Entscheidungsstichwort (Thema)
Auflagebegünstigte
Leitsatz (amtlich)
- Die Auswahl des Auflagebegünstigten gem. § 2193 I BGB kann, auch wenn sie nach freiem Ermessen erfolgen soll, gerichtlich darauf überprüft werden, ob sie den vom Erblasser bestimmten Zweck offensichtlich verfehlt oder auf Arglist beruht.
- Der aus § 2194 BGB vorgehende Kläger trägt die Beweislast für Tatsachen, aus denen er die Unwirksamkeit der Bestimmung des Auflagenbegünstigten herleitet. Gleichwohl kann die Darlegungslast zunächst den Beklagten treffen, wenn eine Behörde gem. § 2194 S. 2 BGB klagt und der Prozeßgegner den Begünstigten bestimmt hat.
- Hat der Erblasser das Bestimmungsrecht dem Beschwerten eingeräumt, geht es auf den gem. § 2194 BGB Vollziehungsberechtigten nicht schon dann über, wenn der Beschwerte das Bestimmungsrecht unwirksam ausgeübt hat, sondern erst, wenn die Voraussetzungen des § 2193 II BGB vorliegen.
- Eine Vereinbarung, die die Durchsetzung eines Vollziehungsanspruchs gem. § 2194 BGB ereiteln soll, verstößt gegen § 138 BGB.
Normenkette
BGB §§ 2193-2194; ZPO § 286; BGB § 138 Abs. 1
Tatbestand
Die Parteien streiten um eine Anordnung aus dem Testament der am 16. Dezember 1979 verstorbenen Frau Dr. P. geb. W. Sie hatte einen Teil ihres Grundbesitzes mit einem Wohngebäude S.-straße 4 in K. im Jahre 1979 an die Beklagten veräußert. Das übrige Grundstück S.-straße 6 mit einer unter Denkmalsschutz stehenden Villa verkaufte sie an die Stadt K. mit der Bestimmung, das Gebäude dürfe auch nach ihrem Tod nur zur Erfüllung kultureller, sozialer oder anderer gemeinnütziger Aufgaben genutzt werden (§ 10 Kaufvertrag). Da die Stadtverordneten diese Zwecksetzung nicht billigten, trat die Stadt am 30. Oktober 1979 wirksam von dem Kaufvertrag zurück. Noch an demselben Tage errichtete die Erblasserin ein notarielles Testament, in dem sie die Beklagten je zur Hälfte als Erben einsetzte und weiter bestimmte:
Das Grundstück K., S.-straße 6, soll gemeinnützigen Zwecken gewidmet werden. Es soll einer gemeinnützigen Organisation übertragen werden. Die Bestimmung dieser Organisation soll durch ... (den Beklagten zu 1)) innerhalb von einem Jahr nach meinem Tode erfolgen.
Der Vermächtnisnehmer hat dem Gebäude den Namen "Marie und Jacob W.-Haus" zu geben und außen am Haus dem öffentlichen Verkehr sichtbar ein entsprechendes Schild anzubringen. Er hat das Gebäude zu erhalten und darf sich in keiner Weise des Grundstücks entäußern.
Jegliche Nutzung des Grundstücks und Gebäudes darf nur mit Zustimmung des ... (Beklagten zu 1)) erfolgen, der angehalten ist, in meinem Sinne zu verfahren.
Vor der Übertragung des genannten Grundstücks auf den Vermächtnisnehmer, die unmittelbar nach seiner Bestimmung erfolgen soll, wird von dem Grundstück S.-straße 6 eine Fläche von circa 400 qm angrenzend an das Nachbargrundstück S.-straße 4 abgeteilt und ebenfalls den Erben je zur Hälfte übertragen. Die Bestimmung des Verlaufs der Trennlinie und zukünftigen Grundstücksgrenze bleibt... (dem Beklagten zu 1)) überlassen.
Nach dem Tode der Erblasserin bezogen die Beklagten die Wohnräume der alten Villa. Der Beklagte zu 1) richtete dort im Jahre 1984 ein gewerbliches Antiquariat für Literatur zum Thema Glaskunst ein. Mit Schreiben an die Beklagten vom 10. April 1985 forderte das klagende Land zum ersten Mal, die im Testament vorgesehene Bestimmung der gemeinnützigen Organisation vorzunehmen, und unterbreitete hierzu einen Vorschlag. Am 22. April 1985 wurde die Gesellschaft für Kunst- und Kulturgeschichte des Glases (im folgenden: GKKG) gegründet und als rechtsfähiger Verein eingetragen. Sein Zweck ist die Pflege und Förderung der Erforschung der Geschichte der Glaskunst. Die Gesellschaft verfolgt laut Satzung gemeinnützige Zwecke. Die Finanzverwaltung hat der GKKG seither Steuerbefreiung gewährt. Die Mitgliedschaft kann nur auf Antrag des Vorstands erworben werden. Zum ersten Vorstandsvorsitzenden wurde der Beklagte zu 1) bestellt. Er hat diese Funktion im August 1987 abgegeben, ist seitdem nur noch Mitglied des Vereins und betreibt seit Anfang 1990 sein Antiquariat nicht weiter in der alten Villa.
Nachdem die Beklagten die Teilungsgenehmigung für die Abteilung einer Fläche von 624 qm von dem Grundstück S.-straße 6 zu ihren Gunsten am 27. November 1986 erreicht hatten und das Land im vorliegenden Verfahren auf Ausübung des testamentarischen Bestimmungsrechts am 12. März 1987 Klage erhoben hatte, benannte der Beklagte zu 1) am 12. April 1987 die GKKG als Begünstigte. Die Beklagten übertrugen das restliche Erblassergrundstück aufgrund Vertrages vom 13. Oktober 1987 auf die GKKG, die inzwischen als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen ist. § 4 des Grundstücksübertragungsvertrages sah vor, daß der Vertrag wirkungslos wird, wenn die Bestimmung der GKKG als Auflagebegünstige vom Gericht als unwirksam angesehen wird. Das Land hält die Bestimmung der GKKG für unwirksam. Es hat seinerseits einen Begünstigten bestimmt und seine Klage mit dem Antrag fortgeführt, das Restgrundstück auf diesen zu übereignen. Diese Klage hatte vor dem Landgericht keinen Erfolg.
Nachdem das Land Berufung eingelegt hatte, haben die Beklagten und die GKKG § 4 ihres Vertrages vom 13. Oktober 1987 geändert und vereinbart, daß die Grundstücksübertragung auch dann wirksam bleibe, wenn ein anderer Auflagebegünstigter bestimmt und die Beklagten dazu verurteilt werden sollten, ihm den Grundbesitz zu übertragen. Auf die in zweiter Instanz geänderten Anträge des Landes hat das Oberlandesgericht den Beklagten zu 1) verurteilt, innerhalb von sechs Monaten seit Urteilsrechtskraft unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts sein Bestimmungsrecht noch einmal auszuüben und eine gemeinnützige Organisation zu benennen, der er nicht angehört und die von ihm unabhängig ist. Ferner hat das Oberlandesgericht beide Beklagten verurteilt, alle erforderlichen Mitwirkungshandlungen binnen einer weiteren Frist von sechs Monaten vorzunehmen, um das Eigentum an dem Restgrundstück der Erblasserin auf die vom Beklagten zu 1) zu bestimmende gemeinnützige Organisation zu übertragen. Im übrigen hat das Oberlandesgericht die Berufung zurückgewiesen.
Mit der Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Unbedenklich hat das Berufungsgericht die Anordnungen der Erblasserin über das Grundstück S.-straße 6 nicht dem Wortlaut des Testaments entsprechend als Vermächtnis, sondern als Auflage gedeutet. Dafür spricht, daß der Kreis der von der Erblasserin begünstigten Organisationen nicht abgrenzbar und überschaubar ist. Deshalb kommt ein Vermächtnis im Sinne von § 2151 BGB nicht in Betracht (RGZ 96, 15, 17). Das nimmt die Revision hin.
Da die Vollziehung der testamentarischen Auflage im öffentlichen Interesse liegt, kann das klagende Land gemäß § 2194 Satz 2 BGB die ordnungsgemäße Erfüllung der Auflage verlangen.
II.
Zutreffend geht das Berufungsgericht weiter davon aus, daß dieser Anspruch und die Pflicht des Beklagten zu 1) zur Bestimmung eines anderen Begünstigten fortbestehen, wenn die vom Beklagten zu 1) bereits getroffene Bestimmung nicht wirksam sein sollte.
1.
Die vom Beklagten zu 1) vorgenommene Bestimmung unterliegt auf Klage aus § 2194 BGB einer gerichtlichen Überprüfung. Eine entsprechende Anwendung von §§ 315ff. BGB käme freilich nur in Betracht, wenn aus der letztwilligen Verfügung hervorginge, daß die Bestimmung des Begünstigten nach billigem Ermessen zu erfolgen habe (Soergel/Dieckmann, BGB 12. Aufl. § 2193 Rdn. 5; Staudinger/Otte, BGB 12. Aufl. § 2193 Rdn. 5; AK-BGB-Dubischar, § 2193 Rdn. 2). Dafür ist dem Testament im vorliegenden Fall nichts zu entnehmen. Im Gegenteil weist die Anordnung, jegliche Nutzung des Grundstücks und Gebäudes dürfe nur mit Zustimmung des Beklagten zu 1) erfolgen, der angehalten sei, im Sinne der Erblasserin zu verfahren, darauf hin, daß die Erblasserin auch die Auswahl der begünstigten Organisationen dem freien Ermessen des Beklagten zu 1) anvertrauen wollte. In einem solchen Fall kann die Auswahl des Begünstigten vom Gericht nicht darauf überprüft werden, ob sie billigem Ermessen entspricht (a.A. Staudinger/Otte, aaO). Vielmehr stellt § 2193 Abs. 1 BGB den Erblasser bei der Anordnung einer Auflage, deren Zweck er bestimmt, von dem Grundsatz des § 2065 Abs. 2 BGB frei, die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung erhalten soll, dürfe nicht einem anderen überlassen werden (vgl. Protokolle Bd. V, S. 32; RGZ 96, 15, 17). In diesem, insbesondere durch die Zwecksetzung begrenzten Umfang kann der Beschwerte oder Dritte den Erblasser also im Willen vertreten. Die Auswahl des Begünstigten kann daher ebensowenig an dem Maßstab billigen Ermessens geprüft werden wie eine vom Erblasser selbst getroffene Bestimmung. Der zur Auswahl des Begünstigten Befugte bleibt aber an die erkennbaren Vorgaben des Erblassers insbesondere zum Zweck der Auflage gebunden. Deshalb unterliegt die Auswahlentscheidung einer gerichtlichen Überprüfung nur darauf, ob sie den vom Erblasser bestimmten Zweck offensichtlich verfehlt oder auf Arglist beruht (allg. Meinung, vgl. Soergel/ Dieckmann, aaO; Staudinger/Otte, aaO; AK-BGB-Dubischar, aaO; MK/Skibbe, 2. Aufl. § 2193 BGB Rdn. 7; BGB-RGRK/ Johannsen, 12. Aufl. § 2193 Rdn. 4; Erman/Hense/Schmidt, BGB 8. Aufl. § 2193 Rdn. 2; Planck/Flad, BGB 4. Aufl. § 2193 Anm. 1 a.E.; Lange/Kuchinke, Lehrbuch des Erbrechts 3. Aufl. § 27 III 2).
2.
Daß der Beklagte zu 1) die Bestimmung des Begünstigten nicht innerhalb der im Testament gesetzten Frist vorgenommen hat, läßt sein Bestimmungsrecht nicht entfallen. Es ist bisher weder dargetan noch sonst ersichtlich, daß die Erblasserin mit der Anordnung, der Beklagte zu 1) solle die begünstigte Organisation innerhalb eines Jahres nach ihrem Tod bestimmen, etwas anderes beabsichtigt hätte, als ihm eine Frist für die sonst mit dem Anfall der Erbschaft sofort fällige Bestimmung zu gewähren. Der Anspruch auf Vollziehung gemäß § 2194 BGB konnte mithin erst nach Ablauf dieser Frist geltend gemacht werden. Es blieb aber auch nach Fristablauf Sache des Beklagten zu 1), die ihm von der Erblasserin anvertraute Bestimmung zu treffen.
3.
Der Beklagte zu 1) hätte sein Bestimmungsrecht auch nicht verloren, wenn die von ihm getroffene Bestimmung nicht wirksam sein sollte. Vielmehr bleibt er grundsätzlich auch in einem solchen Fall verpflichtet, eine wirksame Bestimmung nachzuholen. Erst im Fall des § 2193 Abs. 2 Halbsatz 2 BGB geht das Bestimmungsrecht auf die aus § 2194 BGB klagende Partei über. Für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift schon im Fall der Unwirksamkeit einer Bestimmung des nach dem Testament zur Auswahl des Begünstigten Berufenen besteht kein Anlaß (a.A. MK/Skibbe, aaO; Staudinger/ Otte, aaO). Der Entscheidung des Erblassers, wer ihn bei der Auswahl des Begünstigten gemäß § 2193 Abs. 1 BGB "vertreten" soll, kommt vor allem dann besondere Bedeutung zu, wenn der dazu Berufene nach freiem Ermessen zu entscheiden hat. Von der Bestimmung des gemäß § 2193 Abs. 1 Auswahlberechtigten durch den Erblasser darf gemäß § 2193 Abs. 2 erst abgegangen werden, wenn der Beschwerte zur Vollziehung der Auflage rechtskräftig verurteilt, ihm eine Frist zur Vollziehung bestimmt und diese fruchtlos verstrichen ist. Damit besteht die Möglichkeit, Streit über die Wirksamkeit einer Bestimmung des Begünstigten vor Gericht zu klären.
III.
1.
Das Berufungsgericht meint, der Beklagte zu 1) habe das Bestimmungsrecht bisher nicht wirksam ausgeübt. Aus der Würdigung der objektivierbaren Gesamtumstände sei zu schließen, daß die Erblasserin nur eine zu ihren Lebzeiten schon bestehende gemeinnützige Organisation habe bedenken wollen. Aus § 10 des nicht durchgeführten Kaufvertrags mit der Stadt Kronberg gehe hervor, daß die begünstigte Organisation Bedürfnisse breiter Bevölkerungsschichten habe befriedigen sollen. Der Beklagte zu 1) habe die Organisation kontrollieren sollen, dürfe ihr also nicht angehören. Da das Gebäude erhalten und nicht veräußert werden solle, müsse die Begünstigte so finanzstark sein, daß sie die notwendigen Erhaltungsmaßnahmen auch ohne Eintragung von Grundpfandrechten auf dem Erblassergrundstück durchführen könne. Allen diesen Anforderungen werde die GKKG nicht gerecht.
2.
Um den Zweck der Auflage zu ermitteln, der durch die Bestimmung des Begünstigten erfüllt werden soll, ist das Testament gemäß §§ 133, 2084 BGB auszulegen. Diese Aufgabe obliegt in erster Linie dem Tatrichter. Seine Auslegung kann aber mit der Revision angegriffen werden, wenn sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln, allgemeine Denk- und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Urteil vom 11. Oktober 1951 - IV ZR 17/50 - LM BGB § 133 Nr. 1; BGH, Urteil vom 8. Dezember 1989 - V ZR 53/88 - NJW-RR 1990, 455 unter 2.). Danach ist eine Auslegung auch dann rechtsfehlerhaft, wenn sie in Betracht kommende andere Auslegungsmöglichkeiten nicht in Erwägung gezogen oder dem Testament einen Inhalt gegeben hat, der sich seinem Wortlaut nicht entnehmen läßt und auch nicht auf verfahrensfehlerfrei getroffene Feststellungen anderer Anhaltspunkte für den im Testament zum Ausdruck kommenden Erblasserwillen gestützt werden kann. Mit Recht rügt die Revision, daß die Anforderungen, die das Berufungsgericht an die zu bestimmende Organisation stellt, zum größten Teil im Testament keine Stütze finden. Aufgrund des bisher festgestellten Sachverhalts läßt sich die Meinung des Berufungsgerichts, die Bestimmung der GKKG sei unwirksam, nicht aufrechterhalten.
a)
Für seine Auffassung, die Erblasserin habe nur eine zu ihren Lebzeiten schon bestehende Organisation begünstigen wollen, führt das Berufungsgericht drei Gesichtspunkte an: Der Erblasserin habe eine nach ihrem Ableben gegründete Organisation nach Wirken und Zielsetzung nicht bekannt sein können; sie könne sie daher in ihre Vorstellungen nicht aufgenommen haben. Die Erblasserin habe gewollt, daß der Beklagte zu 1) eine bewährte Organisation aussuche; deshalb scheide eine Neugründung von vornherein aus. Die Auswahl habe schon binnen Jahresfrist nach ihrem Tod erfolgen sollen.
Die Revision weist zu Recht darauf hin, daß das erste Argument den Feststellungen des Berufungsgerichts widerspricht, die Erblasserin habe jede gemeinnützige Organisation, also einen unüberschaubaren Kreis von Auflagebegünstigten in Betracht gezogen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb das Berufungsgericht die Möglichkeit für ausgeschlossen hält, daß die Erblasserin auch an Organisationen gedacht haben könnte, die erst nach ihrem Tod gegründet werden. Daß ihr Villengrundstück nur einer bereits bewährten Organisation zufallen solle, läßt sich dem Testament nicht entnehmen. Die Frist für die vom Beklagten zu 1) zu treffende Auswahl kann auch lediglich den Sinn gehabt haben, ihm Aufschub für die sonst schon mit dem Anfall der Erbschaft fällige Bestimmung zu gewähren. Danach fehlen bisher hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, er habe bei seiner Entscheidung Organisationen außer Betracht lassen sollen, die erst nach dem Tod der Erblasserin gegründet worden sind.
b)
§ 10 des nicht durchgeführten Kaufvertrags mit der Stadt K. forderte, die Villa nur zur Erfüllung kultureller, sozialer oder anderer gemeinnütziger Aufgaben zu nutzen. In den weitgespannten Kreis der danach in Betracht kommenden Aufgaben können durchaus auch solche fallen, an deren Erfüllung nur wenige Bürger interessiert sind. Daß die Erblasserin an die Interessen breiter Bevölkerungsschichten gedacht habe, läßt sich weder dem Kaufvertrag noch dem Testament entnehmen, in dem überdies von kulturellen und sozialen Zwecken nicht mehr die Rede ist. Das Berufungsgericht trifft auch keine Feststellungen, auf die sich seine Annahme stützen ließe, die Erblasserin habe in ihrem Testament noch dieselben Ziele verfolgt, die sie mit dem gescheiterten Kaufvertrag hatte verwirklichen wollen.
Auch ist nicht ersichtlich, woraus das Berufungsgericht einen Willen der Erblasserin ableitet, die Villa nicht nur mit einzelnen Bibliotheksräumen, sondern insgesamt der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Gemeinnützigkeit setzt Öffentlichkeit in diesem Sinne nicht voraus. Was die Erblasserin unter "gemeinnützig" verstanden hat, ist nicht geklärt. Möglich erscheint bei einem notariellen Testament, daß dieses Wort im Sinne von § 52 Abgabenordnung 1977 gemeint war.
c)
Die Erblasserin hat zwar testamentarisch bestimmt, daß jede Nutzung des Villengrundstücks der Zustimmung des Beklagten zu 1) bedürfe. Dieses Erfordernis schließt aber nicht aus, daß der Beklagte zu 1) mit der gemeinnützigen Organisation verknüpft ist. Daß er die Art und Weise der Nutzung kontrollieren solle, kann geradezu den Sinn haben, ihm die Mittel zur Wahrnehmung auch eigener Interessen in die Hand zu geben. Das Berufungsgericht hat nicht in Erwägung gezogen, daß die testamentarische Anordnung, der Beklagte zu 1) sei angehalten, im Sinne der Erblasserin zu verfahren, als Ermutigung des Beklagten zu 1) zu verstehen sein könnte, seine Interessen zur Geltung zu bringen. Dafür spricht, daß die Erblasserin den Beklagten zu 1) als ihre Vertrauensperson ansah und die Auswahl der begünstigten Organisation sogar seinem freien Ermessen überlassen hat.
Daß die Interessen der GKKG und der Beklagten etwa im Hinblick auf deren Wohnung und das Antiquariat nicht in jeder Hinsicht klar voneinander geschieden sind, gibt der Auswahl der GKKG als Begünstigter noch nicht ohne weiteres den Charakter einer Verfälschung des Erblasserwillens (zur Arglist vgl. das instruktive Fallbeispiel in MK/Skibbe, aaO § 2193 Rdn. 7).
d)
Aus der Anordnung der Erblasserin, das Gebäude zu erhalten und das Grundstück nicht zu veräußern, ist zwar zu schließen, daß der Begünstigte über eine gewisse Finanzkraft verfügen und Gewähr für eine ordnungsmäßige Wirtschaftsführung bieten soll. Allein daraus folgt aber nicht zwingend, daß der Begünstigte das Grundstück und die Villa nicht für die Erzielung von Einkünften und als Kreditgrundlage nutzen dürfe, um das Gebäude zu erhalten und seine Zweckbestimmung auf Dauer zu sichern. Die abstrakte Gefahr einer Verschuldung des Auflagebegünstigten und damit auch der Verwertung seines Vermögens einschließlich des Villengrundstücks im Wege der Zwangsvollstreckung kann bei der Auswahl des Begünstigten nicht völlig ausgeschlossen werden, wer auch immer Begünstigter wird. Daß diese Gefahr bei einer Belastung des Grundstücks mit Grundpfandrechten auch dann wesentlich größer sei, wenn die Kredite ordnungsmäßig bedient werden, ist nicht ersichtlich.
Legt man allein den Wortlaut des Testaments zugrunde, wird es darauf ankommen, ob der Beklagte zu 1) im Zeitpunkt seiner Bestimmung des Begünstigten nach näherer Erkundigung und angemessener Überprüfung davon ausgehen konnte, der Begünstigte werde auf Dauer in der Lage sein, die Villa zu erhalten und ihre Veräußerung zu vermeiden. Wenn sich die Auswahlentscheidung des Beklagten zu 1) unter diesem Gesichtspunkt aber als offenbar unrichtig erweisen sollte, kann sie wegen Zweckverfehlung unwirksam sein.
e)
Die Beklagten haben unter Beweisantritt vorgetragen, die GKKG, deren Einnahmen nach ihrer Satzung auf Mitgliederbeiträgen und Spenden beruhen, verfüge über eine hinreichende finanzielle Ausstattung, um mit Hilfe eines durch Grundpfandrechte gesicherten Darlehens, das ordnungsmäßig bedient werden könne, das Haus für die Zwecke des Vereins herzurichten und angemessen zu unterhalten. Die Klägerin hat das bestritten, ohne bisher Beweis für ihre Auffassung anzubieten. Nach Zurückverweisung der Sache haben die Parteien Gelegenheit, ihr Vorbringen auch insoweit zu ergänzen. Zur weiteren Sachaufklärung könnte eine Anhörung der Beklagten gemäß § 141 ZPO zweckmäßig sein.
3.
Vorsorglich ist darauf hinzuweisen, daß der Kläger bei einem Vorgehen aus § 2194 BGB nach Auffassung des Senats die Beweislast für die Tatsachen trägt, aus denen er die Unwirksamkeit der Bestimmung des Auflagebegünstigten herleitet. Diese Regel ist nicht maßgebend für die Darlegungslast der Parteien, wenn eine Behörde gemäß § 2194 Satz 2 BGB klagt und der Prozeßgegner den Begünstigten bestimmt hat.
a)
Im Zivilrecht hat grundsätzlich jede Partei die Voraussetzungen des ihr günstigen Rechtssatzes zu beweisen, dessen Rechtsfolge sie geltend macht. Den Anspruchsteller trifft die Beweislast für die rechtsbegründenden Tatsachen, der Gegner muß Beweis für rechtshemmende, rechtshindernde oder rechtsvernichtende Tatsachen erbringen (BGH, Urteil vom 14. Januar 1991 - II ZR 190/89 - MDR 1991, 413). § 2194 BGB begründet zwar keinen Anspruch auf die dem Begünstigten im Testament zugedachte Leistung. Er räumt vielmehr nur das Recht ein, durch Klage und Zwangsvollstreckung die Vollziehung der Auflage zu erzwingen. Gleichwohl handelt es sich nach herrschender Meinung um einen Anspruch, wenn auch ohne Vermögenswert (Soergel/Dieckmann, aaO § 2194 Rdn. 1; MK/Skibbe, aaO § 2194 Rdn. 9; Staudinger/Otte, aaO § 2194 Rdn. 12; AK-BGB/Dubischar, § 2194 Rdn. 1; Erman/Hense/ Schmidt, aaO § 2194 Rdn. 1 und 3; Lange/Kuchinke, aaO § 28 III 4; a.A. RGRK/Johannsen, aaO § 2194 Rdn. 1, der nur von einem Klagerecht spricht). In jedem Fall läßt sich dem Wortlaut des § 2194 BGB entnehmen, daß der aus dieser Vorschrift vorgehende Kläger außer für seine Vollzugsberechtigung den Beweis auch dafür erbringen muß, daß die testamentarische Auflage wirksam und fällig ist (MK/Skibbe, aaO § 2194 Rdn. 9; Baumgärtel/Strieder, Handbuch der Beweislast im Privatrecht 1. Aufl. Bd. 2 § 2194 Rdn. 1).
b)
Was für die Frage der Wirksamkeit einer Auflage gilt, hat auch Bedeutung, wenn über Inhalt und Zweck der testamentarischen Auflage gestritten wird. Darum geht es, wenn mit einer Klage aus § 2194 BGB geltend gemacht wird, daß eine Bestimmung des Auflagebegünstigten offensichtlich den im Testament mit der Auflage verfolgten Zweck verfehle oder arglistig vorgenommen worden sei. Soweit für die Auslegung Umstände außerhalb der Testamentsurkunde in Betracht kommen, trägt dafür zwar im allgemeinen diejenige Partei die Beweislast, deren Auslegung durch diese Umstände gestützt wird (BGH, Urteil vom 18. Januar 1978 - IV ZR 181/76 - WM 1978, 377f. unter II 1.). Setzt der Klageanspruch aber - wie hier - eine bestimmte Auslegung des Testaments voraus, muß der Kläger nicht nur dafür sprechende Umstände beweisen, sondern auch entgegenstehende Umstände widerlegen.
c)
Bei der weiteren Frage, ob der Begünstigte im Hinblick auf seine tatsächlichen Eigenschaften den durch Auslegung ermittelten testamentarischen Anforderungen genügt, geht es ebenfalls um eine Voraussetzung des mit § 2194 BGB geltend gemachten Vollziehungsanspruchs. Auch dafür trägt der Kläger die Beweislast. Wenn der in Anspruch genommene Beklagte nicht untätig geblieben ist, sondern den Auflagebegünstigten benannt hat, ist bis zum Beweis des Gegenteils davon auszugehen, daß seine Auswahl dem Erblasserwillen entspricht, vor allem wenn ihm im Testament freies Ermessen eingeräumt worden war. Ebensowenig wie er verpflichtet ist, den durch Testamentsauslegung zu ermittelnden Zweck der Auflage nachzuweisen, trägt er die Beweislast in der - erst nach einer solchen Auslegung zu beantwortenden - Frage, ob der Benannte in jeder Hinsicht den Anforderungen des Testaments gerecht wird.
d)
Auf die Beweislast kommt es allerdings erst an, wenn alle in der Zivilprozeßordnung für Gericht und Parteien zur Förderung des Prozesses und Aufklärung des Sachverhalts vorgesehenen Möglichkeiten erschöpft sind. Ist der beweisbelasteten Partei eine nähere Darlegung des Sachverhalts nicht möglich, weil nur dem Gegner die Einzelheiten bekannt sind, und ist dem Gegner deren Vortrag zumutbar, braucht die beweisbelastete Partei ihr Vorbringen erst unter Beweis zu stellen, wenn der Gegner eine substantiierte Sachdarstellung gegeben hat (vgl. etwa zum Arztfehlerprozeß BGH, Urteil vom 14. März 1978 - VI ZR 213/76 - NJW 1978, 1681f. unter II 2 b; zum Mitverschulden des Geschädigten BGH, Urteil vom 23. Januar 1979 - VI ZR 103/78 - NJW 1979, 2142 unter II 2 a; zum Negativbeweis BGH, Urteil vom 5. Februar 1987 - IX ZR 65/86 - BGHR ZPO § 286 Negativbeweis 1).
Diese Grundsätze greifen hier ein. Der Beklagte zu 1) kannte die Erblasserin, hat die Begünstigte ausgewählt und steht mit dieser immer noch in enger Verbindung. Das klagende Land hat dagegen von den hier maßgeblichen privaten Verhältnissen unmittelbar keine Kenntnis. Es ist zunächst darauf angewiesen, summarisch vorzutragen, und kann erst nach näherer Darlegung durch die Beklagten zu Einzelheiten Stellung nehmen und etwa notwendige Beweise antreten.
IV. Sollte sich im weiteren Verfahren herausstellen, daß die Bestimmung der GKKG als Auflagebegünstigte unwirksam ist, würde der Klageanspruch nicht daran scheitern, daß die Beklagten das Eigentum an dem Villengrundstück bereits auf die GKKG übertragen haben und zugunsten der Klägerin keine Vormerkung mehr besteht.
1.
In einem solchen Fall würde der Grundstücksübertragungsvertrag vom 13. Oktober 1987 aufgrund der in § 4 Nr. 1 Abs. 3 vereinbarten auflösenden Bedingung unwirksam. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, daß die Beklagten das Grundstück deshalb gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB von der GKKG herausverlangen könnten. Mit der genannten Vorbehaltsklausel trägt der Vertrag lediglich dem Umstand Rechnung, daß Rechtsgrund für die Übertragung des Grundstücks auf die GKKG das Testament der Erblasserin und die auf seiner Grundlage vorgenommene Bestimmung des Auflagebegünstigten durch den Beklagten zu 1) sind. Beides wird im Vertrag vom 13. Oktober 1987 ausdrücklich erwähnt. Dem Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB geht indessen vor der in § 4 Nr. 3 des Vertrages vom 13. Oktober 1987 vereinbarte vertragliche Anspruch der Beklagten auf Zurückübertragung des Grundbesitzes für den Fall, daß sie als Ergebnis des vorliegenden Rechtsstreits dazu verpflichtet sein sollten, das Eigentum einem Dritten zu übertragen.
Im Hinblick auf diese Rückübertragungsansprüche ist den Beklagten der mit der Klage verlangte Vollzug der Auflage nicht unmöglich geworden für den Fall, daß sich die getroffene Bestimmung als unwirksam herausstellen sollte und ein anderer Auflagebegünstigter bestimmt wird.
2.
Allerdings haben die Beklagten und die GKKG am 5. Juli 1990 § 4 Nr. 1 und 3 des Vertrages vom 13. Oktober 1987 geändert und vereinbart, daß die Grundstücksübertragung auf die GKKG auch dann wirksam bleibe und sie nicht zur Rückübertragung verpflichtet sei, wenn der Beklagte zu 1) im vorliegenden Rechtsstreit verurteilt werde, einen anderen Auflagebegünstigten zu bestimmen und ihm den Grundbesitz zu übertragen. Damit ist die Vereinbarung gerade für den Fall getroffen worden, daß sich der Anspruch des klagenden Landes als gerechtfertigt herausstellen sollte. Der Ausschluß aller in einem solchen Fall gegebener Rückforderungsansprüche der Beklagten hatte allein den Zweck, in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken die Durchsetzung des Klageziels von vornherein unmöglich zu machen. Das verstößt gegen § 138 Abs. 1 BGB, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat (BGHZ 60, 102, 104f.; Urteil vom 14. Dezember 1987 - II ZR 166/87 - BGHR § 138 Abs. 1 Drittschädigung 1; Urteil vom 16. Mai 1990 - IV ZR 55/89 - BGHR § 138 Abs. 1 Drittschädigung 2). Daß sich der Anspruch aus § 2194 BGB auf die Begünstigung eines anderen als des Klägers richtet, der Begünstigte selbst aber kein Recht auf die Leistung hat und daß bei schuldhaftem Unmöglichwerden der Auflagenerfüllung nicht aus § 280 BGB, sondern nur aus § 2196 BGB gehaftet wird, macht das Vorgehen der Beklagten und der GKKG nicht weniger anstößig als bei Vereitelung eines Vermächtnisses (zu letzterem vgl. BGH, Urteil vom 1. April 1992 - IV ZR 332/90IV ZR 332/90 - BGHR BGB § 826 Drittbeteiligung 1).
Fundstellen
Haufe-Index 1456475 |
BGHZ, 357 |
NJW 1993, 2168 |