Leitsatz (amtlich)
a) Zur Vorausabtretung eines auf eine künftige Sicherungsgrundschuld bezogenen Rückübertragungsanspruchs.
b) Gegenüber dem Zessionar einer Grundschuld kann der aus dem Sicherungszweck hergeleitete Rückübertragungsanspruch nur unter den Voraussetzungen der §§ 1192, 1157, 1169 BGB geltend gemacht werden, wenn – wie im Regelfall – nicht die schuldrechtliche Rückübertragungsverpflichtung des Grundschuldzedenten übernommen worden ist.
c) Der dem Grundstückseigentümer gegen den Grundschuldgläubiger zustehende Anspruch aus §§ 1192, 1169 BGB ist abtretbar.
Normenkette
BGB §§ 1192, 1157, 1169, 398
Verfahrensgang
OLG Karlsruhe |
LG Offenburg |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 14. Zivilsenats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 11. März 1983 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien hatten Grundschulden an dem für die Firma Kinderheim Villa E… GmbH, Heim- und Sonderschule KG (KG) im Grundbuch von L… eingetragenen Grundeigentum. Nach dessen Zwangsversteigerung und der Ausführung des Teilungsplanes streiten sie um die Berechtigung an einem Erlösanteil, der entfällt auf eine zugunsten der L… Hypothekenbank AG (LHB) eingetragen gewesene und später der Beklagten abgetretene erstrangige Grundschuld.
Der Arzt Dr. V… der dieses Grundstück in die KG einbrachte, verkaufte seinen Kommanditanteil am 23. Juli 1976 an den Kaufmann E…. Der Kaufvertrag sah vor, daß B… den Kaufpreis mit Hilfe von auf dem Grundeigentum einzutragenden Grundpfandrechten finanzieren werde. Der Veräußerer erteilte daher in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der KG dem Kaufmann E… Vollmacht,
„den der Gesellschaft gehörenden Grundbesitz mit Grundpfandrechten bis zu 4.500.000 DM nebst bis zu 18% Jahreszinsen zu belasten und der Vollstreckung zu unterwerfen…
…
…
Die Vollmacht berechtigt den Käufer nur zur Abgabe von notariell beurkundeten Erklärungen zu Protokoll des amtierenden Notars.”
Von der Beklagten bekam E… im Dezember 1976 eine Darlehenszusage über 2.500.000 DM. Er bestellte ihr dafür als Vertreter der KG eine erstrangige unter Nr. 2 im Grundbuch einzutragende Grundschuld über 2.500.000 DM. Der diese Grundschuld betreffende Sicherungsvertrag wurde als privatschriftlicher Vertrag am 21. Dezember 1976 geschlossen. Der Vertrag enthält folgende Bestimmungen:
„Soweit der obigen Grundschuld gegenwärtig und künftig andere Grundschulden im Rang vorgehen oder gleichstehen, wird… hiermit abgetreten
der Anspruch auf Rückübertragung oder Aufhebung der vorgehenden oder gleichstehenden Grundschulden nebst Zinsen oder auf Verzicht auf diese Grundschulden im ganzen oder in Teilbeträgen nach Wegfall des Grundes, aus dem sie bestellt oder an ihre Gläubiger abgetreten sind.
…
…
Sie (=Beklagter) sind jedoch nach Ihrer Wahl auch berechtigt, vorgehende und gleichstehende Grundschulden nebst Zinsen, soweit sie Ihnen abgetreten werden, als weitere Sicherheiten für die im ersten Absatz dieser Erklärung bezeichneten Ansprüche zu behalten. Für den Fall, daß der Gläubiger einer vorgehenden oder gleichstehenden Grundschuld bei einer Verwertung seiner Grundschuld einen Betrag erhält, der die durch die Grundschuld gesicherten Forderungen übersteigt, wird Ihnen hiermit der Anspruch auf Auszahlung des Mehrbetrages abgetreten”
Am 4. März 1977 schlossen die Eheleute E… einen Darlehens- und Sicherungsvertrag mit der LHB, in dem unter anderem die KG sich verpflichtete, der LHB zur Absicherung eines den Eheleuten E… gewährten Darlehens eine Grundschuld über 1.500.000 DM nebst 15 % Jahreszinses und eine einmaligen Nebenleistung von 10 % zu bestellen. Diese Vertrag enthält unter anderem folgende Regelung:
„Ansprüche auf Rückgewähr dieser Grundschuld sind mit Ausnahme des Anspruchs auf Löschung dieser Grundschuld ausgeschlossen.”
Ebenfalls am 4. März 1977 bestellte die KG, vertreten durch den Kaufmann E…, der Volksbank O… e.G. in notariell beglaubigter Form eine Sicherungsgrundschuld über 1.000.000 DM. Diese Grundschuld sollte derjenigen der LHB nachgehen, aber gegenüber der zugunsten der Beklagten noch einzutragenden Grundschuld vorrangig sein.
Die Grundschuldbestellung zugunsten der Volksbank O… e.G. enthält unter anderem folgende vorgedruckte Bestimmung:
„III. Abtretung von Rückgewähransprüchen
Der Eigentümer tritt hiermit den Anspruch auf Übertragung der Grundschuld(en), die im Grundbuch von … Band Blatt… Abteilung III im Betrag von … eingetragen ist/sind, auch soweit dieser Anspruch bedingt ist oder erst künftig entsteht, an die Gläubigerin ab. Sollten Rückgewähransprüche an vorrangigen Grundschulden bereits anderweitig abgetreten sein, so tritt/treten der/die Grundstückseigentümer hiermit seinen/ihren künftigen Anspruch auf Rückgewähr dieser Abtretungen ab… .”
Dieser Teil der Urkunde ist in dem im übrigen handschriftlich ausgefüllten, unterschriebenen Formular nicht ausgefüllt worden. Am 8. März 1877 erklärte die Beklagte in notariell beglaubigter Form ihren Rangrücktritt gegenüber der noch zugunsten der LHB zu bestellenden sowie der zugunsten der Volksbank O… e.G. bereits bestellten Grundschuld. Am 12. April 1977 wurde der Kaufmann E… alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der KG. Die Grundschuld der Beklagten wurde am 20. Mai 1977 im Grundbuch unter Nr. 2 als erstrangig eingetragen. Zuvor war am gleichen Tag erst die KG als Eigentümerin des Grundbesitzes eingetragen worden. Am 27. September 1977 wurden die Grundschuld zugunsten der LHB unter Nr. 3 und die Grundschuld zugunsten der Volksbank O… e.G. unter Nr. 4 im Grundbuch eingetragen. Gleichzeitig wurde vermerkt, daß die für die Beklagte unter Nr. 2 eingetragene Grundschuld den Grundschulden Nr. 3 und 4 den Vorrang einräumt.
Am 25. November 1977 vereinbarten die KG und die Volksbank O… e.G. privatschriftlich, daß zur Sicherheit der Ansprüche aus bankmäßiger Geschäftsverbindung an die Volksbank O… e.G. bezüglich der im Grundbuch zugunsten der LHB eingetragenen Grundschuld jetzige und künftige Ansprüche auf Rückübertragung, Verzicht oder Aufhebung abgetreten werden.
Dieselbe Abtretung wiederholte die KG am 10. April 1978 gegenüber der Klägerin, nachdem dieser die für die Volksbank O… e.G. eingetragene Grundschuld am 1. März 1978 abgetreten worden war.
Am 3. Januar 1980 wurde über das Vermögen der KG das Konkursverfahren eröffnet. Der Konkursverwalter gab das Grundeigentum aus der Masse frei. Die Zwangsversteigerung wurde am 5. Februar 1980 angeordnet.
Am 28. März 1980 verkaufte die LHB der Beklagten ihre gegen die Eheleute E… bestehende Darlehensforderung, die seinerzeit noch 1.550.000 DM betrug. Dieser Betrag wurde auch als Kaufpreis vereinbart. Am 21. April 1980 trat die LHB der Beklagten daraufhin ihre Grundschuld bezüglich eines rangersten Betrages von 1.430.700 DM nebst Zinsen und Nebenkosten ab. Einen rangschlechteren Betrag von 69.300 DM aus ihrer erstrangigen Grundschuld hatte die LHB bereits am 19. März 1979 an die Klägerin abgetreten.
In dem Zwangsversteigerungsverfahren erhielt die Klägerin für das Bargebot von 3.200.000 DM den Zuschlag. Alle eingetragenen Grundschulden erloschen. Das Vollstreckungsgericht teilte der Beklagten auf die von der LHB erworbene Grundschuld nebst den Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung folgende Beträge zu:
1. Laufende Zinsen in Höhe von |
408.941,75 DM, |
2. rückständige Zinsen |
270.640,75 DM, |
3. einmalige Nebenleistung |
143.070,00 DM, |
4. Kapital |
1.430.700,00 DM |
insgesamt |
2.253.352,50 DM. |
Der Teilungsplan ist ausgeführt worden.
Die Klägerin, deren dinglich gesicherte Forderungen nicht voll befriedigt werden konnten, vertritt die Ansicht, der Beklagten stehe nur der im Verhältnis zwischen der LHB und der KG durch die Darlehensschuld der Eheleute E… valutierte Teilbetrag einschließlich Zinsen in Höhe von 1.637.725,40 DM zu. Die Differenz zu dem ausbezahlten Betrag, nämlich 615.627,10 DM verlangt sie mit der Klage. Die Beklagte nimmt diesen Betrag zur Befriedigung ihrer Darlehensforderung in Anspruch.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen und der Beklagten gemäß § 97 Abs. 2 ZPO die Kosten der Berufungsinstanz auferlegt, weil sie erst in der zweiten Instanz die Abtretung an sie vom 21. Dezember 1976 vorgetragen hat. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Erlösanteil, der auf den nicht valutierten Teil der zugunsten der LHB bestellten und an die Beklagte abgetretenen Grundschuld entfalle, stehe aufgrund der am 21. Dezember 1976 erfolgten Zession des sich auf diese Grundschuld beziehenden Aufhebungsanspruchs der Beklagten zu. Diese Abtretung eines künftigen Anspruchs sei wirksam. Es könne daher auch dahinstehen, ob der Volksbank O… e.G. anläßlich der Errichtung der Urkunde vom 4. März 1977 ein Aufhebungsanspruch abgetreten worden sei oder ob erst später eine Abtretung an diese Bank oder an die Klägerin erfolgt sei.
II.
Dies hält den Angriffen der Revision stand.
Ein Anspruch der Klägerin auf Auskehrung des Grundschulderlöses, der die Darlehensforderung der LHB gegen die Eheleute E… übersteigt, besteht nicht.
Das Begehren der Klägerin kann nur begründet sein, wenn ihr der Erlös, der auf die der Beklagten von der LHB abgetretene Grundschuld entfällt, in dem Umfang, in dem diese Grundschuld im Verhältnis zwischen der KG und der LHB nicht valutiert war, aufgrund der Abtretung des Aufhebungsanspruchs gebührt hätte.
Das ist nicht der Fall.
Die Klägerin war nicht Inhaberin eines auf die Grundschuld der LHB bezogenen Aufhebungsanspruchs geworden. Die Beklagte hat diesen Anspruch vielmehr vorher aufgrund der sicherungsweise erfolgten Vorausabtretung vom 21. Dezember 1976 erworben. Diese gab ihr auch das Recht, den im Verhältnis zwischen der KG und der LHB nicht valutierten Teil der Grundschuld mit ihrer eigenen Darlehensforderung gegen E… zu valutieren.
1. Einen Anspruch auf Aufhebung der Grundschuld in dem Umfang, in dem diese im Verhältnis zwischen der KG und der LHB nicht valutiert war, hätte die Klägerin gegenüber der Beklagten nur aus §§ 398, 1192, 1169 BGB herleiten können. Zwar hat der Grundstückseigentümer, der einem Gläubiger eine Sicherungsgrundschuld bestellt, aus dem Sicherungsvertrag bei Wegfall des Sicherungszwecks den Anspruch auf Abtretung des nicht valutierten Teils der Grundschuld, auf Verzicht oder auf Aufhebung der Grundschuld (BGH, Urt. v. 24. März 1959 – VIII ZR 177/58 = MDR 1959, 571; v. 15. März 1966 – V ZR 17/65 – WM 1966, 653). Bei unwirksamer Sicherungsabrede ergibt sich ein solcher Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB (BGH, Urt. v. 26. Juni 1957 – V ZR 191/55 a.a.O.).
Diese Ansprüche richten sich jedoch nur gegen den Grundschuldgläubiger, mit dem der Sicherungszweck der Grundschuld verabredet oder denjenigen, der Partei des Sicherungsvertrages war. Das war hier die LHB und nicht die Beklagte. Diese war auch nicht bei Ankauf der Darlehensforderung der LHB in deren schuldrechtliche Verpflichtung aus dem Sicherungsvertrag eingetreten, weil die Abtretung von Grundschuld und Forderung nicht die stillschweigende Vereinbarung einer Übernahme der Verbindlichkeit des Zedenten aus dem Sicherungsvertrag enthält (vgl. BGH, Urt. v. 21. Februar 1967 – VI ZR 144/65 a.a.O. m. Nachw.; Huber, Die Sicherungsgrundschuld, 1965, S. 146).
Der Besteller einer Sicherungsgrundschuld hat aber mit dem ihm aus dem Sicherungsvertrag oder aus § 812 BGB gegenüber dem ursprünglichen Grundschuldgläubiger zustehenden Anspruch gleichzeitig diesem gegenüber eine Einrede im Sinne der §§ 1192, 1169 BGB, durch welche die Geltendmachung der Grundschuld dauernd ausgeschlossen ist. Diese Einrede kann unter den Voraussetzungen der §§ 1192, 1157 BGB auch dem neuen Gläubiger der Grundschuld entgegengesetzt werden, so daß gegenüber ihm dann auch der Anspruch aus §§ 1192, 1169 BGB besteht. Dieser Anspruch ist abtretbar (BGH, Urt. v. 30. November 1951 – V ZR 62/50 = LM BGB § 1169 Nr. 1; v. 21. Februar 1967 – VI ZR 144/65 a.a.O.; Huber a.a.O. S. 190 f.; Petri, Die Grundschuld als Sicherungsmittel für Bankkredite 1975 S. 217 f.; Palandt/Bassenge BGB 42. Aufl. § 1169 Bem. 1). Die Abtretung des aus dem Sicherungsvertrag oder aus § 812 BGB fließenden Rückgewähranspruchs enthält auch die Zession des gemäß §§ 1192, 1169 BGB bestehenden Anspruchs.
2. Diesen Anspruch hat aber – wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat – die Beklagte aufgrund der Vorausabtretung vom 21. Dezember 1976 erworben, so daß eine spätere Abtretung desselben Anspruchs an die Rechtsvorgängerin der Klägerin unwirksam war.
a) Das Berufungsgericht meint, diese Vereinbarung einer Vorausabtretung sei wirksam. Es sei unbeachtlich, daß zum Zeitpunkt der Vereinbarung die Grundschuld, auf die sich der abgetretene Aufhebungsanspruch beziehen konnte, weder bestand noch ihre Bestellung vereinbart war. Eine Rechtsgrundlage für einen künftigen Anspruch müsse nämlich zur Zeit seiner Abtretung noch nicht bestehen. Der abgetretene künftige Aufhebungsanspruch sei so konkret bezeichnet worden, daß er bei seiner Entstehung bestimmbar gewesen sei. Der vorliegende Fall weise allerdings die Besonderheit auf, daß die Beklagte den Aufhebungsanspruch erst nach der Rangänderung, die bewirkte, daß ihre Grundschuld der Grundschuld der LHB den Vorrang einräumte, habe realisieren können. Diese Voraussetzung der Geltendmachung habe aber die Wirksamkeit der Vorausabtretung nicht berührt.
b) Dem hält die Revision entgegen, das Berufungsgericht habe verkannt, daß mit der Abtretung an die Rechtsvorgängerin der Klägerin die KG am 4. März 1977 über ihren spätestens am 18. März 1977 entstandenen Anspruch auf Aufhebung der der Volksbank O… e.G. seiner Zeit bereits vorgehenden Grundschuld der LHB verfügt habe, während die Grundschuld der Beklagten damals noch erstrangig gewesen und eine Abtretung zugunsten der Beklagten daher nach dem Wortlaut der Abtretungserklärung noch nicht wirksam geworden sei. Als dann am 27. September 1977 mit Eintragung des Rangrücktritts die Grundschuld der LHB der der Beklagten vorgegangen sei, sei die KG aber nicht mehr Inhaberin des Aufhebungsanspruchs gewesen, weil sie über diesen am 4. März 1977 zugunsten der Klägerin verfügt habe; denn die Grundschuld der LHB sei deren Grundschuld von vornherein vorgegangen. Die Abtretung an die Beklagte und nicht diejenige an die Klägerin sei daher unwirksam.
c) Dieser Auffassung folgt der Senat nicht.
Der Rechtsgrund für den Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld der LHB war frühestens am 4. März 1977 gelegt, als die Sicherungsabrede zwischen der KG und der LHB getroffen wurde. Die Abtretung an die Beklagte am 21. Dezember 1976 konnte diesen Anspruch daher nur als künftigen Anspruch erfassen. Es stand allerdings fest, daß E… zur Finanzierung des Kaufpreises in Höhe von 4.500.000 DM auf die Aufnahme und grundbuchmäßige Absicherung weiterer Darlehen angewiesen war. Es war daher durchaus möglich, daß die KG Rückgewähransprüche an weiteren Grundschulden erwerben würde. Auch bei ungewissem Entstehen eines Anspruchs liegt schon ein „künftiger” Anspruch vor, der nach den in ständiger Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs in Übereinstimmung mit der Rechtslehre entwickelten Grundsätzen im Wege einer Vorausverfügung abgetreten werden kann (BGHZ 53, 60, 63; BGH, Urt. v. 24. November 1975 – III ZR 81/73 = WM 1976, 151; von Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, 1914 Bd. II 1 S. 388; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung Bd. IV 1976 § 47 I 2 a S. 260).
Eine Vorausabtretung ist allerdings nur dann wirksam, wenn die abgetretene künftige Forderung bei der Abtretung so umschrieben wird, daß sie spätestens bei ihrer Entstehung nach Gegenstand und Umfang bestimmbar, also die aufgrund der Abtretung konkret in Anspruch genommene Einzelforderung genügend individualisierbar ist (BGHZ 7, 365, 369; BGH, Urt. v. 16. Januar 1961 – VII ZR 199/59 – WM 1961, 350, 351; v. 24. November 1975 – III ZR 81/73 a.a.O.).
Das ist hier der Fall. Die am 21. Dezember 1976 zugunsten der Beklagten vereinbarte Vorausabtretung erfaßte alle künftigen Ansprüche der KG auf Rückübertragung der Sicherungsgrundschulden, die in Zukunft mit Rang vor dem dinglichen Recht der Beklagten zur Entstehung kommen. Damit fällt auch der auf die Grundschuld der LHB bezogene Aufhebungsanspruch der KG unter diese Vorausabtretung.
Die Sicherungsgrundschuld der LHB entstand am 27. September 1977 mit ihrer Eintragung. Vorher konnte auch ein Aufhebungsanspruch nicht entstehen, so daß Stichtag für die Bestimmbarkeit des im voraus abgetretenen Aufhebungsanspruchs der 27. September 1977 ist. Am selben Tag aber war die Grundschuld der LHB mit dem Rang vor der Grundschuld der Beklagten entstanden, weil an diesem Tag auch der Rangrücktritt der Beklagten eingetragen wurde (§§ 879, 880 BGB). Bei der Entstehung der Grundschuld der LHB und des bedingten Aufhebungsanspruchs am 27. September 1977 stand somit der Vorrang dieses Grundpfandrechts gegenüber demjenigen der Beklagten fest, so daß die am 21. Dezember 1976 zugunsten der Beklagten vereinbarte Vorausabtretung am 27. September 1977 wirksam wurde.
Der Revision kann nicht gefolgt werden, wenn sie meint, die Abtretung vom 4. März 1977 an die Rechtsvorgängerin der Klägerin habe einen Anspruch auf Rückgewähr einer an jenem Tag schon der Volksbank O… e.G. vorgehenden Grundschuld erfaßt, während die Grundschuld der LHB seinerzeit im Verhältnis zum dinglichen Recht der Beklagten noch nachrangig gewesen sei.
Ein Rangverhältnis der Grundpfandrechte der Parteien und der LHB, bei dem diese von der Klägerin angenommene Konstellation vorlag, hat weder bestanden noch war es jemals von den Parteien vorgesehen gewesen. Die Grundschuld der LHB entstand am 27. September 1977 als ein dingliches Recht, das von vornherein den Grundpfandrechten beider Parteien im Rang vorging. Der Rangrücktritt der Grundschuld der Beklagten war am 8. März 1977 zu einer Zeit vereinbart worden, zu der die Grundpfandrechte der Parteien und der LHB noch nicht eingetragen und entstanden waren. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin konnte am 4. März 1977, als – nach Auffassung der Revision – der auf die Grundschuld der LHB bezogene Aufhebungsanspruch an sie abgetreten wurde, nicht einmal davon ausgehen, daß die ihr vorrangig zu bestellende Grundschuld der LHB zunächst mit Rang nach dem Grundpfandrecht der Beklagten eingetragen werden würde.
Am 4. März 1977 hatten die künftigen Inhaber der Grundschulden deren Rangverhältnis so geplant, wie es auch verwirklicht wurde. Es war nämlich in dem am 4. März 1977 zwischen der KG und der Rechtsvorgängerin der Klägerin geschlossenen Sicherungsvertrag bereits vereinbart, daß die Beklagte sowohl dieser als auch der LHB den Vorrang einräumen würde. Das geschah dann auch bereits vier Tage später – am 8. März 1977 so daß sicher war, daß die erst am 18. März 1977 bestellte Grundschuld der LHB von vornherein den Grundschulden beider Parteien im Rang vorgehen würde.
d) Auch die übrigen Wirksamkeitsvoraussetzungen der am 21. Dezember 1976 zugunsten der Beklagten vereinbarten Vorausabtretung liegen vor.
aa) Die formularmäßige Vereinbarung der Vorausabtretung stellt keine unangemessene Benachteiligung der KG dar. Die Abtretung konnte überhaupt nur die Rechtsmacht der KG an solchen künftigen Rückübertragungsansprüchen beeinträchtigen, die sich auf Grundschulden bezogen, die der zunächst erstrangig zugesagten Grundschuld der Beklagten vorgehen würden. Das bedeutet aber, daß die Beklagte aus der Vorausabtretung nur dann Rechte erwerben konnte, wenn sie selbst zum Rangrücktritt bereit war.
bb) E… hat bei Vereinbarung der Vorausabtretung in dem Sicherungsvertrag vom 21. Dezember 1976 die KG aufgrund ordnungsgemäßer Vollmacht gemäß § 164 BGB wirksam vertreten.
Die Angriffe der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, E… sei von der KG zur Vereinbarung der Vorausabtretung bevollmächtigt gewesen, greifen nicht durch.
Das Berufungsgericht legt mit bindender tatrichterlicher Würdigung den Vertrag zwischen Dr. V… und E… dahin aus, daß die Vollmacht, den Grundbesitz zu Lasten der KG mit Grundpfandrechten bis zu 4.500.000 DM zu belasten, auch dazu bevollmächtigte, die der KG dabei aus den Sicherungsverträgen entstehenden Rückgewähransprüche bezüglich der Grundpfandrechte abzutreten, denn diese Abtretungen würden allgemein von Banken verlangt und seien daher in der Praxis notwendige rechtsgeschäftliche Erklärungen anläßlich der Belastung von Grundbesitz.
Das Berufungsgericht hat Auslegungsgrundsätze nicht verkannt. Es hat die Bankpraxis bei Grundschuldbestellungen zutreffend beurteilt (vgl. dazu Staudinger/Scherübl, BGB 12. Aufl. § 1191 Rdnr. 61; Huber a.a.O. S. 77, 197; Dempewolf, Der Rückübertragungsanspruch bei Sicherungsgrundschulden, 1958, S. 15 f.; Petri a.a.O. S. 281 f.). Es bleibt noch zu ergänzen, daß der von der Beklagten geltend gemachte Rückübertragungsanspruch sich auch bezog auf eine Grundschuld, die noch im Rahmen dieser Vollmacht zur Belastung mit Grundschulden bis zu 4.500.000 DM bestellt wurde.
Das Berufungsgericht legt ferner die Beschränkung der Vollmacht auf die Abgabe von notariell beurkundeten Erklärungen zu Protokoll des amtierenden Notars bindend dahin aus, daß diese nicht für Nebenerklärungen gelte, die ohne Wirkung für die dingliche Rechtslage des Grundstücks sind und privatschriftlich abgeschlossen werden können und auch üblicherweise in solcher Form abgeschlossen werden.
Diese Auslegung verstößt nicht gegen die Denkgesetze und läßt nicht wesentliche Gesichtspunkte außer Betracht. Sie ist nicht nur rechtlich möglich, sondern sogar naheliegend.
Die Einschränkung der Vollmacht wird im Rahmen der Vollmachtsregelung erst ganz am Ende erklärt, nachdem im Absatz 1 generell Vollmacht für die Belastung des Grundbesitzes mit Grundpfandrechten bis zu 4.500.000 DM erteilt wird. Sodann wird die Auszahlung der Darlehensbeträge festgelegt und angeordnet, daß diese zugunsten eines Treuhänders des Verkäufers gutzuschreiben sind, sobald der Notar die Einreichung der Grundschuldbestellungsurkunde bescheinigt. Erst im Anschluß daran wird gesagt, daß die Vollmacht den Käufer nur berechtigt zur Abgabe von notariell beurkundeten Erklärungen zu Protokoll des amtierenden Notars. Dies macht deutlich, daß der Sinn dieser Regelung darin bestand zu gewährleisten, daß der Notar die Sicherstellung der Zahlungsmodalitäten überwachen und möglichst schnell aus eigenem Wissen die dazu erforderlichen notariellen Bescheinigungen erteilen konnte. Es kam den Parteien damit nur darauf an, daß die Erklärungen, an denen ein Notar mitzuwirken hat und deren Vornahme der Notar auch vor der Auszahlung nur zu bescheinigen hatte, von diesem bestimmten Notar aufgenommen wurden. Es ist kein Interesse der Parteien daran erkennbar, mit dieser Regelung auch übliche schuldrechtliche, formlos gültige Nebenabreden oder nur notariell zu beglaubigende Erklärungen dem Formzwang einer Beurkundung zu unterwerfen.
Die Rüge der Revision zu §§ 286, 139 ZPO greift nicht durch. Von einer Begründung wird gemäß § 565 a ZPO abgesehen.
e) Demnach wurde am 21. Dezember 1976 zugunsten der Beklagten die Vorausabtretung von Ansprüchen auf Aufhebung von Sicherungsgrundschulden wirksam vereinbart, die mit Rang vor dem Recht der Beklagten zur Entstehung kommen. Dazu zählte auch der die Grundschuld der LHB betreffende Aufhebungsanspruch. Diese wirksame Vorausabtretung verhinderte den Erwerb desselben Anspruchs durch eine spätere Abtretung an die Rechtsvorgängerin der Klägerin. Das Berufungsgericht konnte daher mit Recht offen lassen, ob schon am 4. März 1977 oder erst später eine Abtretung des Aufhebungsanspruchs gegenüber der Volksbank O… e.G. oder der Klägerin erklärt wurde.
3. Der Revision kann auch nicht gefolgt werden, wenn sie meint, die Beklagte habe den streitigen, ihr zugeteilten Erlösteil jedenfalls darum auf Kosten der Klägerin erlangt, weil sie wegen des Konkurses der KG die ihr nach Konkurseröffnung abgetretene Grundschuld nicht mehr habe valutieren dürfen.
Eine konkurswidrige Umvalutierung der Grundschuld wäre nur auf Kosten der zur gleichmäßigen Befriedigung aller Konkursgläubiger zur Verfügung zu haltenden Konkursmasse erfolgt. Die Klägerin kann daher aus einem ihrer Auffassung nach konkursrechtlich unzulässigen Verhalten der Beklagten nicht das Recht herleiten, den von der Beklagten erlangten streitigen Erlösanteil für sich allein zu beanspruchen.
4. Die Revision macht auch zu Unrecht geltend, die Beklagte nutze eine formale Rechtsposition sittenwidrig aus.
a) Der Revision ist zuzugeben, daß die besondere Konstellation dieses Falles Anlaß zur Erörterung rechtsmißbräuchlichen Verhaltens geben kann:
Der auf die erstrangige Grundschuld der LHB bezogene Rückübertragungsanspruch war auf die Aufhebung der Grundschuld beschränkt. Dies wäre bei Realisierung des Aufhebungsanspruchs gemäß §§ 879, 875 BGB allein der zweitrangig berechtigten Klägerin zugute gekommen.
Die Verwirklichung dieser Aufhebung hat die drittrangig berechtigte Beklagte aber durch Erwerb des Aufhebungsanspruchs in der Weise verhindert, daß sie die ihr zedierte Grundschuld aufgrund einer mit der KG ebenfalls schon am 21. Dezember 1976 getroffenen Sicherungsabrede mit eigenen Forderungen gegen die KG valutierte.
b) Dieses Verhalten der Beklagten ist aber nicht mißbräuchlich.
Die Interessen der Klägerin daran, daß ein bezüglich einer vorgehenden Grundschuld bestehender Aufhebungsanspruch ausgeübt und diese Grundschuld nicht neu valutiert wird, hatte die Beklagte bei ihrem rechtlich erlaubten Verhalten nicht zu beachten. Es ist anerkannt, daß der aus der Sicherungsabrede fließende Rückgewähranspruch eines Eigentümers nicht auch den nachrangigen Grundpfandgläubiger begünstigt (BGH, Urt. v. 29. Juni 1965 – V ZR 83/63 = WM 1965, 1197, 1199; v. 27. Februar 1981 – V ZR 9/80 a.a.O.; Stöber, ZIP 1980, 976, 977).
Nach dem das Sachenrecht beherrschenden Rangsystem kann nämlich der Nachrangige nicht anders stehen, als wenn der schuldrechtliche Rückgewähranspruch des Sicherungsgebers überhaupt nicht vorhanden wäre (Stöber a.a.O. S. 978). Der nachrangige Grundschuldgläubiger kann daher auch von dem Grundstückseigentümer nicht verlangen, daß er sich so verhält, daß der Rückübertragungsanspruch entstehen wird. Es ist dem Eigentümer daher nicht verwehrt, die Grundschuld umzuvalutieren und ihr bei Tilgung der ursprünglichen Forderung neue Forderungen zu unterlegen (unstreitig vgl. Wörbelauer NJW 1958, 1705, 1707). Der nachrangige Grundpfandgläubiger kann nicht einmal vom Eigentümer verlangen, daß dieser einen bezüglich der vorrangigen Grundschuld bereits fällig gewordenen Löschungsanspruch ausübt (vgl. BGH, Urt. v. 29. Juni 1965 – V ZR 83/63 a.a.O.).
Wenn daher der nachrangige Grundpfandgläubiger schon im Verhältnis zum Eigentümer, seinem Sicherungsgeber, aus dessen Berechtigung an gegen vorgehende Grundschuldgläubiger gerichteten Rückübertragungsansprüchen keine geschützte Position hat, so kann er es erst recht nicht einem anderen Grundschuldgläubiger anlasten, daß dieser von rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch macht, die dazu führen, daß die Ausübung eines Aufhebungsanspruchs unterbleibt. Da der nachrangig berechtigte Grundschuldgläubiger eine Neuvalutierung der Grundschuld schon durch den Grundstückseigentümer nicht verhindern kann, kann er es auch nicht einem Gläubiger des Eigentümers anlasten, daß dieser rechtlich mögliche Wege findet, die zur Neuvalutierung der Grundschuld führen.
Fundstellen
Haufe-Index 609752 |
NJW 1985, 800 |
ZIP 1985, 89 |