Leitsatz (amtlich)
Gibt eine Bank Darlehensmittel zur Finanzierung eines Grundstückskaufes durch Kaufpreishinterlegung bei einem Notar aus der Hand, kann sie die erbrachte Leistung grundsätzlich nicht durch spätere einseitige Verwahrungsanweisungen einschränken.
Normenkette
BNotO § 23
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 17. November 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die klagende Bank finanzierte nach einer grundsätzlichen Zusage vom März 1996 im Juni 1996 einen Grundstückskaufvertrag, den der beklagte Notar beurkundet hatte. Mit Telefax vom 12. Juni 1996, welches auch der Beklagte nachrichtlich erhielt, kündigte die Klägerin der Verkäuferin an:
„Auf Veranlassung der (Käuferin) bestätigen wir Ihnen, daß wir … am 13. Juni 1996 telegraphisch den Restkaufpreis von 1.050.000 DM auf das im Kaufvertrag vorgesehene Anderkonto (des Beklagten) zu treuen Händen überweisen”.
Am 13. Juni 1996 wurde auf dem Anderkonto des Beklagten der von der Klägerin avisierte, im Auftrag der Käuferin zu Lasten eines ihrer Konten telegraphisch überwiesene Restkaufpreis gutgebracht. Auf dem von der Käuferin unterzeichneten Überweisungsformular der Klägerin war als Verwendungszweck unter Nennung der Kaufvertragsurkunde angegeben:
„Kaufpreiszahlung abzüglich Anzahlung … zu treuen Händen”.
Im Massenbuch des Beklagten wurde die Käuferin als Hinterlegerin des eingegangenen Betrages vermerkt. Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 14. Juni 1996 beiden Kaufvertragsteilen schriftlich die Hinterlegung des überwiesenen Betrages auf seinem Anderkonto mit. Ebenfalls mit Schreiben vom 14. Juni 1996, welches beim Beklagten am 19. Juni 1996 einging, erteilte die Klägerin dem Beklagten einen bis zum 30. August 1996 befristeten Treuhandauftrag für Verfügungen über den am 13. Juni 1996 gutgebrachten Restkaufpreis. Der Beklagte hätte danach u.a. über die Hinterlegungssumme nur verfügen dürfen, sofern die Eintragung einer erstrangigen Buchgrundschuld für die Klägerin in Höhe von 1.300.000 DM sichergestellt und für die Käuferin zumindest eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen war. Der amtlich bestellte Vertreter des Beklagten bestätigte der Klägerin am 28. Juni 1996 auf dem Duplikat des vorbezeichneten Schreibens die Annahme der Treuhandzahlung zu den vorgenannten Bedingungen.
Am 20. Juni 1996 (Eingang beim Grundbuchamt) beantragte der Beklagte die Eintragung der Auflassungsvormerkung für die Käuferin, am 26. Juni 1996 (Eingang beim Grundbuchamt) beantragte er die Eintragung der Grundschuld für die Klägerin nebst Rangrücktritt der Auflassungsvormerkung.
Am 18. Juli 1996 erfuhr die Klägerin, daß die Käuferin zahlungsunfähig sei und Konkursantrag stellen werde. Sie kündigte daraufhin am gleichen Tage die Geschäftsverbindung zur Käuferin nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen und forderte jene zur Rückzahlung sämtlicher Kredite auf. Die Klägerin widerrief ferner den Treuhandauftrag vom 14. Juni 1996 und bat den Beklagten um Rücküberweisung der Hinterlegungssumme von 1.050.000 DM. Der Beklagte gab der Verkäuferin Gelegenheit zur Stellungnahme, die einer Rücküberweisung des Kaufpreises an die Klägerin entgegentrat (Schreiben vom 19. Juli 1996). Daraufhin lehnte der Beklagte das Ansuchen der Klägerin im Hinblick auf die Durchführungsbestimmungen des Grundstückskaufvertrages ab (ebenfalls Schreiben vom 19. Juli 1996).
Nach dem Grundstückskaufvertrag sollte der Besitz an dem Kaufgrundstück mit Hinterlegung des Kaufpreises auf dem Anderkonto des Beklagten, frühestens am 1. Mai 1996, auf die Käuferin übergehen. Ferner war der Beklagte angewiesen, die Eintragung der Auflassungsvormerkung für die Käuferin erst nach vollständiger, vertragsgerechter Hinterlegung des Kaufpreises auf seinem Anderkonto zu beantragen.
Am 17. Oktober 1996 wurde über das Vermögen der Käuferin der Konkurs eröffnet. Am 28. Oktober 1996 trug das Grundbuchamt die Verkäuferin als Eigentümerin in das Grundbuch ein (Grundbuch von R., Bl. …, Abt. I lfd. Nr. 4), sodann die Buchgrundschuld der Klägerin über 1.300.000 DM (aaO, Abt. III lfd. Nr. 2) und die (nachrangige) Auflassungsvormerkung für die Käuferin (aaO, Abt. II lfd. Nr. 2). Der Beklagte löste mit den in seiner Verfügung befindlichen Mitteln die Vorbelastung ab, die am 25. Februar 1997 im Grundbuch gelöscht wurde, und kehrte den Restkaufpreis am 8. November 1996 an die Verkäuferin aus.
Die Klägerin macht den Beklagten wegen Verletzung seiner Amtspflichten zur Beachtung ihrer Treuhandauflagen schadensersatzpflichtig. Sie hat gemeint, der Beklagte sei verpflichtet gewesen, das Verwahrgeld an sie zurückzuzahlen, nachdem sie ihren Treuhandauftrag widerrufen habe und für die Käuferin bis zum Fristablauf 30. August 1996 auch keine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen gewesen sei. Der Beklagte hat demgegenüber einen wirksamen Verwahrauftrag der Klägerin in Abrede gestellt. Das Landgericht hat der erhobenen Teilklage in der Hauptsache stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klage mit dem Zahlungsantrag abgewiesen und auf den in der Berufungsverhandlung gestellten Hilfsantrag festgestellt, daß der Beklagte der Klägerin sämtlichen Schaden aus der Nichteinhaltung ihrer Treuhandauflagen vom 14./28. Juni 1996 zu ersetzen habe.
Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte das Ziel vollständiger Klagabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts hätte der Beklagte trotz Widerspruchs der Verkäuferin spätestens nach erfolglosem Verstreichen der von der Klägerin mit Schreiben vom 14. Juni 1996 gesetzten Frist (30. August 1996) den verwahrten Kaufpreis an die Klägerin auskehren müssen. Die Klägerin habe der Käuferin das Finanzierungsdarlehen wegen Vermögensverfalls kündigen und die Darlehensmittel vom Notaranderkonto des Beklagten zurückrufen dürfen. Indem der Beklagte den Kaufvertrag gleichwohl weiter durchführte, habe er seine Amtspflichten gegenüber der Klägerin verletzt und sei ihr nach § 18 Abs. 1 NotVO, §§ 19, 23 BNotO (vgl. BGH, Urt. v. 15. Januar 1998 – IX ZR 4/97, WM 1998, 783, 784) zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den sie im Konkurs der Käuferin nach abgesonderter Befriedigung aus der rangrichtig erlangten Grundschuld noch erleide. Das ist nicht frei von Rechtsirrtum.
1. Bei der Abwicklung eines finanzierten Grundstückskaufvertrages über das Anderkonto eines Notars kann die Bank einseitige Verwahrungsanweisungen oder Endtermine für die Verwendung der Darlehensmittel der anderweitigen Kaufvertragsabwicklung vorschalten (vgl. Zimmermann, DNotZ 1980, 451, 461; Brambring, DNotZ 1990, 615, 643; Bräu, Die Verwahrungstätigkeit des Notars 1991 Rn. 129; Hertel in Lambert-Lang/Tropf/Frenz, Handbuch der Grundstückspraxis 2000 Teil 2 Rn. 238). Von solchen vorrangigen Weisungen darf der Notar nicht eigenmächtig abweichen (vgl. BGH, Urt. v. 11. Juli 1996 – IX ZR 116/95, WM 1996, 2074, 2075). Die Bank kann vorrangige Weisungen auch einseitig widerrufen und die Rückzahlung der Darlehensmittel verlangen, weil sie dieselben noch nicht endgültig aus der Hand gegeben hat (vgl. BGH, Urt. v. 19. März 1987 – IX ZR 166/86, WM 1987, 589, 590; v. 7. März 1997 – V ZR 4/96, WM 1997, 1152, 1154 f). Die Folge einer solchen Gestaltung ist indes, daß der Käufer eine Pflicht zur Kaufpreishinterlegung gegenüber dem Verkäufer mit der Zahlung der Bank auf das Notaranderkonto vorläufig nicht erfüllt, auch wenn die Bank nicht nur im Deckungsverhältnis, sondern zugleich als Dritte für den Käufer leistet. Denn der Verkäufer hat unter diesen Umständen noch keinen vertragsgerechten Auszahlungsanspruch gegen den Notar erlangt. Die Sicherung des Verkäufers beruht gerade darauf, daß die Rückzahlung des hinterlegten Kaufpreises an den Käufer oder die Bank ohne seine Zustimmung ausscheidet (vgl. BGH, Urt. v. 7. März 1997 – V ZR 4/96, aaO). Diese Stufe wird erst mit einer gleichrangigen, mehrseitigen Treuhandverwahrung erreicht, die den Verkäufer einbezieht. Denn in ihr können auch Weisungen der Finanzierungsseite nicht mehr einseitig abgeändert oder widerrufen werden (vgl. jetzt auch § 54c Abs. 2 BeurkG idF von Art. 2 Nr. 6 des Gesetzes vom 31. August 1998 – BGBl. I S. 2585). Ob bei vorrangigen, einseitigen Weisungen der Bank, die einem Rückforderungsvorbehalt gleichkommen, oder bei einem Endtermin (§ 163 BGB) der Käufer trotz der nichterfüllten Hinterlegungspflicht das Finanzierungsdarlehen der Bank überhaupt schon empfangen hat (vgl. dazu BGHZ 113, 151, 158; BGH, Urt. v. 14. Juli 1998 – XI ZR 272/97, ZIP 1998, 1631), bedarf hier keiner Prüfung.
2. Nach diesen Rechtsgrundsätzen hatte das Schreiben der Klägerin vom 14. Juni 1996 nicht die Wirkung, die ihm das Berufungsgericht beigemessen hat.
a) Das Berufungsgericht hat sich auf den Standpunkt gestellt, es komme nicht darauf an, daß die klagende Bank hier ihre Treuhandauflagen nebst Befristung dem Beklagten erst (sechs Tage) nach Einzahlung des Kaufpreises auf sein Anderkonto zugeleitet habe. Denn es sei üblich, daß Banken für die Abwicklung eines finanzierten Grundstückskaufvertrages Auflagen erteilten. Eine geringe zeitliche Verschiebung zwischen der Überweisung des Geldes und der „Konkretisierung” der Auflagen ändere daran für den Notar noch nichts (ähnlich seither Hertel in Eylmann/Vaasen, Bundesnotarordnung und Beurkundungsgesetz 2000 § 54c BeurkG Rn. 9 mit Fn. 27, der unter Hinweis auf die Postlaufzeiten meint, die Bank könne ihren Treuhandauftrag innerhalb einer Woche nach der Einzahlung noch nachreichen, sofern die Einzahlung nicht ausdrücklich „ohne Auflage” erfolge). Diese Ansicht ist unzutreffend. Wenn ein mehrseitiges Treuhandverhältnis unter gleichrangiger Beteiligung der Kaufvertragsparteien in Betracht kommt, würde ein derartiger Nachholungsspielraum für einseitige Weisungen die Sicherheit notaramtlicher Verwahrungen empfindlich belasten. Die Rechte der Verwahrungsbeteiligten können nicht in der Schwebe bleiben, und die Wegscheide, welche die Erfüllung der kaufvertraglichen Pflicht zur Kaufpreishinterlegung bedeutet, gestattet kein Ausweichen. Eine generelle Sperrfrist für den Notar und die Kaufvertragsparteien während der üblichen Postlaufzeiten wäre ebenfalls nicht vertretbar. Denn es handelt sich lediglich um nachlässige Geschäftsführung der Banken, wenn sie im Einzelfall ihre Treuhandauflagen erst bei oder nach Auszahlung der Darlehensmittel absenden, so daß sie verspätet beim Notar eintreffen.
Hat der Käufer oder die finanzierende Bank als Drittleistende durch Überweisung der Darlehensmittel ohne Befristung oder Erteilung einseitiger Weisungen den Kaufpreis auf dem Notaranderkonto hinterlegt, so ist die Stufe der gleichrangigen, mehrseitigen Treuhandverwahrung erreicht. Der Verkäufer hat den einseitig nicht mehr entziehbaren vertragskonformen Auszahlungsanspruch auf das Verwahrgeld erlangt, der seinen Kaufpreisanspruch sichert oder in Sonderfällen ersetzt. Der Käufer hat den Anspruch des Verkäufers auf Hinterlegung des Kaufpreises auf dem Notaranderkonto erfüllt, der damit nach § 362 BGB erloschen ist.
Was zur Erfüllung einer Schuld geleistet worden ist, kann nach Eintritt der Erfüllung aber nicht mehr zurückverlangt oder so beschränkt werden, daß die Schuld danach nicht mehr erfüllt wäre. Anders liegt es nur bei einem Mangel des Rechtsgrundes oder einem anderweit begründeten Rückforderungsanspruch. Eine Leistung mit einseitigem Rückforderungsvorbehalt kann eine Schuld nicht erfüllen; denn der Gläubiger hat Anspruch darauf, den Gegenstand der Leistung – hier die Verwahrgeldsicherheit – so lange zu behalten, wie sie ihm nach dem Schuldverhältnis – hier dem Grundstückskaufvertrag – gebührt (vgl. BGH, Beschl. v. 23. Januar 1996 – XI ZR 75/95, NJW 1996, 1207). Gibt die finanzierende Bank daher ihre Darlehensmittel aus der Hand, indem sie keine vorrangigen, einseitigen Verwahrungsanweisungen erteilt, und erfüllt so den kaufvertraglichen Hinterlegungsanspruch des Verkäufers, nimmt ihr die mehrseitige Treuhandbindung des Verwahrgeldes die Rechtsmacht, über diese Mittel noch einseitig zu verfügen.
Die Zeitspanne von sechs Tagen zwischen der Überweisung des Geldes auf das Anderkonto und dem Eingang der einseitigen Verwahrungsanweisungen der Klägerin bei dem Beklagten kann im übrigen auch schon deshalb nicht – wie vom Berufungsgericht – mit dem Hinweis auf die Üblichkeit solcher Bankauflagen vernachlässigt werden, weil eine derartige Übung nur Weisungen einschließt, die spätestens bei Auszahlung der Darlehensmittel auf ein Notaranderkonto erteilt oder vorbehalten werden. Das Gegenteil hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
b) Es war mithin auch hier zu prüfen, ob die Klägerin spätestens mit der Überweisung des Kaufpreises auf das Notaranderkonto dem Beklagten einseitige Verwahrungsanweisungen erteilt oder wenigstens erkennbar sich solche Weisungen für später vorbehalten hatte. Diese Prüfung kann, da weiterer Sachvortrag hierzu nicht mehr in Betracht kommt, der Senat selbst nachholen. Nach dem Ergebnis dieser Prüfung ist ein hinreichender Weisungsvorbehalt der Klägerin im Streitfall zu verneinen.
Die Käuferin hatte in ihrem Überweisungsauftrag vom 13. Juni 1996 den Verwendungszweck unter Angabe des Grundstückskaufvertrages vom 29. Februar 1996 als „Kaufpreiszahlung … zu treuen Händen” bezeichnet. Dies bezog sich auf die gemeinsamen Verwahrungsanweisungen an den Beklagten aus dem Kaufvertrag. Die Käuferin konnte kein Interesse daran haben, ihre Leistung mit einem Vorbehalt nachträglicher einseitiger Verwahrungsanweisungen zu verbinden, die bewirkt hätten, daß sie, solange der Vorbehalt bestand, ihre Pflicht zur vertragsgerechten Kaufpreishinterlegung nicht erfüllt gehabt hätte und Schritten der Verkäuferin nach § 326 BGB ausgesetzt gewesen wäre. Sieht man in dieser Leistungszweckangabe mit dem Berufungsgericht zugleich eine Erklärung (im Namen) der Klägerin, so ging sie nicht weiter als ein etwaiger vorangezeigter Weisungsgehalt ihrer Zahlungsankündigung vom Vortag.
In ihrer Zahlungsankündigung vom 12. Juni 1996 hatte die Klägerin unter Benachrichtigung des Beklagten der Verkäuferin nur mitgeteilt, daß sie den Restkaufpreis auf das Anderkonto des Beklagten „zu treuen Händen” überweisen werde. Nach der Interessenlage der Klägerin und den Gepflogenheiten der Banken bei Finanzierung von Grundstücksgeschäften, die das Berufungsgericht anführt, wäre ein Vorbehalt einseitiger Weisungen hier zwar gut vorstellbar gewesen. Ebenso vorstellbar (etwa bei Einschaltung einer nicht realgesicherten Zwischenfinanzierung, weil das Kaufgrundstück mangels derzeitiger Voreintragung der Verkäuferin noch nicht belastet werden konnte) war freilich auch, daß sich die Klägerin nur den kaufvertraglichen Verwahrungsanweisungen anschließen oder später ergänzende, nicht vorrangige Weisungen erteilen wollte, aus denen sich die Möglichkeit einseitiger Rückforderung der Darlehensmittel nicht ergeben hätte.
Die Ankündigung der Kaufpreisüberweisung auf das Anderkonto des Beklagten am 12. Juni 1996 hatte den Zweck, die Verkäuferin darüber zu unterrichten, daß die Käuferin ihrer Hinterlegungspflicht fristwahrend nachkommen werde. Eine solche Wirkung war rechtlich aber ausgeschlossen, wenn sich die Klägerin darüber hinaus noch vorrangige, einseitige Verwahrungsanweisungen an den Beklagten vorbehalten wollte. In einer Mitteilung, die gerade als Leistungsanzeige gedacht war, hätte nach den Auslegungsgrundsätzen der §§ 133, 157 BGB infolgedessen ein erfüllungshindernder Weisungsvorbehalt der Klägerin, wenn er beabsichtigt war, deutlich hervorgehoben werden müssen. Dieser Anforderung genügte die Zahlungsankündigung vom 12. Juni 1996 nicht. Ihr konnte weder die Verkäuferin noch der Beklagte die Weisungen der Klägerin vom 14. Juni 1996, insbesondere die dort gesetzte Frist, auch nur ansatzweise entnehmen. Ein deutlicher Vorbehalt der Befristung wäre hier jedenfalls schon deshalb notwendig gewesen, weil die Verkäuferin bei Überweisung des Kaufpreises auf das Notaranderkonto noch nicht im Grundbuch eingetragen war und daher die Durchführbarkeit des Vertrages innerhalb der später von der Klägerin gesetzten Frist gänzlich offen erschien (vgl. auch Reithmann, Anm. zu LM BGB § 433 Nr. 82, Bl. 5, der bezweifelt, ob eine Befristung in jedem Fall schadet). Die Hinnahme dieses Umstandes hätte für die Kaufvertragsparteien mithin ein erhebliches Risiko bedeutet.
Anders als das Berufungsgericht und die Revisionserwiderung meinen, gestattet auch das nachträgliche Verhalten des Beklagten hier keinen Schluß darauf, daß er dem Kaufpreiseingang auf seinem Anderkonto am 13. Juni 1996 tatsächlich einen Vorbehalt vorgeschalteter Treuhandauflagen der Klägerin entnommen hat; nur eine solche Rückspiegelung auf das tatsächliche Verständnis des Beklagten im Empfangszeitpunkt der Leistung könnte überhaupt für die Feststellung des objektiven Leistungsinhaltes nach dem Empfängerhorizont von Bedeutung sein (vgl. BGH, Urt. v. 28. März 1962 – VIII ZR 250/61, WM 1962, 550, 551 unter 3.; v. 16. Oktober 1997 – IX ZR 164/96, WM 1997, 2305, 2306). Hätte der Beklagte die Kaufpreishinterlegung am 13. Juni 1996 auf seinem Anderkonto selbst anders gesehen und auf einen vorrangigen Treuhandauftrag der Klägerin bezogen, wie das Berufungsgericht ihm rechtsfehlerhaft unterstellt, hätte er in seinem Massenbuch eher die Klägerin, nicht – wie geschehen – die Käuferin als Hinterlegerin vermerkt. Geht man von dem tatrichterlichen Verständnis des Berufungsgerichts aus, daß die Käuferin den Kaufpreis am 13. Juni 1996 durch Leistung der Klägerin auf dem Notaranderkonto hinterlegt hat, so wäre allerdings die alleinige Eintragung der Käuferin im Massenbuch ungenügend gewesen. Das Verwahrgeld durfte aber auch dann nur an die Klägerin zurückfließen, wenn die zweifelsfrei verwahrungsbestimmenden kaufvertraglichen Weisungen unausführbar geworden waren. Dieser Fall ist, wie der weitere Verlauf ergeben hat, nicht eingetreten.
Der Beklagte hätte schließlich unter Berücksichtigung ihm bereits erteilter oder noch vorbehaltener, vorgeschalteter Treuhandauflagen der Klägerin den Kaufvertragsteilen nicht, jedenfalls nicht einschränkungslos, den Eingang des Kaufpreises auf seinem Anderkonto angezeigt, wie er es mit Schreiben vom 14. Juni 1996 unstreitig getan hat. Denn durch diesen Sachverhalt wurde gemäß § 6 Abs. 1 des Kaufvertrages der wirtschaftliche Übergang des Grundstückes auf die Käuferin ausgelöst. Das hätte nicht geschehen dürfen, wenn die Einzahlung des Kaufpreises auf das Notaranderkonto nach Weisungslage die Hinterlegungspflicht der Käuferin nicht erfüllte.
Zu Unrecht hält das Berufungsgericht dem Beklagten ferner sein Schreiben vom 19. Juli 1996 entgegen. Der Beklagte hat dort – rechtlich zutreffend – nach dem durch seinen Amtsvertreter angenommenen Auftrag der Klägerin vom 14. Juni 1996 auch insoweit eine Treuhandbeziehung vorausgesetzt. Dieses Verhältnis war jedoch dem Treuhandverhältnis des Beklagten zu den Kaufvertragsteilen nicht vorgeschaltet, weil die Klägerin bei Bewirkung der Kaufpreisüberweisung die Erteilung entsprechender Auflagen versäumt und diese erst später (und mit minderem Erfolg) nachgeschoben hatte. Die Verkäuferin hat danach zu Recht am 19. Juli 1996 ihrerseits der Rückzahlungsforderung der Klägerin an den Beklagten widersprochen. Denn sie hatte am 13. Juni 1996 eine Auszahlungsanwartschaft auf den vertragsgerecht hinterlegten Kaufpreis erworben, die ohne ihre Zustimmung durch nachgeschobene Auflagen der Klägerin nicht mehr entzogen werden konnte (vgl. BGH, Urt. v. 7. März 1997 – V ZR 4/96, aaO; auch Brambring, DNotZ 1990, 615, 644 unten). Hätte der Beklagte dies mißachtet, hätte ihm die Verkäuferin die Rückzahlung des hinterlegten Kaufpreises an die Klägerin entsprechend § 15 BNotO (vgl. BGH, Beschl. v. 3. Juli 1997 – IX ZB 116/96, WM 1997, 2094) untersagen lassen und gegebenenfalls ihrerseits den Beklagten schadensersatzpflichtig machen können.
3. Auch dafür, daß die Klägerin keine vorrangige Treuhänderposition an dem hinterlegten Kaufpreis erlangt hat, ist der Beklagte nicht verantwortlich zu machen. Denn diese Lage war – wie ausgeführt – ohne Zustimmung der Kaufvertragsparteien nicht mehr zu ändern, als die befristeten Verwahrungsanweisungen der Klägerin am 19. Juni 1996 bei dem Beklagten eintrafen.
II.
Dem Berufungsgericht ist aber darin zuzustimmen, daß der Amtsvertreter des Beklagten angesichts der bestehenden Ausführungshindernisse den Treuhandauftrag der Klägerin am 28. Juni 1996 nicht einfach hätte übernehmen dürfen (vgl. seither auch § 54a Abs. 6 und 3 BeurkG idF des Gesetzes vom 31. August 1998 – BGBl. I S. 2585), sondern verpflichtet war, die Klägerin darauf hinzuweisen, daß sie die Rechtsstellung als vorrangige Treugeberin ohne Zustimmung der Kaufvertragsparteien infolge ihrer verspäteten Verwahrungsanweisungen nicht mehr zu erlangen vermochte. Für ein entsprechendes Versäumnis seines Amtsvertreters hat der Beklagte nach § 19 Satz 1 NotVO, § 46 Satz 1 BNotO gesamtschuldnerisch einzustehen. Er haftet insoweit auf das Vertrauensinteresse.
1. Trotz des engen Wortlautes umfaßt der Feststellungshilfsantrag der Klägerin sinngemäß auch die Folgen dieser Amtspflichtverletzung, die sich als Kehrseite des Umstandes darstellt, daß der Beklagte die übernommenen Treuhandauflagen – insoweit ohne Verletzung seiner Amtspflichten – entgegen den erkennbaren Vorstellungen der Klägerin nicht als vorrangig betrachtet und deshalb die Rückzahlung des verwahrten Kaufpreises nach Widerspruch der Verkäuferin zu Recht abgelehnt hat. Auch das Berufungsgericht hat den Feststellungshilfsantrag der Klägerin in diesem Sinne weit ausgelegt, die verletzte Hinweispflicht des Beklagten sachlich geprüft und im Ergebnis zutreffend bejaht.
2. Dem Berufungsgericht ist allerdings im weiteren auch bei Behandlung dieser Amtspflichtverletzung ein Rechtsfehler unterlaufen, so daß das Berufungsurteil insgesamt nicht bestehenbleiben kann.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts trägt nicht der Beklagte die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß der – von der Klägerin als weiterer Fehler des Beklagten beanstandete – Hinweismangel zu keinem Schaden geführt habe. Gegenstand der Klage ist ein allgemeiner Vermögensschaden der Klägerin. Wenn – wie hier – keine Rechtsgutsverletzung in Betracht kommt, gehört die Wahrscheinlichkeit einer Schadensfolge schon zu den Voraussetzungen seines Feststellungsinteresses (§ 256 Abs. 1 ZPO), das der Kläger darlegen muß (BGH, Urt. v. 15. Oktober 1992 – IX ZR 43/92, WM 1993, 251, 260; v. 14. Dezember 1995 – IX ZR 242/94, NJW 1996, 1062, 1063). Auch nach materiellem Recht trifft die Darlegungs- und Beweislast im Bereich der haftungsausfüllenden Kausalität den Geschädigten; denn es handelt sich um einen Teil des anspruchsbegründenden Tatbestandes (vgl. BGHZ 123, 311, 313; 126, 217, 221 f; BGH, Urt. v. 17. Dezember 1997 – VIII ZR 235/96, WM 1998, 771, 775 sub III 1; v. 6. Juli 2000 – IX ZR 88/98, WM 2000, 1808, 1809 m.w.N.; Zugehör/Fischer, Handbuch der Anwaltshaftung 1999 Rn. 1043). Mithin hätte es der Klägerin oblegen, Tatsachen vorzutragen, die ergeben, daß sie aufgrund eines rechtlich gebotenen Verhaltens des Beklagten oder seines Amtsvertreters nach dem 19. Juni 1996 (Eingang ihrer Verwahrungsanweisungen beim Beklagten) noch imstande gewesen wäre, das herausgelegte Darlehen von der Käuferin in vorkonkurslich anfechtungsfreier Zeit (§ 30 Nr. 1 Fall 2 KO) zurückzuerlangen. Zu entsprechendem Vortrag hatte die Klägerin bisher nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts keine Veranlassung. Ihr ist nunmehr durch Zurückverweisung des Rechtsstreites in die Berufungsinstanz hierzu Gelegenheit zu geben.
Unterschriften
Kreft, Stodolkowitz, Kirchhof, Fischer, Raebel
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 25.10.2001 durch Bürk, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 666296 |
BB 2002, 67 |
DB 2002, 737 |
NJW 2002, 1346 |
BGHR 2002, 205 |
BGHR |
DNotI-Report 2002, 31 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2002, 29 |
WuB 2002, 363 |
ZAP 2002, 332 |
ZIP 2002, 71 |
ZfIR 2002, 128 |
DNotZ 2002, 269 |
MDR 2002, 403 |
VuR 2002, 75 |
BKR 2002, 124 |
NotBZ 2002, 60 |
RNotZ 2002, 109 |
ZBB 2002, 51 |
ZNotP 2002, 152 |