Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 341 Abs. 3 BGB, § 640 BGB
Kommentar
Wohnungseigentümer forderten von einem Unternehmer wegen Überschreitung des Fertigstellungstermines um 300 Tage die vereinbarte Vertragsstrafe. Vertraglich hatte man sich auf einen Sachverständigen verständigt, der die Bauüberwachung für die Eigentümergemeinschaft durchführen sollte. Am 9. 7. 1987 nahm der Sachverständige das Gebäude "zwecks Abnahme" in Augenschein und teilte beiden Parteiseiten mit, "dass die Leistungen "mängelfrei" sind und als abgenommen gelten". In nachfolgender Eigentümerversammlung beschlossen die Eigentümer, die Vertragsstrafe geltend zu machen und forderten sie mit Schreiben vom 18. 8. 1987.
Nach Meinung des Bundesgerichtshofs wurde die Forderung zu spät gestellt. Die zwischen den Parteien vereinbarte Sachverständigenbegehung selbst sei keine Abnahme, ebenso auch nicht die Mitteilung des Sachverständigen, die Leistungen würden als abgenommen gelten, da dem Sachverständigen hierfür eine Vollmacht gefehlt habe. Allerdings seien die Eigentümer nach Treu und Glauben gehalten, einer solchen dem vereinbarten Verfahren entsprechenden "Abnahmeerklärung" unverzüglich zu widersprechen, wenn sie eine Abnahme nicht gegen sich gelten lassen wollten. Im anfänglichen Schweigen der Gemeinschaft auf die Mitteilung des Sachverständigen läge die konkludent (stillschweigend) erklärte Abnahme der im Wesentlichen geschuldeten Unternehmerleistung. Ein Vertragsstrafvorbehalt müsse nach § 341 Abs. 3 BGB bei der Abnahme erklärt werden. Da der zeitliche Zusammenhang insoweit eng zu verstehen sei, hätte es einer unverzüglichen Erklärung des Vorbehalts bedurft. Komplikationen bei der internen Willensbildung der Eigentümer könnten nicht zulasten des Bauunternehmers gehen.
Link zur Entscheidung
( BGH, Urteil vom 24.10.1991, VII ZR 54/90= ZfBR 1992, 65)
zu Gruppe 6: Baurechtliche und bautechnische Fragen; Baumängel
Anmerkung:
Eine rechtzeitige, vertraglich exakt vereinbarte förmliche Abnahme liegt im Interesse beider Vertragspartner. Ohne klare und auch beweiskräftig protokollierte Abnahme kann es zum Verlust vereinbarter Vertragsstrafenansprüche einer Auftraggeberseite führen. Gehen mangels klarer Abnahmevereinbarungen Gerichte von einer konkludenten Abnahme aus, beginnt bereits mit diesem Zeitpunkt eine Gewährleistungsfrist zu laufen. Wie in ETW, Gruppe 6 auch bei der Abnahme des Gemeinschaftseigentums vom Bauträger empfohlen, sollte die Abnahme vertraglich eindeutig festgelegt werden.