Leitsatz (amtlich)
Die Hemmung der Verjährung von Ersatzansprüchen Kreispachtgeschädigter wirkt nicht deswegen über den 31. Januar 1995 hinaus fort, weil der zuständige Kreis die Ansprüche erst nach diesem Zeitpunkt und ohne Individualisierung des Anspruchsgegners abgetreten hat (Ergänzung zu BGHZ 129, 282).
Normenkette
BGB § 203 Abs. 2
Verfahrensgang
OLG Naumburg (Aktenzeichen 2 U (Lw) 15/97) |
AG Stendal (Aktenzeichen 4 Lw 75/96) |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des Senats für Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts Naumburg vom 11. Dezember 1998 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Vater des Klägers war Eigentümer eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks, das er im Jahre 1957 an die LPG „17. O.” T. verpachtete. Nach seinem Tode ging der Hof im Rahmen einer Erbauseinandersetzung auf die Mutter des Klägers über, die ihn mit notariellem Vertrag vom 11. Mai 1987 auf den Kläger übertrug.
In den siebziger Jahren teilte sich die LPG „17. O.” T. in die LPG (T) „E. T.” A. und die LPG (P) „F. E.” A., die beide die Bewirtschaftung des Hofes fortsetzten. Aufgrund eines Vollversammlungsbeschlusses vom 17. Juli 1990 teilte sich die LPG (P) „F. E.” in drei Genossenschaften auf, u.a. in eine LPG (P) A.. Die Teilung wurde am 18. Juli 1990 in das Register eingetragen. Die LPG (P) A. schloß sich sodann mit der LPG (T) „E. T.” zur LPG (P und T) A. zusammen. Diese Genossenschaft teilte sich aufgrund eines Beschlusses vom 3. Mai 1991 in mehrere Gesellschaften mit beschränkter Haftung auf, u.a. in eine A. A. GmbH, die am 10. Mai 1993 in das Handelsregister eingetragen wurde. Mit Vertrag vom 19. Februar 1994 verschmolz die GmbH mit drei weiteren Gesellschaften zu der Beklagten und wurde am 21. September 1994 im Handelsregister gelöscht.
Der Kläger erhielt die landwirtschaftlichen Flächen am 1. Juli 1990 zurück. Mit Schreiben vom 14. Juli 1995 trat der Altmarkkreis S. dem Kläger alle aus der Nutzungsüberlassung entstandenen Ansprüche ab und erklärte das Kreispachtverhältnis für aufgelöst.
Der Kläger ist der Auffassung, die Rechtsvorgängerinnen der Beklagten hätten ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der von ihnen genutzten Gebäude nicht erfüllt, so daß ihm ein Schaden von 100.000 DM entstanden sei.
Diesen Betrag hat er – nebst Zinsen – mit einem am 31. Juli 1995 bei Gericht eingegangenen Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheids gegenüber der A. A. GmbH geltend gemacht. Mit Schreiben vom 10. August 1995 hat er mitgeteilt, daß der Mahnantrag nunmehr gegen die jetzige Beklagte gerichtet werde, und zwar als Rechtsnachfolgerin der zunächst im Mahnantrag genannten GmbH. Der Mahnbescheid ist der Beklagten am 30. August 1995 zugestellt worden.
Das Landwirtschaftsgericht hat die Klage – nach Widerspruch der Beklagten, die sich u.a. auf Verjährung beruft – abgewiesen. Die auf Zahlung von 2.000 DM nebst Zinsen beschränkte Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der – zugelassenen – Revision verfolgt der Kläger seinen bisherigen Antrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht meint, der geltend gemachte Anspruch sei verjährt. Die Verjährungsfrist sei am 31. Juli 1995 abgelaufen. Der Mahnbescheid habe nicht zur Unterbrechung der Verjährung geführt, da der Antrag gegen einen falschen Gegner gerichtet gewesen sei und die Beklagte als mögliche Schuldnerin erst nach Fristablauf benannt worden sei.
II.
Dies hält den Angriffen der Revision stand.
1. Das Berufungsgericht legt die Änderung des Antrages auf Erlaß eines Mahnbescheides durch den Kläger nicht als bloße Korrektur einer ungenauen oder irrtümlich falschen Parteibenennung aus, sondern als Parteiänderung. Dieser vom Revisionsgericht uneingeschränkt überprüfbaren (vgl. BGH, Urt. v. 16. Dezember 1997, VI ZR 279/96, NJW 1998, 1496, 1497 m.w.N.) Auslegung tritt der Senat aus den vom Berufungsgericht dargelegten Gründen bei. Für die von der Revision nicht näher begründete Annahme, der Antrag sei dahin auszulegen, daß er sich gegen die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der nicht mehr existenten, im Antrag aber noch genannten A. A. GmbH richte, ergeben sich keine Anhaltspunkte. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat dies nicht einmal der Kläger angenommen. Soweit für den Parallelfall der Klage gegen eine verstorbene natürliche Person in der Literatur vereinzelt angenommen wird, in der Regel sei eine solche Klage als gegen die Erben gerichtet auszulegen (Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 21. Aufl., § 253 Rdn. 37), folgt der Senat dem nicht (ebenso dagegen MünchKomm-ZPO/Lüke, § 253 Rdn. 46; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 50 Rdn. 43; Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., vor § 50 Rdn. 12; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, 15. Aufl., § 41 V). Eine Begründung dafür wird nicht geliefert und ist auch nicht ersichtlich.
2. Infolgedessen kann die Zustellung des Mahnbescheides an die Beklagte für die Frage der Verjährung nicht auf den Eingang des Antrags am 31. Juli 1995 zurückbezogen werden (§ 693 Abs. 2 ZPO), sondern auf die mit Schriftsatz vom 10. August 1995 erklärte Parteiänderung. Zu diesem Zeitpunkt war – wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat – der Anspruch verjährt.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats verjähren die Ersatzansprüche der Kreispachtgeschädigten gegen die LPG wegen Verlusts oder Verschlechterung von Inventar in der Regel in sechs Monaten ab Rückgabe des Betriebes, wobei die Verjährung allerdings bis zum 31. Januar 1995 gehemmt war (BGHZ 129, 282). Letzteres beruht darauf, daß vor diesem Zeitpunkt von den Geschädigten nicht zuverlässig beurteilt werden konnte, ob und gegebenenfalls welche Ansprüche dem Eigentümer, der ja nicht Mitglied der seinen Betrieb bewirtschaftenden LPG war, zustehen konnten und – vor allem – gegen wen solche Ansprüche zu richten waren (BGH, aaO, 289). Verjährung ist in diesen Fällen somit grundsätzlich mit Ablauf des 31. Juli 1995 eingetreten (§§ 591 b oder 606 BGB).
Hiervon ausgehend wendet die Revision ein, im konkreten Fall sei – nach dem Vortrag des Klägers – nicht von einem Verjährungsbeginn am 1. Februar 1995 auszugehen, sondern von einem erheblich späteren Zeitpunkt. Voraussetzung für den Lauf der Frist sei nämlich, daß der Kläger Kenntnis von der Person des Anspruchsverpflichteten gehabt habe. Daran habe es gefehlt. Der Altmarkkreis S., der – wie vorgetragen – ihm erst mit Schreiben vom 14. Juli 1995 Ansprüche des Rates des Kreises abgetreten habe, habe die Anspruchsgegner lediglich als „Nutzer” bezeichnet. Eine Individualisierung dieser Nutzer sei ihm erst anschließend gelungen.
b) Diese Überlegungen verhelfen der Revision nicht zum Erfolg.
Es kann dahingestellt bleiben, ob in der Rückgabe der landwirtschaftlichen Flächen an den Antragsteller am 1. Juli 1990 eine konkludent erklärte Abtretung der Ersatzansprüche, die dem Rat des Kreises gegen die nutzende LPG zugestanden haben mag, an den Antragsteller zu sehen ist. Jedenfalls ist die Abtretung mit Schreiben vom 14. Juli 1995 durch den dazu befugten (vgl. Senat, BGHZ 127, 297, 312; 129, 282, 286) Altmarkkreis S. vorgenommen worden. Diese Abtretung ist weder für die Entstehung des Anspruchs noch für den Beginn oder den Lauf der Verjährungsfrist von Bedeutung.
Entstanden ist der Anspruch zugunsten des Rates des Kreises in dem Zeitpunkt, in dem die nutzende LPG die ihr obliegende Pflicht zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung nicht erfüllt hat. Mit dem Untergang des Rates des Kreises infolge des Inkrafttretens der Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990 ist der Ersatzanspruch nicht erloschen; er wird vielmehr als fortbestehend behandelt (vgl. Senat, BGHZ 127, 297, 307). Die Verjährung des Anspruchs beginnt nach § 591 b Abs. 2 Satz 1 BGB – von der Frage der Hemmung abgesehen – mit der Rückgabe der Pachtsache an den Antragsteller. Die Verjährung war freilich nach § 203 Abs. 2 BGB nach Maßgabe der Senatsrechtsprechung bis zum 31. Januar 1995 gehemmt.
Für die ab dann laufende Verjährungsfrist ist die Vornahme der Abtretung ohne Einfluß. Die Hemmung beruht nicht darauf, daß der Antragsteller gegen die nutzende LPG erst vorgehen konnte, nachdem ihm die Ansprüche abgetreten worden waren, sondern darauf, daß die Rechtslage unklar war und er nicht wußte, auf welche Weise und gegen wen er Ansprüche geltend machen konnte. Mit den Senatsentscheidungen vom 4. November 1994 (BGHZ 127, 285 und BGHZ 127, 297) war diese Unklarheit beseitigt. Es war nunmehr Sache des Geschädigten, sich um eine Abtretung etwaiger Ersatzansprüche zu kümmern. Dem stand ein Hindernis im Sinne des § 203 Abs. 2 BGB nicht mehr entgegen.
Für eine weitere Hemmung der Verjährung bestand auch nicht mit Rücksicht darauf eine Berechtigung, daß der Antragsteller nicht sogleich wußte, wer die nutzende LPG war. Um das herauszufinden, mußte er nicht die – ohnehin nichtssagende – Abtretung der Ansprüche durch den Altmarkkreis S. abwarten. Er konnte dies – wie er es ja auch getan hat – unabhängig davon herausfinden. Anspruchsgegner waren die Rechtsnachfolger der LPG „17. O.” T., nämlich die LPG (T) „E. T.” A. und die LPG (P) „F. E.” A., die sich in die Bewirtschaftung teilten. Dies war auch im Übertragungsvertrag festgehalten, durch den der Kläger das Grundstück von seiner Mutter erhielt. Zu einer trotz äußerster billigerweise zu erwartender Sorgfalt nicht vermeidbaren Rechtsunkenntnis, die eine Hemmung nach § 203 BGB rechtfertigen könnte (Senat, BGHZ 129, 282, 289), führten auch nicht die späteren Aufteilungen und Zusammenschlüsse dieser Genossenschaften. Es handelt sich dabei um Vorgänge, die aus dem LPG-Register bzw. dem Handelsregister ersichtlich waren. Solche Veränderungen auf seiten des Schuldners stellen den Gläubiger zwar vor Schwierigkeiten bei der Verfolgung seines Anspruchs, vor diesen – behebbaren – Schwierigkeiten schützt ihn die Norm aber nicht.
c) Nicht zu folgen ist der Revision auch, soweit sie meint, die Berufung der Beklagten auf Verjährung verstoße gegen § 242 BGB. Die Beklagte hat nicht – wie die Revision meint – den Eindruck erweckt, eine andere Genossenschaft oder Gesellschaft sei der richtige Schuldner, so daß der Kläger von der rechtzeitigen Geltendmachung seiner Ansprüche abgehalten worden sei. Sie verweist auch nicht auf Tatsachenvortrag, aus dem sich ein solches Verhalten ergeben könnte.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Wenzel, Vogt, Krüger
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 26.10.1999 durch Riegel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 539821 |
BGHR |
EWiR 2000, 115 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2000, 260 |
ZAP-Ost 2000, 101 |
OVS 2000, 172 |