Verfahrensgang
OLG Hamburg (Entscheidung vom 15.12.1989; Aktenzeichen 9 U 8/89) |
LG Hamburg (Entscheidung vom 23.11.1988; Aktenzeichen 9 O 3/88) |
Tenor
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamburg vom 15. Dezember 1989 aufgehoben und das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 23. November 1988 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte hatte sich in einem gerichtlichen Vergleich zur Ausführung von Bauarbeiten bis zum 30. Juni 1986 verpflichtet. Bei nicht durch höhere Gewalt verursachten Verzögerungen sollte sie für jeden Tag des Verzugs eine Vertragsstrafe von 300 DM an die Kläger zahlen.
Die Arbeiten sind nicht rechtzeitig beendet worden. Das beruhte u. a. darauf, daß der in dem Vergleich für Bauüberwachung und Bauleitung vorgesehene Sachverständige zunächst nicht gefunden werden konnte. Deshalb wurde mit den Arbeiten später begonnen. Der schließlich gefundene Sachverständige stellte bei einem Termin am 9. Mai 1987 fest, daß noch Restarbeiten und Nachbesserungen erforderlich seien. Eine erneute Abnahme werde nach Freimeldung durch die Beklagte erfolgen. Auf eine entsprechende Nachricht der Beklagten nahm der Sachverständige dann das Gebäude am 9. Juli 1987 erneut „zwecks Abnahme” in Augenschein. Dabei fehlten nach seinem Urteil lediglich geringfügige Restarbeiten.
Der Sachverständige hat das Ergebnis seiner Feststellungen beiden Parteien alsbald mitgeteilt. Die Kläger haben darauf in einer Eigentümer Versammlung beschlossen, die Vertragsstrafe geltend zu machen. Darauf hat der Verwalter der Wohnungseigentumsanlage mit einem Schreiben vom 18. August 1987 die Vertragsstrafe eingefordert.
Von der sich aus der Verzögerung nach ihren Berechnungen ergebenden Vertragsstrafe von 90.000 DM für 300 Tage Verzögerung machen die Kläger im vorliegenden Rechtsstreit einen Teilbetrag von 50.000 DM zuzüglich Zinsen geltend. Die Beklagte hält diese Forderung unter anderem deshalb für nicht berechtigt, weil die Kläger bei dem Termin vom 9. Juli 1987 keinen Vorbehalt wegen der Vertragsstrafe erklärt haben.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte die in dem gerichtlichen Vergleich vereinbarte Vertragsstrafe verwirkt. Es fehle nicht an einem rechtzeitigen Vorbehalt gemäß § 341 Abs. 3 BGB. Vielmehr sei der im Schreiben des Verwalters vom 18. August 1987 erklärte Vorbehalt rechtzeitig. Die nach Besichtigung des Hauses am 9. Juli 1987 getroffenen Feststellungen des Sachverständigen in seinem Schreiben vom gleichen Tage, daß nämlich die Leistungen „vorbehaltlich der u. a. Punkte 1 bis 3 mängelfrei sind und als abgenommen gelten”, stellten keine Abnahme im Rechtssinne dar. Zu einer solchen sei der Sachverständige nicht befugt gewesen. Weder hätten ihm die Kläger Vollmacht erteilt, noch müßten sie dessen Vertretungsmacht aus Rechtscheinsgrundsätzen gegen sich gelten lassen.
II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Nach der rechtsfehlerfreien Würdigung des Berufungsgerichts ist allerdings davon auszugehen, daß der Sachverständige nicht als bevollmächtigt angesehen werden kann, für die Parteien die Abnahme zu erklären.
2. Nach tatrichterlicher Auslegung war der Termin vom 9. Juli 1987 aber vereinbarungsgemäß dazu bestimmt, durch den neutralen Sachverständigen feststellen zu lassen, ob die Arbeiten der Beklagten abgenommen werden konnten; das Ergebnis sollte den Parteien mitgeteilt werden. Die Mitteilung an den Bevollmächtigten der Kläger erfolgte ausweislich des im Berufungsurteil in Bezug genommenen Schreibens vom 9. Juli 1987 (Anlage K 6) am 13. Juli 1987 und enthält die Formulierung, die Leistungen gälten – vorbehaltlich gewisser Kleinigkeiten – hiermit als abgenommen. Wenn das auch mangels einer entsprechenden Vollmacht des Sachverständigen nicht als Abnahme im Rechtssinn verstanden werden kann, waren die Kläger doch nach Treu und Glauben gehalten, dieser dem vereinbarten Verfahren entsprechenden „Abnahmeerklärung” unverzüglich zu widersprechen, wenn sie eine Abnahme nicht gegen sich gelten lassen wollten. In ihrem anfänglichen Schweigen auf die Mitteilung lag deshalb ihre konkludent erklärte Annahme als im wesentlichen der geschuldeten entsprechende Leistung. Da der Vorbehalt der Vertragsstrafe nach § 341 Abs. 3 BGB bei der Annahme zu erklären ist und der zeitliche Zusammenhang mit der Annahme nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eng zu verstehen ist, hätte es auch einer unverzüglichen Erklärung des Vorbehalts bedurft, wollten die Kläger ihren Anspruch auf die Vertragsstrafe wahren. Der mit Schreiben vom 28. August 1987 erklärte Vorbehalt war verspätet. Denn keinesfalls durften die Kläger, nachdem ihnen die Abnahmereife alsbald mitgeteilt worden war, unter Benutzung des Werks über einen Monat mit der Erklärung des Vorbehalts zuwarten. Sie waren vielmehr gehalten, auf die Mitteilung des Sachverständigen hin unverzüglich zu reagieren. Komplikationen bei der internen Willensbildung der Kläger können nicht zu Lasten der Beklagten gehen. Es war vielmehr ausschließlich Sache der Kläger, durch geeignete Vorkehrungen ihre Meinungsbildung den Umständen entsprechend rechtzeitig abzuschließen.
Es kann schließlich auch nicht angenommen werden, daß die Arbeiten der Beklagten wegen der offen gebliebenen Punkte 1 bis 3 noch nicht im Sinne des Vergleichs „beendet” waren. Bei diesen Arbeiten handelte es sich um Bagatellen, bei denen, wie u. a. die spätere Behandlung zeigt, die Erledigung durch die Beklagte für die Kläger nicht einmal zweckmäßig war.
III.
Nach alledem kann das Berufungsurteil nicht bestehen bleiben. Es ist aufzuheben. Weitere Feststellungen sind nicht erforderlich.
Die Klage ist daher abzuweisen.
Unterschriften
L, B, Q, T, H
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 24.10.1991 durch Henco Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen