Entscheidungsstichwort (Thema)
Subjektive Risikoausschlußklausel der wissentlichen Pflichtverletzung in der Berufshaftpflichtversicherung der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei verheimlichter Provisionsaussicht als Ursache für Beratungsfehler
Leitsatz (amtlich)
Der subjektive Risikoausschluß des § 4 Nr. 6 Satz 1 AVB-WB umfaßt – unabhängig davon, ob sich über eine verheimlichte Provisionsaussicht hinaus weitere wissentliche Pflichtverstöße feststellen lassen – auch den Fall, daß die wissentlich verheimlichte Provisionsaussicht Ursache dafür ist, daß ein Steuerberater seinen Mandanten unzureichend berät, so daß dieser eine ihn schließlich schädigende Geldanlageentscheidung trifft. Dieser Risikoausschluß hält einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG stand.
Leitsatz (redaktionell)
Ein Steuerberater begeht eine schwerwiegende Pflichtverletzung (Treubruch), wenn er bei der Erteilung einer Anlageempfehlung seinem Mandanten nicht offenbart, daß er für das Zustandekommen der ihm empfohlenen Beteiligung eine Provision erhalten wird. Ein Steuerberater ist gehalten, mit seinem Mandanten das Für und Wider einer (von ihm ins Gespräch gebrachten) konkreten Anlagemöglichkeit objektiv und unvoreingenommen zu erörtern; er muß sich ausschließlich vom Interesse des Mandanten leiten lassen; er darf sich nicht durch unsachliche Gesichtspunkte, insbesondere nicht durch zu erwartende persönliche Vermögensvorteile, beeinflussen lassen. Eine Provisionsvereinbarung begründet aber regelmäßig die Gefahr einer nicht mehr unvoreingenommenen Beratung.
Normenkette
AVB-WB § 4 Nr. 6 S. 1; AGBG § 9; StBerG §§ 33, 67
Verfahrensgang
OLG Köln (Urteil vom 27.04.1989; Aktenzeichen 5 U 175/88) |
LG Köln (Urteil vom 20.07.1988; Aktenzeichen 24 O 608/87) |
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger nehmen die Beklagte aus abgetretenem Recht des Herrn K. auf Entschädigung aus der Berufshaftpflichtversicherung des in Konkurs gefallenen Steuerberaters Dipl.-Kaufmann S. im Wege abgesonderter Befriedigung in Anspruch.
Der Steuerberater S. unterhielt bei der Beklagten, wie es ihm § 67 des Steuerberatergesetzes in der Fassung vom 4. November 1975 (BG Bl. I, 2735) vorschrieb, eine Haftpflichtversicherung mit einer Versicherungssumme von 200.000 DM. Dem Vertrag zugrunde lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Angehörigen der wirtschaftsprüfenden sowie wirtschafts- und steuerberatenden Berufe (AVB-WB) und die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen zur Vermögens-Haftpflichtversicherung für Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (BB).
Im Dezember 1980 empfahl der Steuerberater seinem Mandanten K., um dessen Steuerlast zu verringern, die Beteiligung an dem Projekt „Eislaufcenter”; das Center sollte im Bauherrenmodell von einer Abschreibungsgesellschaft errichtet werden. Die steuerliche Konzeption des Projektes stand nicht im Einklang mit den Richtlinien der sogenannten Bauherrenerlasse. Der Mandant K. leistete eine Einlage in Höhe von 126.000 DM, der Steuerberater erhielt von der Initiatorin des Projektes eine Provision, ohne dies seinem Mandanten zu offenbaren. Das Projekt schlug fehl, der Mandant K. verlor seine Einlage.
Im Juni 1985 wurde über das Vermögen des Steuerberaters der Konkurs eröffnet; der von seinem Mandanten K. angemeldete Schadensersatzanspruch in Höhe von 126.000 DM ist am 11. Oktober 1985 zur Konkurstabelle festgestellt worden. Unter dem 9. April 1986 lehnte die Beklagte nach vorangegangener Korrespondenz gegenüber dem Anspruchsteller K. eine Schadensregulierung endgültig ab. Unter dem 16. Dezember 1986/14. Januar 1987 ist der Schadensersatzanspruch den Klägern abgetreten worden. Sie machen geltend, der Steuerberater hätte das Projekt auf Übereinstimmung mit dem sogenannten zweiten Bauherrenerlaß überprüfen und seinen Mandanten K. darauf hinweisen müssen, daß nach der ständigen Praxis der Finanzverwaltung eine Anerkennung der Kosten als Werbungskosten im prospektierten Umfang mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen gewesen sei. Der Verlust der Einlage des Herrn K. sei darauf zurückzuführen, daß das Bauherrenmodell von vornherein nicht habe funktionieren können. Es habe auch die Pflicht des Steuerberaters bestanden, auf die nicht transparente Verflechtung der verschiedenen Funktionsträger hinzuweisen, die letztlich alle in einer Person zusammengelaufen seien. Bei ordnungsgemäßer Beratung wäre Herr K. nicht zu einer Anteilszeichnung bereit gewesen.
Klage und Berufung der Kläger sind erfolglos geblieben. Mit ihrer Revision verfolgen sie ihr Klageziel weiter.
Entscheidungsgründe
Auf die Revision mußte das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
1. Die Kläger sind als Zessionare eines etwaigen Schadensersatzanspruches des Mandanten K. gegen den in Konkurs gefallenen Steuerberater und Versicherungsnehmer S. gemäß § 157 VVG aktivlegitimiert. Die Beklagte kann hiergegen nicht mit Erfolg geltend machen, gemäß § 7 III AVB-WB könnten Versicherungsansprüche vor ihrer endgültigen Feststellung nicht ohne Zustimmung des Versicherers abgetreten werden. Nicht der Versicherungsnehmer S. hat seinen Deckungsschutzanspruch an die Kläger abgetreten, sondern sein Mandant einen Schadensersatzanspruch.
2. Die Revision bekämpft die Ansicht des Berufungsgerichts, eine Bindung der Beklagten an das in der Feststellung zur Konkurstabelle liegende Anerkenntnis des Konkursverwalters sei nicht eingetreten. Mit dieser Rüge vermag die Revision eine Aufhebung des Berufungsurteils nicht zu erreichen. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, daß eine Bindung an die Feststellung zur Konkurstabelle ihr versicherungsrechtliche Einwendungen nicht abschneiden würde. Da die Feststellung eines Schadensersatzanspruches zur Konkurstabelle auch nichts darüber besagt, in welcher Schuldform (vorsätzlich oder fahrlässig) der Gemeinschuldner sich ersatzpflichtig gemacht hat, kann sich die Beklagte (auch) uneingeschränkt auf den allein vom Berufungsgericht erörterten Risikoausschluß des § 4 Nr. 6 Satz 1 AVB-WB berufen. Er lautet:
„Der Versicherungsschutz bezieht sich nicht auf Haftpflichtansprüche ….
6. wegen Schadensverursachung durch wissentliches Abweichen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Auftraggebers oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung.”
3. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen dieses Risikoausschlusses gegeben sind. Dieser Risikoausschluß in einer Berufshaftpflichtversicherung für besonders geschulte Personen modifiziere in zulässiger Weise § 152 VVG. Der Versicherungsnehmer S. habe seine Pflichten aus dem mit seinem Mandanten K. geschlossenen Steuerberatervertrag verletzt, indem er diesem die Anlageempfehlung gegeben, dafür aber von der Initiatorin des Objektes eine Vermittlungsprovision angenommen und dies seinem Mandanten nicht offengelegt habe. Es stelle einen Treubruch und eine grobe Pflichtverletzung aus dem Steuerberatervertrag dar, die Provisionsannahme dem Mandanten nicht offenzulegen. Der eine Provision annehmende Steuerberater gerate in die Gefahr, seinen Mandanten nicht mehr unvoreingenommen beraten zu können. Dem Vorwurf des Treubruches könne er in derartigen Lagen nur durch Offenbaren des ihm erteilten Provisionsversprechens entgehen. Der Vorgang lasse sich nicht in die steuerberatende Tätigkeit des Versicherungsnehmers einerseits und die verbotene Provisionsannahme andererseits aufspalten. Es liege ein einheitlicher Lebenssachverhalt vor; der Steuerberater S. habe die dargestellte Pflichtverletzung wissentlich begangen. Zum subjektiven Tatbestand des Risikoausschlusses gehöre, daß der Versicherungsnehmer seine Pflichten positiv gekannt und zutreffend gesehen habe, sein Verschulden brauche nicht die Verletzung der Rechte des Geschädigten und den Schadenserfolg zu umfassen. Nach Sachlage sei das Berufungsgericht davon überzeugt, daß S. das Verbot einer verdeckten Provisionsannahme für eine Anlageempfehlung gekannt und dies auch zutreffend gewertet habe. Durch die wissentliche Pflichtverletzung habe er sich von einer kritischen Prüfung des Objekts auf seine Anlagewürdigkeit abhalten lassen. Bei kritischer Prüfung hätte er die Anlage nicht empfohlen.
Diese Begründung hält der Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
4. Die Auslegung des subjektiven Risikoausschlusses durch das Berufungsgericht steht allerdings im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes.
a) Bereits im Jahre 1959 hatte der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes über eine Risikoausschlußklausel in einer Haftpflichtversicherung für Architekten und Bauingenieure zu entscheiden, mit der Versicherungsschutz ausgeschlossen wurde für Haftpflichtfälle „wegen Schadensstiftung durch bewußt gesetz-, vorschrifts- oder sonst pflichtwidriges Verhalten des Versicherten”. Er hat dabei herausgestellt, daß der Versicherte subjektiv das Bewußtsein gehabt haben muß, gesetz-, vorschrifts- oder sonst pflichtwidrig zu handeln. Daß nicht auch der schädigende Erfolg seiner Handlung von ihm zumindest als möglich vorausgesehen und billigend in Kauf genommen worden sein muß, erachtete er für gerechtfertigt, weil mit dem § 152 VVG einschränkenden Risikoausschluß nur „unzweideutige Verhaltensweisen des VN aus dem Versicherungsschutz herausgenommen werden, die geeignet sind, unmittelbar zum Versicherungsfall zu führen”. (BGH, Urteil vom 13. Juli 1959 – II ZR 37/58 – VersR 1959, 691 unter 2.)
b) Der erkennende Senat hat in späteren Entscheidungen, in denen es um die Anwendbarkeit vergleichbarer Risikoausschlüsse ging, diese Kriterien weiter erläutert.
Im Urteil vom 5. März 1986 (IVa ZR 179/84 – VersR 1986, 647) war über einen Risikoausschluß in einer Vermögensschadenshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte und Notare zu entscheiden, der Haftpflichtfälle vom Versicherungsschutz ausnahm „wegen Schadensstiftung durch wissentliches Abweichen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingungen des Machtgebers (Berechtigten) oder sonstige wissentliche Pflichtverletzung”. Der Senat hatte in dieser Entscheidung Anlaß zu betonen, daß eine wissentliche Pflichtverletzung, wie sie der Risikoausschluß voraussetzt, nur derjenige Versicherte begeht, der die verletzten Pflichten positiv gekannt hat. Bedingter Vorsatz im Sinne eines nur Fürmöglichhaltens von Pflichten bestimmten Inhalts und ein diesen nur für möglich gehaltenen Pflichten zuwiderlaufendes Verhalten genügen demnach nicht zur Verwirklichung des Risikoausschlusses eines wissentlichen (oder bewußten) Pflichtverstoßes.
c) In dem am 17. Dezember 1986 (IVa ZR 166/85 – VersR 1987, 174) entschiedenen Fall stritten die Parteien darum, ob die Versicherungsnehmerin den nachstehenden Risikoausschluß in einer Betriebshaftpflichtversicherung verwirklicht hatte:
„Ausgeschlossen von der Versicherung bleibt stets … die Haftpflicht
1. wegen Schadensstiftung durch ein bewußt gesetz-, vorschrifts- oder sonst pflichtwidriges Verhalten des Versicherten.”
Der Senat hat in dieser Entscheidung folgendes klargestellt: „In Abweichung von § 152 VVG greift er – d.h. der Risikoausschluß – schon dann ein, wenn der Versicherte die Schadenszufügung unter bewußtem Verstoß gegen gesetzlich oder auf anderem Wege begründete Pflichten herbeigeführt, jedoch ohne Schädigungsvorsatz gehandelt hat. Anzulasten sein muß ihm demnach die Verletzung einer – für ihn verbindlich begründeten – Pflicht. Ein derartiger Pflichtverstoß läßt sich nur dadurch geltend machen, daß aufgezeigt wird, wie sich der Versicherte hätte verhalten müssen. Für einen bewußten Pflichtverstoß muß darüber hinaus dargelegt werden, der Versicherte habe gewußt, wie er sich hätte verhalten müssen. Wußte der Versicherte gar nicht, was er hätte tun oder unterlassen müssen, um dem Vorwurf pflichtwidrigen Verhaltens zu entgehen, so kommt ein bewußter Pflichtverstoß … nicht in Betracht … Bei diesem Verständnis der Klausel ist es sowohl den Vertragsparteien wie im Streitfall dem Gericht möglich – gegebenenfalls nach Aufklärung und Beweiserhebungen – festzustellen, ob und wodurch der Tatbestand des Risikoausschlusses verwirklicht worden ist. Damit ist die tatsächliche Anwendbarkeit der Klausel sichergestellt und den Interessen beider Parteien Rechnung getragen.”
d) Auch der subjektive Risikoausschluß des § 4 Nr. 6 Satz 1 AVB-WB enthält die beiden Abweichungen von der dispositiven Bestimmung des § 152 VVG, die in den bereits entschiedenen Fällen gegeben waren. Zugunsten des Versicherungsnehmers stellt der Risikoausschluß nur auf näher umschriebene, wissentlich begangene Verstöße des Versicherungsnehmers ab, die mit einer sachgerechten Berufsausübung unvereinbar sind. Er läßt bei diesen Verstößen – anders als § 152 VVG – nicht schon bedingten Vorsatz als Verschuldensform genügen, sondern fordert dolus directus. Zum Nachteil des Versicherungsnehmers gehört zu den Tatbestandsmerkmalen dagegen nicht – anders als in § 152 VVG –, daß der schädigende Erfolg des Pflichtverstoßes von dem Versicherungsnehmer zumindest als mögliche Folge vorausgesehen und billigend in Kauf genommen worden ist. Versicherungsschutz soll der Steuerberater auch dann nicht genießen, wenn der ihn haftpflichtig machende Schaden zwar auf einem wissentlichen Verstoß gegen konkrete Berufspflichten beruht, er aber überzeugt war oder hoffte, durch sein Handeln werde kein Schaden entstehen.
5. Anhand der erörterten Kriterien ist zu prüfen, ob das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt ist, die Beklagte habe gemäß § 4 Nr. 6 Satz 1 AVB-WB keinen Versicherungsschutz zu gewähren.
a) Seine Ausführungen zur wissentlichen Pflichtverletzung weisen aus, daß es davon ausgegangen ist, der Versicherungsnehmer müsse die Pflichten, gegen die er mit Wissen und Wollen verstoßen haben soll, positiv gekannt und inhaltlich zutreffend beurteilt haben. Es nimmt auch zu Recht an, daß ein Steuerberater eine schwerwiegende Pflichtverletzung begeht, wenn er bei der Erteilung einer Anlageempfehlung seinem Mandanten nicht offenbart, daß er für das Zustandekommen der Beteiligung eine Provision erhalten wird. Ein Steuerberater ist gehalten, mit seinem Mandanten das Für und Wider einer (von ihm ins Gespräch gebrachten) konkreten Anlagemöglichkeit objektiv und unvoreingenommen zu erörtern; er muß sich also ausschließlich vom Interesse des Mandanten leiten lassen; er darf sich nicht durch unsachliche Gesichtspunkte, insbesondere nicht durch zu erwartende persönliche Vermögensvorteile, beeinflussen lassen. Eine Provisionsvereinbarung begründet aber regelmäßig die Gefahr einer nicht mehr unvoreingenommenen Beratung (BGHZ 95, 81, 84). Deshalb begeht der Steuerberater einen Treubruch gegenüber seinem zu beratenden Mandanten, wenn er ihm die Provisionsaussicht bei der Empfehlung einer Beteiligung nicht offenlegt. Das Berufungsgericht ist zu der Überzeugung gelangt, der Steuerberater S. habe diese Pflichtverletzung wissentlich begangen. Hiergegen wendet sich die Revision nicht, Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
b) Bei der Kausalitätsprüfung hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, daß bei Offenbarung des Provisionsversprechens die Beteiligung des Mandanten K. an dem Projekt des Eislaufcenters unterblieben wäre, daß er nämlich dann mit Rücksicht auf die vom Steuerberater für den Fall des Erfolges seiner Empfehlungen ausbedungene Provision nicht bereit gewesen wäre, der Empfehlung zu folgen. Läge der Fall so, wäre der Steuerberater – auch ohne Beratungsfehler oder unabhängig von ihnen – allein wegen der verheimlichten Provisionsannahme dem Mandanten für einen Verlust der Anlage ersatzpflichtig (Senatsurteil vom 20. Mai 1987 – IVa ZR 36/86 – VersR 1987, 1095) und der Tatbestand des Risikoausschlusses erfüllt.
c) Daß der Steuerberater allein aufgrund einer verheimlichten Provisionsaussicht ersatzpflichtig werden kann, verdeutlicht, daß eine falsche Beratung und die Empfehlung einer Beteiligung an einem vom Konzept her unseriösen und zur Steuerersparnis ungeeigneten Projekt selbständige Pflichtverletzungen darstellen, die zwar durchaus zusammen mit einem Treubruch, der in der Verheimlichung einer Provisionszusage bei Erteilung einer Anlage- oder Beteiligungsempfehlung steckt, begangen werden und auch durch ihn verursacht worden sein, aber auch ohne ihn oder zumindest unabhängig von ihm verübt werden können. Der genannte Treubruch muß den Steuerberater nicht zwingend von einer kritischen Prüfung des Projektes auf seine Anlagewürdigkeit und von einer an ihrem Ergebnis ausgerichteten Beratung abgehalten haben.
Bei pflichtgemäßem Vorgehen wird ein Steuerberater ein für seine Mandanten in Betracht kommendes Anlageobjekt zunächst kritisch daraufhin prüfen, ob es geeignet ist, den Mandanten die erstrebten Steuervorteile auf Dauer zu erbringen. Erst dann wird er sich schlüssig werden, ob er es ihnen empfehlen kann. Hiervon kann eine Provisionszusage den Steuerberater abhalten, muß es aber nicht. Die Kläger machen geltend, der Steuerberater S. habe die Anlage ohne Beeinflussung durch die Provisionsaussicht empfohlen, allein aus dem Glauben, sie sei wirklich empfehlenswert; er habe sich selbst an ihr beteiligt und habe Mitglied des Aufsichtsrates werden sollen. Es hätte konkreter Feststellungen des Berufungsgerichts bedurft, daß doch der – nachträglich auch verwirklichte – Entschluß, dem Mandanten die für eine erfolgreiche Beteiligungsempfehlung zu erwartende Provision zu verschweigen, den Steuerberater S. davon abgehalten hat, das Projekt überhaupt kritisch auf seine Anlagewürdigkeit und Seriosität zu prüfen und die Frage einer Anlageempfehlung vom Ergebnis dieser Prüfung abhängig zu machen. Bislang fehlen ausreichende Tatsachenfeststellungen hierzu. Beweispflichtig ist, wie stets, wenn es um die Verwirklichung der Tatbestandsmerkmale eines subjektiven Risikoausschlusses geht, der Versicherer.
d) Die fehlenden Feststellungen sind nicht deshalb entbehrlich, weil schon der übrige teils erwiesene, teils unstreitige Prozeßstoff zur Klageabweisung führen müßte.
Daß der Steuerberater S. die konkrete Pflicht hatte, das von ihm als zu empfehlendes Anlageobjekt ins Gespräch gebrachte Eislaufcenter auf seine steuerliche Konzeption und seine Seriosität kritisch zu prüfen, stellen beide Parteien zu Recht nicht in Frage. Die Revision bemängelt nur, das Berufungsgericht sei auf Beratungsfehler nicht eingegangen. Indessen heißt es im unstreitigen Teil des Tatbestandes des Berufungsurteils, daß die steuerrechtliche Konzeption des zu errichtenden Eislaufcenters nicht den Richtlinien der sogenannten Bauherrenerlasse entsprochen hat. Mit der Wendung in den Entscheidungsgründen, der Steuerberater habe sich von einer kritischen Prüfung abhalten lassen und hätte die Beteiligung bei kritischer Prüfung nicht empfohlen, kommt noch hinreichend zum Ausdruck, worin das Berufungsgericht den Beratungsfehler sieht. Der teils unstreitige, teils festgestellte Prozeßstoff erlaubt dem Revisionsgericht auch die Beurteilung, daß dem Steuerberater S. eine umfassende Prüfungs- und Beratungspflicht oblag, die hier über eine grundsätzlich nur steuerrechtliche Orientierung hinausging (vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 1981 – IVa ZR 42/81 – VersR 1982, 245 und vom 4. März 1987 – IVa ZR 222/85 – VersR 1987, 565 = LM BGB § 676 Nr. 33). Er war von sich aus mit einer konkreten Anlageempfehlung an den Mandanten herangetreten und hatte diese Empfehlung so formuliert, daß dessen Vertrauen in einen umfassenden Überblick des Ratgebers in besonderem Maße geweckt wurde.
Seiner umfassenden Pflicht ist der Steuerberater nicht nachgekommen. Da das Berufungsgericht aber bislang nicht festgestellt hat, er habe diese Pflicht wissentlich verletzt, kommt der Risikoausschluß in dieser möglichen Begehungsform nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht in Betracht.
6. a) Sollte sich feststellen lassen, daß der Steuerberater S. die geschuldete kritische Prüfung und die an ihrem Ergebnis orientierte Empfehlung bzw. Beratung doch (auch) deshalb unterlassen hat, weil er hinter dem Rücken seines Mandanten K. zu seiner Provision kommen wollte, so ist die wissentlich verheimlichte Provisionsaussicht allerdings auf diesem Wege ursächlich für die Anlageentscheidung des Mandanten und einen daraus erwachsenen Schaden geworden.
Das Berufungsgericht ist bei seiner Entscheidung ersichtlich davon ausgegangen, daß der Risikoausschluß des § 4 Nr. 6 Satz 1 AVB-WB auch diesen Fall erfaßt, ohne daß es eine Rolle spielt, ob gegen die Prüfungs- und Beratungspflicht wissentlich, mit bedingtem Vorsatz oder grob fahrlässig verstoßen worden ist.
Seine Ansicht trifft zu.
b) § 4 Nr. 6 Satz 1 AVB ist so auszulegen, wie es das Berufungsgericht getan hat. Die von ihm angenommene Reichweite der Klausel erschließt sich nämlich den angesprochenen Versicherungsnehmern bei gebührender Aufmerksamkeit und Überlegung. Zwar bündelt die Klausel unterschiedliche, wissentlich zu begehende Verstöße. Indessen ist allen gemeinsam, daß sie geeignet sind, zu Vermögensschäden des Mandanten zu führen. Das gilt auch für wissentliches Abweichen von Anweisungen und Bedingungen des Auftraggebers, für deren Erteilung dieser regelmäßig seine guten Gründe haben wird. Erscheinen im Einzelfall dem vom Mandanten beauftragten Versicherungsnehmer Weisungen oder Bedingungen bedenklich oder zur Erreichung eines angestrebten Zweckes ungeeignet, so obliegt es ihm als Berufspflicht, den Mandanten aufzuklären und zu warnen und sich Gewißheit zu verschaffen, ob er dennoch an seiner Weisung oder Bedingung festhalten will. Ein eigenmächtiges Abweichen ohne Beratung und Befragung des Mandanten ist ein grundsätzlich zur Schadenszufügung geeigneter Pflichtverstoß.
§ 4 Nr. 6 Satz 1 AVB-WB stellt ausschließlich auf wissentliche Verstöße gegen berufliche Pflichten der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ab. Diese Pflichten sind ihrem Wesen nach bestimmt, der sachgerechten Wahrnehmung der vermögensrechtlichen Interessen der Auftraggeber zu dienen. Verstöße gegen sie sind ihrer Art nach geeignet, Vermögensschäden auszulösen.
c) Der Senat teilt nicht die Bedenken der Revision gegen die Wirksamkeit des Risikoausschlusses in seiner vorstehend dargelegten Reichweite. Er ist nicht überraschend (§ 3 AGBG) in einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, von denen Kenntnis und ordnungsgemäße Wahrnehmung ihrer berufsspezifischen Pflichten erwartet werden darf, deren Berufsethos sie von wissentlichen Verstößen gegen Berufspflichten und Mandantenweisungen eigentlich abhalten müßte; er ist auch nicht unklar (§ 5 AGBG) in seiner Wortfassung oder in dem sich hieraus erschließenden Regelungsgehalt.
Die aufgezeigte Regelung weicht auch nicht in einem Maße von dem gesetzlichen Leitbild des § 152 VVG ab, daß dadurch die betroffenen Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligt werden (§ 9 AGBG). Dem wesentlichen Gehalt von § 152 VVG bleibt angemessen Rechnung getragen: Das Entfallen des Tatbestandsmerkmals – Voraussehen des schädigenden Erfolges als zumindest möglich und billigende Inkaufnahme seines Eintritts – wird ausgeglichen dadurch, daß der Risikoausschluß nur bei Verstößen greift, die ihrer Art nach schadensgeneigt sind, was dem Versicherungsnehmer bei zutreffender Beurteilung seiner Pflichten nicht verborgen bleibt, und daß diese Verstöße eben wissentlich begangen worden sein müssen. Zu dieser Bewußtseinslage gehört die Erkenntnis, welchem Rechtsgüterschutz die sachgerechte Pflichtenwahrnehmung dienen soll. Der Versicherungsnehmer wird nicht dadurch entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, daß er für die Inanspruchnahme wegen eines Schadens keinen Haftpflichtversicherungsschutz erhält, sofern der Schaden das Endglied einer Kausalkette ist, die mit einer wissentlichen Pflichtverletzung in Gang gesetzt worden ist.
7. Über die weiteren Einwände der Beklagten gegen ihre Leistungspflicht hat das Berufungsgericht noch nicht entschieden. Es fehlen hierzu abschließende Feststellungen, so daß Ausführungen des Revisionsgerichts zu diesen Einwänden derzeit – mit einer Ausnahme – nicht veranlaßt sind: Die Beklagte wird ihre Leistungsfreiheit jedenfalls nicht aus einer Verjährung des Deckungsschutzanspruches des Versicherungsnehmers S. herleiten können, da es auch hier, wie in dem vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 20. Januar 1971 – IV ZR 1134/68, VersR 1971, 333 – entschiedenen Fall, um die Inanspruchnahme aus einer Pflichtverletzung geht.
Fundstellen