Verfahrensgang
LG Traunstein (Urteil vom 10.01.2002) |
Tenor
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 10. Januar 2002 wird verworfen.
Die Kosten dieses Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Veräußerung von Betäubungsmitteln in vier Fällen, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zehn Fällen, davon in sechs Fällen in nicht geringer Menge, sowie wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Ferner hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und bestimmt, daß ihm die Verwaltungsbehörde vor Ablauf von zwei Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilen darf.
Gegen dieses Urteil richtet sich die zum Nachteil des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft, die mit der Sachrüge geltend macht, die von der Strafkammer ausgesprochene Freiheitsstrafe sei „unverhältnismäßig niedrig”, insbesondere sei in den von dem Tatbestand des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG erfaßten Fällen der unerlaubten Veräußerung von Betäubungsmitteln und des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln straferschwerendes gewerbsmäßiges Handeln im Sinne von § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG zu Unrecht verneint. Das – vom Generalbundesanwalt nicht vertretene – Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
I. Die Revision ist wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Die Beschwerdeführerin hat zwar einen unbeschränkten Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils gestellt. Dieser steht aber im Widerspruch zu dem Angriffsziel des Rechtsmittels, wie es sich aus der Revisionsrechtfertigungsschrift ergibt. Deren Auslegung läßt einen auf den Rechtsfolgenausspruch bezogenen Beschränkungswillen der Beschwerdeführerin erkennen (vgl. zur Auslegung in solchen Fällen Senatsurteil vom 14. Mai 2002 – 1 StR 48/02; Kuckein in KK-StPO 4. Aufl. § 344 Rdn. 5 m.w.Nachw.).
Soweit die Beschwerdeführerin die Verneinung des Regelbeispiels des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG beanstandet, macht sie erkennbar nur einen Wertungsfehler geltend. Der Senat kann deshalb ausschließen, daß auch der Schuldspruch berührt ist.
II. Das Landgericht hat folgende Einzeltaten festgestellt:
(1) Vier Verkäufe von insgesamt 250 g Haschisch ohne Gewinnvorteil („zum Einkaufspreis”) sowie vier gewinnorientierte Verkäufe von 100, 500 und 1.000 Ecstasy-Tabletten und von 500 Psilocybin-Pilzen,
(2) sechs gewinnorientierte Verkäufe von 2 kg, 500 g, 1 kg, 2 kg und 3 kg Haschisch und 2.000 Ecstasy-Tabletten,
(3) Aufbewahrung von etwa 60 g Marihuana in der Wohnung des Angeklagten.
Für die Taten der Fallgruppe 1 hat das Landgericht unter Anwendung des für den Tatbestand des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG geltenden Normalstrafrahmens jeweils Freiheitsstrafen zwischen drei und neun Monaten, für die Taten der Fallgruppe 2, bei denen das Landgericht jeweils eine nicht geringe Menge des Betäubungsmittels angenommen hat, ausgehend von dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG Freiheitsstrafen zwischen neun Monaten und zwei Jahren drei Monaten und für die dem Tatbestand des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG zugeordnete Tat der Fallgruppe 3 eine Freiheitsstrafe von zwei Monaten festgesetzt.
III. Die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs deckt keinen Rechtsfehler zu Gunsten – oder, was gemäß § 301 StPO ebenfalls zu beachten ist, zum Nachteil – des Angeklagten auf.
1. Die Nichtannahme des Regelbeispiels des gewerbsmäßigen Handelns (§ 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG) für die unter dem Tatbestand des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG fallenden Taten hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Strafkammer hat nicht die Überzeugung gewinnen können, daß der Angeklagte vor oder bei der Abwicklung dieser einzelnen Rauschgiftgeschäfte die Absicht hatte, sich eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen. Diese Bewertung wird insbesondere durch die Feststellung gestützt, der Angeklagte sei „von Mal zu Mal vom Zeugen A. immer wieder zu einer neuen Lieferung veranlaßt worden”. Aufgrund der jeweils neuen Anfragen des Zeugen A. habe der Angeklagte stets einen neuen Entschluß gefaßt. Angesichts dieser Urteilsfeststellungen braucht die – allerdings nicht geringe – Zahl der Taten, aus denen der Angeklagte Gewinn zog, allein kein hinreichendes Beweisanzeichen für einen Willen des Angeklagten sein, sich durch Rauschgifthandel eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen. Hiervon ist das Landgericht – wie sich aus dem Zusammenhang der Urteilsgründe ergibt – zutreffend ausgegangen.
2. Auch im übrigen stellt sich die Strafzumessung rechtsfehlerfrei dar. Insbesondere löst sich die Strafe nicht so weit nach unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, daß ein grobes Mißverhältnis von Schuld und Strafe offenkundig ist (vgl. BGHSt 29, 319, 320; Schäfer, Praxis der Strafzumessung 3. Aufl. Rdn. 464 m.w.Nachw.).
Unterschriften
Schäfer, Wahl, Boetticher, Schluckebier, Kolz
Fundstellen