Leitsatz (amtlich)
Zur Verpflichtung einer ausschließlich in den USA ansässigen Partei, eine Prozeßkostensicherheit nach § 110 Abs. 1 ZPO zu leisten.
Die Überweisung eines Betrages als Prozeßkostensicherheit an die Zahlstelle des Prozeßgerichts steht einer Hinterlegung nicht gleich.
Normenkette
ZPO §§ 110, 108
Verfahrensgang
KG Berlin (Urteil vom 26.06.2001) |
LG Berlin |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Kammergerichts vom 26. Juni 2001 wird mit der Maßgabe verworfen, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten um Restwerklohn für die Errichtung einer Doppelhaushälfte. Auf Antrag der Beklagten hat das Landgericht der Klägerin wegen ihres ausschließlichen Sitzes im Bundesstaat New York der Vereinigten Staaten von Amerika aufgegeben, eine Prozeßkostensicherheit in Höhe von 13.500 DM zu leisten. Die Klägerin hat diesen Betrag unter Angabe des Verwendungszwecks „Sicherheitsleistung” an die Zahlstelle des Landgerichts überwiesen. Das hat die erste Instanz als einer Hinterlegung gleichwertig angesehen und die Klage zugelassen; in der Sache hat das Landgericht sie wegen fehlender Aktivlegitimation abgewiesen. Das dagegen eingelegte Rechtsmittel ist verworfen worden, weil das Berufungsgericht die Prozeßkostensicherheit nicht als erbracht angesehen hat.
Entscheidungsgründe
Die nach § 547 ZPO, § 26 Nr. 7 EGZPO statthafte Revision ist nach § 113 Satz 2 Alt. 2 ZPO zu verwerfen.
I.
Das Berufungsgericht hat das bei ihm eingelegte Rechtsmittel verworfen, weil die Klägerin die ihr vom Landgericht wegen ihres Sitzes im Bundesstaat New York der Vereinigten Staaten von Amerika zu Recht aufgegebene Prozeßkostensicherheit nicht in gehöriger Weise geleistet habe. Die Überweisung von DM 13.500 an die Zahlstelle des Landgerichts stehe einer förmlichen Hinterlegung oder der Stellung einer Bürgschaft nicht gleich. Daran ändere auch die Angabe des Verwendungszwecks „Sicherheitsleistung” auf dem Überweisungsbeleg nichts. Diese hindere die Klägerin nicht, eine Rückgabe an sie zu erwirken. Der ohne Angabe des Urhebers angebrachte handschriftliche Hinweis auf der Zahlungsanzeige des Landgerichts, eine Rückzahlung des überwiesenen Betrages dürfe nicht ohne Zustimmung der Beklagten erfolgen, stamme nicht von der Klägerin und entfalte keine Bindungswirkung. Die Kostenerstattungsansprüche der Beklagten seien damit nicht ausreichend gesichert.
II.
Diesen Erwägungen schließt sich der Senat an; sie gelten unverändert für die Revisionsinstanz und führen zu einer Verwerfung des Rechtsmittels nach § 113 Satz 2 ZPO mit der Maßgabe, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
1. Das Berufungsgericht sieht die Klägerin, die nicht ihren Sitz in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum hat, zu Recht gemäß § 110 Abs. 1 ZPO als zur Stellung einer Prozeßkostensicherheit verpflichtet an.
a) Sie ist hiervon nicht aufgrund Völkervertragsrechts (§ 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) befreit. Das Haager Abkommen über den Zivilprozeß vom 17. Juli 1905 (RGBl. 1909, 409) und das Haager Übereinkommen über den Zivilprozeß vom 1. März 1954 (BGBl. II 1958, 576) sind im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten von Amerika nicht in Kraft getreten. Die Protokollnotiz Nr. 6 zum Deutsch-Amerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 29. Oktober 1954 (BGBl. 1956 II, 488) macht eine Befreiung davon abhängig, daß ein Unternehmen aus dem jeweils anderen Vertragsstaat eine inländische Niederlassung unterhält oder ausreichendes Immobiliarvermögen zur Kostendeckung vorhanden ist. Daß diese Voraussetzungen erfüllt seien, macht die Revision nicht geltend.
b) Auch die übrigen Befreiungstatbestände des § 110 Abs. 2 ZPO greifen nicht ein. Eine völkerrechtliche Vereinbarung über die Vollstreckung von Entscheidungen deutscher Gerichte über die Tragung von Prozeßkosten in den Vereinigten Staaten von Amerika besteht nicht; einen zur Deckung der Prozeßkosten ausreichenden Bestand im Inland dinglich gesicherter Forderungen hat die Klägerin nicht geltend gemacht.
2. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, daß die Sicherheit nicht geleistet worden ist.
a) Die von der Klägerin gezahlten DM 13.500 sind nach den von der Revision nicht beanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts nicht an die Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts gelangt. Da auch eine Bankbürgschaft nicht gestellt worden ist, ist die Sicherheit nicht in einer dem Gesetz genügenden Form (§ 108 Abs. 1 ZPO) geleistet worden.
b) Der Anordnungsbeschluß ist entgegen der Auffassung der Revision nicht nachträglich dahin abgeändert worden, daß die Sicherheit auch durch eine Überweisung an die Gerichtszahlstelle des Prozeßgerichts gestellt werden kann. Das Landgericht hat in den Entscheidungsgründen seines Urteils festgestellt, daß keine ordnungsgemäße Sicherheit gestellt worden sei. Wenn es im Anschluß hieran die Auffassung vertreten hat, daß die Überweisung an die Gerichtszahlstelle den Sicherungszweck erfülle, ist dem nicht die Absicht einer Abänderung seiner vorausgehenden Entscheidung, sondern lediglich die Rechtsansicht zu entnehmen, daß die erfolgte Zahlung einer Hinterlegung gleichkomme.
c) Die Überweisung an die Gerichtszahlstelle des Landgerichts wäre der Hinterlegung nur gleichwertig, wenn dem Justizfiskus entsprechend der Auffassung der Revision durch die Zweckbestimmung „Sicherheitsleistung” auf dem Überweisungsträger und das landgerichtliche Urteil eine Treuhänderstellung zugefallen wäre, die ihn berechtigt hätte, eine Rückzahlung an die Klägerin und eine Pfändung des entsprechenden Anspruchs durch Dritte zu verhindern und damit eine dem Zweck entsprechende Verwendung des Geldes sicherzustellen. Eine solche Treuhänderstellung konnte dem Justizfiskus indes wegen des damit verbundenen Aufwands und der Haftungsrisiken jedenfalls nicht ohne seine Zustimmung zugewiesen werden. Daß eine solche vorlag, zeigt die Revision nicht auf. Das landgerichtliche Urteil konnte eine Zustimmung schon deshalb nicht ersetzen, weil die Zivilkammer zu einer allgemeinen Vertretung des Justizfiskus nicht berufen ist. Eine Einwilligung läßt sich auch nicht aus der Drittschuldnererklärung ableiten, die der Generalstaatsanwalt bei dem Kammergericht am 23. November 2000 aufgrund der Forderungspfändung durch die Beklagten abgegeben hat. Dem darin erklärten Anerkenntnis der Begründetheit der Forderung ist im Gegenteil zu entnehmen, daß der Justizfiskus von einem tatsächlich bestehenden und damit im Grundsatz pfändbaren Rückzahlungsanspruch der Klägerin gegen die Landeskasse ausgegangen ist.
d) Es stellt entgegen der Ansicht der Revision kein widersprüchliches Verhalten dar, daß die Beklagten auf der Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen an die Leistung der Prozeßkostensicherheit bestehen, obwohl sie den Rückzahlungsanspruch der Klägerin gegen den Justizfiskus gepfändet haben. Nachdem die Klägerin die Prozeßkostensicherheit nicht in gehöriger Form geleistet hatte, blieb es den Beklagten unbenommen, zur Durchsetzung des zu ihren Gunsten ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlusses alle Zwangsvollstreckungsmöglichkeiten in inländisches Vermögen der Klägerin auszuschöpfen, also auch deren möglichen Rückzahlungsanspruch gegen den Justizfiskus zu pfänden.
III.
1. Mit der Verwerfung der Revision gemäß § 113 Satz 2 ZPO ist das die Berufung gegen die landgerichtliche Entscheidung verwerfende Urteil mit der Maßgabe zu bestätigen, daß die Klage als zurückgenommen gilt. Das Verfahrensrecht verbietet bei einem Mangel der angeordneten Sicherheit für die Prozeßkosten eine Entscheidung zur Sache. Die Klage ist als zurückgenommen zu erklären (§ 113 Satz 2 Alt. 1 ZPO). Wird trotz fehlender Sicherheit Rechtsmittel eingelegt, ist dieses zu verwerfen (§ 113 Satz 2 Alt. 2 ZPO). Die Verwerfung ist auch dann auszusprechen, wenn im angefochtenen Urteil der Mangel der angeordneten Sicherheitsleistung nicht erkannt und zur Sache entschieden worden ist. Mit der Verwerfung darf das angefochtene Urteil aber nicht in seiner unzulässigen Entscheidung zur Sache bestätigt werden. Im Fall des § 113 ZPO beruht die Verwerfung des Rechtsmittels nicht wie für deren Regelfall auf einer verfahrensrechtlich ungenügenden Beanstandung des angefochtenen Urteils, sondern auf dem schon vor Erlaß der angefochtenen Entscheidung gegebenen und fortbestehenden Mangel ordnungsgemäßer Leistung der Prozeßkostensicherheit.
2. Dem nach Einlegung der Revision gestellten Antrag der Beklagten, der Klägerin aufzugeben, Sicherheit für die Prozeßkosten der Instanzen und der Revisionsinstanz zu leisten, ist mangels rechtlichen Interesses nicht nachzugehen. Die Revision war von vornherein wegen des bestehenden Mangels ordnungsgemäßer Prozeßkostensicherheit zu verwerfen. Die Anordnung einer Sicherheit, deren Leistung von der Klägerin nicht erzwungen werden kann, bringt verfahrensrechtlich keinen Vorteil.
Unterschriften
Ullmann, Thode, Wiebel, Herr Dr. Kuffer ist wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert. Ullmann, Bauner
Fundstellen
Haufe-Index 788820 |
NJW 2002, 3259 |
BGHR 2002, 1053 |
BauR 2002, 1732 |
EWiR 2003, 191 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2003, 47 |
InVo 2003, 28 |
SGb 2003, 35 |
ZfBR 2002, 790 |
ZfBR 2003, 27 |
IHR 2003, 45 |
IPRspr. 2002, 126 |