Tatbestand
Der Senat bekräftigt noch einmal seinen Standpunkt, daß die Voraussetzungen des § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB erfüllt sind, wenn ein Ehegatte sich gegen den Willen des anderen von diesem trennt und mit einem anderen Partner eine eheähnliche Gemeinschaft eingeht oder ein auf Dauer angelegtes intimes Verhältnis begründet (vgl. Senatsurt., FamRZ 83,569, hier I (166) 116 b-f).
›... Daß die Kl. mit Einverständnis des Bekl. ausgezogen ist und dieser es war, der als erster einen Rechtsanwalt aufgesucht und eindeutig den Willen zur Trennung bekundet hat, steht einer Anwendung der Härteklausel nicht von vornherein entgegen. Allerdings hat der Senat die Verneinung eines einseitigen evidenten Fehlverhaltens in einem Fall gebilligt, in dem der auf Unterhalt in Anspruch genommene Ehegatte als erster Scheidungsabsichten geäußert und selbst die Trennung sowie den Auszug des anderen Ehegatten aus dem gemeinsamen bewohnten Haus gewünscht hatte (BGH, NJW 1981,1782 [hier: I (166) 85 a]). Indessen hatte sich dort der unterhaltsbedürftige Ehegatte dem anderen Partner erst zugewandt, nachdem der andere Ehegatte zuvor Trennungswünsche geäußert und sich von seinen ehelichen Bindungen distanziert hatte. Kehrt sich diese zeitliche Folge dagegen um und geht die Hinwendung des unterhaltsbedürftigen Ehegatten zum anderen Partner der Abkehr des Unterhaltsverpflichteten von der Ehe voraus, ist für diesen gar der Anlaß, sich seinerseits von der Ehe abzuwenden und die Trennung zu betreiben, können die Grundsätze jener Entscheidung nicht herangezogen werden. Vielmehr kommt in einem solchen Fall die Anwendung der Härteklausel .. trotz des geschilderten Verhaltens des Unterhaltsverpflichteten weiter in Betracht .. .‹
Im Streitfall sei davon auszugehen, daß die Kl. bereits während des Zusammenlebens der Parteien ein nachhaltiges, auf längere Dauer angelegtes intimes Verhältnis mit K unterhalten hat.
›... Darin ist ein schwerwiegendes eheliches Fehlverhalten zu erblicken, wie es die Verwirklichung des § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB nach der Senatsrechtsprechung erfordert .. . Allerdings kann ein solches Verhalten des Unterhalt begehrenden Ehegatten die Anwendung der Härteklausel nur begründen, wenn es sich um ein eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten handelt. ...
Ehewidrige Beziehungen des in Anspruch genommenen Ehegatten sind geeignet, dem Fehlverhalten des anderen Ehegatten die Einseitigkeit in dem dargelegten Sinne zu nehmen, wenn sie diesem Fehlverhalten den Boden bereitet haben. Werden sie dagegen erst aufgenommen, nachdem die intimen Beziehungen des Unterhalt begehrenden Ehegatten bereits seit längerem bestanden, können sie auf dessen Abkehr von der Ehe nicht von Einfluß gewesen sein. Wenn und soweit aufgrund der nachhaltigen Beziehungen dieses Ehegatten die Voraussetzungen für einen Ausschluß oder eine Kürzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB eingetreten waren, entfallen diese dadurch, daß der in Anspruch genommene Ehegatte später seinerseits ehewidrige Beziehungen aufnimmt, nicht mehr ohne weiteres. ...‹
Damit werde jedoch nicht ausgeschlossen, daß die nachträgliche Aufnahme ehewidriger Beziehungen unter besonderen Umständen im Rahmen der Billigkeitsprüfung Bedeutung erlangen kann.
›...[Im Streitfall muß dem Umstand, daß der Bekl. im Februar 1981 Beziehungen zu Frau T aufgenommen hat [mangels Einflusses auf den seit 1979 bestehenden ehebrecherischen Umgang der Kl. ], eine die Einseitigkeit des Fehlverhaltens der Kl. beseitigende Wirkung abgesprochen werden .. . Daran ändert nichts, daß dem Bekl. die intimen Beziehungen der Kl. zu K .. Anfang 1981 in .. Einzelheiten noch nicht bekannt waren, er vielmehr nur gerüchteweise von einem Verhältnis der Kl. zu einem anderen Mann gehört hatte. Selbst wenn es der Kl. gelungen wäre, ihr Verhältnis zu K bis zur Trennung der Parteien vor dem Bekl. zu verheimlichen, dieser also bei der Aufnahme seiner Beziehungen zu Frau T von dem Verhältnis der Kl. nichts gewußt hätte, wäre die darin liegende Verwirklichung der Härteklausel durch ihr lang andauerndes Verhältnis zu K infolge der späteren Beziehungen des Bekl. zu Frau T nicht wieder weggefallen. Vielmehr wäre die Berücksichtigung dieses Verhaltens des Bekl. der Prüfung der Unbilligkeit seiner Inanspruchnahme vorzubehalten. Ebenso kann auch der Umstand, daß der Bekl. bei der Anknüpfung seiner Beziehungen zu Frau T von dem Verhältnis der Kl. zu K lediglich vage Kenntnis hatte, allenfalls im Rahmen der Billigkeitsabwägung Bedeutung gewinnen. ...‹
Fundstellen
Haufe-Index 2992810 |
NJW 1986, 722 |
DRsp I(166)149c-e |
JuS 1986, 652 |