Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 02.07.1986) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 13. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 2. Juli 1986 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der Versorgungsrente, die die beklagte K. Z. D. (Z.) an die Klägerin zu zahlen hat.
Die am 8. Oktober 1920 geborene Klägerin war – mit mehr als 20-jähriger Unterbrechung – bis zu ihrem 60. Lebensjahr als Angestellte bei einem bei der Beklagten angeschlossenen kirchlichen Arbeitgeber tätig. Sie bezieht seit dem 1. Januar 1981 von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) ein Altersruhegeld und von der Beklagten eine Versorgungsrente. Die Festsetzung der Versorgungsrente geht auf einen Bescheid der Beklagten vom 10. April 1981 zurück. In ihr hatte die Beklagte gemäß § 41 Abs. 1, 3a und 5 ihrer Satzung (Stand Januar 1981; nachfolgend ZVKDS) eine gesamtversorgungsfähige Zeit von 25 Jahren errechnet, und zwar wie folgt: Sie berücksichtige 144 Monate, für die Pflichtbeiträge an die Beklagte entrichtet worden waren, in vollem Umfang; weitere 447 Monate, die der Klägerin im Bescheid der BfA vom 12. Dezember 1980 als Versicherungszeiten angerechnet worden waren, legte sie – nach vorherigem Abzug der 144 Monate für Pflichtbeiträge – zur Hälfte zugrunde. Hieraus ergab sich bei einem gemäß § 42 Abs. 1 ZVKDS errechneten gesamtversorgungsfähigen Entgelt von 2.331,94 DM gemäß § 40 Abs. 2 ZVKDS eine Gesamtversorgung von 1.515,76 DM (65 v.H. des gesamtversorgungsfähigen Entgelts) und damit gemäß § 39 Abs. 1 ZVKDS nach Abzug der Sozialversicherungsrente in Höhe von 855,70 DM (Stand Januar 1981) eine Versorgungsrente in Höhe von 660,06 DM. Sie wurde mit Mitteilungen der Beklagten vom 18. Mai 1982, 20. September 1982, 21. Juni 1983 und 20. Juni 1984 gemäß § 54 ZVKDS jeweils den laufenden Erhöhungen des Altersruhegeldes angepaßt.
Erstmals mit Schreiben vom 30. November 1983 wandte sich die Klägerin gegen die ursprüngliche Berechnung ihrer Versorgungsrente. Sie verwies darauf, daß sie – in den Jahren 1951 bis 1956 und 1973 bis 1980 – freiwillige Beitragsleistungen zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet und nachentrichtet hatte; diese seien bei der Berechnung der Versorgungsrente außer acht zu lassen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, mit der die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zu einer Neufestsetzung der Versorgungsrente ohne Berücksichtigung der freiwilligen Beitragsleistungen beantragt hat.
In der Berufungsinstanz hat die Klägerin ihr Begehren im Hauptantrag dahin eingeschränkt, daß sie nur noch eine Nichtberücksichtigung ihrer freiwilligen Beitragsleistungen anstrebt, soweit diese die Mindestbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung übersteigen. Ihren erstinstanzlichen Antrag hat sie hilfsweise gestellt. Auch hiermit ist sie erfolglos geblieben.
Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren eingeschränkten Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Die Beklagte ist eine kirchliche Einrichtung. Sie wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1967 unter der damaligen Bezeichnung K. Z. Hessen-Pfalz von den Landeskirchen Hessen-Nassau und Pfalz errichtet; ihr schlössen sich zunächst die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern sowie die Landeskirche von Kurhessen und Waldeck an; später folgte eine Reihe anderer kirchlicher Verwaltungen (vgl. Fricke, Die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und ihre Einrichtungen, Dias. Göttingen 1973, S. 234, 235). Sie ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit, deren Errichtung die Hessische Landesregierung zugestimmt hat (Amtsblatt der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau 1967, 2 und 1970, 191; Staats-Anzeiger für das Land Hessen 1968, 227).
2. Die Satzung der Beklagten entspricht in allen hier interessierenden Teilen der – auf die Neufassung vom 1. Januar 1967 zurückgehenden – Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung handelt es sich bei den Satzungen der Versorgungsanstalten um Allgemeine Versicherungsbedingungen (vgl. Senat, Urteil vom 6.5.1987 – IVa ZR 242/85 – VersR 1987, 724, 725 zu I 2 a) m.w.N.). Ob die Beklagte als kirchliche Einrichtung – wie die Revisionserwiderung meint – nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV eine Sonderstellung im Verhältnis zu den öffentlichen Versorgungskassen einnimmt, sie insbesondere bei der Ausgestaltung ihrer Satzung freier ist (vgl. BVerfGE 53, 366, 391, 392; ferner von Campenhausen, Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht, 14. Band 1968/69, Seiten 278, 294, dort allerdings für die Kirchliche Zusatzversorgungskasse Rheinland-Westfalen, sowie Fricke a.a.O. Seiten 235, 236, wonach die Kirchliche Zusatzversorgungskasse als Teil der verfaßten Kirche anzusehen ist und damit an den kirchlichen Privilegien teilhat), kann im Streitfall auf sich beruhen. Die §§ 39 Abs. 1, 40 Abs. 2, 41 Abs. 1, Abs. 3a und 5, 42 Abs. 1 ZVKDS halten der richterlichen Inhaltskontrolle nämlich auch dann stand, wenn man den vom Senat zu den Satzungen der öffentlichen Versorgungskassen in ständiger Rechtsprechung vertretenen Prüfungsmaßstab anlegt. Danach erfolgt die Inhaltskontrolle auch unter dem Gesichtspunkt des Grundgesetzes; dabei ist insbesondere zu prüfen, ob Verstöße gegen § 242 BGB und das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG in Betracht kommen (vgl. Senat, urteil vom 26.11.1986 – IVa ZR 111/85 – VersR 1987, 214 zu I 1 a); vom 11.12.1985 – IVa ZR 252/83 – VersR 1986, 360, 361 – NVwZ 1986, 419, 420 zu II; vom 16.10.1985 – IVa ZR 154/83 – VersR 1986, 142, 143 zu III m.w.N.).
3. Die in Rede stehende Regelung entspricht der Ruhensbestimmung der §§ 40 Abs. 1 und 2a, 41 Abs. 1 und 2, 42 Abs. 1 und 2a aa VBLS. In beiden Satzungswerken wirken sich die genannten Bestimmungen nicht dahin aus, daß freiwillig nachentrichtete Beiträge die Gesamtbezüge überhaupt nicht erhöhen; vielmehr ergibt die in §§ 41 Abs. 3a ZVKDS und § 42 Abs. 2a VBLS weitgehend wortgleich vorgesehene Übernahme der vom Sozialversicherungsträger berücksichtigten nachversicherten Monate eine gleichermaßen höhere gesamtversorgungsfähige Zeit und damit gemäß § 40 Abs. 2 ZVKDS und § 41 Abs. 2 VBLS eine gleichermaßen höhere Gesamtversorgung. Indessen kommt dem Versorgungsberechtigten bei beiden Regelungswerken eine Nachentrichtung freiwilliger Beiträge in die gesetzliche Sozialversicherung zur Auffüllung von Beitragslücken nicht mehr rentensteigernd zugute, soweit diese die Mindestbeiträge übersteigt.
4. Wie der Senat im Anschluß an die ständige Rechtsprechung des Oberschiedsgerichts der VBL entschieden hat (Urteil vom 26.11.1986 – IVa ZR 111/85 – VersR 1987, 214, 215 zu I 1.), liegt die in den Anrechnungsbestimmungen der §§ 40 Abs. 1 und 2a, 41 Abs. 1 und 2, 42 Abs. 1 und 2a aa VBLS getroffene Regelung im Rahmen der Gestaltungsfreiheit der VBL darüber, inwieweit sie freiwillige Zahlungen an den Rentenversicherungsträger, die sich bei diesem rentensteigernd auswirken, bei der Bemessung der Versorgungsrente anrechnen will, und verstößt weder gegen § 242 BGB noch gegen den Gleichheitssatz. Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde der damaligen Klägerin hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch Beschluß vom 10. Juni 1987 (1 BvR 235/87) nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie – ihre Zulässigkeit unterstellt – keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. In der Beschlußbegründung heißt es dazu: „Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin verletzt es nicht ihren aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle, daß der Bundesgerichtshof von der Inhaltskontrolle der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder die Grundsatzentscheidungen, in welchem Umfange die Versorgung des Tarifpersonals an die der Beamten angeglichen werden soll, ausgenommen und der beklagten Versorgungsanstalt einen gewissen Gestaltungsspielraum bei der Ausformung ihrer Satzung zugebilligt hat. Schließlich ist auch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Insbesondere hat der Bundesgerichtshof Bedeutung und Tragweite des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht dadurch grundlegend verkannt, daß er im Hinblick auf die hälftige Berücksichtigung der Zeiten freiwilliger Nachentrichtung von Beiträgen in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Berechnung der gesamtversorgungsfähigen Zeit die Anrechnung auf solchen freiwilligen Beitragszahlungen beruhender Rententeile auf die Gesamtversorgung nicht beanstandet hat. Ebenso wie der Gesetzgeber (vgl. BVerfGE 70, 1 m.w.N.) darf der Satzungsgeber der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder bei der Ordnung von Massenerscheinungen typisieren und hierbei auch Gesichtspunkte der Praktikabilität berücksichtigen. Im Rahmen einer als Gesamtversorgungssystem ausgestalteten Zusatzversorgung begegnet es auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, bei der Berechnung der gesamtversorgungsfähigen Zeit neben den Beschäftigungszeiten grundsätzlich nur die in der gesetzlichen Rentenversicherung angerechneten Versicherungsjahre zugrunde zu legen.”
Die Gestaltungsfreiheit der beklagten Kirchlichen Zusatzversorgungskasse bei der Anrechnung von Rententeilen, die auf freiwillig nachentrichteten Beiträgen beruhen, auf die Versorgungsrente ist aber jedenfalls nicht geringer als die Gestaltungsfreiheit der VBL als einer öffentlichen Zusatzversorgungseinrichtung. Für die Wirksamkeit der §§ 39 Abs. 1, 40 Abs. 2, 41 Abs. 1, 3a und 5, 42 Abs. 1 ZVKDS kann daher auf die Ausführungen im Senatsurteil vom 26.11.1986 zum Bestand der – inhaltlich gleichen – Anrechnungsbestimmungen der VBL verwiesen werden.
Streitwert: 53.670 DM.
Unterschriften
Dr. Hoegen, Rottmüller, Dr. Lang, Dehner, Dr. Zopfs
Fundstellen
Haufe-Index 1502462 |
NVwZ-RR 1988, 109 |