Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Widerrechtlichkeit der Drohung einer Bank mit Nichteinlösung eines Wechsels.
Verfahrensgang
OLG Bamberg (Entscheidung vom 24.10.1962) |
LG Aschaffenburg |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 24. Oktober 1962 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Laut notariellem Vertrag vom 25. Juli 1959 haben der Kläger und seine Ehefrau zwei Grundstücke, ein Hausgrundstück und ein unbebautes von 0,0620 ha (sog. Wiesengrundstück), an den Beklagten verkauft und aufgelassen. Als Kaufpreis wurden 55.000 DM beurkundet, die in Höhe von 3.000 DM in bar und im übrigen durch Belastungsübernahme getilgt werden sollten. Am 21. September 1959 genehmigte das Landratsamt den Vertrag nach dem Wohnsiedlungsgesetz und den Preisvorschriften mit einigen hier nicht interessierenden Auflagen. Am 19. Dezember 1959 wurde der Vertrag im Grundbuch vollzogen.
Am 11. September 1962 erklärte der Beklagte zu notarieller Urkunde einen Nachtrag zum Vertrag von 1959 dahin, die Vertragsparteien seien sich über die in der Haupturkunde niedergelegten Vereinbarungen hinaus darüber einig gewesen, daß als Gegenleistung für die Übereignung des Hausgrundstücks neben dem beurkundeten Kaufpreis von ihm weitere Zahlungen zu leisten waren; im einzelnen hätten zusätzlich bezahlt werden sollen und seien bezahlt worden: a) 650 DM für den Fall des Auszugs der Verkäufer aus dem Hausanwesen und weiter b) 3.000 DM als weitere Aufzahlung. Unterm 13. September 1962 hat das Landratsamt zu diesem Rechtsvorgang gemäß § 23 Abs. 2 BBauG bestätigt, daß eine Genehmigung nach § 19 BBauG nicht erforderlich sei.
Mit Anwaltsschreiben vom 2. Dezember 1959 haben der Kläger und seine Ehefrau den Vertrag wegen widerrechtlicher Drohung angefochten, weil der dem Beklagten behilfliche Direktor K. der gemeinsamen Hausbank (Bayerische Hypotheken- und Wechselbank, Zweigstelle O. am 25. Juli 1959 die Verkäufer zunächst mit dem Verkaufsansinnen überrumpelt und ihren Verkaufsentschluß durch die wiederholte Ankündigung herbeigeführt habe, andernfalls lasse er einen am Montag, dem 27. Juli 1959 fälligen Wechsel des Klägers von 1.000 DM zu Protest gehen, was den Konkurs seines Unternehmens (Kleiderfabrik) bedeutet hätte. Sie halten den Vertrag auch wegen unrichtiger Beurkundung des Kaufpreises, wegen Sittenwidrigkeit und wegen mangelnder behördlicher Genehmigung für unwirksam.
Nunmehr verlangt der Kläger auf Grund eigenen Rechts sowie aus Abtretung seiner Ehefrau die Grundstücke an sich allein zurück. Er klagte in erster Instanz auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung durch seine Eintragung als Eigentümer, im Berufungsverfahren auf Auflassung Zug um Zug gegen Zahlung von 52.000 DM, hilfsweise Grundbuchberichtigung Zug um Zug.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage als unbegründet abgewiesen.
Mit der Revision verfolgt der Kläger seine letzteren Anträge weiter. Der Beklagte bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
I.
1.
In tatsächlicher Hinsicht stellt das Berufungsgericht fest:
Am 21. oder 22. Juli 1959 hätten die Parteien über einen Verkauf des Hausgrundstücks verhandelt; der Beklagte habe 55.000 DM geboten, der Kläger 65.000 DM verlangt. Am Freitag, dem 24. Juli 1959 hätten sich die Parteien fernmündlich auf einen Kaufpreis von 55.000 DM und ein zusätzlich zu zahlendes Schwarzgeld von 3.000 DM geeinigt, und der Kläger habe noch am selben Tag den Bankdirektor K. um Zustandebringen eines Kaufbeurkundungstermins gebeten. Am Samstag, dem 25. Juli 1959 habe der Beklagte der Ehefrau des Klägers vor Eintritt in das Zimmer des Notariatsinspektors die 3.000 DM Schwarzgeld in seiner Brieftasche gezeigt und sie ihr unmittelbar nach dem Ende der Beurkundung ausgehändigt. Zu Meinungsverschiedenheiten oder Schwierigkeiten sei es bei der Niederlegung des Vertragstextes durch den Notariatsinspektor nicht gekommen. Bei der anschließenden Textverlesung beim Notar hätten der Kläger und seine Ehefrau die Einbeziehung des Wiesengrundstücks beanstandet, die auf einem von Kehrer mitgebrachten Grundbuchauszug beruhte und bei Niederlegung des Vertragstextes nicht besprochen worden sei. Darüber habe es eine erregte Auseinandersetzung zwischen den Vertragsparteien gegeben. K. habe zunächst dem Beklagten die Weglassung des Wiesengrundstücks und nach seiner schließlichen Weigerung dem Kläger und seiner Ehefrau den Mitverkauf des Grundstücks nahegelegt. In diesem Zusammenhang habe er etwa gesagt: "Frau Ki., heute ist Samstag. Sie wissen doch, was am Montag los ist!" Damit habe er angedeutet, daß die Einlösung weiterer Wechsel nur bei Anschaffung entsprechender Mittel möglich und am kommenden Montag wieder ein Wechsel von 1.000 DM fällig sei. Der Kläger und seine Ehefrau seien mit dem Beklagten zeitweise nach draußen gegangen. Dort habe der Kläger den Beklagten aufgefordert, doch wenigstens 1.000 DM für das Wiesengrundstück zu zahlen. Die Eheleute Ki. und der Beklagte seien schließlich einig geworden, daß die Wiese mitverkauft werden sollte. Der Beklagte habe sich bereit erklärt, zusätzlich weitere 650 DM zu zahlen. Er sei dem Notar nachgegangen und habe diesem erklärt, sie hatten sich jetzt geeinigt, die Wiese bleibe dabei. Der Notar habe mit den Vertragsparteien noch einmal über die Frage des Wiesengrundstücks verhandelt und abschließend erklärt: "Also, die Wiese bleibt herinnen und der Kaufpreis bleibt unverändert." Sodann sei die Urkunde weiter verlesen und schließlich von den Vertragsbeteiligten in voller Einigkeit unterzeichnet worden. Es habe keine Widerstände mehr gegeben, auch nicht von seiten der Ehefrau des Klägers. Diese sei in ihrer Stimmung wie umgewandelt gewesen und habe von ihrer beabsichtigten Ausreise nach Amerika gesprochen. In diesem Zusammenhang habe der Beklagte zum Ausdruck gebracht, für diese Ausreise gebe er ihr 650 DM. Die Beteiligte hätten sich dann - nach der Zahlung des Schwarzgeldes von 3.000 DM - auch friedlich voneinander verabschiedet.
2.
Die Revision greift hiervon die Feststellung an, die Vertragsparteien seien sich über die Mitveräußerung des Wiesengrundstücks gegen einen zusätzlichen Schwarzpreis von 650 DM einig geworden. Die Rüge ist unbegründet.
Wieso der Begriff der Einigung verkannt sein soll, ist weder ausgeführt noch erkennbar.
Die genannte Feststellung wird entgegen der Meinung der Revision nicht dadurch erschüttert, daß im Text der Nachtragsurkunde von 1962 die 650 DM als Zusatzzahlung für das Hausgrundstück bezeichnet sind. Bei dieser Nachtragsurkunde handelte es sich ersichtlich um einen (übrigens einseitigen) Versuch des Käufers, die Schwarzpreisvereinbarung in einer die behördliche Genehmigung nicht gefährdenden Weise zu verlautbaren; ihre Textformlierung brauchte daher dem Tatrichter nicht die Überzeugung zu nehmen, daß die Zahlung (auch) mit dem Mitverkauf des Wiesengrundstücks zusammenhänge, zumal die Annahme nahe liegt, daß für beide Vertragsparteien nur der zu zahlende Gesamtpreis, nicht aber seine Aufteilung auf die beiden Kaufgrundstücke wesentlich war. Unter diesen Umständen brauchte sich der Tatrichter mit der Nachtragsurkunde in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich auseinanderzusetzen; dafür, daß er sie nicht berücksichtigt hätte, besteht kein hinreichender Anhaltspunkt.
Entsprechendes gilt für den ursprünglichen Vortrag des Beklagten im Armenrechtsverfahren des vorliegenden Rechtsstreits (Schriftsatz vom 19. Februar 1960, dort Bl. 13 R/14), die 650 DM seien überhaupt kein Kaufpreis gewesen. Dieser Vortrag ist durch die vom Beklagten selbst 2 1/2 Jahre später abgegebene Nachtragserklärung überholt.
Der Annahme einer Einigung im genannten Sinne stand auch nicht die Behauptung des Klägers entgegen, daß der Wert der beiden Grundstücke (Haus mindestens 65.000 DM, Wiese als Baugelände 6.000 bis 8.000 DM) den Kaufpreis einschließlich Schwarzpreis erheblich überstiegen habe, sowie der Umstand, daß die Ehefrau des Klägers nach dem Zeugnis des Notars schon während der Auseinandersetzungen im Beurkundungstermin den Wert der Wiese mit etwa 6.000 DM angegeben habe. Das Berufungsgericht hat festgestellt: K. habe vor dem Grundstücksverkauf an den Beklagten auf Bitten des Klägers nach Kaufinteressenten für das Hausgrundstück Umschau gehalten und dabei nur ein einziges Angebot, und zwar in Höhe von 55.000 DM, bekommen (BU S. 16); hinsichtlich des Wiesengrundstücks habe der Kläger schon früher über einen Verkauf verhandelt und dabei ein Angebot von 500 DM bekommen. Der Tatrichter hätte noch darauf hinweisen können, daß der Kläger nach dem Zeugnis seiner eigenen Ehefrau (GA 188) schließlich nur 1.000 DM als Kaufpreis verlangte.
II.
In rechtlicher Hinsicht kommen als Gründe für eine Unwirksamkeit von Kaufvertrag und Auflassung und damit als Klaggrundlage in Betracht: Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB), wirksame Anfechtung wegen Drohung (§§ 123, 142 BGB) sowie der Schwarzpreis (unter dem Gesichtspunkt des Scheingeschäfts, § 117 BGB, des Formmangels, §§ 313, 125 BGB, und der mangelnden behördlichen Genehmigung). Das Berufungsgericht hält keinen dieser Unwirksamkeitsgründe für gegeben. Dies wird von der Revision im Ergebnis mit Recht beanstandet.
1.
Unbegründet sind allerdings ihre Angriffe gegen die Verneinung der Sittenwidrigkeit (§ 136 Abs. 1 und 2 BGB). Für eine Nichtigkeit aus diesem Grunde reicht ein - vom Kläger in den Tatinstanzen unter Beweis gestelltes - objektives Wertmißverhältnis zwischen Verkäufer und Käuferleistung nicht aus. Nötig wäre vielmehr eine verwerfliche Gesinnung des begünstigten Vertragsteils, hier des Beklagten, und zwar sowohl nach Abs. 2 a.a.O. ("Ausnutzung") als auch nach Abs. 1 (BGH LM BGB § 138 (Ba) Nr. 2, Senatsurteil vom 22. Juni 1962, V ZR 40/61). Die Revision schließt die Verwerflichkeit der Gesinnung bereits aus dem objektiven Wertmißverhältnis; ein solcher Schluß ist aber nur in besonderen Ausnahmefällen möglich, insbesondere wenn das Wertmißverhältnis ganz besonders groß ist und dies ohne weiteres in die Augen springt; von einem "ungeheuerlichen" Mißverhältnis in diesem Sinne kann jedoch im vorliegenden Fall entgegen der Meinung der Revision keine Rede sein. Daß sich der Beklagte die durch K. Drohung für den Kläger und die Ehefrau geschaffene Zwangslage zunutze gemacht habe, macht für sich allein das Rechtsgeschäft ebenfalls nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Denn das Gesetz sieht für diesen Fall gerade die Sanktion bloßer Anfechtbarkeit vor (§ 123 BGB) und gibt damit eine Sonderregelung, die - ähnlich wie eine Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz oder den §§ 30 ff KO - der Anwendung der allgemeinen Bestimmung des § 138 BGB vorgeht, solange nicht besondere, über den Drohungstatbestand hinausgehende Umstände des Einzelfalls hinzukommen; solche sind jedoch weder von der Revision geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
2.
Aus dem Schwarzpreis leitet das Berufungsgericht ebenfalls keine durchgreifenden Wirksamkeitsbedenken her. In dieser Frage sind seine Erwägungen jedoch rechtsirrig nicht erschöpfend.
Unzutreffend ist allerdings die Meinung der Revision, die Vertragsparteien hätten die behördlichen Genehmigungen nur für das beurkundete Scheingeschäft (Kaufpreis 55.000 DM) und nicht für das in Wirklichkeit vereinbarte Geschäft (Kaufpreis 55.000 + 3.000 + 560 = 58.560 DM) herbeiführen wollen, und aus diesem Grunde sei das (ernstlich vereinbarte) Geschäft nichtig ohne die Möglichkeit einer Heilung durch nachträglichen Wegfall des Genehmigungserfordernisses oder nach § 313 S. 2 BGB. Eine solche Nichtigkeit ergibt sich weder daraus, daß den Vertragsparteien etwa der Wille gefehlt hätte, der formlos getroffenen Vereinbarung zur rechtlichen Wirksamkeit zu verhelfen, noch aus § 134 BGB. Zur Anwendung dieser Bestimmung wäre - unter dem Gesichtspunkt des Umgehungsgeschäfts - erforderlich, daß der von den Vertragsparteien erstrebte Erfolg gegen das Gesetz verstoßen hätte (vgl. für MRG 52 das Senatsurteil vom 19. Juni 1953, V ZR 83/51, NJW 1953, 1587); daran fehlt es aber im vorliegenden Fall.
Ebenso erfolglos ist die weitere Rüge, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, daß die Vertragsparteien seinerzeit auch ein ebenfalls nicht beurkundetes Wohnungsrecht für die Verkäufer vereinbart hätten. Denn dies ist im Berufungsurteil nicht festgestellt, und die Nichtberücksichtigungsrüge dazu ist nicht substantiiert.
Zutreffend geht das Berufungsgericht ferner davon aus, daß sich die Auflassung auf beide Grundstücke bezog, ernstlich gewollt und formgerecht (§ 925 BGB) war. Soweit sie nach Wohnsiedlungsrecht, Landwirtschaftsrecht und Preisrecht behördlicher Genehmigung bedurfte, sieht das Berufungsgericht diese zutreffend noch nicht in der Genehmigung des Landratsamts von 1959 (vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 1958, V ZR 260/56, LM WSG § 4 Nr. 6). Das Berufungsgericht hält die Genehmigung aber für ersetzt durch die nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes Ende Juni 1961 ergangene Bestätigung des Landratsamts von 1962, daß eine Genehmigung nicht erforderlich sei (vgl. § 23 Abs. 2 Satz 2 BBauG). Hieran ist zwar richtig, daß sich diese Bestätigung bei sinngerechter Auslegung nicht nur auf die Nachtragserklärung des Beklagten von 1962 bezieht (die für sich allein gar kein Rechtsgeschäft darstellt), sondern auch auf den Vertrag von 1959 selbst, und zwar mit dem von den Vertragsparteien seinerzeit wirklich gewollten, durch die Nachtragserklärung auch der Behörde gegenüber in Erscheinung getretenen Inhalt (Kaufpreis 58.650 DM). Die Bestätigung verneint aber nur eine Genehmigungspflicht auf Grund § 19 BBauG; diese hat allerdings die bisherigen Genehmigungserfordernisse nach Wohnsiedlungsrecht (Senatsurteil BGHZ 37, 233) und nach Preisrecht (§ 185 BBauG) schlechthin beseitigt, und sonstige behördliche Genehmigungserfordernisse sind für das hier verkaufte Hausgrundstück nicht ersichtlich, so daß für dieses Grundstück durch jene Bestätigung dem Erfordernis behördlicher Genehmigung insgesamt genügt ist. Für das Wiesengrundstück dagegen ist die Möglichkeit einer Genehmigungspflicht nach Landwirtschaftsrecht nicht ausgeschlossen. Zwar wird auch ein landwirtschaftsrechtliches Genehmigungserfordernis durch das Bundesbaugesetz für den Regelfall außer Kraft gesetzt, jedoch u.a. für den Fall nicht, daß es sich um die Veräußerung solcher Grundstücke handelt, die im Bebauungsplan als Flächen für die Landwirtschaft ausgewiesen sind (§ 22 BBauG). Und nach dem einschlägigen Landwirtschaftsrecht ist in Bayern zwar die Veräußerung von Grundstücken bis zu 1 ha seit (spätestens) 1. Januar 1962 in der Regel genehmigungsfrei; doch gibt es auch hiervon Ausnahmen (§ 2 GrdstVG, Art. 2, 3 des Bayerischen Ausführungsgesetzes dazu vom 21. Dezember 1961, GVBl 259). Ob einer dieser Ausnahmetatbestände vorliegt, hat das Berufungsgericht nicht geprüft. Läge er vor und bedürfte daher die Veräußerung des Wiesengrundstücks einer landwirtschaftsrechtlichen Genehmigung, so wäre diese durch die auf § 19 BBauG beschränkte Negativbestätigung des Landratsamts nicht ersetzt, vielmehr, solange sie nicht erteilt ist, die Auflassung des Wiesengrundstücks und damit im Zweifel nach § 139 BGB auch die Auflassung des Hausgrundstücks schwebend unwirksam. Die Klärung dieser Frage wird dem Tatrichter überlassen.
Von der Wirksamkeit der Auflassung hängt auch die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts (Kaufvertrag) hinsichtlich beider Grundstücke ab. Denn wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, waren sowohl der beurkundete Kaufvertrag (Kaufpreis 55.000 DM) als auch der in Wirklichkeit vereinbarte (Kaufpreis 58.560 DM) von vornherein nichtig, dieser mangels Beurkundung (§§ 117 Abs. 313 Satz 1, 125 Satz 1 BGB), jener als Scheingeschäft (§ 117 Abs. 1 BGB, und zwar trotz des für das Wiesengrundstück für sich allein in Betracht kommenden § 4 GrdstPrVO, weil sich die für das Hausgrundstück aus § 117 BGB ergebende Nichtigkeit nach § 139 BGB auf die Vereinbarung über das Wiesengrundstück erstreckt). Die Formnichtigkeit des ernstlich vereinbarten Vertrags konnte allerdings durch Auflassung und Grundbucheintragung geheilt werden (§ 313 Satz 2 BGB); dazu war aber - außer der erfolgten Eigentumsumschreibung im Grundbuch - eine wirksame Auflassung der Grundstücke nötig. Sie setzt aber nach dem Gesagten voraus, daß eine Genehmigung nach Landwirtschaftsrecht beim Wiesengrundstück entweder nicht erforderlich oder erteilt ist.
3.
Auch die Verneinung einer Anfechtbarkeit wegen Drohung ist nicht frei von Rechtsirrtum.
Voraussetzung der Anfechtbarkeit ist, daß der Kläger und seine Ehefrau zur Abgabe der Verkäufererklärungen vom 25. Juli 1959 widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden sind (§ 123 BGB).
Der vom Berufungsgericht festgestellte Hinweis K., bei Nichtunterzeichnung des Kaufvertrags werde der Wechsel des Klägers am Montag nicht eingelöst, war unzweifelhaft die Ankündigung eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt er einwirken zu können behauptete, also eine Drohung im Sinn des § 123 BGB (BGH LM BGB § 123 Nr. 1 und Nr. 28). Das Berufungsgericht verkennt dies nicht; es verneint nur ihre Widerrechtlichkeit und beiläufig auch ihre Ursächlichkeit für den Kaufabschluß. Auch hierin kann ihm jedoch nicht beigetreten werden.
a)
Was die Ursächlichkeit anlangt, so führt das Berufungsgericht in einer Hilfserwägung ("Im übrigen ...", BU S. 28) aus: Nicht dieser Hinweis K. habe die Eheleute Ki. zur Mitveräußerung des Wiesengrundstücks bestimmt, sondern das abschließende Angebot des Beklagten, hierfür zusätzlich ein Schwarzgeld von 650 DM zu zahlen. Diese Gegenüberstellung legt die Annahme nahe, das Berufungsgericht sei der Auffassung gewesen, die Ursächlichkeit des weiteren Schwarzgeldangebots schließe die Ursächlichkeit der Wechselprotestankündigung überhaupt aus. Eine solche Auffassung wäre rechtsirrig; denn es können mehrere Beweggründe nebeneinander bestimmend gewesen sein, die bloße Mitverursachung der Drohung genügt. Das Berufungsgericht wird diesen Punkt bei seiner nochmaligen Sachprüfung zu klären haben.
b)
Ist hiernach für die Revisionsinstanz die Ursächlichkeit der Drohung für den Kaufabschluß zu unterstellen, so kommt es für die Anfechtbarkeit entscheidend darauf an, ob die Drohung widerrechtlich war.
Nach der im wesentlichen vom Reichsgericht übernommenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (s. insbesondere BGHZ 25, 217 sowie LM BGB § 123 Nr. 1) ist eine Drohung in drei Fällen widerrechtlich:
1.
wenn das angedrohte Verhalten schon für sich allein widerrechtlich ist (Widerrechtlichkeit des Mittels);
2.
wenn der erstrebte Erfolg - die vom Bedrohten abzugebende Willenserklärung - schon für sich allein widerrechtlich ist (Widerrechtlichkeit des Zwecks); hierzu genügt nicht, daß der Drohende keinen Rechtsanspruch auf die erstrebte Willenserklärung des Bedrohten hat;
3.
wenn Mittel und Zweck zwar für sich allein betrachtet nicht widerrechtlich sind, aber ihre Verbindung - die Benutzung dieses Mittels zu diesem Zweck - gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (Inadäquanz von Mittel und Zweck); das ist beispielsweise dann anzunehmen, wenn der Drohende am erstrebten Erfolg kein berechtigtes Interesse hat; maßgebend sind alle Umstände des Einzelfalls, die dem Vorgang sein Gepräge geben.
Das Berufungsgericht führt dazu aus:
Der Kläger habe die ihm früher von der Bank eingeräumte, von der Bankzentrale schon im Jahre 1958 nicht mehr prolongierte Kreditgrenze von 20.000 DM erheblich überschritten gehabt. Er habe der Bank am 25. Juli 1959 allein auf dem Kontokorrentkonto noch über 22.000 DM, insgesamt einschließlich seiner Wechselverbindlichkeiten mehr als 30.000 DM geschuldet. Die Bank sei unter diesen Umständen rechtlich nicht verpflichtet gewesen, den Wechsel einzulösen, selbst wenn sie für ihre Gesamtforderungen hinreichend gesichert gewesen sein sollte. Der Beurkundung vom 25. Juli 1959 seien mit Einverständnis der Eheleute Ki. wochenlange Bemühungen des Bankdirektors K. vorausgegangen, das Hausgrundstück, das weitgehend zugunsten der Bank belastet war, freihändig zu veräußern und so dem Kläger, einer Anregung seiner in Amerika lebenden Verwandten folgend, die Abdeckung seiner Verbindlichkeit aus eigener Kraft zu ermöglichen. Diese Bemühungen seien erfolglos geblieben. Der beurkundete Kaufpreis von 55.000 DM sei K. auf Grund seiner vorausgegangenen Erfahrungen als günstig erschienen, selbst unter Einschluß des Wiesengrundstücks, dessen Wert nach seiner Kenntnis früherer Verkaufsverhandlungen des Klägers bei 500 DM gelegen habe. Unter Berücksichtigung dieser Vorgeschichte sei es nicht widerrechtlich gewesen, wenn K. bei den Verhandlungen vor dem Notar den Eheleuten Ki. nahelegte, den Abschluß des Grundstücksvertrages an der Frage, ob das Wiesengrundstück mitveräußert werden solle oder nicht, nicht scheitern zu lassen, und wenn er diesem Rat sinngemäß drohend hinzufügte: sie wüßten doch, daß am Montag wieder ein Wechsel fällig sei, den die Bank ohne Anschaffung der Wechselsumme nicht einlösen könne. Da die Bank zur Einlösung des Wechsels nicht verpflichtet gewesen sei, sei dieser Hinweis unter den gegebenen Umständen weder objektiv widerrechtlich gewesen, noch habe K. das Bewußtsein der Widerrechtlichkeit gehabt.
Diese Feststellungen rechtfertigen zwar die Auffassung des Oberlandesgerichts, daß die beiden ersten Möglichkeiten für die Bejahung von Widerrechtlichkeit (oben 1 und 2) nicht gegeben sind: Weder das von K. angedrohte Verhalten (Nichteinlösung des Wechsels) noch der vom Beklagten und K. erstrebte Erfolg (Abschluß des Kaufvertrags) war für sich allein widerrechtlich. Die Bedenken der Revision aus § 242 BGB gegen die Verneinung einer Rechtspflicht der Bank zur Einlösung des Wechsels sind unbegründet.
Was die Widerrechtlichkeit aus dem dritten Grunde anlangt - wegen Unangemessenheit des Mittels im Verhältnis zum Zweck (oben 3) -, so läßt sie sich entgegen dem Klagvortrag nicht schon deshalb bejahen, weil der Kläger und seine Ehefrau mit einem Verkaufsansinnen überhaupt überrumpelt worden wären; denn die dahingehenden Klagbehauptungen hält das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum für widerlegt. Zu Unrecht verneint jedoch der Tatrichter eine solche Unangemessenheit der Drohung auch insoweit, als es sich um die Einbeziehung des Wiesengrundstücks in den Verkaufsvorgang handelt. Der festgestellte Sachverhalt legt die Annahme nahe, daß dieses Grundstück weder von den vorangegangenen Verkaufserwägungen und Verkaufsverhandlungen im allgemeinen noch von der telefonischen Verkaufsabrede zwischen dem Kläger und dem Beklagten am 24. Juli 1959 im besonderen umfaßt war, sondern daß der Kläger und seine Ehefrau von dem Verlangen der Einbeziehung dieses zweiten Grundstücks in den Verkauf erst während der Verlesung der bereits vorbereiteten notariellen Verkaufsurkunde überrascht worden sind. Umfang und Heftigkeit der hierüber während der notariellen Verhandlung entstandenen Auseinandersetzungen machten für alle Anwesenden, insbesondere auch K. deutlich erkennbar, daß es sich dabei um ein Objekt handelte, dessen Wert nach damaliger Auffassung sowohl der Verkäufer- wie der Käuferseite auch gegenüber dem Hausgrundstück keineswegs ohne jede Bedeutung war. Daß K. von einem früher gebotenen Kaufpreis von nur 500 DM wußte und der Kläger schließlich nur 1.000 DM verlangte, war in diesem Zusammenhang nicht entscheidend angesichts des damals von der Ehefrau des Klägers deutlich verlautbarten Umstandes, daß das Wiesengrundstück als ein Erbstück aus ihrer Kinderzeit für sie auch von nicht geringem ideellem Wert war. Unter solchen Umständen widersprach es den Anforderungen von Billigkeit und guten Sitten, den Kläger und seine Ehefrau durch die Ankündigung der für sie unter Umständen ruinösen Nichteinlösung des Wechsels unter Druck zu setzen, um sie zum Mitverkauf des Wiesengrundstücks (und zwar noch ohne Beurkundung einer Kaufpreiserhöhung) zu bewegen. Insoweit hat das Berufungsgericht den Begriff der Widerrechtlichkeit im Sinn des § 123 BGB verkannt.
c)
Ist eine für den Mitverkauf des Wiesengrundstücks ursächliche widerrechtliche Drohung zu bejahen, dann kommt infolge der Anfechtung Nichtigkeit von Kaufvertrag und Auflassung hinsichtlich dieses Grundstücks (§ 142 BGB) und nach § 139 BGB auch hinsichtlich des Hausgrundstücks selbst in Betracht.
Das gilt jedoch dann nicht, wenn das Rechtsgeschäft von den Eheleuten Ki. vor der Anfechtungserklärung bestätigt worden ist; denn dann war die Anfechtung unwirksam (§ 144 BGB). Eine solche Bestätigung der Verkäufer (durch ihr und ihrer Anwälte Verhalten im Räumungsprozeß des Klägers) ist vom Beklagten schlüssig behauptet und vom Berufungsgericht ausdrücklich offen gelassen worden (BU S. 28). Der Tatrichter wird nunmehr diese Frage gegebenenfalls zu entscheiden haben.
III.
Nach allem war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, auch zur Entscheidung über die Kosten der Revision.
Fundstellen
Haufe-Index 3018609 |
DB 1965, 1171 (Kurzinformation) |
JZ 1965, 537 (red. Leitsatz) |
MDR 1965, 818 (Volltext mit amtl. LS) |