Baumaßnahmen aufgrund einer Formaldehydbelastung
Das FG entschied: Im Hinblick auf die Belastung der Raumluft mit Formaldehyd in einem Wohnhaus ist beim Überschreiten des Grenzwertes von 0,1 ppm von einer konkreten Gesundheitsgefährdung auszugehen. Hat ein vom Steuerpflichtigen mit einer baubiologischen Untersuchung beauftragter Diplom-Ingenieur im Schlafzimmer eines Altbaus zwar eine Formaldehydkonzentration von 0,112 ppm festgestellt, die übrigen Räume des Hauses aber nicht untersucht und zur Behebung der Schadstoffbelastung lediglich die Abdichtung von Fugen und Öffnungen sowie eine Verbesserung der (Ent-)Lüftung empfohlen, so waren die Aufwendungen für den vom Steuerpflichtigen veranlassten Abriss und eines Neubaus nicht notwendig und sind daher nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar.
Feststellung einer Formaldehydkonzentration
Folgender Sachverhalt wurde verhandelt: Im Altbau des vom Kläger erworbenen Einfamilienhauses wurde bei einer baubiologischen Untersuchung im Schlafzimmer des Hauses eine Formaldehydkonzentration von 0,112 ppm festgestellt. Der Hausarzt des Klägers erteilte ein Attest, wonach die Belastung des häuslichen Raumklimas durch Baugutachten zur Schadstoffbelastung mit Formaldehyd belegt sei. Um gesundheitlichen Schaden abzuwenden, riet er dem Kläger "wenn möglich" zur Sanierung.
Erforderliche Sanierung
Durch eine Sanierung bzw. einen Teilabriss entstehende Kosten seien im "im weiteren Sinne … Gesundheitskosten". Der Kläger hat den Altbau abreißen und einen Neubau errichten lassen und die Kosten in Höhe von ca. 260.000 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht. Das Finanzamt hat die Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt, da eine konkrete Gesundheitsgefährdung nicht durch ein amtlich technisches Gutachten nachgewiesen worden sei. Mit seinem Einspruch und sodann mit der Klage trug der Kläger vor, dass es nicht gelungen wäre, ein kontaminiertes Haus ganz abzudichten. Die Gesundheitsgefährdung wäre immer noch vorhanden gewesen und im Laufe der Zeit, bei einer Ermüdung des Materials, immer schlimmer geworden. Da ein Verkauf des Hauses nicht möglich gewesen sei und eine Sanierung nicht zum Ziel geführt hätte, habe er das Haus abreißen und neu bauen müssen.
Keine außergewöhnliche Belastungen
Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Der Umstand, dass ein vor Durchführung der Beseitigungs- bzw. Wiederherstellungsmaßnahmen erstelltes amtliches technisches Gutachten nicht vorgelegen habe, stehe dem Abzug der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung grundsätzlich nicht entgegen. Gleichwohl hab der Kläger nachzuweisen, dass er sich den Aufwendungen aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen konnte.
Da außer dem Schlafzimmer die übrigen Räume des Hauses von dem Diplom-Ingenieur nicht untersucht worden seien und zur Behebung der Schadstoffbelastung lediglich Minimierungsmaßnahmen wie die Abdichtung von Fugen und Öffnungen nicht aber einen Abriss und Neubau des Gebäudes empfohlen worden sei, waren nach Auffassung des FG die Aufwendungen für den vom Kläger veranlassten kompletten Abriss des Bestandsgebäudes und eines Neubaus nicht notwendig und sind daher nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar. In einer Gesamtschau hat das FG zudem zu berücksichtigen, dass der Formalaldehyd-Grenzwert von 0,1 ppm nur geringfügig überschritten wurde und damit die Emissionen mit einem geringeren Aufwand als dem vollständigen Abriss und Neubau auf ein unbedenkliches Niveau hätten gesenkt werden können.
Da das FG die Revision nicht zugelassen hat, ist das Urteil rechtskräftig geworden.
FG Baden-Württemberg, Urteil v. 1.2.2024, 1 K 1855/21
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