Orientierungssatz
Gründet der Eigentümer eines Hausgrundstücks eine GmbH ausschließlich zu dem Zweck und hält sie vermögenslos, um die mit Sanierungsarbeiten zu beauftragenden Werkunternehmer in der Weise zu benachteiligen, daß die Werkverträge nicht mit ihm persönlich, sondern mit der GmbH geschlossen werden mit der Folge, daß den Unternehmern auf diese Weise der zugriff auf die mit ihren Werkleistungen geschaffenen Vermögenswerte, nämlich die dem Gesellschafter persönlich zufließenden Erlöse aus dem Verkauf von Wohnungen, unmöglich gemacht wird, so handelt er sittenwidrig und haftet persönlich für die Werklohnforderungen.
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – das Urteil des 21. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 13. März 1987 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen den Beklagten zu 2 in dem Umfange abgewiesen worden ist, in dem ihr nachfolgend stattgegeben wird.
Der Beklagte zu 2 wird zusätzlich verurteilt, als Gesamtschuldner neben der Beklagten zu 1 gemäß deren Verurteilung durch Versäumnisurteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 23. April 1986 an die Klägerin 72.280,52 DM nebst 16 % Zinsen auf 31.164,01 DM seit dem 18. August 1981, auf 38.792,36 DM seit dem 3. Dezember 1985 und auf 2.324,15 DM seit dem 4. Dezember 1985 zu zahlen. Die Kosten beider Rechtsmittelinstanzen tragen die Klägerin zu 1/14 und der Beklagte zu 2 zu 13/14.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Beklagte zu 2 kaufte 1980 das Grundstück in B für 250.000 DM, ließ das Gebäude umbauen und instand setzen, schuf Wohnungseigentum und verkaufte die Wohnungen für insgesamt mehr als 1,6 Mio DM. Auftraggeber der Instandsetzungsarbeiten war nicht der Beklagte zu 2, sondern die verklagte GmbH, die Beklagte zu 1, die der Beklagte zu 2 zusammen mit seiner Ehefrau am 23. Juli 1980 ausschließlich zu dem Zweck gegründet hatte, zur Durchführung dieses und eines weiteren Bauvorhabens die Werkverträge mit den Handwerkern im eigenen Namen zu schließen und es diesen dadurch unmöglich zu machen, in das Vermögen des Beklagten zu 2, insbesondere in die Verkaufserlöse aus den Wohnungen, zu vollstrecken. Vom Stammkapital der Beklagten zu 1 übernahmen der Beklagte zu 2 19.000 DM und seine Ehefrau 1.000 DM; der Beklagte zu 2 war bis November 1984 auch alleiniger Geschäftsführer. Der Beklagte zu 2 hielt die Beklagte zu 1 stets vermögenslos; soweit Handwerkerrechnungen bezahlt worden sind, geschah das in der Regel mit Mitteln aus eigenem Vermögen des Beklagten zu 2.
Im Februar 1981 wurde die Klägerin von der Beklagten zu 1 beauftragt, in dem genannten Bauvorhaben die Malerarbeiten auszuführen, Fußböden zu verlegen und Küchen zu installieren; in gewissen Abständen wurden zusätzliche Arbeiten in Auftrag gegeben. Am 11. August 1981 kündigte der Beklagte zu 2 im Namen der Beklagten zu 1 das Vertragsverhältnis vorzeitig.
Die Klägerin hat mit der Klage in erster Instanz gegen die Beklagte zu 1 geltend gemacht: 31.536,28 DM als noch offene Forderung für ausgeführte Arbeiten; 1.660,75 DM als Ersatz für Farbe, die für das Bauvorhaben angeschafft, infolge der Kündigung aber wertlos geworden war, weil sie anderweitig nicht verwandt werden konnte; 482,19 DM Zinsen auf eine Forderung von 25.000 DM für die Zeit vom 19. Oktober bis 2. Dezember 1981, die inzwischen beglichen ist; 44.223,41 DM als entgangenen Gewinn infolge Kündigung des Auftrags; insgesamt also 77.902,63 DM. Ferner sollte der Beklagte zu 2 verurteilt werden, wegen der vorstehenden Forderungen die Zwangsvollstreckung in sein Vermögen zu dulden.
Das Landgericht hat die Beklagte zu 1 durch Versäumnisurteil antragsgemäß zur Zahlung verurteilt; im übrigen hat es die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin die Klage erweitert und zusätzlich beantragt, den Beklagten zu 2 im selben Umfange wie die Beklagte zu 1 zur Zahlung zu verurteilen. Das Berufungsgericht hat durch Versäumnisurteil dem Antrage stattgegeben, die Zwangsvollstreckung in eine Eigentumswohnung des Beklagten zu 2 aus einer Sicherungshypothek in Höhe von 11.377,58 DM nebst Zinsen zu dulden; hinsichtlich des Zahlungsantrages gegen den Beklagten zu 2 hat es die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin diesen Antrag weiter und beantragt den Erlaß eines Versäumnisurteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat bis auf 5.622,11 DM und einen Teil der geltend gemachten Verzinsung Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat eine Durchgriffshaftung des Beklagten zu 2 für die Verbindlichkeiten der Beklagten zu 1 verneint, weil die Tatsache, daß der Beklagte zu 2 die Beklagte zu 1 „vermögenslos gehalten” habe, es nicht ausschließe, daß die Klägerin sich die Ansprüche der Beklagten zu 1 gegen den Beklagten zu 2 pfänden und sich überweisen lasse; eine Durchgriffshaftung ließe sich nur rechtfertigen, falls zusätzlich die Grenzen zwischen dem Vermögen beider Beklagten buchmäßig verschleiert worden wäre; dafür habe die Klägerin aber nichts vorgetragen. Die Revision rügt mit Recht, daß das Berufungsgericht den gemäß § 331 Abs. 1 Satz 1 ZPO als zugestanden anzusehenden Sachvortrag der Klägerin nur unzureichend gewürdigt hat.
Aus diesem Sachvortrag ergibt sich, daß der Beklagte haftet, weil er die Voraussetzungen des § 826 BGB erfüllt; er hat in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise die Gläubiger der Beklagten zu 1 vorsätzlich geschädigt. Das sittenwidrige Verhalten ist darin zu sehen, daß der Beklagte zu 2 die Beklagte zu 1 ausschließlich zu dem Zweck gegründet hat, um die Handwerker zu benachteiligen, indem er sie die Werkverträge anstatt mit sich mit der Beklagten zu 1 schließen ließ und ihnen auf diese Weise den Zugriff auf die mit ihren Werkleistungen geschaffenen Vermögenswerte, nämlich die ihm persönlich zufließenden Verkaufserlöse aus den Wohnungen unmöglich machte. Für die Frage des Schadens ist es unerheblich, ob die Beklagte zu 1 wegen ihrer Schulden, die sie gegenüber den Handwerkern hat, nach § 670 BGB verlangen kann, daß der Beklagte zu 2 sie hiervon freistellt, oder ob die Beklagte zu 1 – was nach dem Vortrag der Klägerin, die Beklagte zu 1 sei vermögenslos gehalten worden, näher liegt – lediglich Ansprüche nach § 31 GmbHG gegen den Beklagten zu 2 hat, weil jede Leistung der Handwerker zugleich eine solche der Beklagten zu 1 an den Beklagten zu 2 war, die gegen § 30 GmbHG verstieß. Da der Beklagte zu 2 zum Nachteil seiner Gläubiger von vornherein nicht die Absicht hatte, diese Ansprüche zu erfüllen, fänden jene, wenn sie gegen die Beklagte zu 1 ein obsiegendes Urteil erstritten, in deren Vermögen allenfalls Ansprüche gegen den Beklagten zu 2 vor, die wegen dessen fehlender Erfüllungsbereitschaft gefährdet, wenn nicht wertlos waren. Diese des eigenen Vorteils wegen gewollte Schädigung der Gläubiger verstieß gegen die guten Sitten. Der Beklagte zu 2 ist deshalb nach § 826 BGB der Klägerin insoweit ersatzpflichtig, als diese mit ihren Forderungen gegen die Beklagte zu 1 ausfällt.
2. Die Klägerin hat die noch offene Werklohnforderung in Höhe von 31.536,28 DM und den selbständigen Zinsanspruch in Höhe von 482,19 DM schlüssig dargelegt.
Hinsichtlich des Vergütungsanspruchs aus § 649 BGB, der der Klägerin trotz der Kündigung zusteht, ist die Klage allerdings teilweise unbegründet. Soweit die Klägerin Vergütung für die Farbe fordert, die sie für das Bauvorhaben angeschafft hat und anderweitig nicht verwenden konnte, kann sie nicht den Bruttopreis von 1.660,75 DM einschließlich Mehrwertsteuer in Höhe von 13 % (= 191,06 DM) in Rechnung stellen, sondern nur den Nettopreis in Höhe von 1.469,69 DM; um die Mehrwertsteuer, die die Klägerin an ihren Farbenlieferanten gezahlt hat, hat sie ihre eigene Mehrwertsteuerschuld gegenüber dem Finanzamt gekürzt.
Der Teil der Vergütung aus § 649 BGB, den die Klägerin in Höhe von 44.223,41 DM als Gewinn geltend macht, ist um 5.431,05 DM zu hoch. Diese Vergütung hat die Klägerin in der Weise errechnet, daß sie von Bruttopreisen einschließlich Mehrwertsteuer einen bestimmten Prozentsatz als Gewinn in Ansatz gebracht hat. Der Berechnung des Gewinns waren aber die Nettopreise zugrunde zu legen. Die Mehrwertsteuer konnte die Klägerin nicht in Ansatz bringen, weil sie eine Vergütung für nicht ausgeführte Leistungen geltend macht, die nicht umsatzsteuerpflichtig ist (vgl. BGH, Urt. v. 23. November 1980 – VII ZR 324/79, WM 1980, 1450).
Die Klägerin will 35,7 % von 2.157,55 DM Mehrwertsteuer (= 770,24 DM), 42 % von insgesamt 10.010,07 DM Mehrwertsteuer (= 4.204,23 DM) und 22,99 % von 1.985,98 DM Mehrwertsteuer (= 456,58 DM) vergütet haben und macht damit insgesamt 5.431,05 DM zuviel geltend.
Im Verzuge seit dem 18. August 1981 befindet sich die Beklagte zu 1 aufgrund der Mahnung vom 12. August 1981 nur mit einem Betrage in Höhe von 31.164,01 DM. Hinsichtlich einer Forderung in Höhe von 38.792,36 DM ist die Beklagte aufgrund der Mahnung vom 22. November 1985 seit dem 3. Dezember 1985 im Verzuge. Soweit die Beklagte zu 1 weitere 2.324,15 DM schuldet, kam sie nach § 284 Abs. 1 Satz 2 BGB erst mit Erhebung der Klage, also am 4. Dezember 1985 in Verzug. Daß der selbständige Zinsanspruch und die Vergütung für die Farbe sowie Werklohn in Höhe von 372,27 DM zu einem früheren Zeitpunkt angemahnt worden wären, ist nicht vorgetragen worden. Der Beklagte hat nach § 826 BGB für die Verpflichtung der Beklagten zu 1 auch in soweit einzustehen als es um den Ersatz des Verzugsschadens geht.
Fundstellen