Entscheidungsstichwort (Thema)
Belehrungspflicht des Steuerberaters über Buchführungspflicht des Landwirts. keine Rückwirkung eines Berichtigungsbescheids
Leitsatz (amtlich)
1. Es ist unzulässig, einen zwar berichtigungsfähigen, aber nicht berichtigten Steuerbescheid so zu behandeln, als ob er vom Finanzamt berichtigt worden wäre.
2. Während der Geltung der Verordnung über die landwirtschaftliche Buchführung (LwBuchfV) vom 05.07.1935 konnte durch die Berichtigung eines Steuerbescheids keine Buchführungspflicht für einen zurückliegenden Zeitraum begründet werden.
Leitsatz (redaktionell)
Ein steuerlicher Berater hat dafür zu sorgen, daß seinem Mandanten, einem Landwirt, alle ihm zustehenden steuerlichen Vorteile gewährt werden, die der Gesetzgeber diesem Berufsstand zugebilligt hat. Andererseits hat er geeignete Maßnahmen zu treffen, seinen Mandanten dagegen zu schützen, daß das Finanzamt gegen den Landwirt zu Unrecht die Sanktionen verhängt, die die Abgabenordnung für die Verletzung der Buchführungspflicht vorsieht. Weist der steuerliche Berater im Einspruchsverfahren nicht auf die Beendigung der Buchführungspflicht des Mandanten hin, verstößt er objektiv gegen seine Vertragspflichten.
Normenkette
AO § 92 Abs. 2, § 161 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e; AO 1977 § 129; LwBuchfV § 1 Abs. 3; StBerG § 33
Verfahrensgang
OLG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 30.09.1983; Aktenzeichen 6 U 62/83) |
LG Aurich (Urteil vom 14.01.1983; Aktenzeichen 6 O 1077/81) |
Tatbestand
Der Kläger ist Pächter eines landwirtschaftlichen Betriebes in N in einer Größe von rund 90 ha. In der Zeit von 1970 bis 1980 ließ er sich von dem Beklagten in steuerlichen Angelegenheiten beraten. Mit der vorliegenden Klage macht er Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Behandlung seiner steuerlichen Angelegenheiten durch den Beklagten geltend. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Einkünfte des Klägers aus Landwirtschaft wurden ursprünglich nach Durchschnittssätzen ermittelt. Nachdem sich daraus für das Jahr 1968 ein 12.000,– DM übersteigender Gewinn ergeben hatte (vgl. § 161 Abs. 1 Nr. 1 e RAO), forderte das Finanzamt ihn am 29. Oktober 1970 auf, ab 1. Juli 1971 Bücher zu führen. Der Kläger kam jedoch dieser – am 15. Oktober 1973 wiederholten – Aufforderung nicht nach.
In der folgenden Zeit von 1969 bis 1975 ergingen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1969 bis 1972. In ihnen wurden in der Regel Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in einer Höhe von jeweils über 12.000,– DM festgestellt. Eine Ausnahme machte lediglich der Bescheid für das Jahr 1970, der derartige Einkünfte in Höhe von 8.957,– DM auswies und am 27. Februar 1973 zur Post gegeben wurde. Ihm folgte jedoch alsbald der – am 25. Mai 1973 zur Post gegebene – Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1971, der von land- und forstwirtschaftlichen Einkünften von über 12.000,– DM ausging.
Der Berechnung der Einkommensteuer für das Jahr 1973 legte das Finanzamt eine vom Kläger abgegebene Steuererklärung zugrunde. Die Einkünfte aus der Landwirtschaft des Klägers ermittelte es nach § 12 des Gesetzes über die Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen; die Berechnung ergab Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 9.590,- DM. Der entsprechende Einkommensteuerbescheid wurde am 26. Mai 1976 zur Post gegeben. Die Einkünfte, die der Kläger in den Jahren 1974, 1975 und 1976 durch seine landwirtschaftliche Tätigkeit erzielt hatte, schätzte das Finanzamt, und zwar für das Jahr 1976 auf 85.050,– DM.
Gegen den Einkommensteuerbescheid für dieses Jahr legte der Beklagte im Namen des Klägers Einspruch ein. Er beanstandete die Berechnung, die der Schätzung des Finanzamts zugrundelag; er bezweifelte jedoch nicht, daß das Finanzamt zu einer Schätzung berechtigt gewesen sei. Das Finanzamt gab dem Einspruch statt. Es setzte die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft auf 75.350,– DM herab. Hieraus ergab sich eine Einkommensteuerschuld von 17.058,– DM und eine Kirchensteuerschuld von 1.276,02 DM. Für das Jahr 1977 schätze das Finanzamt wiederum die Einkünfte aus der Landwirtschaft des Klägers, und zwar auf 86.400,– DM. Der landwirtschaftliche Hauptverein für O, dem der Kläger inzwischen anstelle des Beklagten seine steuerliche Beratung übertragen hatte, beantragte die Abänderung dieses unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheides. Er machte geltend, daß der Kläger seit dem 1. Juli nicht mehr buchführungspflichtig gewesen sei, da der letzte vor diesem Zeitpunkt zugegangene Einkommensteuerbescheid Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft unter 12.000,– DM festgestellt habe. Eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen sei deshalb nicht zulässig; der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft müsse vielmehr nach Durchschnittssätzen ermittelt werden. Das Finanzamt schloß sich dieser Auffassung an. In einem neuen Bescheid setzte es die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft auf 3.593,– DM und die vom Kläger zu zahlende Einkommen – und Kirchensteuer auf 0,– DM herab.
Der Kläger meint, das Finanzamt hätte auch für das Jahr 1976 die Einkommensteuer- und Kirchensteuerschuld auf 0,– DM herabgesetzt, wenn der Beklagte im Einspruchsverfahren auf den Wegfall der Buchführungspflicht hingewiesen hätte. Die vom Beklagten verschuldete Steuermehrbelastung betrage 13.887,70 DM. Die fehlerhafte Festsetzung der Steuer für das Jahr 1976 habe zu einer falschen Berechnung der von ihm zu leistenden Einkommensteuervorauszahlung geführt; hierdurch sei ihm ein Zinsschaden in Höhe von 16.245,13 DM entstanden. Bei richtiger Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 1976 hätte er für seine Tochter M in den Schuljahren 1976 bis 1977 und 1977 bis 1978 BAFöG in einer Gesamthöhe von 6.240,– DM erhalten können. Außerdem habe der Kläger die für seine fehlerhafte Tätigkeit gezahlten Steuerberatungskosten in Höhe von 519,40 DM zurückzuerstatten.
Der Beklagte macht geltend, der Kläger sei auf jeden Fall deshalb buchführungspflichtig gewesen, weil er einen landwirtschaftlichen Betrieb mit einem Einheitswert von 100.000,– DM bewirtschaftet habe. Im übrigen sei der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1973 falsch gewesen. Bei richtiger Berechnung hätte das Finanzamt Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft von über 12.000,– DM annehmen müssen.
Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 13.877,70 DM nebst Zinsen verurteilt und im übrigen den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger eine Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
I.
1. Das Berufungsgericht meint, der Kläger sei während des ganzen Jahres 1976 buchführungspflichtig gewesen. Die gegenteilige Ansicht, die das Finanzamt bei der Entscheidung über den vom landwirtschaftlichen Hauptverein gestellten Abänderungsantrag vertreten habe, sei unrichtig gewesen. Der dem Kläger Anfang Juni 1976 zugegangene Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1973 habe seine Buchführungspflicht nicht aufgehoben. In ihm würden zwar die Einkünfte aus der landwirtschaftlichen Tätigkeit des Klägers im Jahre 1973 mit einem unter 12.000,– DM liegenden Betrag festgestellt. Dem Finanzamt sei jedoch ein Rechenfehler unterlaufen; bei richtiger Berechnung hätte sich ein Betrag von über 12.000,– DM ergeben. Der Einkommensteuerbescheid sei daher berichtigungsfähig gewesen; darauf, daß das Finanzamt von der Berichtigungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht habe, komme es nicht an.
2. Dieser Auffassung kann sich der Senat nicht anschließen.
Im Jahre 1976 richtete sich die Buchführungspflicht der Landwirte nach § 161 RAO und nach der Verordnung über landwirtschaftliche Buchführung vom 5. Juli 1935 (RGBl I 908). Danach hatten Landwirte Bücher zu führen, wenn der Gesamtumsatz ihres landwirtschaftlichen Betriebs 250.000,– DM oder ihr land- und forstwirtschaftliches Vermögen 100.000,– DM oder ihr Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft 12.000,– DM überstieg. Daß der Umsatz im landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers 250.000,– DM erreicht hätte, wird von keiner Seite behauptet. Ebensowenig hatte er eigenes land- oder forstwirtschaftliches Vermögen von mehr als 100.000,– DM. Ob nach der damaligen Rechtslage gepachtetes Land dem eigenen Land gleichgestellt werden konnte, kann dahingestellt bleiben. Wegen des Werts seines landwirtschaftlichen Vermögens konnte ein Landwirt nur dann buchführungspflichtig werden, wenn dieser Wert durch einen Einheitswertbescheid festgestellt und dieser Bescheid dem Landwirt vor Beginn des betreffenden Wirtschaftsjahres bekannt gegeben worden war (§ 1 Abs. 1 und 4 der Verordnung vom 5. Juli 1935). Ein solcher Bescheid ist dem Kläger jedoch unstreitig nie zugegangen.
Eine Buchführungspflicht konnte sich also für den Kläger nur aus der Höhe seines Einkommens ergeben. Nach § 1 der Verordnung vom 5. Juli 1935 begann sie mit dem Anfang des Wirtschaftsjahres, das auf den Zeitpunkt folgte, an dem erstmalig bei der Veranlagung zur Einkommensteuer festgestellt worden war, daß der Kläger einen 12.000,– DM übersteigenden Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft erzielt hatte. Eine ausdrückliche Feststellung der Buchführungspflicht durch das Finanzamt war nach der damaligen Rechtslage nicht erforderlich; die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes verlangte allerdings, daß das Finanzamt bei Vorliegen bestimmter Umstände den Landwirt auf seine Buchführungspflicht hinwies (BStBl 1957 III 291; 1960 III 516; 1982 II 161, 163). Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1968 wurden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft von über 12.000,– DM festgestellt. Dieser Bescheid ist am 3. Dezember 1970 zur Post gegeben worden; gemäß § 17 VwZG galt die Bekanntgabe mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bewirkt. Der Kläger war daher vom Beginn des folgenden Wirtschaftsjahres, d.h. also vom 1. Juli 1971 an buchführungspflichtig. Das Finanzamt hat ihn auch auf die Buchführungspflicht hingewiesen, so daß es dahingestellt bleiben kann, ob hier ein Fall vorliegt, in dem nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes ein Hinweis erforderlich war.
Nach § 1 Abs. 3 der Verordnung vom 5. Juli 1935 fiel die Buchführungspflicht des Klägers weg, sobald ihm ein neuer Einkommensteuerbescheid bekannt gegeben wurde, in dem ein unter 12.000,– DM liegender Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft festgestellt worden war, und zwar mit dem Beginn des Wirtschaftsjahres, das auf die Bekanntgabe folgt. Da der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1973, der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft von weniger als 12.000,– DM auswies, dem Kläger vor dem 1. Juli 1976 bekannt gegeben worden war, brauchte er von diesem Zeitpunkt ab keine Bücher mehr zu führen. Daß der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1974 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 29.340,– DM feststellte, ist für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Bedeutung. Dieser Bescheid ist erst am 9. September 1976 zur Post gegeben worden, konnte also für das Wirtschaftsjahr 1976/1977 keine Buchführungspflicht mehr begründen. Der Kläger war daher im zweiten Halbjahr 1976 nicht mehr buchführungspflichtig.
3. Die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts läßt sich nicht mit der Erwägung begründen, dem Finanzamt sei bei der Berechnung der Einkommensteuer für 1973 ein Fehler unterlaufen. Für den Beginn und das Ende der Buchführungspflicht kam es nach dem klaren Wortlaut der Verordnung nicht auf die tatsächliche Höhe des Einkommens, sondern auf die im Einkommensteuerbescheid getroffenen Feststellungen an; das ist auch in der Rechtsprechung und im Schrifttum nie bezweifelt worden (vgl. BFH BStBL 1977 II 549; 1978 II 76). Die Feststellungen im Steuerbescheid sind auch dann maßgeblich, wenn an sich die Voraussetzungen vorlagen, unter denen das Finanzamt nach § 92 Abs. 2 RAO zur Berichtigung des Bescheids befugt gewesen wäre.
Es ist unzulässig, eine berichtigungsfähige Entscheidung wie eine berichtigte zu behandeln. Würde man dies zulassen, so könnte jedes staatliche Organ, für dessen Maßnahmen die getroffene gerichtliche oder Verwaltungsentscheidung maßgeblich ist (z.B. ein Gerichtsvollzieher), die Berichtigung vornehmen. Das wäre ein für die Rechtssicherheit unerträgliches Ergebnis. Der Gesetzgeber hat daher die Befugnis zur Berichtigung ausschließlich der Stelle vorbehalten, die die zu berichtigende Entscheidung erlassen hat; nur eine scheinbare Ausnahme von diesem Grundsatz ist es, wenn die Rechtsprechung auch dem Rechtsmittelgericht eine Berichtigung der von der unteren Instanz erlassenen Entscheidung gestattet (BGH Urteil vom 18. Juni 1964 – VII ZR 152/62 – NJW 1964, 1858; BAG NJW 1964, 1874). Ebenso wie die von der zuständigen Stelle vorgenommene Berichtigung allgemein beachtet werden muß, gilt dies auch umgekehrt für die Entschließung dieser Stelle, keine Berichtigung vorzunehmen. Dem steht auch nicht entgegen, daß in den Fällen, in denen eine Berichtigung vorgenommen worden ist, es in der Regel so angesehen wird, als ob die Entscheidung von Anfang an den aus dem Berichtigungsbescheid ersichtlichen Inhalt gehabt hätte.
Der Kläger war demnach, solange kein Berichtigungsbescheid ergangen war, nicht zur Führung von Büchern verpflichtet; er war daher nach Durchschnittssätzen zu veranlagen. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, daß er nach der Überzeugung des Berufungsgerichts auch dann, wenn ihm ein Berichtigungsbescheid zugegangen und dadurch eine Buchführungspflicht begründet worden wäre, keine Bücher geführt hätte.
Die Entstehung eines Schadens kann auch nicht mit der Erwägung verneint werden, das Finanzamt hätte, wenn im Einspruchsverfahren auf das Ende der Buchführungspflicht hingewiesen worden wäre, den ergangenen Steuerbescheid berichtigt. Ob dies tatsächlich der Fall gewesen wäre, erscheint angesichts der vom Finanzamt erteilten Auskunft zweifelhaft; diese auf tatsächlichem Gebiet liegende Frage kann jedoch hier dahingestellt bleiben. Auch wenn das Finanzamt eine Berichtigung vorgenommen hätte, wäre dadurch keine Buchführungspflicht für die zurückliegende Zeit begründet worden. Eine Buchführung ist nur dann ordnungsmäßig, wenn zumindest die Grundaufzeichnungen im unmittelbaren zeitlichen Anschluß an die zu buchenden Geschäftsvorfälle vorgenommen werden (RGSt 39, 217, 219; 47, 311, 312, RFH JW 1927, 2649; Schönke/Schröder, StGB 20. Aufl. § 283 Rdn. 34; Baumbach/ Duden/Hopt, HGB 26. Aufl. § 38 Anm. 5 D; Brüggemann in Großkommentar HGB 3. Aufl. § 38 Rdn. 12; Kühn/Kutter AO 11. Aufl. § 162 Anm. 2; s. jetzt auch § 146 Abs. 1 AO 1977; Kühn/Kutter/Hofmann, AO 17. Aufl. § 146 Anm. 3 A c). Demgemäß wird auch in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung angenommen, daß eine erst nachträglich erstellte Buchführung eines buchführungspflichtigen Landwirts nicht ordnungsgemäß sei und der Besteuerung nicht zugrundegelegt werden könne (Finanzgericht Neustadt Betrieb 1980, 1426 = BB 1980, 1033). Wenn ein Berichtigungsbescheid den Landwirt zur Buchführung für einen zurückliegenden Zeitraum verpflichten würde, würde es ihm damit eine Pflicht auferlegen, die er schon aus objektiven Gründen nicht ordnungsgemäß erfüllen kann. Ein solches Ergebnis wäre sinnwidrig und mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren.
II.
Die angefochtene Entscheidung kann auch nicht mit einer anderen Begründung (§ 563 ZPO) aufrechterhalten werden.
Das Verhalten des Beklagten war objektiv pflichtwidrig. Ein steuerlicher Berater hat dafür zu sorgen, daß seinem Mandanten alle ihm zustehenden steuerlichen Vorteile zukommen und alle ungerechtfertigten steuerlichen Nachteile von ihm abgewandt werden. Ist sein Mandant Landwirt, so hat er darauf zu achten, daß ihm die steuerlichen Vorteile gewährt werden, die der Gesetzgeber diesem Berufsstand zugebilligt hat. Er hat auf der anderen Seite geeignete Maßnahmen zu treffen, um seinen Mandanten dagegen zu schützen, daß das Finanzamt gegen ihn zu Unrecht die Sanktionen verhängt, die die Abgabenordnung für die Verletzung der Buchführungspflicht vorsieht. Wieso darin etwas Rechts-, Standes- oder Sittenwidriges gesehen werden könnte, ist unerfindlich. Der Beklagte hat dadurch, daß er im Einspruchsverfahren nicht auf die Beendigung der Buchführungspflicht des Klägers hingewiesen hat, objektiv gegen seine Vertragspflichten verstoßen. Inwieweit ihm dies zum Verschulden gereicht, wird das Berufungsgericht zu beurteilen haben.
Fundstellen