Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Entscheidung vom 18.02.1983) |
Tenor
1.
Die Verfolgung der dem Angeklagten zur Last gelegten Straftat wird mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154 a StPO dahin beschränkt, daß im Falle Peitz die unter I 2 Buchst. a und b der Urteilsgründe (UA S. 32 bis 34) bezeichneten beiden Geschäftsabschlüsse ausscheiden.
2.
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 18. Februar 1983 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und für die Dauer von vier Jahren ein Berufsverbot gegen ihn angeordnet. Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg. Die Verfahrensrüge ist nicht näher ausgeführt und daher unzulässig. Die Sachrüge ist unbegründet.
Das Landgericht hat die tatsächlichen Voraussetzungen für die Verurteilung des Angeklagten wegen fortgesetzten Betrugs rechtsfehlerfrei dargetan.
Wie es zutreffend annimmt, stellt sich der Abschluß von Warenterminsgeschäften in der Zeit von Mitte Oktober 1979 bis Mitte Januar 1981, für den der Angeklagte als Mitinhaber sowie als Geschäftsführer der Firma A.-C. - ALCO - verantwortlich ist, als ein fortgesetzter Betrug dar. Zu besonderer Erörterung gibt lediglich die Frage Anlaß, ob die vom Landgericht angenommene Höhe des Vermögensschadens rechtlichen Bedenken begegnet.
Den im Rahmen des Betrugstatbestands rechtlich beachtlichen Vermögensschaden sieht das Landgericht in der Höhe des jeweiligen Anlagebetrags, unabhängig davon, ob die Optionen noch einen - geringen - Wert hatten; gleiches nimmt es für die Direktgeschäfte an (UA S. 259). Dabei stützt es sich auf das Urteil des Senats vom 8. September 1982 - 3 StR 147/82 (BGHSt 31, 115).
Es kann dahinstehen, ob die in der bezeichneten Senatsentscheidung vertretene Rechtsauffassung bei der hier vorliegenden Sachlage die Annahme des Landgerichts von dem Umfang des Betrugsschadens rechtfertigt und ob etwa die rechtliche Sicht, von der aus der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluß vom 28. Juni 1983 - 1 StR 576/82 (MDR 1983, 946; vgl. auch die dort angeführten weiteren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs) den Umfang des Vermögensschadens beurteilt hat, zu einem anderen Ergebnis führen könnte. Denn aus den Feststellungen des angefochtenen Urteils ergibt sich, daß der Angeklagte sowohl bei den Optionsgeschäften wie auch bei den Direktgeschäften von vornherein die Absicht hatte, von den erhaltenen Kundengeldern nichts zurückzuzahlen.
Dies ergibt sich sowohl aus verschiedenen Urteilsstellen, an denen, in jeweils verschiedenen Wendungen, auf eine solche Absicht abgestellt wird, wie aus dem im einzelnen festgestellten Ablauf der Geschäfte zwischen der ALCO und ihren Kunden. Danach hatte der Angeklagte - der wußte, daß bei dem unverhältnismäßig großen Anteil der von ihm berechneten Prämien und Kommissionen der verbleibende Restbetrag den Anlagen von vornherein keine nennenswerte Chance bot, die Brockergebühren "zurückzuverdienen" (UA S. 10/11) - den Willen, auch dann, wenn in Ausnahmefällen Gewinne eintreten sollten, diese nicht an die Kunden auszuzahlen (a.a.O.; desgleichen UA S. 17). Daß damit nicht allein auf das Fehlen seines Willens abgestellt sein soll, den die Kundeneinschüsse übersteigenden wirklichen Gewinn an diese auszuzahlen, sondern daß damit die weitergehende Absicht festgestellt wird, grundsätzlich von den erhaltenen Beträgen überhaupt nichts zurückzuzahlen, ergibt sich aus UA S. 20, wo das Landgericht, hinsichtlich der Options- wie der Direktgeschäfte, von einer entsprechenden Absicht ausgeht, sowie aus UA S. 259, wo es, im Zusammenhang mit einer die Direktgeschäfte betreffenden Erwägung, ebenfalls seiner Überzeugung Ausdruck gibt, daß der Angeklagte von vornherein vor hatte, das "Guthaben oder Restbeträge" nicht auszuzahlen.
Soweit das Landgericht mit dem Bemerken, eine solche Absicht habe "grundsätzlich" nicht bestanden (UA S. 11, 20), und mit dem Hinweis auf im einzelnen aufzuzählende Ausnahmen (UA S. 17) diese weitgehende Bereicherungsabsicht hinsichtlich einzelner Fälle mit Einschränkungen zu versehen scheint, zeigen die Einzelfeststellungen zu diesen Fällen, daß es damit nicht die Feststellung dieser umfassenden Absicht in Frage stellen will, sondern lediglich der Tatsache Rechnung trägt, daß der Angeklagte diese Absicht nicht in allen Fällen umfassend verwirklicht hat. Das ergibt sich aus den vom Landgericht getroffenen Feststellungen darüber, in welcher Weise der Angeklagte Guthabensbeträge, die sich nach Abwicklung der Geschäfte für einzelne Kunden ergeben hatten, verwendet hat.
In einzelnen Fällen hat er solche nach Abwicklung eines Geschäfts verbliebene Guthaben, mit oder gegen den Willen der Kunden, in weitere Geschäfte neu investiert, bis das Guthaben aufgebraucht war [Fälle I 1, 2 Buchst. c, 3, 12, 15 (Teilbetrag) der Urteilsgründe. UA S. 30, 35, 39, 57/58, 67/68].
In anderen Fällen hat er erst auf die Drohung, einen Rechtsanwalt mit der Sache zu beauftragen, oder auf den Druck eines beauftragten Rechtsanwalts Auszahlungen vorgenommen (Fälle I 11, 18 der Urteilsgründe = UA S. 56, 73), in einem Fall erst auf das Drängen des Kunden, der ihn mit Ehefrau in den Geschäftsräumen des Angeklagten aufgesucht hatte (Fall I 21 der Urteilsgründe = UA S. 76/77). Daß er sich mit solchen Rückzahlungen lediglich einer von ihm offenbar als besondere Drucksituation empfundenen Lage jeweils im Einzelfall anpaßte, folgt deutlich aus dem Umstand, daß er in den genannten Fällen I 18 und 21 die von den Kunden ihm überwiesenen Beträge zurückzahlte, obgleich in Wahrheit bereits ein Totalverlust eingetreten war, wobei er im Falle I 18 den Auszahlungsbetrag, um die Täuschung aufrechtzuerhalten, als "Vorweg-Gewinnausschüttung" bezeichnete (UA S. 73). Im Falle I 7 (UA S. 48 f.) ist es dem Kunden gelungen, den von ihm aufgewendeten Betrag zwangsweise beizutreiben.
Auch im Zusammenhang mit den vom Angeklagten vermittelten Direktgeschäften hat dieser keine dem tatsächlichen Geschäftsverlauf entsprechende Auszahlungen vorgenommen; vielmehr sah er sich lediglich veranlaßt, in einigen wenigen Fällen Zahlungen als angeblichen "Vorgewinn", "Vorgewinn-Ausschüttung" o.ä. vorzunehmen, und zwar in Fällen, in denen die Geschäfte tatsächlich zu einem Gewinn überhaupt nicht geführt hatten (Fälle II 3, 9, 27, 37 der Urteilsgründe = UA S. 98, 112/113, 160/161, 186), in denen er eine Anlage überhaupt nicht "placiert" hatte (Fall II 57 der Urteilsgründe = UA S. 238) oder in denen ein sehr viel geringerer Gewinn eingetreten war (Fall II 39 = UA S. 193). Das zeigt, daß es ihm auch hier nicht etwa darum ging, vorgefaßter Absicht gemäß die übernommenen Verpflichtungen wenigstens teilweise zu erfüllen, sondern daß er nur sein betrügerisches Vorgehen verschleiern wollte. Die Fälle, in denen er wissentlich einen ungedeckten Scheck begeben hat (Fälle II 9, 37, 39 der Urteilsgründe = UA S. 113, 186, 192), sind ohnehin nicht als Anzeichen eines Willens zur Vertragstreue zu werten.
Aus diesen Einzelheiten der vom Landgericht getroffenen Feststellungen ergibt sich mithin, daß der Tatrichter in seinen oben wiedergegebenen Ausführungen zur Bereicherungsabsicht des Angeklagten feststellen wollte, der Angeklagte habe von vornherein allgemein geplant, von den erhaltenen Beträgen nichts zurückzuzahlen, und daß er anschließend hiervon nur in Einzelfällen - und zwar aus Gründen seines Selbstschutzes - abgewichen ist. Besonders deutlich wird diese Absicht auch in den nicht wenigen Fällen, in denen er die vereinbarten Direktgeschäfte überhaupt nicht eingegangen ist, sie, wie es im Urteil heißt, nicht placiert hat (vgl. Fälle II 15, 16, 24, 28, 34, 36, 37, 55, 56, 57 der Urteilsgründe = UA S. 126, 129, 152, 166, 178, 181, 187, 234, 235, 237).
Der Umstand, daß der Angeklagte im Falle I 2 der Urteilsgründe zweimal einen Gewinnbetrag ganz oder teilweise ausgezahlt hat (UA S. 33, 34), insbesondere auch die Auszahlung eines geringen Teilbetrags des im Falle I 15 der Urteilsgründe bei einem Geschäft erzielten Gewinns (UA S. 68), vermag an diesem Verständnis der vom Landgericht getroffenen Feststellungen über den Umfang des allgemeinen Bereicherungswillens, von dem das Handeln des Angeklagten getragen war, nichts zu ändern. Nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint es allenfalls, daß der Angeklagte bei den unter I 2 Buchst. a und b der Urteilsgründe dargestellten Geschäften für den Auftraggeber P. (UA S. 32 bis 34) ausnahmsweise einen so weitgehenden Bereicherungswillen nicht hatte. Aus diesem Grunde hat der Senat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts eine Beschränkung der Strafverfolgung gemäß § 154 a StPO mit der Maßgabe vorgenommen, daß diese Fälle ausscheiden. Angesichts der Vielzahl der Einzelfälle und der Höhe des Gesamtschadens wirkt sich das auf den Strafausspruch ersichtlich nicht aus. Der Tatrichter hätte ersichtlich keine geringere Strafe verhängt, wenn er die genannten Fälle nicht in den Schuldspruch aufgenommen hätte.
Fundstellen