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BGH Urteil vom 24.06.1999 - VII ZR 342/98 (veröffentlicht am 24.06.1999)

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Leitsatz (amtlich)

a) Zieht der Auftragnehmer zur Berechnung der Vergütung aus § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B die Herstellungskosten als ersparte Aufwendungen ab, so reicht regelmäßig die Darlegung der kalkulierten Kosten. Solange sich aus den sonstigen Umständen keine Anhaltspunkte für eine andere Kostenentwicklung ergeben, bedarf es keiner Darlegung dazu, welche Preise er mit den noch nicht beauftragten Subunternehmern vereinbart hätte.

b) Hat der Auftragnehmer sämtliche Einheitspreise mit einem einheitlichen Zuschlag auf die Herstellungskosten kalkuliert, bedarf es keiner differenzierenden Darstellung der Einzelpositionen des Leistungsverzeichnisses, wenn der Auftragnehmer sich nach der Kündigung sämtliche Herstellungskosten als ersparte Aufwendungen abziehen läßt (im Anschluß an BGH, Urteil vom 21. Dezember 1995, BGHZ 131, 362; Urteil vom 14. Januar 1999 - VII ZR 277/97, BauR 1999, 642).

c) Ob der Auftragnehmer tatsächlich mit einem einheitlichen Zuschlag kalkuliert hat oder bei entsprechender Kalkulation mit Verlust gearbeitet hätte, ist keine Frage der Prüffähigkeit der Rechnung.

 

Normenkette

VOB/B § 8 Nr. 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

Brandenburgisches OLG (Aktenzeichen 10 4 U 229/97)

LG Potsdam (Aktenzeichen 2 O 340/97)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 10. Juli 1998 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten 72.804,07 DM Werklohn nach Kündigung von zwei Einheitspreisverträgen über Trockenbauarbeiten und über die Lieferung und Montage von Türen für den Neubau einer Grundschule. Der Beklagte hat den am 26./27. Februar 1997 geschlossenen Vertrag am 13. März 1997 gekündigt. Die Parteien streiten u.a. noch darüber, ob die Klägerin prüffähig abgerechnet hat. Sie hat behauptet, sie habe auf die Lohn- und Materialkosten aller Positionen der Einheitspreisverträge einen einheitlichen Aufschlag von 25 % für Gemeinkosten, Wagnis und Gewinn kalkuliert. Den Aufschlag von 3 % für Wagnis lasse sie sich als ersparte Aufwendungen abziehen. Das gleiche gelte für die Direktkosten, die ihr nicht entstanden seien, weil sie die vorgesehenen Subunternehmer noch nicht beauftragt habe. Der Rest ergebe die Klageforderung. Die ursprünglich zusätzlich geltend gemachten Kosten der Baustelleneinrichtung in Höhe von 11.579,17 DM netto seien in den Gemeinkosten der Baustelle enthalten. Weitere Arbeiten seien nicht ausgeführt worden. Subunternehmer seien noch nicht beauftragt worden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufung hat die Klägerin den Aufschlag von 25 % wie folgt spezifiziert:

a) Baustellengemeinkosten (Bauführer, Polier, Baustelleneinrichtung)

10,4 %

b) Sondereinzelkosten (Gewährleistung, Vorhaltung der Leistung, Bürgschaftsprovision)

1,3 %

c) Allgemeine Verwaltungskosten

7,3 %

d) Wagnis

3,0 %

e) Gewinn

3,0 %

Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht meint, die Klägerin habe den ihr nach § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B zustehenden Vergütungsanspruch nicht in der erforderlichen Weise dargetan. Die ersparten Aufwendungen seien nicht in Bezug auf die Positionen des Leistungsverzeichnisses, sondern nur in pauschalierender Weise mit Prozentsätzen angegeben worden. Die Klägerin teile die „Direktkosten” weder durch eine nachprüfbare und einlassungsfähige Aufstellung nach Positionen des Leistungsverzeichnisses noch auf andere, vergleichbare Weise mit. Sie hätte insoweit die Subunternehmerkosten angeben müssen. Die Klägerin könne auch nicht die nach ihrer Behauptung bereits entstandenen Kosten der Baustelleneinrichtung geltend machen. Es stehe nicht fest, daß sie in dieser Höhe überhaupt eine Vergütung verlangen könne, weil eine Verlustkalkulation nicht ausgeschlossen sei.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht verkennt die Voraussetzungen einer prüffähigen Abrechnung des Anspruchs aus § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B.

1. Grundlage des Anspruchs aus § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B ist die vereinbarte Vergütung. Diese ist beim Einheitspreisvertrag nach den vertraglichen Einheitspreisen abzurechnen. Davon sind die ersparten Kosten und gegebenenfalls anderweitiger Erwerb abzuziehen. Diesen Abzug hat der Auftragnehmer vorzutragen und zu beziffern. Die Abrechnung muß dem Auftraggeber die Prüfung ermöglichen, ob der Auftragnehmer ersparte Kosten auf der Grundlage der konkreten, dem Vertrag zugrunde liegenden Kalkulation zutreffend berücksichtigt hat (BGH, Urteil vom 21. Dezember 1995 - VII ZR 198/94, BGHZ 131, 362; Urteil vom 14. Januar 1999 - VII ZR 277/97, BauR 1999, 642; zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Die Ausführungen der Revision geben keinen Anlaß, von dieser mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des Senats abzuweichen.

a) Diese Rechtsprechung soll gewährleisten, daß der Auftragnehmer durch die Kündigung keinen Nachteil oder Vorteil hat (BGH, Urteil vom 11. Februar 1999 - VII ZR 91/98, BauR 1999, 632). Wird ein Vertrag vor der Ausführung gekündigt, reicht regelmäßig die Darlegung der dem Vertragsabschluß zugrunde liegenden Kalkulation, solange sich nicht bereits aus den sonstigen Umständen ergibt, daß der Vertrag eine andere Kostenentwicklung genommen hätte.

b) Hat der Auftragnehmer einen Einheitspreis in der Weise kalkuliert, daß er die Herstellungskosten gleichmäßig mit einem bestimmten Zuschlag versieht, der die sonstigen Kostenfaktoren und den Gewinn enthält, kann er grundsätzlich auch auf dieser Grundlage abrechnen. Je nach Sachlage kann es allerdings notwendig sein, die ersparten Aufwendungen positionsbezogen, eventuell durch differenzierte Nachkalkulation eines pauschal kalkulierten Zuschlags auf die Herstellungskosten darzulegen (BGH, Urteil vom 21. Dezember 1995 - VII ZR 198/94, BGHZ 131, 362). Eine differenzierende Darstellung der Kalkulation nach Einzelpositionen des Leistungsverzeichnisses ist jedoch entbehrlich, wenn Unter- oder Fehlkalkulationen einzelner Positionen den Auftraggeber nicht nennenswert berühren können (BGH, Urteil vom 14. Januar 1999 - VII ZR 277/97, aaO). Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn der Auftrag vor der Ausführung gekündigt wird und der Auftragnehmer sämtliche Herstellungskosten als ersparte Aufwendungen abzieht. Dann kann es zu einer den Auftraggeber belastenden Verschiebung günstig und ungünstig kalkulierter Positionen des Einheitspreisvertrages nicht kommen. Der Auftragnehmer genügt seiner Darlegungslast, wenn er den pauschal kalkulierten Zuschlag auf die im einzelnen aufgeschlüsselten Herstellungskosten so darlegt, daß der Auftraggeber die Berechtigung dieses pauschalen Ansatzes und der Herstellungskosten nachprüfen und sich dagegen sachgerecht verteidigen kann. Ob der Auftragnehmer tatsächlich mit einem pauschalen einheitlichen Zuschlag kalkuliert hat oder bei entsprechender Kalkulation mit Verlust gearbeitet hätte, weil etwa in einzelnen Positionen der Zuschlag zu hoch, bzw. die Herstellungskosten zu niedrig angesetzt sind, ist keine Frage der Prüffähigkeit der Rechnung.

2. Auf dieser Grundlage kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben.

a) Die Klägerin hatte im Zeitpunkt der Kündigung noch keine in die Herstellungskosten einkalkulierten Leistungen erbracht. Die zunächst gesondert berechneten Kosten der Baustelleneinrichtung sind nach ihrer Behauptung im Zuschlag berücksichtigt worden. Dementsprechend hat die Klägerin sich sämtliche „Direktkosten” als ersparte Aufwendungen abziehen lassen und nur den Zuschlag geltend gemacht, soweit er nach ihrer Auffassung nicht erspart ist. Sie hat auch vorgetragen, daß ihr kein anderweitiger Erwerb möglich gewesen sei.

b) Die Klägerin war entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht gehalten, die Vergütung aus etwaigen Subunternehmerverträgen darzulegen, die nach ihrer Behauptung noch gar nicht abgeschlossen waren. Ausreichend ist nach den ausgeführten Grundsätzen die Darstellung ihrer Kalkulation. Das Berufungsgericht hat keine Umstände festgestellt, aus denen sich ergibt, daß der Vertrag eine davon abweichende Kostenentwicklung genommen hätte. Nach der Behauptung der Klägerin setzen sich die Einheitspreise aus Herstellungskosten (Material- und Lohnkosten) und einem einheitlichen Zuschlag von 25 % auf alle Positionen zusammen. Die sich aus dem Angebot der Klägerin nach Abzug des Zuschlags ergebenden Herstellungskosten entsprechen den kalkulierten Subunternehmerkosten. Das bedurfte keiner weiteren Erwähnung, nachdem die Klägerin dargelegt hatte, daß sie nach ihrer Geschäftsstruktur die Leistungen nicht selbst vornehmen, sondern Subunternehmer beauftragen wollte. Eine positionsbezogene Aufschlüsselung des einheitlichen Zuschlags war entbehrlich.

Die Abrechnung ermöglicht dem Beklagten die Prüfung, ob die Klägerin ersparte Kosten auf der Grundlage der konkreten, dem Vertrag zugrunde liegenden Kalkulation zutreffend berücksichtigt hat. Er ist ausreichend in der Lage vorzutragen, daß die Behauptung der Klägerin zu ihrer Kalkulation unzutreffend ist oder zu Verlusten geführt hätte, weil etwa zu den kalkulierten Kosten Subunternehmer nicht hätten beauftragt werden können.

III.

Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Es wird zu prüfen haben, inwieweit die als Zuschlag kalkulierten Vergütungsbestandteile ersparte Kosten sind. In diesem Zusammenhang ist auf folgendes hinzuweisen:

Die Klägerin hat nach ihrer Darstellung für die Baustellengemeinkosten einen Zuschlag von 10,4 % auf die Herstellungskosten kalkuliert. Zu den Baustellengemeinkosten gehören nach der aufgeschlüsselten Kalkulation die Kosten für die Baustelleneinrichtung und für den Einsatz der Bauführer und Poliere. Es ist nicht erkennbar, daß diese Kosten in vollem Umfang zu vergüten sind. Diese Kosten sind zeitabhängig. Jedenfalls die ersparten Vorhaltekosten der Baustelleneinrichtung muß sich die Klägerin abziehen lassen. Insoweit ist die Aufschlüsselung der Klägerin nicht ausreichend. Sie muß die Kalkulation dieser Zuschlagsgruppe so detailliert darlegen, daß der Beklagte in der Lage ist, diese ersparten Kosten nachzuvollziehen (vgl. Quack, Festschrift für von Craushaar, S. 314). Die Kalkulation der Baustellengemeinkosten muß zudem deshalb detailliert aufgeschlüsselt werden, damit der Beklagte prüfen kann, inwieweit die konkret geltend gemachten Kosten der Baustelleneinrichtung darin enthalten sind. Das Berufungsgericht wird sodann darüber zu entscheiden haben, ob diese Kosten tatsächlich entstanden sind. Das hat der Beklagte bestritten.

Der Zuschlag für „Sondereinzelkosten” ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar, so daß nicht beurteilt werden kann, inwieweit die Kosten für „Gewährleistung”, „Vorhaltung der Leistung” und „Bürgschaftsprovision” erspart sind. Die Klägerin muß erläutern, welche Kosten damit im einzelnen erfaßt sind.

 

Unterschriften

Ullmann, Quack, Thode, Kuffer, Kniffka

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 24.06.1999 durch Heinzelmann, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 539112

BB 2000, 67

DB 1999, 1949

NWB 1999, 3575

BauR 1999, 1292

NJW-RR 1999, 1464

Nachschlagewerk BGH

WM 1999, 2122

ZAP 1999, 860

MDR 1999, 1318

ZfBR 1999, 236

ZfBR 1999, 339

GV/RP 2000, 146

KomVerw 2000, 46

FuBW 1999, 941

FuHe 2000, 177

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