Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Umwandlung eines ehemals kreisgeleiteten Volkseigenen Betriebes in eine Kapitalgesellschaft im Aufbau.
Normenkette
DDR: TreuhG § 11; EinigVtr Art. 22
Verfahrensgang
OLG Dresden (Aktenzeichen 9 U 3603/97) |
LG Bautzen (Aktenzeichen 4 O 738/97) |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 7. Mai 1998 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin, die als „GmbH im Aufbau in Liquidation” (GmbH i.A. i.L.) firmiert, nimmt die Beklagten auf Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umsatzsteuer in Anspruch.
In der ehemaligen DDR stand die Klägerin als „VEB (K) Baustoffwerke B. ” im folgenden: VEB) unter der Leitung des Rates des Kreises B.. Nach der Wiedervereinigung wurde sie zunächst als kraft Gesetzes durch Umwandlung des VEB entstandene GmbH i.A. angesehen und als solche am 29. Januar 1991 im Handelsregister eingetragen.
Mit notariellem Vertrag vom 23. Juli 1992 kauften die Beklagten von der durch die Treuhandanstalt vertretenen Bundesrepublik Deutschland den nach Ausgliederung des Betriebsteils „Projektierung” verbliebenen Hauptbetriebsteil des ehemaligen VEB, der aus verschiedenen Grundstücken, Gegenständen des Anlage- und Umlaufvermögens sowie auf den Betriebsteil bezogenen Verträgen und Vertragsangeboten bestand. In dem notariellen Vertrag heißt es unter anderem:
„Präambel
Die Bundesrepublik Deutschland wurde gem. Art. 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Satz 2, § 1 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 des Vermögenszuordnungsgesetzes Inhaberin des Betriebes des ehemaligen VEB (K) Baustoffwerke B.. Sie wurde damit Eigentümerin von dessen Aktiva und Passiva.
……
Der Käufer übernimmt die im Vermögensstatus der nicht wirksam entstandenen Baustoffwerke B. GmbH vom 31.05.1992 ausgewiesenen Verbindlichkeiten sowie die seit dem 31.05.1992 bis zum Übertragungsstichtag entstandenen weiteren betriebsbezogenen Verbindlichkeiten.
……
(1) Die Parteien stimmen darin überein, daß die Arbeitsverhältnisse der im Betriebsteil beschäftigten Arbeitnehmer auf den Käufer übergehen. Der Käufer stellt den Verkäufer von sämtlichen Verpflichtungen aus den Arbeitsverhältnissen frei. Etwaige Abfindungen bzw. Sozialplanleistungen für nach dem Übertragungsstichtag ausgesprochene betriebsbedingte Kündigungen gehen zu Lasten des Käufers.
……
… (5) Soweit eine Vertragsseite aus mehreren Personen besteht, übernehmen diese die Verpflichtungen aus diesem Vertrag als Gesamtschuldner.
- ……”
Mit Bescheid vom 21. August 1995 wurde die Klägerin von der AOK D. zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagebeträgen für die Monate August und September 1992 in Höhe von 11.992,08 DM sowie Säumniszuschlägen in Höhe von 4.820,08 DM herangezogen. In einem Bescheid des Finanzamtes B. vom 2. Juni 1994 wurde gegen die Klägerin für den Zeitraum vom 1. Januar bis 23. Juli 1992 eine Umsatzsteuerschuld in Höhe von 5.880,66 DM zuzüglich 29,- DM Zinsen festgesetzt. Diese Beträge sind von der Klägerin, wie sie behauptet, bezahlt worden.
Die Klägerin genehmigte in einer notariellen Erklärung ihrer seinerzeitigen Geschäftsführerin vom 10. Juni 1996 den Kaufvertrag vom 23. Juli 1992 und ließ sich mit Vereinbarung vom 7. April 1997 von der Bundesrepublik Deutschland die aus dem Kaufvertrag erwachsenden Rechte abtreten.
Die Klage, mit der die Klägerin von den Beklagten als Gesamtschuldnern Ausgleich für die gezahlten Beträge begehrt, ist in beiden Vorinstanzen als unzulässig abgewiesen worden. Mit ihrer – zugelassenen – Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat in seiner Entscheidung (abgedruckt in OLG-NL 1998, 195) angenommen, daß die Klägerin als juristische Person nicht wirksam entstanden und daher mangels Rechtsfähigkeit nicht parteifähig im Sinne des § 50 Abs. 1 ZPO sei. Zur Begründung hat es unter Bezugnahme auf die erstinstanzliche Entscheidung ausgeführt:
Der VEB sei nicht mit Inkrafttreten des Treuhandgesetzes (TreuhG) am 1. Juli 1990 gemäß dessen § 11 Abs. 1 kraft Gesetzes in eine GmbH i.A. umgewandelt worden, da er als dem Kreis unterstellter Betrieb dem Ausnahmetatbestand des § 11 Abs. 3 TreuhG unterfallen sei. Daran habe sich durch Inkrafttreten des Kommunalvermögensgesetzes der DDR vom 6. Juli 1990 (GBl. DDR I S. 660) nichts geändert, da ein für die Überführung des Betriebes in das Vermögen des Landkreises B. erforderlicher Antrag nicht innerhalb der zweimonatigen Frist des § 3 der Durchführungsverordnung zum Kommunalvermögensgesetz gestellt worden sei. Das Vermögen des VEB sei daher gemäß Artikel 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages (EinigungsV) mit Wirksamwerden des Beitritts in die Treuhandverwaltung des Bundes übergegangen. Hiervon seien auch die Parteien des Kaufvertrages vom 23. Juli 1992 ausgegangen, so daß ein Rechtsschein zugunsten der Klägerin nicht habe entstehen können.
Die Umwandlung des VEB in eine GmbH i.A. aufgrund einer analogen Anwendung von § 11 Abs. 1 TreuhG im Zeitpunkt des Beitritts komme nicht in Betracht, weil es insofern an der erforderlichen planwidrigen Regelungslücke fehle. Auch habe der Gesetzgeber bei den späteren Änderungen des Treuhandgesetzes vom 22. März 1991 und 9. August 1994 keine Neufassung des § 11 TreuhG zur Klarstellung der in Rechtsprechung und Schrifttum bereits bekannten Problematik vorgenommen. Die Gefahr einer dauerhafter Handlungsunfähigkeit derjenigen volkseigenen Betriebe, die weder dem Treuhandgesetz noch dem Kommunalvermögensgesetz unterfielen, habe nicht bestanden, weil deren Teilnahme am Wirtschaftsleben bis zum Abschluß der gebotenen Umwandlung in Kapitalgesellschaften über die Konstruktion einer Vollmacht durch die Bundesrepublik Deutschland sichergestellt gewesen sei. Da diese Problematik zudem nur einen kleinen Teil der im Zeitpunkt der Wiedervereinigung existenten Wirtschaftsbetriebe auf dem Gebiet der ehemaligen DDR betroffen habe, sei – entgegen der Einschätzung des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden (VIZ 1994, 427) – ein „Stillstand der Wirtschaft” ohne Konstruktion einer analogen Anwendung des § 11 Abs. 1 TreuhG nicht zu befürchten.
II.
Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg. Mit Recht hat das Berufungsgericht die Parteifähigkeit der Klägerin nach § 50 Abs. 1 ZPO verneint. Die Klägerin ist als juristische Person nicht wirksam entstanden.
1. Das Oberlandesgericht ist zunächst davon ausgegangen, daß der VEB bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 als volkseigener Betrieb fortbestanden hat. Das ist – wie auch die Revision einräumt – zutreffend.
a) Der VEB war vor der Wiedervereinigung ein in das Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragener volkseigener Betrieb im Sinne der §§ 31 f. der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8. November 1979 (GBl. DDR I S. 355 - Kombinatsverordnung). Er hatte somit den Status einer juristisch selbständigen Wirtschaftseinheit des DDR-Rechts, die dem Rat des Kreises B. unterstellt war.
b) Eine Umwandlung des VEB in eine Kapitalgesellschaft, wie dies in der DDR zunächst auf der Grundlage der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 1. März 1990 (GBl. DDR I Nr. 14 S. 107 - sog. Umwandlungsverordnung) möglich gewesen wäre (vgl. Busche in Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR – im folgenden: RVI –, Band III, Stand Juni 1998, B 200 TreuhG vor § 1 Rdnr. 2 f., 4), ist nicht erfolgt. Der VEB ist auch nicht nach § 11 Abs. 1 und 2 des Gesetzes zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens (Treuhandgesetz - TreuhG) vom 17. Juni 1990 (GBl. DDR I S. 300) in eine GmbH i.A. umgewandelt worden. Nach dieser Vorschrift wurden juristisch selbständige Wirtschaftseinheiten, die bis zum 1. Juli 1990 noch nicht (aufgrund der Umwandlungsverordnung, vgl. Weimar, Treuhandgesetz 1993, § 1 Rdnr. 78, § 11 Rdnr. 1 f.; Busche aaO § 11 Rdnr. 1) umgewandelt waren, kraft Gesetzes zu Kapitalgesellschaften im Aufbau. Von der Zwangsumwandlung ausgenommen waren allerdings solche Betriebe und Einrichtungen, die Gemeinden, Städten, Ländern oder – wie hier der VEB – den Kreisen unterstellt waren (§ 11 Abs. 3 3. Spiegelstrich TreuhG). Für diese Wirtschaftseinheiten galt der in § 1 TreuhG enthaltene allgemeine Privatisierungsgrundsatz nicht (§ 1 Abs. 5 3. Spiegelstrich TreuhG), weil der DDR-Gesetzgeber beabsichtigte, diese Vermögenswerte den bisherigen Rechtsträgern für ihre Aufgabenerfüllung zu belassen und in deren Kommunalvermögen zu überführen (vgl. Busche aaO Rdnr. 18a; ders. in VIZ 1993, 260; vgl. auch Ohle, Vermögensübergang auf Kapitalgesellschaften mit Treuhandbeteiligung: Über die Plazierung des ehemals volkseigenen Vermögens nach der Wirtschaftsunion, 1995, S. 64).
c) In Entsprechung hierzu sowie zu der in § 1 Abs. 1 Sätze 2 und 3 TreuhG bestimmten Übertragung von volkseigenem Vermögen auf öffentlichrechtliche Körperschaften (vgl. Kiethe in RIV Band I, SystDarst II Rdnr. 133; Ohle aaO) sollte nach dem Kommunalvermögensgesetz vom 6. Juli 1990 (KVG) volkseigenes Vermögen, das kommunalen Aufgaben und Dienstleistungen diente, kostenlos auf die Gemeinden, Städte und Landkreise übertragen werden (§ 1 KVG). Zu diesem Vermögen zählten nach dem Willen des DDR-Gesetzgebers auch alle volkseigenen Betriebe und Einrichtungen, die den Räten der Gemeinden und Städte (§ 2 Abs. 1 b KVG) oder – wie hier der VEB – den Räten der Kreise (§ 3 Abs. 1 b KVG) unterstellt waren. Eine Überführung des VEB in den Landkreis B. nach diesen Bestimmungen hat jedoch nicht stattgefunden. Denn nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist ein zur Vermögensübertragung erforderlicher Antrag bis zum 20. September 1990 und damit innerhalb der zweimonatigen Ausschlußfrist (§ 7 Abs. 1 KVG) nicht gestellt worden.
2. Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht weiter angenommen, daß das Vermögen des VEB mit Wirksamwerden des Beitritts gemäß Art. 22 Abs. 1 EinigungsV in die Treuhandverwaltung des Bundes übergegangen ist.
a) Der Geschäftsgegenstand des ehemaligen VEB umfaßte, wie sich aus dem späteren Eintrag der Klägerin im Handelsregister ergibt, unter anderem die Herstellung von Betonelementen, die Ausführung von Bauleistungen im Hoch- und Tiefbau und ein Architekturbüro. Da sein Betrieb somit keinen unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben im Sinne des Art. 21 Abs. 1 EinigungsV diente, gehörte der VEB zum Finanzvermögen nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 EinigungsV, welches nach dieser Vorschrift mit Wirksamwerden des Beitritts der Treuhandverwaltung des Bundes unterstellt wurde.
b) Soweit Art. 22 EinigungsV Ausnahmen von dieser allgemeinen Vermögenszuweisung vorsieht, sind diese nicht einschlägig. Insbesondere gehörte der VEB nicht zu dem nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 ausgenommenen Finanzvermögen, welches gemäß § 1 Abs. 1 Sätze 2 und 3 TreuhG den Gemeinden, Städten oder Landkreisen übertragen wurde (sog. kommunales Finanzvermögen, vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1996 - VII ZR 21/96 = DtZ 1997, 128 unter II 2 a; Schmidt/Leitschuh in RVI, Band II, Stand November 1994, B 20 EVertr Art. 22 Rdnr. 9 f. m.w.N.). Der VEB hätte zwar vor der Wiedervereinigung – wie gezeigt – nach § 1 Abs. 1 Sätze 2 und 3 TreuhG und der in Ausführung hierzu vom DDR-Gesetzgeber erlassenen weiten Fassung des Kommunalvermögensgesetzes dem Landkreis übertragen werden können. Der Gesetzgeber des Einigungsvertrages hat indes das kommunale Finanzvermögen ebenso wie das kommunale Verwaltungsvermögen im Sinne des Art. 21 Abs. 1 EinigungsV auf dasjenige ehemals volkseigene Vermögen beschränkt, welches am 3. Oktober 1990 für solche öffentlichen Zwecke und Aufgaben tatsächlich genutzt wurde oder konkret vorgesehen war, die nach der Rechtsordnung des Grundgesetzes im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung wahrgenommen werden (BVerwGE 97, 240, 241 f; BGH aaO m.w.N.). Nur mit dieser in Anlage II Kapitel IV Abschnitt III Nr. 2 a zum Einigungsvertrag enthaltenen Maßgabe sind die Regelungen des Kommunalvermögensgesetzes in Kraft geblieben (abgedruckt in RVI, Band I, Stand: April 1998, A 160 Fn. 1); denn allein der besondere Bezug zu den kommunalen Selbstverwaltungsaufgaben rechtfertigt es, kommunales Finanzvermögen gegenüber dem sonstigen, zur Aufteilung zwischen dem Bund und den neuen Ländern sowie dem Land Berlin – bei angemessener Beteiligung der Gemeinden und Gemeindeverbände an dem Länderanteil – vorgesehenen Finanzvermögen (vgl. Art. 22 Abs. 1 EinigungsV) herauszuheben (BVerwG aaO). Auf die kommunale Rechtsträgerschaft kam es daher für die Zugehörigkeit zum kommunalen Finanzvermögen nicht mehr entscheidend an; diese ist lediglich Indiz für die Annahme, daß ein Vermögenswert kommunalen Zwecken und Aufgaben dient (BVerwG aaO; BGH aaO m.w.N.). Diente daher das Unternehmen – wie hier der VEB als Bauunternehmen im weitesten Sinne – nicht unmittelbar Aufgaben, die dem Rechtsträger als Selbstverwaltungskörperschaft zugewiesen sind (vgl. Bausch in RVI, Band I, SystDarst VIII Rdnr. 36; Schmidt/Leitschuh aaO Rdnr. 11), gehörte es auch dann nicht zum kommunalen Finanzvermögen, wenn es zuvor in kommunaler Rechtsträgerschaft gestanden hatte.
3. Entgegen der Ansicht der Revision ist das Oberlandesgericht auch zu Recht davon ausgegangen, daß der VEB mit Wirksamwerden des Beitritts nicht in eine GmbH i.A. umgewandelt worden ist. Der VEB ist vielmehr, nachdem die Kombinatsverordnung gemäß Art. 8 EinigungsV außer Kraft getreten ist und die bis dahin noch vorhandenen volkseigenen Betriebe nicht in der bisherigen Rechtsform fortbestehen konnten (Weimar, Treuhandgesetz, § 11 Rdnr. 28; Busche aaO § 11 Rdnr. 18a), zum unselbständigen Eigenbetrieb im Treuhandeigentum des Bundes geworden.
a) Die Frage, in welcher Rechtsform die nach § 11 Abs. 3 3. Spiegelstrich TreuhG von der Umwandlung ausgenommenen, ehemals volkseigenen Unternehmen, die nicht zum Kommunalvermögen gehörten, weiterbestanden haben, wird allerdings nicht einheitlich beantwortet. Die frühere Treuhandanstalt, der gemäß Art. 22 Abs. 2 EinigungsV die Verwaltung und Verwertung der ehemals kommunalgeleiteten Betriebe übertragen worden war (Schreiben BMF vom 16. Januar 1991, abgedruckt in BAnz Nr. 202 vom 26. Oktober 1993), war zunächst davon ausgegangen, daß derartige Betriebe in Kapitalgesellschaften umgewandelt worden seien, und hatte deren Eintragung ins Handelsregister erwirkt. Später änderte sie ihre Auffassung und vertrat die Ansicht, daß eine Umwandlung nicht erfolgt und das Vermögen dieser Betriebe vielmehr gemäß Art. 22 Abs. 1 Satz 1 EinigungsV Treuhandeigentum des Bundes geworden sei (Rechtliche Hinweise des Direktorats Recht vom 22. November 1991). Mittlerweile ist sie wieder zu ihrer ursprünglichen Auffassung zurückgekehrt.
In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und im Schrifttum ist zum Teil eine Umwandlung dieser Betriebe in Kapitalgesellschaften aufgrund unmittelbarer (Bausch in RIV, Band I, Stand: April 1998, SystDarst VIII Rdnrn. 35 f.; ähnlich auch Graf Lambsdorff, DtZ 1992, 102, 103 unter Hinweis auf § 12 Abs. 1 SpTrUG) oder analoger Anwendung des § 11 Abs. 1 und 2 TreuhG (OLG Dresden, VIZ 1994, 427, 429 f) oder aber – im Falle der Eintragung in das Handelsregister – nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft (KG VIZ 1993, 113 für einen Außenhandelsbetrieb; Stute, VIZ 1994, 381) angenommen worden. Die wohl überwiegende Ansicht befürwortet jedoch eine konsequente Anwendung des Umwandlungsausschlusses nach § 11 Abs. 3 TreuhG (AG Charlottenburg, ZIP 1992, 520; Busche aaO § 11 Rdnr. 18a; Horn, Zivil- und Wirtschaftsrecht in den neuen Bundesländern, 2. Aufl. 1993, Kap. 3 § 12 III Rdnr. 45; Neye, EWiR 1992, 387 und 1993, 397; Ohle aaO S. 65; Schillo in Rädler/Raupach/Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR, Stand: Sept. 1998, Teil 2 D Rdnrn. 10, 105; Schießl, VIZ 1994, 377, 380; Schmidt-Habersack in Kimme, Offene Vermögensfragen, Band II, Stand: Juli 1998, 34 THG § 11 Rdnr. 28; Spiessen/Gruber, VIZ 1994, 209, 210; Weimar aaO Rdnr. 28).
b) Der Bundesgerichtshof hat die Frage bisher offengelassen (Urteil vom 18. Dezember 1995 - II ZR 294/93 = WM 1996, 205 = DStR 1996, 1056 m. Anmerkung Goette). Der erkennende Senat entscheidet sie nunmehr im Sinne der zuletzt genannten Auffassung. Anders als in dem vom Senat bereits entschiedenen Fall der Umwandlung volkseigener Güter (VEG), die gemäß § 11 Abs. 3 letzter Spiegelstrich zunächst ebenfalls von der gesetzlichen Umwandlung nach § 11 Abs. 1 und 2 TreuhG ausgenommen waren (BGHZ 126, 351 und Urteil vom 21. Dezember 1994 - VIII ZR 62/93 = WM 1995, 396 = DtZ 1995, 171), fehlt es für die Betriebe und Einrichtungen im Sinne des § 11 Abs. 3 3. Spiegelstrich TreuhG an einer gesetzlichen Grundlage für die Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft im Aufbau kraft Gesetzes.
aa) Allerdings ist auch hier davon auszugehen, daß der Grund für die Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 3 3. Spiegelstrich TreuhG mit dem Einigungsvertrag zumindest teilweise weggefallen ist. Denn mit dem Einigungsvertrag ist – wie zuvor dargelegt – die (unmittelbare) Übertragung von vormals volkseigenem Vermögen auf kommunale Rechtsträger eingeschränkt worden. Damit konnte jedenfalls der Teil der von § 11 Abs. 3 3. Spiegelstrich TreuhG betroffenen Unternehmen, der nicht unmittelbar Selbstverwaltungsaufgaben des kommunalen Rechtsträgers diente, außerhalb des allgemeinen Restitutionsvorbehaltes nach Art. 21 Abs. 3 und Art. 22 Abs. 1 Satz 7 EinigungsV nicht mehr – wie vom DDR-Gesetzgeber zunächst beabsichtigt (siehe oben unter II 1 c) – auf die Kommunen und Kreise übergehen. Während jedoch der Gesetzgeber des Einigungsvertrages in dem ähnlich gelagerten Fall der volkseigenen Güter die 3. Durchführungsverordnung zum Treuhandgesetz (3. DVO TreuhG) ausdrücklich aufrechterhalten und damit seine Absicht zu erkennen gegeben hat, die nach § 2 der 3. DVO TreuhG der Privatisierung unterliegenden volkseigenen Güter gemäß § 11 Abs. 1 und 2 TreuhG der gesetzlichen Umwandlung in Kapitalgesellschaften im Aufbau zu unterwerfen (BGHZ 126, 351, 355; Senatsurteil vom 21. Dezember 1994 aaO unter II 2), fehlt es im Fall der kommunal- und kreisgeleiteten Betriebe an einem vergleichbaren Anhaltspunkt für einen entsprechenden gesetzgeberischen Willen. Insbesondere kann daraus, daß der Gesetzgeber im Einigungsvertrag das Kommunalvermögensgesetz nur eingeschränkt aufrechterhalten hat, nicht geschlossen werden, daß er damit zugleich § 11 Abs. 3 3. Spiegelstrich TreuhG – entgegen seinem Wortlaut – auf solche Betriebe und Einrichtungen beschränkt sehen wollte, die dem Kommunalvermögen im Sinne der Art. 21, 22 EinigungsV unterfielen (so aber Bausch in RVI, aaO, Rdnr. 35 f.). Ein Anhaltspunkt hierfür findet sich weder in Art. 25 EinigungsV, mit dessen Maßgabe das Treuhandgesetz nach der Wiedervereinigung Fortgeltung erfahren hat, noch in den Gesetzesmaterialien zum Einigungsvertrag. Hinzukommt, daß die gesetzliche Umwandlung derjenigen kommunal- und kreisgeleiteten Betriebe, die nicht kommunales Vermögen darstellten, nicht in gleichem Maße geboten erscheint wie im Fall der volkseigenen Güter. Während diese zwar zunächst ebenfalls von der Umwandlung nach dem Treuhandgesetz ausgenommen worden waren, sollte ihre Privatisierung auf der Grundlage von § 11 Abs. 2 TreuhG jedoch von vornherein für den Fall erfolgen, daß eine Übertragung auf Länder und Kommunen nicht vorgesehen war (BGHZ aaO). Der Privatisierungsauftrag und die damit zusammenhängende Umwandlung der Unternehmen in Kapitalgesellschaften im Aufbau wurde daher bei volkseigenen Gütern lediglich so lange aufgeschoben, bis eine Übertragung auf Länder und Kommunen grundsätzlich nicht mehr möglich war. Ein solcher Schwebezustand war für die unter § 11 Abs. 3 3. Spiegelstrich TreuhG fallenden Betriebe und Einrichtungen, die Aufgaben der örtlichen Versorgungs-, Dienstleistungs- und Reparaturwirtschaft wahrnahmen und nach dem Willen des damaligen Gesetzgebers in dem Zuständigkeitsbereich der Kommunen verbleiben sollten (s. Ohle aaO), nicht gegeben. Sie waren nach § 1 Abs. 5 3. Spiegelstrich TreuhG vielmehr uneingeschränkt vom Privatisierungsauftrag ausgenommen. Dabei blieb es auch nach Inkrafttreten des Einigungsvertrages, denn dieser sah für solche Unternehmen weder unmittelbar noch mittelbar – etwa im Wege der Aufrechterhaltung einer entsprechenden Durchführungsverordnung wie im Fall der volkseigenen Güter – eine Privatisierung vor.
bb) Eine Regelungslücke, die eine entsprechende Anwendung des § 11 Abs. 1 und 2 TreuhG erfordern würde, ist ebenfalls nicht erkennbar. Entgegen der Ansicht des 6. Zivilsenats des OLG Dresden (aaO) hätte die Fortsetzung der nicht umgewandelten kommunal- und kreisgeleiteten Betriebe in Form von rechtlich unselbständigen Eigenbetrieben des Bundes weder ein „wirtschaftliches Chaos” noch einen „Stillstand der Wirtschaft” zur Folge gehabt. Da die Zahl der betroffenen Betriebe und Einrichtungen nicht übermäßig hoch sein dürfte – sie wird zwar auf über 100 liegend geschätzt (Stute, VIZ 1994, 381), stellt damit jedoch nur einen kleinen Teil der ca. 3.500 bis Mitte 1994 privatisierten Unternehmen dar (vgl. Bausch in RIV aaO Rdnr. 4) –, erscheint eine derartige Befürchtung bei Nichtanwendung des § 11 Abs. 1 und 2 TreuhG nicht gerechtfertigt. Im übrigen hat die ehemalige Treuhandanstalt in ihren rechtlichen Hinweisen (vgl. der in den Akten befindliche Rechtliche Hinweis des Direktorats Recht vom 22. November 1991) selbst aufgezeigt, daß die Fortführung dieser Betriebe im Treuhandeigentum des Bundes hinsichtlich der anfallenden Fragen (Vermögenszuordnung, Arbeitsverhältnisse, Kreditaufnahme, Vertretung, Privatisierung u.a.) befriedigend gelöst werden kann. Dies gilt insbesondere für die Vertretungsfrage, deren Problematik das OLG Dresden offenbar zu der Einschätzung geführt hat, die betroffenen Unternehmen seien ohne Umwandlung in Kapitalgesellschaften im Aufbau handlungsunfähig (aaO S. 430). Für die Leitung dieser Betriebe war nach den Vorstellungen der ehemaligen Treuhandanstalt die ausdrückliche Bestellung eines Bevollmächtigten vorgesehen. Für den Fall, daß dies nicht erfolgt ist, begegnet es keinen Bedenken, dem Verwaltungsträger den Geschäftsbetrieb der nicht umgewandelten Unternehmen jedenfalls nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht zurechnen zu lassen (vgl. Busche in RIV aaO Rdnr. 18a).
cc) Die Klägerin ist schließlich auch nicht deshalb als Kapitalgesellschaft im Aufbau entstanden, weil sie als GmbH i. A. in das Handelsregister eingetragen worden ist. Da die Voraussetzungen für eine Umwandlung nach § 11 Abs. 1 und 2 TreuhG und damit die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen für eine Eintragung der Klägerin fehlten, ist diese zu Unrecht erfolgt. Eine Berufung auf die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft, wonach die fehlerhaft entstandene Gesellschaft regelmäßig nicht von Anfang an nichtig, sondern wegen des Nichtigkeits- und Anfechtungsgrundes nur mit Wirkung für die Zukunft vernichtbar ist (statt aller: BGHZ 55, 5, 8 f. m.w.N.), kommt hier nicht in Betracht (a.A. KG VIZ 1993, 113 = EWiR 1993, 397 mit ablehnender Anmerkung Neye; Stute aaO). Denn die Annahme einer fehlerhaften Gesellschaft setzt regelmäßig das Vorliegen eines – wenn auch mangelbehafteten – Gesellschaftsvertrages voraus (BGHZ 11, 190, 191; zuletzt etwa BGH, Urteil v. 14. Oktober 1991 - II ZR 212/90 = WM 1992, 490 = NJW 1992, 1501 unter II 2 b m.w.N.). Hieran oder an einem vergleichbaren Entstehungstatbestand fehlt es hingegen im Fall der Klägerin. Diese ist lediglich aufgrund der rechtsirrigen Annahme ihrer Umwandlung kraft Gesetzes eingetragen worden und mithin eine bloße Scheingesellschaft (so auch AG Charlottenburg aaO; Busche aaO § 15 Rdnr. 3; Horn aaO § 12 Rdnr. 46; Neye aaO; Schießl aaO; de Weerth, DB 1994, 1405, 1407; Weimar aaO § 15 Rdnr. 2, je m.w.N.).
4. Nach alledem ist die Klägerin nicht als selbständige juristische Person entstanden. Die Abweisung der Klage als unzulässig ist daher zu Recht erfolgt.
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Zülch, Dr. Hübsch, Ball, Wiechers
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 24.02.1999 durch Mayer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 539170 |
BGHZ |
BGHZ, 1 |
DStR 1999, 945 |
EWiR 1999, 909 |
NZG 1999, 957 |
Nachschlagewerk BGH |
VIZ 1999, 363 |
WM 1999, 906 |
ZAP-Ost 1999, 328 |
ZIP 1999, 612 |
NJ 1999, 427 |
OVS 1999, 176 |