Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob ein Reisebüro einen mit einem Beherbergungsunternehmen geschlossenen Zimmerreservierungsvertrag auch dann rückgängig machen kann, ohne schadensersatzpflichtig zu werden, wenn ein Rücktrittsrecht nicht ausdrücklich vereinbart worden ist.
Verfahrensgang
OLG Bamberg (Entscheidung vom 14.10.1974) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 14. Oktober 1974 aufgehoben.
Die Sache wird zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Auf Anfrage der Beklagten vom 15. Februar 1971, ob die Klägerin für die gesamte Dauer der Olympiade Hotelzimmer zur Verfügung stellen könne, unterbreitete diese mit Schreiben vom 4. März 1971 folgendes Angebot:
"10 Einzelzimmer vom 19.8.-13.09.1972 = 26 Nächte
17 Doppelzimmer mit Dusche und WC vom 19.8.-24.08.1972 = 5 Nächte
17 Doppelzimmer mit Dusche und WC vom 29.8.-13.09.1972 = 16 Nächte."
Die Beklagte nahm das Angebot mit Schreiben vom 9. März 1971 an und bat um Gegenbestätigung unter Angabe der Zimmerpreise für Übernachtung mit Frühstück und Übernachtung mit Halbpension. Die Klägerin antwortete am 10. März 1971 wie folgt:
"Wir dürfen untenstehend noch einmal die für Sie vorgenommenen Reservierungen ausführen:
19.8.-13.9.72 10 Einzelzimmer á 45,00 DM incl.
19.8.-24.8.72 17 Doppelzimmer mit Dusche/ WC á 95,00 DM incl.
29.8.-13.9.72 17 Doppelzimmer mit Dusche/ WC á 95,00 DM incl.
Obengenannte Preise enthalten das Frühstück, Bedienung und 11 % Mehrwertsteuer. Bei Halbpension erhöht sich der Preis jeweils um DM 11 pro Person und pro Tag."
Mit Schreiben vom 10. März 1972 unterrichtete die Beklagte die Klägerin von der Mitteilung ihres Auftraggebers, daß die vorgenommenen Reservierungen storniert werden sollten, da die Fahrtvorhaben nicht realisiert würden, und bat, "die entsprechende Vormerkung zu streichen".
Die Klägerin kündigte daraufhin mit Schreiben vom 20. März 1972 Regreßansprüche an, sofern es ihr nicht gelingen sollte, die Zimmer anderweit zu gleichen Bedingungen "zu verkaufen" und fügte hinzu:
"Wir bitten hierfür höflichst um Ihr Verständnis, nachdem die Annullierung Ihrer Zimmerbestellung für diesen Ausnahmefall zu kurzfristig war."
Die Klägerin hat einen Schaden von 28.697,00 DM geltend gemacht. Sie nimmt die Beklagte auf Zahlung dieses Betrages aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung in Anspruch und meint, die Beklagte sei zum Rücktritt von dem Zimmerreservierungsvertrag nicht berechtigt gewesen. Die Beklagte ist diesem Standpunkt unter Hinweis darauf entgegengetreten, daß der Deutsche Reisebüroverband und die Internationale Hotel Association (I.H.A.) - Vereinigungen, denen die Parteien angehören - vereinbart hätten, daß Hotelreservierungen unter Mitgliedern in der Hauptsaison 15 Tage vorher storniert werden könnten. Es entspreche außerdem international üblichem Brauch, daß Hotelreservierungen, sofern sie rechtzeitig storniert würden, keine Ersatzpflicht auslösten.
Das Landgericht hat der Klage nach Beweiserhebung über die Geschäftspraxis im bayerischen Beherbergungsgewerbe bei Abbestellung von Hotelzimmern in Höhe von 28.157,00 DM stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg, Mit der Revision, um deren Zurückweisung die Klägerin bittet, verfolgt die Beklagte das Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht ist - wie schon das Landgericht - davon ausgegangen, daß die Parteien einen dem Gastaufnahmevertrag vorangehenden "Hotelreservierungsvertrag" mit dem Inhalt der Schreiben vom 4. und 10. März 1971 geschlossen haben und hat ausgeführt, die Beklagte habe sich der Klägerin gegenüber wegen Nichterfüllung der aus dieser Vereinbarung folgenden Pflicht, die Zimmer zu belegen und zu bezahlen, schadensersatzpflichtig gemacht.
Zum Rücktritt vom Hotelreservierungsvertrag sei die Beklagte nicht berechtigt gewesen. Die ausdrückliche Vereinbarung eines Rücktrittsrechts sei nicht geltend gemacht worden. Aus Art. 41 Abs. a) der "Gemeinsamen Festlegung der im Verkehr zwischen Hoteliers und Reisevermittlern üblichen Geschäftsgebräuche" - C.Hot 70 - könne die Beklagte ein Rücktrittsrecht nicht herleiten, denn keine der Parteien habe bei Vertragsschluß auf sie Bezug genommen. Die C.Hot 70 sei überdies aus kartellrechtlichen Gründen unwirksam, §§ 2 Abs. 1, 9 Abs. 2 Satz 1 GWB. Auf einen Handelsbrauch des Inhalts, Reiseveranstalter dürften bis zu 21 Tagen vor der Belegzeit vom Hotelreservierungsvertrag frei zurücktreten, könne sich die Beklagte ebenfalls nicht mit Erfolg berufen, denn ein derartiger Handelsbrauch bestehe weder so noch in ähnlicher Art. Die Fristen, innerhalb deren Stornierungen sanktionslos hingenommen würden, seien außerordentlich schwankend (saisonbedingt, auf den jeweiligen Kunden abgestellt). Deshalb fehle es an einer für die Annahme eines Handelsbrauchs wesentlichen Rechtsüberzeugung der beteiligten Kreise, daß bei der Abwicklung bestimmter Geschäfte in bestimmter Weise zu verfahren sei, weil sich eben diese Handhabung als rechtlich bindend eingebürgert habe.
II.
Diese Erwägungen halten einer Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1.
Die Wertung der Absprache vom 4./10. März 1971 als eine dem eigentlichen Gastaufnahmevertrag vorangehende Vereinbarung begegnet keinen Bedenken. Danach waren die Parteien verpflichtet, spätestens zu Beginn der eigentlichen Belegungszeit die entsprechenden Gastaufnahmeverträge abzuschließen. Die Weigerung der Beklagten, den Hauptvertrag einzugehen, begründet Ersatzansprüche wegen Nichterfüllung der nach dem Hauptvertrag geschuldeten Leistung (vgl. Senatsurteil vom 11. November 1970 - VIII ZR 42/70 = WM 1971, 44), sofern sie nicht berechtigt war, vom Vertrage zurückzutreten.
2.
Die Verneinung eines Rücktrittsrechts ist nicht frei von Rechtsfehlern geschehen.
a)
Der Vertrag vom 4./10. März 1971 enthält allerdings keinen ausdrücklichen Rücktrittsvorbehalt. Die Beklagte kann sich insbesondere nicht mit Erfolg darauf berufen, Art. 41 Abs. a) der "Gemeinsamen Festlegung der im Verkehr zwischen Hoteliers und Reisevermittlern üblichen Geschäftsgebräuche" - C.Hot 70 - sei Inhalt des Vorvertrages geworden. Die C.Hot 70 ist nach ihrer Zielsetzung eine Vereinbarung über eine einheitliche Anwendung der "festgelegten Geschäftsgebräuche" in einem bestimmten Gewerbezweig. Ihre Art. 8 bis 51 umfassen differenzierte Bestimmungen über die Reservierung und Abbestellung von Hotelzimmern, über den Abschluß von Gastaufnahmeverträgen und die Leistung der Reisevermittler und Hotels. Sie reichen bis zu Auslegungsregeln und Vorschriften über die Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten und werden im Anhang I, der die Definition wesentlicher im Text der Festlegung verwendeter Begriffe enthält, ergänzt. Sie gehen damit über die bloße Festschreibung von Handelsbräuchen hinaus (vgl. zur Abgrenzung von Konditionenkartell und reiner Handelsbrauchsfixierung: von Renthe gen. Fink in Gesetz über Wettbewerbsbeschränkungen und Europäisches Kartellrecht, Gemeinschaftskommentar, 3. Aufl., 1. Lieferung § 2 Rdn. 9; HGB-RGRK, 3. Aufl. § 346 Anm. 62 ff 207 ff, 231 ff) und erfüllen, wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 GWB. Da eine Anmeldung der C.Hot 70 nicht erfolgt ist, ist sie im Geltungsbereich des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen unwirksam: § 9 Abs. 2 GWB.
Dahinstehen kann, ob die Parteien die C.Hot 70 als ihre eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen hätten anwenden können; denn es fehlt an einer wirksamen Einbeziehung in den Hotelreservierungsvertrag vom 4./10. März 1971. Die C.Hot 70 ist weder in den Vertrag aufgenommen noch darin ausdrücklich in Bezug genommen worden. Selbst für eine stillschweigende Bezugnahme fehlen Anhaltspunkte. Entgegen der Ansicht der Revision reicht dafür der in Briefköpfen oder sonstigen Aufdrucken enthaltene Hinweis auf die Mitgliedschaft der Parteien bei den Unterzeichnern der "Gemeinsamen Festlegung" nicht aus. Das Bestehen einer dauernden Geschäftsverbindung, in deren Verlauf auf die C.Hot 70 hingewiesen oder nach ihr verfahren worden wäre, hat die Beklagte nicht behauptet.
b)
Das bedeutet indessen nicht, daß ein Rücktrittsrecht der Beklagten zu verneinen wäre. Zu erwägen war vielmehr, ob dem zwischen einem Reisebüro und einem Beherbergungsunternehmen geschlossenen Zimmerreservierungsvertrag der hier vorliegenden Art eine solche Befugnis seiner Natur nach innewohnt, oder ob die Beklagte aufgrund Handelsbrauchs zum Rücktritt berechtigt war.
aa)
Die Ausstattung des zwischen Reisebüro und Beherbergungsunternehmen abgeschlossenen Reservierungsvertrages mit einem Rücktrittsrecht müßte bejaht werden, wenn die uneingeschränkte Bindung des Reisebüros an die einmal getroffene Vereinbarung es mit einem Risiko solchen Umfangs belasten würde, daß ein billig und gerecht denkender Hotelier eine Bereitschaft hierzu auf Seiten des Vertragspartners nicht voraussetzen dürfte (§ 157 BGB). Darauf läuft der Sachvortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz hinaus. Die in der Berufungsbegründung angeführten, außerhalb des Einflußbereichs des Reisebüros liegenden Gründe, die Gruppen und Einzelreisende veranlassen, auf die Inanspruchnahme reservierter Zimmer zu verzichten, ließen sich beliebig vermehren. Von diesen Fällen abgesehen, werden Reisebüros nicht selten in die Lage geraten, Zimmerreservierungen bereits vornehmen zu müssen, ehe sich der wirkliche Bedarf auch nur annähernd ermitteln läßt. Die Erwägung, das damit verbundene Risiko könne vertretbare Grenzen leicht überschreiten, wenn das Reisebüro für jede Nichtinanspruchnahme eines reservierten Hotelzimmers haften müßte, ist nicht von der Hand zu weisen. Berücksichtigt man ferner, daß es einem Reisebüro bei Absagen regelmäßig nicht gelingen wird, eine nach Personenzahl und Zeitspanne konkretisierte Zimmerreservierung anderweit zu nutzen, während das betroffene Beherbergungsunternehmen eher auf diese Weise verfügbar gewordene Räume kurzfristig disponierenden Kunden überlassen kann, so läßt sich der Standpunkt vertreten, die Beherbergungsunternehmen müßten den Reisebüros das aufgezeigte Risiko jedenfalls teilweise abnehmen. Das gilt umso mehr, als die Hotels, vor allem wenn sie über größere Kapazitäten verfügen, auf das Wirken der Reisebüros angewiesen sind, jedenfalls von einer dauerhaften Verbindung mit ihnen, die eine mehr oder minder regelmäßige Belegung sichert, erhebliche Vorteile haben.
Da die Vorinstanz den Vertrag vom 4./10. März 1971 bisher unter diesen Gesichtspunkten nicht gewürdigt hat, und eine interessengerechte Auslegung in dem aufgezeigten Sinn nicht ohne weitere tatsächliche Feststellungen möglich erscheint, kann der erkennende Senat die Frage, ob dem zwischen Reisebüro und Beherberungsunternehmen vereinbarten Zimmerreservierungsvertrag immanent ist, daß das Reisebüro innerhalb bestimmter Frist vor Beginn der Belegungszeit von der Reservierung Abstand nehmen darf, ohne deswegen schadensersatzpflichtig zu sein, abschließend nicht entscheiden.
bb)
Für die Bejahung eines Rechts der Beklagten, von dem Zimmerreservierungsvertrag innerhalb bestimmter Frist zurückzutreten, ohne schadensersatzpflichtig zu sein, könnte auch ein entsprechender Handelsbrauch von Bedeutung sein.
Bei der Ermittlung, welchen Sinn die von den Parteien abgegebenen Erklärungen gehabt haben, durch die es zu dem Vertrag vom 4./10. März 1971 gekommen ist, sind auch im Handelsrecht die Vorschriften der §§ 133, 157 BGB maßgebend, und die Auslegung der Verträge zwischen Kaufleuten hat nach Treu und Glauben und darüber hinaus unter Berücksichtigung der im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche (§ 346 HGB) zu erfolgen. Ergäbe sich, daß es im Geschäftsverkehr zwischen Beherbergungsunternehmen und Reisebüros üblich ist, die sanktionslose Abbestellung reservierter Zimmer zu akzeptieren, so hätte dies zur Folge, daß dieser Handelsbrauch auch ohne besondere Bezugnahme Inhalt des Vertrages vom 4./10. März 1971 geworden ist (vgl. zum Verhältnis von Rechtsgeschäft und Handelsbrauch Senatsurteil vom 1. Dezember 1965 - VIII ZR 271/63 = WM 1966, 219 = LM HGB § 346 (B) Nr. 4 m.w.Nachw.).
Das hat das Berufungsgericht nicht verkannt, sondern gemeint, der von der Beklagten behauptete Handelsbrauch bestehe nicht. Ob ein Handelsbrauch besteht und welchen Inhalt er hat, ist Tatfrage. Sie ist deshalb der Nachprüfung durch das Revisionsgericht grundsätzlich entzogen (Senatsurteil vom 1. Dezember 1965 - VIII ZR 271/63 a.a.O.). Etwas anderes gilt nur, wenn die Tatsacheninstanz den Begriff des Handelsbrauchs verkannt oder bei der Beweiserhebung wesentliche Gesichtspunkte nicht berücksichtigt hat. Letzteres rügt die Revision mit Erfolg.
Zwar begegnet es keinen Bedenken, daß die Vorinstanz für die Bejahung eines Handelsbrauchs nicht hat genügen lassen, daß Beherbergungsunternehmen sich überhaupt bereitfinden, die Abbestellung reservierter Zimmer sanktionslos hinzunehmen, sondern daß es auch die Einhaltung einer - im wesentlichen - einheitlichen Abbestellfrist bestätigt sehen wollte.
Handelsbräuche entstehen, damit die Geschäfte der Kaufleute reibungsloser und rascher abgewickelt werden können. Leichte und zuverlässige Anwendbarkeit machen deshalb das Wesen des Handelsbrauchs aus. Diesem Erfordernis würde nach der Überzeugung des Senats eine allenfalls durch die Begriffe der Angemessenheit und Zumutbarkeit bestimmte Abbestellfrist nicht genügen. Die Fristenregelung in der C.Hot 70, Art. 41 Abs. a und b - 21 und 14 Tage - bestätigt dies sinnfällig.
Die Vorinstanz hätte sich jedoch mit dem im ersten Rechtszuge eingeholten Gutachten der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern nicht zufrieden geben dürfen, sondern hätte, der Anregung der Beklagten folgend, einen weiteren Sachverständigen befragen müssen. Das vorliegende Gutachten reicht für eine sach- und interessengerechte Entscheidung nicht aus. Das liegt einerseits an der unzureichend präzisierten Fragestellung, die dem Sachverständigen vorgelegt worden ist. Das Landgericht hat in seinem Beweisbeschluß vom 12. April 1973 zwar die Befragung von Hoteliers und Reisevermittlern erbeten, die Fragestellung inhaltlich aber zu stark auf das touristische Sonderereignis Olympiade zugeschnitten. Das ist deshalb fehlerhaft, weil Handelsbräuche ihrer Natur nach nicht aufgrund einmaliger oder höchst seltener Ereignisse entstehen. Es wäre indessen ebenso unrichtig, einen festgestellten Handelsbrauch der hier behaupteten Art nicht auf einmalige oder selten wiederkehrende Veranstaltungen zu beziehen, die Touristen in großer Zahl zusammenführen.
Die Unzulänglichkeit des vorliegenden Gutachtens beruht auf der anderen Seite darauf, daß die Industrie- und Handelskammer durch die Auswahl der Befragten die durch die Eigenschaft der streitenden Parteien als eines Reisebüros und eines Hotels vorgegebene Eingrenzung der Fragestellung überschritten hat. Befragt worden sind außer Hoteliers (insgesamt 44) 16 "Unternehmen aus Industrie und Handel, die als Kunden von Hotelbetrieben in Frage kommen". Zu einer Verfälschung des Ergebnisses der Umfrage hat dieser Umstand führen können, weil die unter II. 2 b) aa) dargestellten Gesichtspunkte, die im Verhältnis von Reisebüros und Beherbergungsunternehmen Anlaß sein mögen, die Abbestellung selbst einer größeren Anzahl reservierter Zimmer hinzunehmen, auf das Verhältnis zwischen Handel und Industrie zum Hotelgewerbe nicht übertragen werden können. Unternehmen des Handels und der Industrie treten dem Hotel gegenüber in der Regel nicht als potentielle Dauerkunden auf. Dies könnte bereits Grund genug sein, ihnen - wie anderen Kunden - im Gegensatz zu Reisebüros (Reisevermittlern und Reiseveranstaltern) in der Frage der Abbestellung fest reservierter Zimmer nur aus Kulanzgründen entgegenzukommen.
c)
Da das angefochtene Urteil auf einem Verfahrensfehler (§ 286 ZPO) beruht, mußte es aufgehoben werden; das Fehlen der Voraussetzungen für eine eigene Entscheidung des erkennenden Senats in der Sache selbst, machte die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht erforderlich (§ 565 Abs. 1 ZPO).
III.
Bei der anderweiten Verhandlung des Rechtsstreits wird das Berufungsgericht darauf Bedacht nehmen müssen, daß zu ermitteln ist, ob Verträge zwischen Reisebüros, Reisevermittlern und Reiseveranstaltern einerseits und Beherbergungsunternehmen andererseits, die feste Reservierungen zum Gegenstand haben, von der einen oder anderen Seite innerhalb bestimmter Fristen gelöst werden können, ohne daß die Gegenseite deswegen Schadensersatz verlangen darf. Die genannten Kreise des Touristikgewerbes werden sich in diesem Zusammenhang darüber äußern müssen, ob dieses Rücktrittsrecht auch bei Reservierung und späterer Annullierung einer größeren Anzahl von Hotelzimmern gilt, sei es aufgrund ständiger Übung, sei es, daß sich in dieser Richtung bereits eine Rechtsüberzeugung gebildet hat, dem Vertragspartner diese Befugnis bei Einhaltung einer Mindestfrist zugestehen zu müssen.
In der anderweiten Verhandlung wird schließlich zu prüfen sein, ob und in welcher Weise die schriftlichen Auskünfte der H.-L. Reisebüro GmbH vom 6. Juni 1974, der Hotelplan GmbH vom selben Tage, der Am E. International Banking Corporation und der D. Reisebüro GmbH vom 11. Juni 1974, sowie der K. T. LTD vom 10. Juni 1974 über die von ihnen geübte Praxis bei der Annullierung von Zimmerbestellungen zu berücksichtigen sind.
IV.
Da der endgültige Erfolg oder Mißerfolg des Rechtsmittels vom Ergebnis der erneuten Verhandlung abhängt, war dem Berufungsgericht die Entscheidung über die Kosten der Revision vorzubehalten.
Fundstellen
Haufe-Index 3018720 |
DB 1977, 674-675 (Volltext mit amtl. LS) |
NJW 1977, 385 |
NJW 1977, 385-387 (Volltext mit amtl. LS) |
JZ 1977, 179-180 |
MDR 1977, 391 (Volltext mit amtl. LS) |