Leitsatz (amtlich)
Die Aufwendungen eines Käufers sind unter dem Gesichtspunkt der Rentabilitätsvermutung auch dann erstattungsfähig, wenn sie zu einem Zeitpunkt getätigt wurden, in dem der durch einen vollmachtlosen Vertreter geschlossene Vertrag noch schwebend unwirksam war, sofern später die Genehmigung erteilt worden ist (Abgrenzung zu BGH, NJW 1993, 2527).
Normenkette
BGB § 249
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Aktenzeichen 9 U 259/96) |
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 15 O 501/95) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27. Oktober 1997 aufgehoben, soweit die Klage in Höhe eines Betrages von 10.838,40 DM nebst Zinsen abgewiesen worden ist. Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 6. August 1996 wird zurückgewiesen, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, 10.838,40 DM nebst 11 % Zinsen seit dem 23. April 1994 an den Kläger zu zahlen.
Im übrigen bleiben das vorgenannte Urteil des Landgerichts Düsseldorf abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte. Die Kosten der ersten und der zweiten Instanz tragen der Kläger zu 93 % und die Beklagte zu 7 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Mit notariellem Vertrag vom 10. Juli 1992 kaufte der Kläger von der Beklagten eine noch zu vermessende Teilfläche eines unbebauten Grundstücks in Sch.. Für die Beklagte trat dabei ein vollmachtloser Vertreter auf. Derselbe hatte das Grundstück mit Vertrag vom 15. April 1992, ebenfalls als vollmachtloser Vertreter für die Beklagte handelnd, von einem Dritten gekauft.
Mit einer beglaubigten Erklärung vom 4. September 1992, die der Urkundsnotarin Anfang Februar 1993 zuging, genehmigte die Beklagte den Vertrag vom 10. Juli 1992. Die Genehmigung des Vertrages vom 15. April 1992 verweigerte sie dagegen im Januar 1993.
Der Kläger erhielt das gekaufte Grundstück nicht übereignet. Er macht Schadensersatz wegen Nichterfüllung geltend, den er mit 146.793,80 DM beziffert hat. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Schadensersatzanspruch in Höhe von 10.838,85 DM weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hält die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach § 326 Abs. 1 BGB zwar dem Grunde nach für gegeben, meint aber, der Kläger habe keinen ersatzfähigen Vermögensschaden dargetan.
II.
Dies hält hinsichtlich der jetzt noch geltend gemachten Schadenspositionen – bis auf einen geringfügigen Mehrbetrag von 0,45 DM – einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind Aufwendungen des Käufers, die sich im Falle der Nichterfüllung der Gegenleistung als nutzlos erweisen, unter schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten erstattungsfähig, wenn ihnen im Falle der Erfüllung ein Gegenwert gegenübergestanden hätte. Dafür besteht eine – widerlegbare – Vermutung; denn es darf angenommen werden, daß die Parteien Leistung und Gegenleistung als gleichwertig einschätzen mit der Folge, daß die Aufwendungen durch den Vorteil der erwarteten Gegenleistung ausgeglichen werden („Rentabilitätsvermutung”, vgl. Senat, BGHZ 71, 234, 238; BGHZ 99, 182, 197; Senat, BGHZ 114, 193, 197). Dies hat auch das Berufungsgericht nicht verkannt. Es meint aber, die Vermutung sei im vorliegenden Fall widerlegt, weil zu dem Zeitpunkt, in dem die Aufwendungen getätigt worden seien, wegen der noch ausstehenden Genehmigung der Erklärungen des vollmachtlosen Vertreters offen gewesen sei, ob der Vertrag wirksam werden würde oder nicht. Der Kläger habe daher nicht darauf vertrauen können, daß sich seine Aufwendungen rentieren würden.
2. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Allerdings hat der Bundesgerichtshof die Rentabilitätsvermutung mit Rücksicht auf den ungesicherten Vertragszustand als widerlegt angesehen, wenn die Aufwendungen gemacht wurden, obwohl der Vertragsgegner berechtigt war, vom Vertrag zurückzutreten (BGH, Urt. v. 30. Juni 1993, XII ZR 136/91, NJW 1993, 2527). Mit dieser Konstellation ist der vorliegende Sachverhalt aber nicht vergleichbar. Während in jenem Fall die im freien Belieben des Vertragspartners stehende Rücktrittsmöglichkeit bis zu dem den Schadensersatzanspruch auslösenden Umstand fortbestand, ist hier der Schwebezustand vorher beendet worden, der Vertrag durch die erteilte Genehmigung rückwirkend (§ 184 Abs. 1 BGB) wirksam geworden. Erst später verweigerte die Beklagte aus Gründen, die nicht im Vertragsverhältnis der Parteien ihren Ursprung haben, die Erfüllung und löste so den Schadensersatzanspruch des Klägers aus.
3. Bei den von dem Kläger getragenen Aufwendungen handelt es sich um einen Betrag von insgesamt 5.178,40 DM für Notar- und Gerichtskosten, die ihm im Zusammenhang mit dem Vertragsschluß und der zur Finanzierung erforderlichen Grundpfandrechtsbestellung entstanden sind.
Hinzukommen Rechtsanwaltskosten von 5.660 DM, die dem Kläger deswegen entstanden sind, weil er mit Rücksicht auf die von der Beklagten zu vertretenden Nichterfüllung des Kaufvertrages Rechtsrat einholen mußte.
In einer Gesamthöhe von 10.838,40 DM ist die Klage daher begründet. Wegen des geringfügigen Mehrbetrages von 0,45 DM ist die Revision zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 ZPO.
Unterschriften
Wenzel, Tropf, Schneider, Krüger, Klein
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 26.03.1999 durch Kanik, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 538934 |
NJW 1999, 2269 |
BGHR |
EWiR 1999, 681 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 1064 |
WuB 1999, 997 |
ZAP 1999, 547 |
ZIP 1999, 845 |
ZfIR 1999, 515 |
JZ 2000, 100 |
MDR 1999, 861 |
ZfS 1999, 337 |