Leitsatz (amtlich)
1. Gehört zur Ausübung einer Grunddienstbarkeit eine Anlage auf dem belasteten Grundstück, kann zwischen den Eigentümern des dienenden und des herrschenden Grundstücks mit dinglicher Wirkung vereinbart werden, dass die Pflicht zur Unterhaltung der Anlage zwischen ihnen aufgeteilt wird.
2. Möglich ist auch eine Vereinbarung, die sich auf die - anteilige - Verpflichtung zur Übernahme der zur Unterhaltung der Anlage erforderlichen Kosten beschränkt, ohne eine Pflicht zur tatsächlichen Unterhaltung zu begründen.
3. Wenn sich eine Anlage auf zwei Grundstücke erstrecken soll und beide Eigentümer zur Nutzung der Anlage (auch) auf dem jeweils anderen Grundstück berechtigt sein sollen (hier: Tiefgarage), können wechselseitige Grunddienstbarkeiten bestellt werden; die Grundstücke sind dann zugleich herrschendes und dienendes Grundstück. Auch in diesem Fall ist es möglich, die Unterhaltungskosten der Anlage unter den beteiligten Eigentümern durch eine dinglich wirkende Vereinbarung nach einer bestimmten Quote zu verteilen.
4. Auch wenn der Eigentümer des herrschenden Grundstücks zur (anteiligen) Unterhaltung der Anlage bzw. zur anteiligen Kostentragung verpflichtet ist, genügt für die dingliche Wirksamkeit der Vereinbarung die Eintragung in das Grundbuch des dienenden Grundstücks. Einer zusätzlichen Eintragung auf dem Grundbuchblatt des herrschenden Grundstücks bedarf es nicht.
Normenkette
BGB § 1021
Verfahrensgang
OLG Dresden (Entscheidung vom 16.11.2021; Aktenzeichen 13 U 2180/20) |
LG Leipzig (Entscheidung vom 07.10.2020; Aktenzeichen 2 O 3080/16) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 16. November 2021 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin ist eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Zu der Wohnungseigentumsanlage gehören auch Tiefgaragenstellplätze. Die Tiefgarage befindet sich allerdings nicht ausschließlich auf dem Gemeinschaftsgrundstück, sondern erstreckt sich auf weitere Grundstücke, unter anderem auf die des Beklagten und seiner Streithelferinnen. Es gibt eine zentrale und gemeinschaftliche Ein- und Ausfahrt, wobei sich auf dem Gemeinschaftsgrundstück 197 und auf dem Grundstück des Beklagten 20 Tiefgaragenstellplätze befinden. Errichtet wurde die Tiefgarage in den Jahren 1995/1996 auf der Grundlage einer notariellen Urkunde vom 30. Januar 1995. Hierin bewilligten die Eigentümer der Grundstücke, auf der die Tiefgarage errichtet werden sollte, unter Ziff. 5 wechselseitige Grunddienstbarkeiten. Diese räumen dem jeweiligen Eigentümer des berechtigten Grundstücks das Recht ein, an das auf dem belasteten Grundstück befindliche Tiefgaragengebäude anzuschließen bzw. auf dem berechtigten Grundstück und auf dem belasteten Grundstück eine gemeinsame Tiefgarage zu errichten, zu belassen und zu unterhalten. Der jeweilige Eigentümer wurde berechtigt, die auf dem belasteten Grundstück befindlichen Zu- und Abfahrtswege sowie die Fahrbahn innerhalb der Tiefgarage zum Gehen und Fahren ebenso mitzubenutzen wie die auf dem belasteten Grundstück befindlichen Technikräume bzw. Anlagen, Be- und Entlüftungsräume und -anlagen, Sprinklerbecken und -anlagen, Maschinenräume und -anlagen, Treppenhäuser, Flure, Ausgänge sowie die sonstigen in der Tiefgarage befindlichen Gemeinschaftsräume und -anlagen. Zu den Kosten der Unterhaltung der Tiefgarage wurde festgehalten, dass diese von den Eigentümern der berechtigten Grundstücke und von dem Eigentümer des belasteten Grundstücks im Verhältnis der angeschlossenen Tiefgaragenplätze getragen werden. Die Grunddienstbarkeiten sowie die unter Ziff. 6 der Urkunde zusätzlich bestellten wechselseitigen Reallasten wurden jeweils in das Grundbuch eingetragen. Nachdem in der Tiefgarage Abdichtungsprobleme aufgetreten waren und Sachmängelansprüche gegen das Unternehmen, das die Tiefgarage errichtet hatte, wegen dessen Insolvenz nicht durchgesetzt werden konnten, beauftragte die Klägerin ein Ingenieurbüro mit der Sanierungskonzeption. Auf deren Grundlage ließ sie die Instandsetzungsarbeiten durchführen.
Rz. 2
Mit der Klage hat die Klägerin ursprünglich die Zahlung eines Betrages von 50.142,65 € zzgl. Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangt. Bei dem Hauptsachebetrag handelt es sich um - auf der Grundlage von 20 Tiefgaragenplätzen berechnete - anteilige Aufwendungen der Klägerin für Verwaltungs- und Sanierungskosten in den Jahren 2012 bis 2014. Nach einem Teilerfolg in erster Instanz und wechselseitigen Berufungen wendet sich die Klägerin mit der von dem Senat zugelassenen Revision der Sache nach dagegen, dass das Oberlandesgericht einen Zahlungsanspruch in Höhe von 45.000,21 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten abgewiesen hat. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
I.
Rz. 3
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Klage zulässig. Insbesondere sei die Klägerin zur Geltendmachung der Ausgleichsansprüche ihrer Mitglieder berechtigt, weil die Wohnungseigentümer die Prozessführung der Klägerin durch Beschluss vom 18. Dezember 2017 genehmigt hätten. In der Sache sei die Klage unbegründet. Als Anspruchsgrundlage für die Ansprüche der Klägerin, deren materielle Ausübungsbefugnis sich aus § 9a Abs. 2 WEG ergebe, komme § 748 BGB in Betracht. Dessen Voraussetzungen lägen nicht vor. Die Eigentümer der Grundstücke, denen mit den am 30. Januar 1995 bestellten Grunddienstbarkeiten wechselseitige Rechte an der Tiefgarage eingeräumt worden seien, gehörten zwar einer Bruchteilsgemeinschaft i.S.v. § 741 BGB an. Die Klägerin habe aber nicht hinreichend dargelegt, dass es sich bei den Kosten, die den streitgegenständlichen Rechnungen zugrunde lägen, jeweils um gemäß § 748 BGB auszugleichende Kosten der Erhaltung, Verwaltung oder gemeinschaftlichen Benutzung gehandelt habe. Soweit es um die Verwaltungskosten gehe, scheide eine Erstattung bereits deshalb aus, weil die kostenauslösenden Maßnahmen entgegen § 744 Abs. 1, § 745 BGB nicht auf dem Einvernehmen und zumindest auf Mehrheitsbeschlüssen der Teilhaber der Tiefgaragengemeinschaft beruhten. Im Hinblick auf die abgerechneten Kosten für die Sanierung der Tiefgarage habe die Klägerin nicht hinreichend dargelegt, dass es sich um notwendige Erhaltungsmaßnahmen i.S.v. § 744 Abs. 2 BGB handele. Auch wenn die Vorschrift nicht auf Eilmaßnahmen beschränkt sei, komme es darauf an, inwieweit die anderen Teilhaber im einzelnen Fall daran interessiert sein könnten, an der fraglichen Maßnahme mitzuwirken. Eine bedeutsame Maßnahme, durch die erhebliche Verpflichtungen für die Gemeinschaft oder die anderen Teilhaber begründet würden, könne nur dann als notwendig angesehen werden, wenn sie so dringend sei, dass eine Beteiligung der anderen Teilhaber nicht mehr rechtzeitig möglich sei. Das habe der Bundesgerichtshof zu der in § 2038 Abs. 1 Satz 2 BGB geregelten Notgeschäftsführung eines Miterben entschieden (Verweis auf BGH, Urteil vom 8. Mai 1952 - IV ZR 208/51, BGHZ 6, 76). Für das in § 744 Abs. 2 BGB entsprechend niedergelegte Recht des einzelnen Teilhabers könne nichts Anderes gelten. Hier seien die von der Klägerin abgerechneten Arbeiten Teil einer umfangreichen Sanierung gewesen. Eine Dringlichkeit dieser Sanierungsarbeiten in dem Sinne, dass eine vorherige Beteiligung des Beklagten und der anderen Teilhaber nicht möglich gewesen sei, behaupte die Klägerin nicht.
Rz. 4
Mit den am 30. Januar 1995 beurkundeten Erklärungen seien die nach § 744 Abs. 1, § 745 BGB bestehenden Mitwirkungsrechte der Teilhaber weder abbedungen noch eingeschränkt worden. Die Kostenausgleichspflicht der Teilhaber sei auch nicht erweitert worden. Mehr als der Wille, die Teilhaber an den Unterhalts-, Betriebs- und Instandhaltungskosten zu beteiligen, lasse sich der notariellen Urkunde nicht entnehmen. Deshalb müsse auf die gesetzlichen Regelungen in §§ 744, 745 BGB zurückgegriffen werden. Die Voraussetzungen für einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder für einen Bereicherungsanspruch habe die Klägerin nicht dargelegt.
II.
Rz. 5
Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung lassen sich die von der Klägerin weiter verfolgten Ansprüche nicht verneinen.
Rz. 6
1. Zu Recht erachtet das Berufungsgericht die Klage für zulässig. Insbesondere ist die Klägerin für die mit der Klage geltenden gemachten Ansprüche prozessführungsbefugt. Insoweit kommt es auf die von dem Berufungsgericht zur Begründung angeführte Genehmigung der Prozessführung durch die Klägerin aufgrund des Beschlusses vom 18. Dezember 2017 nicht an. Die Prozessführungsbefugnis der Klägerin folgt jedenfalls aus § 9a Abs. 2 WEG. Nach dieser Vorschrift, die am 1. Dezember 2020 in Kraft getreten ist und auch hier Anwendung findet, übt die GdWE unter anderem solche Rechte der Wohnungseigentümer aus, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern. Diese ist hier sowohl im Hinblick auf mögliche Ansprüche der Wohnungseigentümer aus einer Bruchteilsgemeinschaft i.S.v. § 741 BGB als auch im Hinblick auf weitere Ansprüche geboten, die sich aus den in der Urkunde vom 30. Januar 1995 getroffenen Vereinbarungen ergeben können. Hiervon geht im Ergebnis auch das Berufungsgericht zutreffend aus, auch wenn es § 9a Abs. 2 WEG nur zur Begründung der materiellen Ausübungsbefugnis der Klägerin heranzieht. Die Vorschrift betrifft allerdings sowohl die Prozessführungsbefugnis als auch die Aktivlegitimation der GdWE (vgl. Senat, Urteil vom 15. Juli 2022 - V ZR 127/21, NJW 2022, 3154 Rn. 8).
Rz. 7
2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts tragen jedoch die Abweisung der Klage als unbegründet nicht.
Rz. 8
a) Hierfür kann offenbleiben, ob die Klägerin und der Beklagte Teilhaber einer Bruchteilsgemeinschaft sind und - bejahendenfalls - der Klägerin dem Grunde nach ein Ausgleichsanspruch gemäß § 748, § 744 Abs. 2 BGB zusteht. Ein solcher Anspruch wäre zu verneinen, wenn den dem Beklagten anteilig in Rechnung gestellten Aufwendungen keine „zur Erhaltung des Gegenstands notwendige Maßregeln“ i.S.d. § 744 Abs. 2 BGB zugrunde lägen, wovon das Berufungsgericht ausgeht. Wie es zutreffend sieht, können nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der inhaltlich mit § 744 Abs. 2 BGB im Wesentlichen übereinstimmenden Vorschrift des § 2038 Abs. 1 Satz 2 BGB bedeutsame Maßnahmen, durch die erhebliche Verpflichtungen für den Nachlass oder die anderen Miterben begründet werden, nur dann als notwendig angesehen werden, wenn sie so dringend sind, dass die Zustimmung der anderen Miterben nicht mehr rechtzeitig erlangt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 1952 - IV ZR 208/51, BGHZ 6, 76; siehe auch Urteil vom 6. Oktober 2004 - XII ZR 323/01, NJW-RR 2005, 375, 376). An einer solchen Eilbedürftigkeit fehlt es auf der Grundlage der von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen, weil die Klägerin die Möglichkeit gehabt hätte, eine Zustimmung des Beklagten einzuholen. Ob die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 2038 Abs. 1 Satz 2 BGB, die in der Literatur ganz überwiegend Zustimmung gefunden hat (vgl. MüKoBGB/Gergen, 9. Aufl., § 2038 Rn. 58 mwN, Grüneberg/Weidlich, BGB, 82. Aufl., § 2038 Rn. 11; BeckOGK/Rißmann/Szalai, BGB [1.11.2022], § 2038 Rn. 56; BeckOK BGB/Lohmann [1.5.2022], § 2038 Rn. 10; aA Staudinger/Löhnig, BGB [2020], § 2038 Rn. 30), auch im Rahmen des § 744 Abs. 2 BGB Anwendung findet, ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt und in der Literatur umstritten (gegen das Erfordernis einer Unaufschiebbarkeit der Maßnahme Staudinger/von Proff, BGB [2021], § 744 Rn. 23; BeckOK BGB/Gehrlein [1.8.2022], § 744 Rn. 7; BeckOGK/Fehrenbacher, BGB [1.8.2022], § 744 Rn. 22; Grüneberg/Sprau, BGB, 82. Aufl., § 744 Rn. 3 mwN).
Rz. 9
b) Diese Frage bedarf hier aber keiner Entscheidung, weil das Berufungsgericht eine weitere Anspruchsgrundlage rechtsfehlerhaft nicht in den Blick genommen hat, deren Voraussetzungen auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen dem Grunde nach vorliegen. Die Klägerin kann nämlich im Hinblick auf die wechselseitig in der Urkunde vom 30. Januar 1995 bestellten Grunddienstbarkeiten gemäß § 1108 Abs. 1 i.V.m. § 1021 Abs. 2 BGB von dem Beklagten Ausgleich der für die erforderlichen Unterhaltungsmaßnahmen der Tiefgarage angefallenen Kosten in Höhe der auf ihn entfallenden Quote verlangen.
Rz. 10
aa) Gehört zur Ausübung einer Grunddienstbarkeit eine Anlage auf dem belasteten Grundstück, so kann bestimmt werden, dass der Eigentümer dieses Grundstücks (sog. dienendes Grundstück) die Anlage zu unterhalten hat, soweit das Interesse des Berechtigten es erfordert (§ 1021 Abs. 1 Satz 1 BGB). Steht dem Eigentümer das Recht zur Mitbenutzung der Anlage zu, so kann bestimmt werden, dass der Berechtigte (Eigentümer des herrschenden Grundstücks) die Anlage zu unterhalten hat, soweit es für das Benutzungsrecht des Eigentümers erforderlich ist (§ 1021 Abs. 1 Satz 2 BGB). Ist eine solche Unterhaltungspflicht vereinbart, finden nach § 1021 Abs. 2 BGB die Vorschriften über die Reallasten entsprechende Anwendung. Dies bedeutet, dass der Eigentümer, der zur Unterhaltung der Anlage verpflichtet ist, unter anderem gemäß § 1108 Abs. 1 BGB für die während der Dauer seines Eigentums fällig werdenden Leistungen (auch) persönlich haftet; dementsprechend haftet auch der unterhaltungspflichtige Dienstbarkeitsberechtigte bei entsprechender Vereinbarung nicht nur dinglich, sondern auch persönlich (vgl. zur Grundbucheintragung in einem solchen Fall unten Rz. 14).
Rz. 11
bb) Nach dem Wortlaut des § 1021 Abs. 1 BGB wird bei den möglichen Vereinbarungen zwischen dem Eigentümer des dienenden und dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks danach unterschieden, ob nur der Dienstbarkeitsberechtigte die Anlage nutzen darf oder aber dem Eigentümer des belasteten Grundstücks ein Recht zur Mitbenutzung der Anlage zusteht. Während im ersten Fall vereinbart werden kann, dass der Eigentümer des dienenden Grundstücks die Anlage zu unterhalten hat, ist im zweiten Fall eine Vereinbarung dahingehend möglich, dass den Eigentümer des herrschenden Grundstücks die Unterhaltungspflicht trifft. Es steht aber in Rechtsprechung und Literatur außer Streit, dass beide Möglichkeiten miteinander kombiniert werden können. Gehört zur Ausübung einer Grunddienstbarkeit eine Anlage auf dem belasteten Grundstück, kann zwischen den Eigentümern des dienenden und des herrschenden Grundstücks mit dinglicher Wirkung vereinbart werden, dass die Pflicht zur Unterhaltung der Anlage zwischen ihnen aufgeteilt wird. In der Festlegung des Verteilungsschlüssels sind die Eigentümer des herrschenden und des dienenden Grundstücks frei (vgl. KG, OLGZ 1970, 372, 375; Staudinger/Weber, BGB [2017], § 1021 Rn. 13; MüKoBGB/Mohr, 9. Aufl., § 1021 Rn. 5; BeckOGK/Kazele, BGB [1.11.2022], § 1021 Rn. 57).
Rz. 12
cc) Möglich ist auch eine Vereinbarung, die sich auf die - anteilige - Verpflichtung zur Übernahme der zur Unterhaltung der Anlage erforderlichen Kosten beschränkt, ohne eine Pflicht zur tatsächlichen Unterhaltung zu begründen. (vgl. KG, OLGZ 1970, 372, 374; Staudinger/Weber, BGB [2017], § 1021 Rn. 13; BeckOGK/Kazele, BGB [1.11.2022], § 1021 Rn. 57). Dies folgt aus einem Erst-recht-Schluss. Wenn die Beteiligten schon eine Vereinbarung über die Unterhaltungspflicht als solche treffen können, muss ihnen auch die Möglichkeit eingeräumt werden, sich nur über die Tragung der Unterhaltungskosten zu verständigen.
Rz. 13
dd) Die vorstehenden Ausführungen betreffen den „Normalfall“, dass sich die Anlage ausschließlich auf dem mit der Grunddienstbarkeit belasteten Grundstück befindet, so dass es nur ein dienendes und ein herrschendes Grundstück gibt. Wenn sich eine Anlage auf zwei Grundstücke erstrecken soll und beide Eigentümer zur Nutzung der Anlage (auch) auf dem jeweils anderen Grundstück berechtigt sein sollen, wie dies beispielsweise bei einem Weg oder auch bei einer Tiefgarage der Fall sein kann, können wechselseitige Grunddienstbarkeiten bestellt werden; die Grundstücke sind dann zugleich herrschendes und dienendes Grundstück. Die Eigentümer der Grundstücke dürfen das jeweils andere Grundstück nutzen, so dass sie insoweit Eigentümer des herrschenden Grundstücks sind. Gleichzeitig müssen sie aber auch die Nutzung des eigenen Grundstücks durch den anderen Eigentümer dulden, so dass sie insoweit Eigentümer des dienenden Grundstücks sind. Auch in diesem Fall ist es möglich, die Unterhaltungskosten der Anlage gemäß § 1021 Abs. 1 BGB unter den beteiligten Eigentümern durch eine dinglich wirkende Vereinbarung nach einer bestimmten Quote zu verteilen.
Rz. 14
ee) Damit einer Vereinbarung i.S.d. § 1021 Abs. 1 BGB dingliche Wirkung zukommt und die Wirkungen einer Reallast gemäß § 1021 Abs. 2 i.V.m. § 1107 f. BGB eintreten können, muss (auch) die Vereinbarung in das Grundbuch eingetragen werden. Da es sich insoweit um den Inhalt der Grunddienstbarkeit handelt, muss die Vereinbarung allerdings nicht selbst in den Eintragungsvermerk aufgenommen werden. Vielmehr genügt es, wenn insoweit nach § 874 BGB auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen wird (vgl. OLG Düsseldorf, OLG-Report 2003, 356; Staudinger/Weber, BGB [2017], § 1021 Rn. 1 mwN). Auch wenn der Eigentümer des herrschenden Grundstücks zur (anteiligen) Unterhaltung der Anlage bzw. zur anteiligen Kostentragung verpflichtet ist, genügt nach ganz überwiegender und zutreffender Auffassung für die dingliche Wirksamkeit der Vereinbarung die Eintragung in das Grundbuch des dienenden Grundstücks (vgl. § 10 GBV). Einer zusätzlichen Eintragung auf dem Grundbuchblatt des herrschenden Grundstücks bedarf es nicht (vgl. Staudinger/Weber, BGB [2017], § 1021 Rn. 14 mwN; MüKoBGB/Mohr, 9. Aufl., § 1021 Rn. 7; Grüneberg/Herrler, BGB, 82. Aufl., § 1021 Rn. 1; Ring/Grziwotz/Schmidt-Räntsch/Otto, BGB, 5. Aufl., § 1021 Rn. 15; BeckOGK/Kazele, BGB [1.11.2022], § 1021 Rn. 60; BeckOK BGB/Reischl [1.8.2022], § 1021 Rn. 9). Dass die Unterhaltungspflicht nach § 1021 Abs. 2 BGB reallastähnlich ausgestaltet ist, ändert daran nichts (aA LG Ellwangen, BWNotZ 1987, 141, 142). Sie ist nämlich keine selbstständige Belastung des herrschenden Grundstücks, sondern gehört, wenn auch als Nebenpflicht, zum Inhalt der Dienstbarkeit und bildet mit dieser ein einheitliches Recht (vgl. Staudinger/Weber, BGB [2017], § 1021 Rn. 14 mwN; MüKoBGB/Mohr, 9. Aufl., § 1021 Rn. 7; BeckOGK/Kazele, BGB [1.11.2022], § 1021 Rn. 60). Wird - wie hier - gleichwohl zusätzlich auf dem Grundbuchblatt des herrschenden Grundstücks eine Reallast eingetragen, liegt eine Doppelsicherung vor, derer es wegen der in § 1021 Abs. 2 BGB angeordneten Reallastwirkung nicht bedarf und die deshalb unzulässig ist (vgl. Staudinger/Weber, BGB [2017], § 1021 Rn. 7; Grüneberg/Herrler, BGB, 81. Aufl., § 1021 Rn. 1; Volmer, MittBayNot 2000, 387, 388). Dies lässt jedoch die Reallastwirkung aus § 1021 Abs. 2 BGB unberührt. Sind die Grundstücke bei - wie hier - wechselseitigen Grunddienstbarkeiten sowohl herrschendes als auch dienendes Grundstück, muss konsequenterweise auf beiden Grundstücksblättern eine Eintragung erfolgen, aber auch in diesem Fall nur insoweit, als das Grundstück die Funktion des dienenden Grundstücks hat.
Rz. 15
ff) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Klägerin gegen den Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Erstattung der (anteiligen) erforderlichen Kosten für die Unterhaltung der Tiefgarage in dem hier relevanten Zeitraum nach § 1108 Abs. 1 i.V.m. § 1021 BGB.
Rz. 16
(1) Maßgeblich ist insoweit die notarielle Urkunde vom 30. Januar 1995. Hierin haben die (damaligen) Eigentümer der Grundstücke, auf der die Tiefgarage als Anlage i.S.d. § 1021 Abs. 1 BGB errichtet wurde, unter Ziff. 5 wechselseitige Grunddienstbarkeiten bestellt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind diese Grunddienstbarkeiten in das Grundbuch eingetragen worden. Dass das Berufungsgericht keine näheren Feststellungen zu der konkreten Form der Eintragung getroffen hat, ist unerheblich. Entweder sind die Grunddienstbarkeiten in vollem Umfang in das Grundbuch eingetragen worden oder aber es ist - was naheliegt - wegen des näheren Inhalts der Grunddienstbarkeiten zulässigerweise (§ 874 BGB) auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen worden. Es kommt auch nicht darauf an, ob die maßgeblichen Vereinbarungen zu der Tragung der Unterhaltungskosten zusätzlich auf dem Grundbuchblatt des jeweils herrschenden Grundstücks eingetragen worden sind, da die Eintragung auf dem Grundstücksblatt des jeweils dienenden Grundstücks genügt.
Rz. 17
(2) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist in der Bestellungsurkunde auch nicht lediglich der (allgemeine) Wille der Urkundsbeteiligten zum Ausdruck gekommen, sich an den Unterhaltungskosten zu beteiligen. Bei der gebotenen objektiven Auslegung von Grundbucheintragungen, die das Revisionsgericht in vollem Umfang überprüfen kann, kommt es maßgebend darauf an, wie die Eintragung nach Wortlaut und Sinn für einen unbefangenen Betrachter nächstliegend zu verstehen ist (vgl. Senat, Urteil vom 4. Mai 2018 - V ZR 163/17, NJW-RR 2018, 1419 Rn. 9). Die von dem Berufungsgericht vorgenommene Auslegung ist nicht nächstliegend. Der Wortlaut in der Urkunde ist eindeutig. Hiernach sollten die Kosten der Unterhaltung der Tiefgarage „im Verhältnis der angeschlossenen Tiefgaragenplätze getragen werden“. Die Urkundsbeteiligten wollten hiermit erkennbar eine praktisch handhabbare und rechtlich verbindliche Regelung dazu treffen, wie die im Zusammenhang mit der gemeinsamen Unterhaltung der Tiefgarage anfallenden Kosten aufgeteilt werden sollten. Dafür, dass es sich, wie das Berufungsgericht meint, insoweit um bloße Absichtserklärungen handeln und (nur) auf die gesetzlichen Ausgleichsregeln nach § 748, § 744 Abs. 2 BGB verwiesen werden sollte, ergeben sich aus der Urkunde keine Anhaltspunkte. Deshalb scheidet ein Rückgriff auf § 748 BGB im Hinblick auf die vorrangige Vereinbarung der Urkundsbeteiligten aus (vgl. auch Staudinger/Weber, BGB [2017], § 1021 Rn. 12). Aus den von der Revisionserwiderung zitierten Entscheidungen des Senats, in denen für die Frage der Tragung der Unterhaltungskosten bei einer gleichberechtigten Mitbenutzung einer Anlage durch den Berechtigten einer Grunddienstbarkeit und den Eigentümer des dienenden Grundstücks Vorschriften über die Bruchteilsgemeinschaft herangezogen wurden (vgl. Urteil vom 8. März 2017 - V ZR 343/17, NJW 2019, 2615 Rn. 10 f., 14 f.; Urteil vom 27. September 2019 - V ZR 1/18, juris Rn. 11), ergibt sich nichts Anderes. Den Entscheidungen lagen nämlich Fallgestaltungen zugrunde, bei denen es - anders als hier - an entsprechenden Vereinbarungen i.S.d. § 1021 Abs. 1 BGB gerade fehlte.
Rz. 18
(3) Dass in der Vereinbarung nicht geregelt ist, wen die Unterhaltungspflicht in natura treffen soll, ist unerheblich. Wie oben dargelegt, kann sich die Vereinbarung auf die Pflicht zur Übernahme der Unterhaltungskosten beschränken (Rz. 12). Ebenso lässt es die Wirksamkeit der Vereinbarungen unberührt, dass zugunsten der Urkundsbeteiligten zusätzlich zu den Grunddienstbarkeiten nebst der Vereinbarung zu der Tragung der Unterhaltungskosten wechselseitige Reallasten bestellt und in das Grundbuch eingetragen wurden (vgl. oben Rz. 14).
III.
Rz. 19
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da er nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO).
Rz. 20
1. Das Berufungsgericht hat - von seinem Ausgangspunkt folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen, ob es sich bei den von der Klägerin geltend gemachten Kosten um solche handelt, die für eine ordnungsgemäße Unterhaltung der Tiefgarage erforderlich waren. Maßgeblich ist insoweit das Benutzungsinteresse der Eigentümer. Darunter fällt in erster Linie ihr Interesse an der Gebrauchsfähigkeit und Funktionsfähigkeit der Tiefgarage (vgl. Senat, Urteil vom 7. Februar 2020 - V ZR 128/19, NJW-RR 2020, 897 Rn. 12). Hierzu gehören im Ausgangspunkt auch die (erforderlichen) Kosten für die Verwaltung, ohne die eine Tiefgarage nicht betrieben werden kann. Da es für die Frage der Erforderlichkeit der Unterhaltungskosten auf eine objektive Betrachtung ankommt, ist es unerheblich, ob der Beklagte den kostenauslösenden Maßnahmen zugestimmt hat.
Rz. 21
2. Ohne Klärung der Erforderlichkeit der Kosten kann auch nicht entschieden werden, ob und wenn ja in welchem Umfang die Klägerin neben der Hauptforderung einen Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen sowie auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat.
Brückner |
|
Göbel |
|
Malik |
|
Laube |
|
Grau |
|
Fundstellen