Entscheidungsstichwort (Thema)
gewerbsmäßiges Einschleusen von Ausländern
Leitsatz (amtlich)
Wiederholtes Handeln im Sinne des Straftatbestandes des Einschleusens von Ausländern nach § 92 a Abs. 1 Nr. 2 AuslG setzt voraus, daß bei der vorausgegangenen Schleusung zu einer der in § 92 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 6 oder Abs. 2 AuslG bezeichneten Handlungen angestiftet oder Hilfe geleistet worden ist; die Vortat braucht keine der besonderen Merkmale des § 92 a Abs. 1 AuslG erfüllt zu haben.
Normenkette
AuslG § 92a Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Aktenzeichen 12 Kls 19/98 (1) 8 Js 816/95) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 27. Oktober 1998 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einschleusens von Ausländern und wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in vier vollendeten und einem versuchten Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten ist unzulässig, soweit sie allgemein die Verletzung formellen Rechts rügt; die Sachrüge ist im Ergebnis unbegründet.
Für die erste abgeurteilte Schleusungsfahrt am 1./2. Juli 1995 hat die Strafkammer den Tatbestand des Einschleusens von Ausländern nach § 92 a Abs. 1 Nr. 2 AuslG angenommen, weil der Angeklagte fünf Personen geschleust und damit zugunsten „von mehreren Ausländern” gehandelt habe, obgleich dieses Tatbestandsmerkmal erst durch das Änderungsgesetz vom 29. Oktober 1997 (BGBl I S. 2584) eingeführt wurde und somit zur Tatzeit noch nicht galt. In der zur Tatzeit geltenden Fassung war Voraussetzung, daß sich die Tat auf „mehr als fünf Personen” bezieht, dies war bei genau fünf Ausländern nicht erfüllt. Doch beruht das Urteil auf diesem Rechtsfehler nicht, da jedenfalls die Tatbestandsmodalität „wiederholte” Tatbegehung gegeben ist, denn der Angeklagte hatte nach den getroffenen Feststellungen zuvor am 17. Juni 1995 bereits seine Nichte A. eingeschleust, die sich entgegen § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG ohne Aufenthaltsgenehmigung im Bundesgebiet aufgehalten hat.
Wiederholtes Handeln nach § 92 a Abs. 1 Nr. 2 AuslG liegt vor, wenn der Täter mehr als einmal zu einer der in § 92 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 6 oder Abs. 2 AuslG bezeichneten Handlungen anstiftet oder Hilfe leistet (Gemeinschaftskommentar zum Ausländerrecht, § 92 a AuslG Rdn. 8). Daß er bereits bei der vorausgegangenen Einschleusung zusätzlich eine der Tatbestandsmodalitäten des § 92 a Abs. 1 AuslG wie Handeln wegen eines Vermögensvorteils, zugunsten von mehreren Ausländern oder wiederholtes Handeln erfüllt hatte, ist nicht erforderlich. Auch ohne das Vorliegen dieser qualifizierenden Merkmale des § 92 a AuslG ist die Teilnahme an Verstößen gegen § 92 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 6 oder Abs. 2 AuslG nach den allgemeinen Regeln der §§ 26, 27 StGB – wenn auch mit einem geringeren Strafrahmen – mit Strafe bedroht. Aus dem Umstand, daß durch § 92 a AuslG die Teilnahme an bestimmten Delikten des § 92 AuslG verselbständigt worden ist, ergibt sich nicht, daß diese Teilnahme nur noch unter den qualifizierten Voraussetzungen des § 92 a AuslG strafbar ist. Eine Zurücknahme der sich aus allgemeinen Regeln ergebenden Strafbarkeit einer einmaligen und nicht wegen eines Vermögensvorteils geleisteten Beteiligung an einer unerlaubten Einreise ergibt sich nicht aus dem Gesetz, sie war vom Gesetzgeber auch nicht beabsichtigt (BGH, Urt. vom 25. März 1999 - 1 StR 344/98 m.w. Nachw.).
Würde man dagegen die Auffassung vertreten, daß im Falle wiederholter Tatbegehung bereits die vorausgegangene Handlung nach § 92 a Abs. 1 AuslG strafbar gewesen und daher – bei dieser Tatvariante – ihrerseits wiederholt begangen worden sein müsse, könnte ein Täter, der fortlaufend Einzelpersonen ohne Entgelt schleust und somit weder eines Vermögensvorteils wegen noch zugunsten mehrerer Personen handelt, nicht wegen wiederholter Tatbegehung bestraft werden. Die Annahme wiederholter Tatbegehung setzt weiterhin nicht voraus, daß die vorher durchgeführte Einschleusung bestraft worden ist (Hailbronner, AuslR § 92 a AuslG Rdn. 18; Kanein/Renner, AuslR § 92 AuslG Rdn. 17).
Der Senat kann den Schuldspruch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der wiederholten Begehung aufrechterhalten. Er hat mit der Ladung zur Revisionshauptverhandlung auf diese mögliche Änderung hingewiesen, auch in der Revisionshauptverhandlung hat der Verteidiger hiergegen keine Einwendungen erhoben. Der Senat kann ausschließen, daß sich der Angeklagte anders als geschehen hätte verteidigen können, wenn er bereits im ersten Rechtszug auf die mögliche Änderung hingewiesen worden wäre.
Unterschriften
Kutzer, Rissing-van Saan, Blauth, Winkler, Pfister
Fundstellen
Haufe-Index 540461 |
NJW 1999, 2829 |
NVwZ 1999, 1148 |
NStZ 1999, 466 |
Nachschlagewerk BGH |
wistra 1999, 390 |
NJ 1999, 494 |
StV 2000, 361 |
FA-BGS 2000, 18 |