräußerten. In den Fällen 20 bis 26 waren zwei Kilogramm für einen "Großabnehmer" bestimmt. Bei der Festnahme der Angeklagten am 17. Mai 1997 stellte die Polizei - neben Bargeldbeträgen - 14 im Pkw versteckte Pakete Haschisch sicher, wobei 10 Platten mit Hakenkreuz-Symbol (1490 Gramm) einen Wirkstoffanteil von 8,3 % THC und 31 Platten ohne Prägung (4519 Gramm) einen THC-Gehalt von 9,2 % aufwiesen. Das Landgericht konnte nicht ausschließen, daß die Angeklagten bei der vorangegangenen Fahrt eine Teilmenge von einem Kilogramm in dem Versteck vergessen hatten. Es hat in den Fällen 1 bis 25 eine den genannten THC-Gehalten entsprechende "gut durchschnittliche" bis "gute" Qualität, "etwa bei jeder dritten Fahrt" allerdings eine schlechtere Qualität (mindestens 2,9 % THC) festgestellt.
2. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat zum Schuld- und Strafausspruch sowie zur Anordnung der Maßregel nach §§ 69, 69 a StGB keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Vorteil der Angeklagten ergeben.
a) Die Strafkammer hat allerdings nicht erörtert, ob den Angeklagten bandenmäßige Tatbegehung gemäß § 30 a Abs. 1 BtMG zur Last fällt. Doch ist dies nicht rechtsfehlerhaft, weil die Feststellungen dafür keine hinreichenden Anhaltspunkte enthalten.
aa) Die Verbindung zu einer Bande setzt voraus, daß sich mindestens zwei Personen mit ausdrücklich oder schlüssig bekundetem ernsthaften Willen zusammengeschlossen haben, künftig für eine gewisse Dauer selbständige, im einzelnen noch ungewisse Straftaten der in den §§ 30 Abs. 1 Nr. 1, 30 a Abs. 1 BtMG genannten Art zu begehen (BGHSt 38, 26, 28, 31; 42, 255, 257 f.; vgl. zu §§ 244 Abs. 1 Nr. 3, 244 a Abs. 1 StGB a.F. BGH, Urteil vom 19. Mai 1998 - 1 StR 154/98). Erforderlich ist - über die mittäterschaftliche Arbeitsteilung im jeweiligen Individualinteresse hinaus - ein Handeln mit gefestigtem Bandenwillen (BGHSt 42, 255, 259; vgl. auch BGH NStZ 1998, 42, 43). Für den auf gewisse Dauer angelegten und verbindlichen Gesamtwillen ist kennzeichnend, daß die Mittäter ein gemeinsames übergeordnetes (Banden-)Interesse verfolgen (BGH NStZ 1996, 443; NStZ-RR 1997, 121 LS; BGH NStZ 1998, 255, 256 mit Anm. Körner). Das Vorliegen einer bandenmäßigen Organisation, in der den einzelnen Mitgliedern bestimmte Rollen zugewiesen sind, oder ein "mafiaähnlicher" Charakter wird allerdings nicht gefordert (BGH NStZ 1996, 339, 340; 442; NStZ-RR 1997, 395, 396; BGHR BtMG § 30 a Bande 3, 8).
bb) Ob die Voraussetzungen einer bandenmäßigen Tatbegehung im Sinne des § 30 a Abs. 1 BtMG erfüllt sind, kann nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles beantwortet werden. Hierbei können insbesondere gewichtige Indikatoren sein: das Eingebundensein in einer bandenmäßigen Organisation, eine "geschäftsmäßige Auftragsverwaltung", eine genaue gemeinsame Buchführung, die arbeitsteilige und gleichberechtigte Abwicklung von Aquisition, Vermittlungstätigkeit und Forderungseinziehung, gegenseitige Kontrolle und Schutz, das Vorliegen einer gemeinsamen Kasse oder die Beteiligung an den gemeinsam erwirtschafteten Gewinnen und Verlusten (BGH NStZ-RR 1997, 375, 376; vgl. auch BGHSt 38, 26, 30 f.; BGH StV 1995, 642; NStZ 1996, 443; BGHR BtMG § 30 a Abs. 1 Bandenhandel 1; § 30 a Bande 8).
cc) Keines der vorgenannten Kriterien liegt hier vor. Die von Anfang an praktizierte hälftige Aufteilung des gemeinschaftlich eingeführten Rauschgifts, so daß jeder seinen Anteil - abzüglich der Eigenbedarfsmengen - auf eigene Rechnung an gesonderte Abnehmerkreise verkaufen konnte, belegt vielmehr, daß die Angeklagten ihre individuellen Interessen am Erzielen von Verkaufserlösen als Einkommensquelle und am Eigenkonsum verwirklichten, ohne ein gemeinsames Übergeordnetes Bandeninteresse zu verfolgen. Die von der Beschwerdeführerin hervorgehobene "gemeinsame Interessenlage" mit Blick auf Erwerb und Einfuhr kennzeichnet jedes nicht nur kurzfristige mittäterschaftliche Zusammenwirken und kann die verschärfte Strafdrohung des § 30 a Abs. 1 BtMG nicht rechtfertigen. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts kommt dem Umstand, daß die Angeklagten Anfang 1995 den gemeinsamen Entschluß faßten, künftig etwa einmal monatlich in Enschede günstig Haschisch einzukaufen und nach Hagen zu verbringen, kein entscheidendes Gewicht zu, da weder mittäterschaftliche Begehung noch ein eingespieltes Bezugs- und Absatzsystem die Annahme einer Bande rechtfertigen. Zudem sind gerade bei einer nur aus zwei Personen bestehenden Gruppe höhere Anforderungen an das Gewicht der Indizien für die Annahme einer über bloße Mittäterschaft hinausgehenden kriminellen Zusammenarbeit zu stellen, wenn sich die Beteiligten zunächst aus persönlichen Gründen, jedenfalls zu einem legalen Zweck - wie hier in der Zeit von Frühjahr bis November 1995 zu einer "Wohngemeinschaft aus finanziellen Gründen" - zusammengeschlossen haben (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 1998 - 1 StR 154/98).
dd) Den holländischen Lieferanten und den Mitgliedern ihrer Abnehmerkreise standen die Angeklagten als selbständige, eigene Interessen verfolgende Geschäftspartner gegenüber. Das gilt auch für den "Großabnehmer" in den Fällen 20 bis 26, an den sie nach der Einlassung der Angeklagten N. das Rauschgift zu demselben Grammpreis wie an andere Abnehmer größerer Mengen verkauften (vgl. BGHSt 42, 255, 259 f.; BGH NStZ-RR 1997, 375, 376; NStZ 1998, 255, 256 mit Anm. Körner).
b) Die Verurteilung (nur) wegen unerlaubter Einfuhr von in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, jeweils in nicht geringen Mengen, ist somit rechtsfehlerfrei. Im übrigen hat der Senat gemäß § 154 a Abs. 2 StPO mit Zustimmung des Generalbundesanwalts in den der Verurteilung zugrundeliegenden Fällen den möglicherweise tateinheitlich erfüllten Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringen Mengen nach § 29 a Abs. 1 Nr, 2 BtMG (so BGH, Beschluß vom 28. Januar 1998 - 2 StR 641/97) von der Strafverfolgung ausgenommen.
c) Das Landgericht hat den Schuldumfang ohne durchgreifenden Rechtsfehler bestimmt.
aa) Da die Feststellung, die Angeklagte N. habe jeweils etwa ein Drittel eines Kilogramms Haschisch selbst konsumiert, auf ihrem als glaubhaft eingestuften Geständnis beruht, vermag der Senat der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht darin zu folgen, diese Annahme widerspreche der als "unwiderlegt" bezeichneten weiteren Einlassung der Angeklagten, sie habe täglich fünf bis zehn Gramm verbraucht. Mit Blick auf die Qualitätsschwankungen, die Unsicherheit bei der Feststellung des genauen zeitlichen Abstands zwischen den Fahrten und die vom Landgericht hervorgehobene - weitgehende - orale Applikation (vgl. Forster, Praxis der Rechtsmedizin, S. 775) war eine nähere Begründung dieser Feststellung entbehrlich. Die Annahme des Landgerichts enthält daher keinen Verstoß gegen den Grundsatz, daß der Tatrichter Angaben des Angeklagten, deren Wahrheitsgehalt fraglich ist, nicht ohne weiteres als unwiderlegt hinnehmen und seiner Entscheidung zugrundelegen darf, wenn für deren Richtigkeit keine zureichenden Anhaltspunkte bestehen (BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 29; BGH, Beschluß vom 16. Oktober 1997 - 4 StR 482/97).
bb) Vergeblich rügt die Staatsanwaltschaft weiter, die Feststellung des Landgerichts, die Angeklagten hätten bei der (letzten) Fahrt im Fall 26 nur fünf Kilogramm - und nicht "wesentlich mehr" - eingekauft, widerspreche den im Urteil mitgeteilten Grammpreisen. Wie die Strafkammer ausdrücklich feststellt, hatten die Angeklagten "in diesem Fall" - anders als in den vorausgegangenen Fällen, in denen die Kaufsumme nach Grammpreisen berechnet wurde - "etwas über 20.000 DM" zu bezahlen.
cc) Die Beweiswürdigung, mit der das Landgericht den Wirkstoffanteil des eingeführten Rauschgifts bestimmt hat, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Da die Strafkammer feststellt, der THC-Gehalt habe in der Mehrzahl der Fälle "jeweils mindestens 8,3 %" betragen, ist zudem nicht zu besorgen, es könne diese bereits gute - und nicht nur "gut durchschnittliche" - Qualität (vgl. BGHSt 42, 1, 14) nicht erschöpfend gewürdigt haben.
d) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Bemessung der Strafhöhen.
aa) Mit der von ihr beanstandeten strafmildernden Erwägung, die Angeklagten hätten "nicht ausschließlich zum Zwecke des Handeltreibens, also ausschließlich aus Gewinnstreben ..., sondern zumindest auch zur Abdeckung und zur Finanzierung ihres Eigenkonsums" gehandelt, hat das Landgericht nicht übersehen, daß bereits die Finanzierung des eigenen Drogenkonsums Eigennützigkeit begründet (Körner aaO. § 29 Rdn. 211). Vielmehr hat die Strafkammer zutreffend den geringeren kriminellen Gehalt der auch dem Eigenkonsum dienenden Einfuhrhandlungen gewürdigt (vgl. BGH StV 1991, 105; NStZ 1993, 434; Beschluß vom 5. November 1992 - 4 StR 506/92). bb) Rechtsfehlerfrei ist auch die angegriffene Erwägung, die Angeklagten hätten "in selten anzutreffender Weise gezeigt, daß sie rückhaltlos 'reinen Tisch machen' wollen". Daß sie nicht über (die "umfassenden" Geständnisse ihrer Taten hinaus ihre Abnehmer offenbart haben - dies wäre zusätzlich im Rahmen des § 31 BtMG zu würdigen - ändert daran nichts.
4. Erfolg kann der Revision im Ergebnis jedoch nicht versagt werden, soweit das Landgericht es unterlassen hat, gegen die Angeklagten den Verfall des Wertersatzes nach § 73 a Satz 1 StGB anzuordnen. Zwar hat die Beschwerdeführerin ausdrücklich nur das Unterbleiben einer Verfallsanordnung gegen die Angeklagte N. beanstandet; eine Beschränkung der Revision hinsichtlich des Angeklagten Sch. ist darin aber nicht zu sehen.
Nach den Feststellungen haben die Angeklagten in den Fällen 1 bis 25 die für den Handel bestimmten Teilmengen mit Gewinn weiterveräußert. Gründe, warum das Landgericht gleichwohl von der - grundsätzlich zwingenden (Eser in Schönke/Schröder StGB 25. Aufl. § 73 a Rdn. 9) - Anordnung des - nach Sachlage allein in Betracht kommenden - Verfalls des Wertersatzes gemäß § 73 a Satz 1 StGB abgesehen hat, lassen sich dem Urteil nicht entnehmen. Dies gilt insbesondere für eine - ausdrücklich zu begründende (BGHSt 33, 37, 39 f.; BGH NStZ 1989, 436; StV 1995, 415; Eser aaO. § 73 c Rdn. 7) - Billigkeitsentscheidung nach § 73 c Abs. 1 StGB. Der Tatrichter ist regelmäßig gehalten, den gesamten Erlös aus den einzelnen Rauschgiftgeschäften zu ermitteln und vorbehaltlich einer Entscheidung nach § 73 c Abs. 1 StGB den Verfall des entsprechenden Wertersatzes anzuordnen (BGHSt 36, 251, 253 f.; BGH NStZ 1989, 436). Das gilt jedenfalls dann, wenn sich - wie hier - aus den Feststellungen ergibt, daß die Angeklagten über nicht unerhebliches Vermögen verfügen.
Eine Aufhebung der Strafaussprüche - gemäß § 301 StPO - ist nicht erforderlich. Der Senat schließt aus, daß das Landgericht neben Verfallsanordnungen auf noch mildere Einzel- oder Gesamtstrafen erkannt hätte.
Fundstellen
Haufe-Index 2993567 |
StV 1998, 599 |