Verfahrensgang
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handels mit Betäubungsmitteln zu einem Jahr sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Mit der Revision rügt er die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat nur zum Teil Erfolg.
I. Entgegen der Auffassung der Revision steht der Verfolgung des Angeklagten wegen der ihm zur Last gelegten Tat nicht entgegen, daß an dem Haschischgeschäft, welches er vermitteln wollte, auf der Käuferseite zum Schein ein V-Mann der Polizei (als Vermittler) und ein Polizeibeamter (als Kaufinteressent) mitgewirkt haben. In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß bei der Bekämpfung besonders gefährlicher und schwer aufklärbarer Kriminalität, insbesondere der Rauschgiftkriminalität, auf den polizeilichen Lockspitzel (agent provocateur) nicht verzichtet werden kann (BGH GA 1975, 333; BGH NJW 1980, 1761; BGH, Urteil vom 11. September 1980 - 4 StR 16/80; BGH, Urteil vom 21. Oktober 1980 - 1 StR 477/80). Der Bundesgerichtshof (a.a.O.) hat zwar wiederholt hervorgehoben, daß sich aus dem Rechtsstaatsprinzip Grenzen tatprovozierenden Verhaltens für den polizeilichen Lockspitzel ergeben, deren Überschreitung unter dem Gesichtspunkt einer Verwirkung des staatlichen Strafanspruchs im Ergebnis zur Unverfolgbarkeit der provozierten Tat führen kann. Diese Grenzen, die sich im wesentlichen nach Grundlage und Ausmaß des gegen den Täter bestehenden Verdachts, Art, Intensität und Zweck der Einflußnahme des Lockspitzels, Tatbereitschaft und eigenen, nicht "fremdgesteuerten" Aktivitäten des Täters bestimmen (BGH NJW 1980, 1761), sind hier jedoch gewahrt worden.
Der Angeklagte wurde nach den genannten Kriterien bei der Tat nicht "zum Objekt staatlichen Handeln herabgewürdigt" (BGH, Urteil vom 11. September 1980 - 4 StR 16/80). Dem V-Mann-Einsatz gegen ihn lag ein ausreichender Verdacht dahin zugrunde, daß er sich als Betäubungsmittelhändler betätigte. Er war einschlägig vorbestraft. Nach den Feststellungen hatte er dem V-Mann F. im Verlauf eines Gesprächs bereits Anfang Februar 1980 angeboten, bis zu drei Kilogramm Haschisch und bis zu drei Kilogramm Marihuana zu besorgen, ehe F. ihm am 12. Februar 1980 nach einem von der Polizei veranlaßten Anruf mitteilte, er - F. - habe 10.000 DM zur Verfügung. F. beeinflußte den Angeklagten damit nur in der Weise, daß er ihm eine Gelegenheit zum Abschluß eines größeren Rauschgiftgeschäfts zu bieten schien. Der Angeklagte entschloß sich - entsprechend seiner schon früher erklärten Bereitschaft - wegen des erhofften Gewinns sofort, diese scheinbare Gelegenheit zu nutzen. Er vereinbarte mit F., über einen Dealer ein Kilogramm Haschisch zum Preis von 9.300 DM zu liefern. Die Vorbereitungen hierfür lagen großenteils in seiner Hand, ohne daß die Polizei darauf Einfluß nahm. Zur Ausführung des Geschäfts kam es lediglich deshalb nicht, weil sich der Dealer und der als Käufer auftretende Polizeibeamte bei zwei Treffen, an denen der Angeklagte als Vermittler mitwirkte, nicht über die Modalitäten der Abwicklung einig wurden. Unter den dargelegten Umständen widersprach das polizeiliche Vorgehen nicht rechtsstaatlichen Grundsätzen.
II. Die Verfahrensrügen haben keinen Erfolg.
1. Zu Unrecht beanstandet die Revision, das Landgericht habe ohne Verlesung einen Aktenvermerk des Polizeibeamten V. vom 12. Februar 1980 über die Äußerung verwertet, die der Angeklagte Anfang Februar 1980 gegenüber dem V-Mann F. gemacht habe. Ein Verfahrensfehler ist insoweit nicht erwiesen. Die Feststellungen des Landgerichts beruhen unter anderem auf der Einlassung des Angeklagten - er hat den äußeren Hergang des festgestellten Geschehens eingeräumt - und auf den Bekundungen des Zeugen V. Auf diesem Wege ist ersichtlich auch der Inhalt der genannten Äußerungen in der Hauptverhandlung festgestellt worden.
2. Die Vernehmung des Zeugen V. war zulässig, auch wenn er über den Inhalt des in dem Aktenvermerk niedergelegten ersten Gespräch zwischen dem V-Mann und dem Angeklagten nur vom Hörensagen wußte. Die Vernehmung eines Zeugen vom Hörensagen verletzt nicht den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, wie er in den § 249 Abs. 1 StPO, § 250 StPO zum Ausdruck kommt (BGHSt 17, 382 [383]). Eine Verletzung der Aufklärungspflicht ist nicht dargetan. Soweit die Revision meint, das Landgericht hätte den V-Mann in der Hauptverhandlung vernehmen müssen, trägt sie nicht vor, was das Landgericht hierzu - in Anbracht dessen, daß der Angeklagte den äußeren Hergang des Geschehens einräumt - hätte drängen sollen und welches Ergebnis die Beweisaufnahme gehabt hätte.
III. 1. Die Überprüfung des Schuldspruchs auf die Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt. Zu Unrecht meint die Revision, der Angeklagte habe die Tat nur versucht, weil die Abwicklung des vereinbarten Verkaufs gescheitert sei und auf der Käuferseite nur ein Scheinkäufer gestanden habe. Nach der Rechtsprechung (BGH NJW 1979, 1259; BGHSt 29, 239 f) fällt unter den Begriff des Handeltreibens jede eigennützige, auf Umsatz gerichtete Tätigkeit, auch eine nur gelegentliche, einmalige oder lediglich vermittelnde Tätigkeit. Von dem Begriff umfaßt wird demnach auch eine eigennützige Förderung fremder Verkäufe, wie sie hier zu beurteilen ist. Handeltreiben ist kein Erfolgsdelikt. Deshalb ist die Tat rechtlich vollendet, selbst wenn der mit einer solchen Tätigkeit erstrebte Umsatz von Betäubungsmitteln nicht erreicht wird (BGH a.a.O.). Aus demselben Grund ist es für den Schuldspruch wegen Tatvollendung unerheblich, ob der erstrebte Umsatz im Einzelfall überhaupt möglich oder - wie hier - undurchführbar war, weil die zum Schein als Käufer auftretenden Polizeibeamten ihn gerade verhindern wollten.
2. Dagegen hat der Strafausspruch keinen Bestand. Das Landgericht hat zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, er sie nicht bereit gewesen, "den Dealer aus Köln zu benennen und dadurch zu verhindern, daß weiterer Schaden durch diesen Hintermann verursacht" werde. Diese Erwägung ist rechtsfehlerhaft.
Ein Verhalten des Täters nach der Tat, insbesondere im Ermittlungs- und Strafverfahren gegen ihn, kann strafschärfend nur wirken, wenn es trotz der ihm zustehenden Verteidigungsfreiheit auf Rechtsfeindschaft, seine Gefährlichkeit und die Gefahr künftiger Rechtsbrüche hinweist oder andere mit der Tat zusammenhängende ungünstige Schlüsse auf seine Persönlichkeit zuläßt (vergleiche zur fehlenden Unrechtseinsicht oder Reue: BGHSt 1, 103, 104 f; BGHSt 1, 105, 106 f; BGH NJW 1955, 1158; BGH, Urteil vom 16. November 1976 - 4 StR 127/76; BGH, Beschluß vom 13. Juli 1977 - 3 StR 226/77; BGH, Beschluß vom 16. Juni 1978 - 4 StR 144/78; BGH, Beschluß vom 9. Mai 1979 - 2 StR 198/79; BGH, Beschluß vom 10. Juni 1980 - 1 StR 56/80; zur Unterlassung des leugnenden Angeklagten, den durch die Tat angerichteten Schaden wiedergutzumachen: BGHSt 5, 238; BGH, Urteil vom 13. Januar 1977 - 1 StR 567/76; zur Benennung von Zeugen: BGH MDR 1980, 240; BGH, Beschluß vom 12. Dezember 1979 - 3 StR 442/79; zur Beseitigung von Tatspuren: BGH NJW 1971, 1758; BGH, Urteil vom 12. Juli 1977 - 1 StR 305/77; BGH, Urteil vom 17. April 1980 - 4 StR 116/80; zur Flucht eines Angeklagten: BGH, Beschluß vom 30. März 1977 - 3 StR 75/77; BGH, Beschluß vom 24. November 1978 - 2 StR 616/78. - Vgl. weiter BGH, Beschluß vom 30. Januar 1980 - 3 StR 513/79; BGH, Beschluß vom 12. Dezember 1980 - 3 StR 458/80; Dreher/Tröndle StGB 40. Auflage § 46 Rdn. 29; Bruns, Leitfaden des Strafzumessungsrechts, Seite 199 ff). Dafür ist hier nichts dargetan. Der Angeklagte stellt in Abrede, daß er mit Betäubungsmitteln unerlaubten Handel habe treiben wollen. Er ist nicht verpflichtet, durch Namhaftmachung von Zeugen möglicherweise zur eigenen Überführung beizutragen (vgl. BGHSt 5, 238 f). Vielmehr kann er, um seine Verteidigungsposition nicht zu gefährden, Angaben zu bestimmten Punkten, zum Beispiel zur Identität der Rauschgiftlieferanten, verweigern, ohne daß ihm ein solches Schweigen bei der Strafzumessung zum Nachteil gereichen dürfte (BGH bei Dallinger MDR 1973, 370; Bruns, a.a.O. Seite 203). Das Recht, sich gegen die Anklage zu verteidigen, darf ihm hier auch nicht mit der Begründung beschränkt werden, durch sein teilweises Schweigen unterlasse er es, die Versuchung eines weiteren Schadens durch den Dealer zu verhindern. Für weitere strafbare Handlungen des Dealers, die im übrigen nicht festgestellt sind, wäre der Angeklagte nicht verantwortlich; eine strafbare Beteiligung daran ist ihm nicht nachgewiesen. Ein Fall der unterlassenen Anzeige geplanter Straftaten (§ 138 StGB) liegt nicht vor. Den Angeklagten trifft nach den Feststellungen auch keine außerstrafrechtliche Prüfung, zur Überführung von Straftätern mitzuwirken.
Zur Frage der Strafaussetzung zur Bewährung in den Fällen des § 56 Abs. 2 StGB wird auf BGH, Strafverteidiger 1981, 69 und 70 hingewiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 2992711 |
NStZ 1981, 257 |
MDR 1981, 883 (Schmidt) |
GA 1981, 572 |
StV 1981, 276 |