Leitsatz (amtlich)
›Ist ein Baumangel u. a. auf fehlerhafte Planung zurückzuführen, so muß regelmäßig auch der Hauptunternehmer gegenüber seinem Subunternehmer für das Planungsverschulden des Architekten seines Auftraggebers (mit)einstehen (im Anschluß an Senatsurteil BGH NJW 1984, 1676 insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 90, 344).‹
Verfahrensgang
LG Gießen |
OLG Frankfurt am Main |
Tatbestand
Der Kläger hat in den Jahren 1977/78 auftragsgemäß für die Stadt F. einen Gebäudeanbau errichtet. Der Schutz gegen drückendes Grundwasser sollte mittels einer "Trogabdichtung" errichtet werden. Mit den Abdichtungsarbeiten dafür hat der Kläger die Beklagte als seine Subunternehmerin beauftragt. Dabei ist nicht die Geltung der VOB/B, im übrigen ausdrücklich Gewährleistung nach §§ 633-638 BGB vereinbart worden. Im September 1978 hat der Kläger die Arbeiten der Beklagten abgenommen. In der Folgezeit drang Wasser in den Anbau ein. Die vom Kläger zur Mängelbeseitigung aufgeforderte Beklagte hat jedoch ihre Verantwortlichkeit geleugnet und Nachbesserung abgelehnt.
Der Kläger hat deshalb fremdnachbessern lassen und mit seiner Klage Mängelbeseitigungskosten von zunächst l01.461,01 DM (nebst Zinsen) eingeklagt. Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.
Während des von der Beklagten angestrengten Berufungsverfahrens hat der Kläger mit einem an das Landgericht gerichteten Schriftsatz seine Klage um 51.377,92 DM (nebst Zinsen) erweitert. Das Oberlandesgericht hat das Grundurteil des Landgerichtes, dem nur die ursprünglich eingeklagten 101.461,01 DM (nebst Zinsen) zugrunde liegen, mit der Zurückweisung der Berufung bestätigt.
Nunmehr will die Beklagte mit ihrer - angenommenen Revision, um deren Zurückweisung der Kläger bittet, die Abweisung des bislang beschiedenen Teils der Klage erreichen.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht sieht sich nicht in der Lage, die Ursache des Wassereintritts festzustellen.
Als mögliche Ursachen für die Wasserdurchlässigkeit der Trogabdichtung kommen zur im Wege der Beweisaufnahme gewonnenen Überzeugung der Tatrichter allein in Frage
Kiesnester innerhalb der inneren Betonschalen der Trogwände,
das unstreitige Fehlen von Gleitfugen unter den äußeren Trogwänden,
das unstreitige Fehlen von Tellerankern zur Verankerung der Innenschale des Anbaus gegenüber der Altbauwand,
Mängel der eigentlichen Dichtungsschicht zwischen den Trogwänden und schließlich
das unstreitige Fehlen der Abdichtung der Fuge zwischen Alt- und Neubau.
Diese Überzeugungsbildung der sachverständig beratenen Tatrichter zu den überhaupt nur möglichen Ursachen der Undichtigkeit läßt Rechtsfehler nicht erkennen; die Revision erhebt denn auch insoweit keine Rügen.
II.
1. Das Vorhandensein von Kiesnestern schließen die Tatrichter aus.
Alle anderen möglichen Schadensursachen lasten sie allein der Beklagten an. Bei Mängeln der zwischen die Trogschalen eingebrachten Dichtungsmasse sei das zweifelsfrei. Hinsichtlich der fehlenden Gleitfugen, der fehlenden Telleranker und der fehlenden Abdichtung der Fuge zwischen Alt- und Neubau habe es die Beklagte an der ihr obliegenden Prüfung von Vorgewerken oder der Planung fehlen lassen, weswegen ihre volle Haftung für diese Mängel begründet sei.
2. Die Revision rügt die Beurteilung der Tatrichter zu den Kiesnestern und meint im übrigen, der Kläger müsse sich hinsichtlich der weiteren möglichen Schadensursachen jedenfalls mitwirkendes Planungsverschulden anrechnen lassen. Damit dringt sie im wesentlichen durch.
III.
Allerdings lastet das Berufungsgericht von den möglichen Mängelursachen etwaige Mängel der eigentlichen Dichtungsschicht richtig allein der Beklagten an.
Hinsichtlich der anderen möglichen Mängelursachen halten die Ausführungen des Berufungsgerichtes den Revisionsangriffen jedoch nicht stand.
1. Kiesnester
a) An der der Dichtungsmasse zugewandten Innenseite der inneren in Beton errichteten Trogschale etwa vorhandene Kiesnester würden der erforderlichen Glattflächigkeit entgegenstehen und deshalb möglicherweise in ihrem Bereich das Entstehen des benötigten Anpreßdruckes verhindert haben.
Eine in derartigen Kiesnestern liegende Mängelursache wäre allein dem Kläger zuzuordnen, der die innere Betonschale erstellt hat, ohne daß die an der Innenseite etwa verbliebenen Kiesnester für die Beklagte erkennbar gewesen wären. Sollte das Vorhandensein derartiger Kiesnester nicht auszuschließen sein, müßte deshalb davon ausgegangen werden, daß insoweit eine (Mit-)Verursachung der Wassereinbrüche beim Kläger liegen könnte.
b) Das Berufungsgericht sieht insoweit richtig, daß der von der Stadt F. beauftragte (privat-)Sachverständige Dr. Ing. K. Kiesnester an den nicht mehr einsehbaren inneren Flächen der inneren Trogschale "mit ziemlicher Sicherheit" für vorhanden hält. Es meint aber, gestützt auf den gerichtlichen Sachverständigen S., es lasse sich nicht feststellen, daß Kiesnester einer schädlichen Größe von einem halben Quadratmeter oder mehr überhaupt vorhanden seien, weshalb Kiesnester als Ursache für den Wassereintritt ausschieden.
c) Damit verkennt das Berufungsgericht hier, daß es, wenn es die Alleinhaftung der Beklagten begründen will, alle nicht der Beklagten anzulastenden Ursachen ausschließen muß, daß es also nicht ausreicht, das Vorhandensein von Kiesnestern nur nicht feststellen zu können. Ausgeschlossen hat das Berufungsgericht das Vorhandensein derartiger Kiesnester jedoch nicht. Das hätte es bei dem ihm vorliegenden Beweisergebnis auch nicht können. Der Sachverständige S. hat nämlich bei seiner Anhörung vor dem Berufungsgericht ausgeführt, derartige Kiesnester könnten heute nicht mehr festgestellt werden. Weil sie an der Innenseite der inneren Trogschale liegen würden, ist das auch geradezu selbstverständlich. Ebensowenig hat man sie, anders als etwa an der Außenseite der inneren Trogschale liegende Kiesnester, bei oder nach der Herstellung der inneren Trogschale erkennen können. Sie können also durchaus - wie der Privatsachverständige K. annimmt - als Mängelursache vorhanden sein.
Da der Kläger für die Folgen von Kiesnestern allein einstehen müßte, kann das Berufungsurteil in diesem Punkt also keinen Bestand haben. Die Tatrichter müssen vielmehr die bislang unterbliebene Abwägung nachholen, in welchem Umfange deswegen die Haftung der Beklagten zu mindern ist.
2. Gleitfugen
a) Die Beklagte hat ihre Dichtungsmaterialien auf den Innenseiten der äußeren Trogwände angebracht, ohne das Fehlen der Gleitfugen zu beanstanden. Deshalb bejaht das Berufungsgericht die Alleinverantwortlichkeit der Beklagten für die im Fehlen der Gleitfugen liegende mögliche Mängelursache. Denn nicht der Kläger, wohl aber die Beklagte als Fachfirma habe die Erforderlichkeit der Gleitfuge erkennen müssen.
b) Daran ist richtig, daß das auf der Vorarbeit eines anderen Unternehmers aufbauende, an sich ordnungsgemäße Werk des Nachunternehmers auch diesem anzulastende Mängel aufweisen kann, wenn er die vom Vorunternehmer verursachten Mängel bei sorgfältiger Prüfung hätte erkennen müssen (vgl. Glanzmann in BGB-RGRK, § 633, Rdn. 10; § 631, Rdn. 34, jeweils m.w.N.) . Insoweit gelten auch in einem allein nach Bürgerlichem Recht zu beurteilenden Werkvertrag die in §§ 13 Nr. 3, 4 Nr. 3 VOB/B zum Ausdruck gekommenen Grundsätze (Senatsurteil vom 23. Oktober 1986 - VII ZR 48/85 m.N., zur Veröffentlichung bestimmt)
Das Berufungsgericht geht ferner zutreffend davon aus, daß die Beklagte als Fachfirma sich davon hätte überzeugen müssen, ob die für die Abdichtung unbedingt erforderlichen Gleitfugen unter den äußeren Trogschalen angebracht waren. Deshalb bejaht das Berufungsgericht zutreffend die Haftung der Beklagten für diese mögliche Mängelursache.
Auch die Ansicht des Berufungsgerichts, der Kläger selbst habe als reiner Bauunternehmer die Erforderlichkeit der Gleitfugen nicht kennen müssen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
e) Das Oberlandesgericht verkennt jedoch, daß diese Gleitfugen als besonders wichtige und systemerforderliche Bauteile schon in die Planung hätten aufgenommen werden müssen.
Ist ein Fehler des Vorgewerkes auch auf falsche oder unterbliebene Planung zurückzuführen, dann haftet regelmäßig der Bauherr mit, der sich das Planungsverschulden seines Architekten anrechnen lassen muß (§§ 242, 254, 278 BGB); er muß sich dann an den Nachbesserungskosten beteiligen (Senatsurteil NJW 1984, 1676, 1677 m.w.N., insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 90, 344).
Nichts anderes kann gelten, wenn - wie hier - zwischen dem Bauherrn und einem Subunternehmer noch ein Hauptunternehmer eingeschaltet ist. Gegenüber seinem Subunternehmer tritt der Hauptunternehmer als Besteller, mithin wie ein Bauherr auf. Auch wenn ihm selbst die entsprechenden Fachkenntnisse fehlen dürfen, muß er sich doch gegenüber seinem Subunternehmer das Planungsverschulden des Architekten anrechnen lassen. Denn wie der Bauherr ihm eine richtige Bauplanung schuldet, schuldet er diese seinem Subunternehmer. Das Planungsverschulden des Architekten schlägt in einem solchen Fall nach § 278 BGB über den eigentlichen Bauherrn und über den Hauptunternehmer bis auf den Subunternehmer haftungsmindernd durch (ebenso Ingenstau/Korbion, VOB, 10. Aufl., Anhang Rdn. 55a).
Das Berufungsurteil kann deshalb auch insoweit keinen Bestand haben, als es die Folgen des Fehlens der Gleitfugen im Verhältnis der Parteien allein der Beklagten anlastet.
3. Die Abdichtung der Fugen zwischen Alt- und Neubau war ebenfalls weder geplant noch der Beklagten in Auftrag gegeben, obwohl die Planung auch diesen wichtigen Bauteil hätte erfassen müssen. Dem Oberlandesgericht ist darin zuzustimmen, daß die Beklagte auf die ihr erkennbare Erforderlichkeit der Abdichtung dieser Fugen den Kläger hätte hinweisen müssen.
Aber auch hier ist entsprechend den Ausführungen zu den Gleitfugen haftungsmindernd die unterbliebene Planung zu berücksichtigen. Für diese mögliche Mängelursache kann daher wiederum nicht von der Alleinhaftung der Beklagten ausgegangen werden. Anspruchsmindernd wird hier nach Klärung der Haftungsquote weiter zu berücksichtigen sein, inwieweit Kosten der Fugenabdichtung "sowieso" entstanden wären (Senatsurteile BGHZ 90, 344, 347; 91, 206, 211, jeweils m.N.).
4. Telleranker
Unstreitig haben Planung und Leistungsverzeichnis (Titel VIII Pos. 8.7) nur den Einbau von drei Tellerankern im auskragenden Sohlenbereich des Notausstiegs vorgesehen, nicht aber an sonstigen Stellen im Bereich der an die Altbauwand angebauten inneren Trogwand. Angaben zu Anzahl und Lage der in weitaus größerem Umfang erforderlichen Telleranker hätten jedoch zu den Planungsaufgaben des Architekten gehört.
Das Berufungsgericht hat auch hier rechtsfehlerfrei die Überzeugung gewonnen, die Beklagte hätte darauf hinweisen müssen, daß auch im Bereich der Altbauwand, um den erforderlichen Anpreßdruck zu erzielen, eine Vielzahl von Tellerankern hätte angebracht werden müssen. Es läßt daher richtig die Beklagte für die im Fehlen dieser Telleranker liegende mögliche Mängelursache haften.
Das Berufungsgericht verkennt jedoch auch hier, daß erforderliche, aber fehlende Planung für diese mögliche Mängelursache mitursächlich ist. Genau wie bei den nicht geplanten Gleitfugen oder der nicht geplanten Abdichtung der Fuge zwischen Alt- und Neubau hätte es daher auch zu diesem Punkt abwägen müssen, inwieweit die Haftung der Beklagten für diese mögliche Mängelursache durch das mitwirkende Planungsverschulden des Architekten gemindert ist. Insoweit kann das Berufungsurteil deshalb ebenfalls keinen Bestand behalten. Hier würden im übrigen "Sowiesokosten" wie vorstehend bei Nr. 3 einen verbleibenden Anspruch mindern.
IV.
Das Berufungsurteil muß nach alledem aufgehoben werden.
Eine abschließende Entscheidung über das vom Berufungsgericht bestätigte landgerichtliche Grundurteil ist dem Revisionsgericht nicht möglich. Zum einen muß den Parteien noch Gelegenheit zu ergänzenden Ausführungen gegeben werden. Zum anderen ist die Abwägung der Mithaftungsanteile zu den letztlich verbleibenden möglichen Mängelursachen im wesentlichen Aufgabe der Tatrichter.
Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 2992872 |
BB 1987, 155 |
DB 1987, 1833 |
NJW 1987, 644 |
BGHR BGB § 278 Satz 1 Hauptunternehmer 1 |
BauR 1987, 86 |
DRsp I(138)513b |
WM 1987, 243 |
ZfBR 1987, 34 |
ZfBR 1988, 220 |
ZfBR 1991, 208, 257 |