Verfahrensgang
LG Zwickau (Urteil vom 03.11.2004) |
Tenor
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 3. November 2004 wird verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten.
Tatbestand
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in vier Fällen, schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in sechs Fällen und wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit Beischlaf zwischen Verwandten in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und den Angeklagten im Übrigen freigesprochen. Die auf die Rügen der Verletzung von Verfahrensrecht und sachlichem Recht gestützte – vom Generalbundesanwalt nicht vertretene – Revision der Staatsanwaltschaft, mit der der Teilfreispruch und der Gesamtstrafausspruch angefochten werden, bleibt ohne Erfolg.
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen vollzog der Angeklagte mit seiner leiblichen, mit ihm in familiärer Gemeinschaft lebenden, am 6. November 1987 geborenen Tochter J (der Nebenklägerin) in der Zeit zwischen dem 6. November 1992 und kurz vor dem 28. April 2002 mindestens 15 mal den Beischlaf. Dabei geht das Landgericht zugunsten des Angeklagten davon aus, dass die ersten vier Fälle, bei denen es einmal auch zum Oralverkehr mit Samenerguss in den Mund des Kindes und zum Schlucken von Sperma kam, vor dem 1. April 1998, also vor dem Inkrafttreten des 6. StrRG, stattfanden. Sechs Fälle ereigneten sich ab Herbst 1998 noch vor dem 6. November 2001, dem 14. Geburtstag der Nebenklägerin, weitere fünf Fälle danach.
I.
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revision hat keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten ergeben.
1. Die Verfahrensrüge ist nicht in zulässiger Weise (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) erhoben. Es wird als Verstoß gegen § 261 StPO beanstandet, das Landgericht habe sich nicht mit bestimmten – in die Hauptverhandlung eingeführten – Angaben auseinandergesetzt, die die Nebenklägerin in einer polizeilichen und in einer richterlichen Vernehmung gemacht habe. Es hätte sich zudem nach Ansicht der Beschwerdeführerin „aufdrängen” müssen, dass in einem Fall der vorliegenden Art „schwerwiegende psychische Folgen für das Opfer regelmäßig nicht ausbleiben”. Dabei wird nicht einmal klargestellt, mit welchem Vorbringen der Teilfreispruch einerseits oder der Ausspruch der Gesamtstrafe andererseits angegriffen werden. Dem korrespondiert, dass nicht mitgeteilt wird, zu welchem Ergebnis die vermisste Berücksichtigung der Aussagen geführt hätte. Solches war aber erforderlich, gleich ob man die Rüge als eine auf die Verletzung von § 261 StPO gestützte oder als eine Aufklärungsrüge versteht.
2. Auch die Sachrüge bleibt ohne Erfolg.
a) Der Teilfreispruch ist rechtsfehlerfrei.
Mit der zugelassenen Anklage wird dem Angeklagten vorgeworfen, in dem Zeitraum zwischen Oktober 1993 und August 1998 in 105 Fällen mit seiner Tochter J den Geschlechtsverkehr ausgeführt zu haben und sich damit nach § 176 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 StGB i.d.F. vor dem 6. StrRG strafbar gemacht zu haben. Das Landgericht hat den Angeklagten betreffend diesen Tatzeitraum allein wegen vierer Fälle verurteilt und ihn wegen der weiteren 101 Fälle freigesprochen.
Die Verurteilung in diesem Komplex hat das Landgericht – neben dem allgemeinen Geständnis des Angeklagten – auf die Bekundungen der Nebenklägerin gestützt. Dabei konnte es an Besonderheiten anknüpfen, die sich aus dem damaligen Wohnort der Familie, den jeweiligen Räumen, in denen die Taten begangen wurden, und besonderen Tatmodalitäten, wie namentlich dem Oralverkehr, ergeben. Dagegen hat das Landgericht „keine hinreichend sichere Grundlage für die Annahme häufigerer Taten” gefunden. Es hat in nicht zu beanstandender Weise seine Zweifel an der Begehung weiterer 101 Taten mit Unsicherheiten in den Bekundungen der Nebenklägerin zur „Anlaufphase” und mit dem Alter der Nebenklägerin von fünf bis zehn Jahren im entsprechend lange zurückliegenden relevanten Zeitraum substantiiert begründet.
Dass der Angeklagte schließlich durch seinen Verteidiger hat erklären lassen, „die Anklage sei zutreffend” (UA S. 21), während er selbst Erläuterungen hierzu, insbesondere zur Häufigkeit der Taten, verweigert hat, ist vom Landgericht zu Recht für bedeutungslos erachtet worden; denn das Geständnis ist auf seine Glaubwürdigkeit zu überprüfen (BGH [Großer Senat für Strafsachen] NJW 2005, 1440, 1441; BGHR StPO § 261 Einlassung 2), was das Landgericht – mit dem Ergebnis der Ungewissheit – getan hat.
Überspannte Anforderungen an die tatrichterliche Überzeugungsbildung hinsichtlich der Einzeltaten bei Tatserien der vorliegenden Art hat das Landgericht mit alledem nicht gestellt.
b) Auch der Gesamtstrafausspruch beruht nicht auf einem Rechtsfehler. Das Landgericht hat diesen Ausspruch ausführlich und ohne jeden Mangel begründet. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang geltend macht, das Urteil sei „lückenhaft” und enthalte „Darstellungsmängel”, knüpft sie an urteilsfremde Umstände an, die als solche im Rahmen der sachlichrechtlichen Überprüfung des Urteils keine Beachtung finden können.
Entscheidungsgründe
II.
Die Überprüfung des Urteils hat auch (§ 301 StPO) keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Unterschriften
Basdorf, Häger, Raum, Brause, Schaal
Fundstellen