Entscheidungsstichwort (Thema)
Diebstahl
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 30. September 1999, auch soweit es den Mitangeklagten A. betrifft, in den Schuldsprüchen dahin geändert, daß die Angeklagten jeweils statt wegen schweren Bandendiebstahls wegen Diebstahls verurteilt werden.
Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
Die Kosten dieser Revision und die den Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
Von Rechts wegen
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen schweren Bandendiebstahls in sieben Fällen und Diebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten A. wegen Diebstahls unter Einbeziehung dreier rechtskräftiger Strafen aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten, wegen Diebstahls in fünf Fällen unter Einbeziehung einer weiteren rechtskräftigen Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie wegen schweren Bandendiebstahls in sieben Fällen und Diebstahls in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Der Angeklagte K. rügt mit seiner Revision gegen dieses Urteil die Verletzung materiellen Rechts. Die zu Ungunsten beider Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich mit der Sachbeschwerde gegen die Strafzumessung, insbesondere gegen die Annahme minder schwerer Fälle bei den schweren Bandendiebstählen, und die unterbliebene Anordnung von Maßregeln nach den §§ 69, 69 a StGB. Aus dem Revisionsantrag und der Revisionsbegründung ergibt sich, daß die Revision der Staatsanwaltschaft hierauf beschränkt ist (vgl. BGH NStZ 1998, 210; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 344 Rdn. 6 m.w.N.). Das Rechtsmittel des Angeklagten K. hat teilweise, die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
I.
Nach den getroffenen Feststellungen beging der Angeklagte A. im Zeitraum von November 1994 bis März 1998 entweder gemeinsam mit dem Angeklagten K. oder im Zusammenwirken mit anderen – in wenigen Fällen auch allein – eine Vielzahl von Diebstählen. Die Täter verschafften sich jeweils gewaltsam Zutritt zu Wohn- oder Geschäftsräumen und entwendeten dort, häufig aus aufgebrochenen Tresoren, Geld, Schmuck und sonstige Gegenstände von Wert.
II.
Revision des Angeklagten K.:
Die Sachbeschwerde des Angeklagten K. führt – gemäß § 357 StPO auch zugunsten des Mitangeklagten A., der seine Revision zurückgenommen hat – zur Änderung der Schuldsprüche in den Fällen II 3 bis 9 der Urteilsgründe. Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten K. ergeben.
1. Die Annahme des Landgerichts, die Angeklagten hätten bei den genannten Taten bandenmäßig gehandelt, hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand:
a) Nach den hierzu rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bestand zwischen den miteinander befreundeten Angeklagten spätestens bei Begehung der unter II 3 der Urteilsgründe geschilderten Tat vom 4./5. Februar 1998 eine „zumindest stillschweigende” Übereinkunft, „auch künftig immer wieder gemeinsam Einbrüche zu begehen, insbesondere, wenn einer von ihnen Geldbedarf haben würde” (UA 25 f.; 34 f.); die Taten in den Fällen II 3 bis 9 der Urteilsgründe sind dann „in Ausführung dieser Übereinkunft” (UA 26) – und damit nach Auffassung des Landgerichts „bandenmäßig” (s. UA 36) – begangen worden.
b) Unabhängig von der Frage, ob schon zwei Personen eine Bande bilden können (verneinend BGH StV 2000, 315 [Anfragebeschluß]; BGH, Beschluß vom 4. April 2000 – 5 ARs 20/00; Engländer JZ 2000, 630 f.; Otto StV 2000, 313, 314 f.), rechtfertigt das festgestellte Verhalten der Angeklagten nicht die Annahme bandenmäßiger Begehung. Diese setzt – über eine mittäterschaftliche Begehungsweise hinaus – ein Handeln mit gefestigtem Bandenwillen voraus (BGHSt 42, 255, 259; BGH NStZ 1996, 339, 340), wobei für den der gemeinschaftlich begangenen Tat zugrunde liegenden, auf eine gewisse Dauer angelegten und verbindlichen „Gesamtwillen” kennzeichnend ist, daß sich der Bandentäter im übergeordneten Interesse der bandenmäßigen Verbindung betätigt (vgl. BGH NStZ 1996, 443; NJW 1998, 2913; StV 1998, 599; Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 244 Rdn. 13). Ob die Voraussetzungen bandenmäßiger Tatbegehung erfüllt sind, bedarf regelmäßig näherer Darlegung. Für bandenmäßiges Handeln können insbesondere das Eingebundensein des Täters in einer bandenmäßigen Organisation, eine „geschäftsmäßige Auftragsverwaltung”, eine genaue gemeinsame Buchführung, die arbeitsteilige und gleichberechtigte Abwicklung von Akquisition, Vermittlungstätigkeit und Forderungseinziehung, gegenseitige Kontrolle und gegenseitiger Schutz, das Vorliegen einer gemeinsamen Kasse oder die Beteiligung an den gemeinsam erwirtschafteten Gewinnen und Verlusten Indikatoren sein (s. BGH StV 1998, 599 [zu § 30 a Abs. 1 BtMG]). Keinen davon hat die Strafkammer festgestellt. Auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist nicht zu entnehmen, daß die Angeklagten bei ihren Taten – über ihr individuelles Interesse am Erlangen von Beute hinaus – ein übergeordnetes Bandeninteresse verfolgt haben.
2. Da weitere Feststellungen, die den Vorwurf bandenmäßiger Begehung tragen könnten, in einer neuen Hauptverhandlung nicht zu erwarten sind, ändert der Senat die Schuldsprüche dahin ab, daß die Angeklagten (auch) in den Fällen II 3 bis 9 der Urteilsgründe lediglich des Diebstahls schuldig sind. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil die Angeklagten sich gegen die geänderten Schuldsprüche nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können und mit dem Fortfall bandenmäßiger Begehung lediglich ein erschwerender Umstand wegfällt.
3. Trotz der Änderung der Schuldsprüche zugunsten der Angeklagten können die in den Fällen II 3 bis 9 verhängten Einzelstrafen und die Gesamtstrafen bestehen bleiben: Die Strafkammer hat die Strafen in den genannten Fällen dem Strafrahmen für minder schwere Fälle (§ 244 a Abs. 2 StGB) entnommen. Da sie sich in dessen unteren Bereich bewegen (sechs Monate bis ein Jahr sechs Monate Freiheitsstrafe), kann der Senat sicher ausschließen, daß die Strafkammer bei zutreffender rechtlicher Bewertung noch niedrigere Strafen verhängt hätte. Die Gesamtstrafenbildung weist ebenfalls keinen belastenden Rechtsfehler auf.
III.
Revision der Staatsanwaltschaft:
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat es in den Fällen II 3 bis 9 der Urteilsgründe als „entscheidend” für die von ihm vorgenommene, zur Annahme minder schwerer Fälle führende jeweilige „Gesamtwürdigung von Tat und Täter” angesehen, daß die Angeklagten „von Einsicht getragene Geständnisse” abgelegt haben, die „eine nicht unerhebliche Vereinfachung und Verkürzung der Hauptverhandlung (ermöglichten)”, und daß beide Angeklagten schon im Ermittlungsverfahren „aktive Aufklärungshilfe” geleistet haben (UA 38). Diese Wertung ist – auch nach Auffassung des Generalbundesanwalts – aus Rechtsgründen hinzunehmen. Die Strafkammer hat weiter festgestellt, daß die Angeklagten in den Fällen II 3 bis 9 mehrere Regelbeispiele des § 243 Abs. 1 Satz 2 StGB verwirklicht haben (UA 36). Daß das Landgericht diesen Gesichtspunkt – wie die Staatsanwaltschaft rügt – bei der Strafzumessung nicht nochmals ausdrücklich erörtert hat, ist kein durchgreifender Rechtsfehler; denn es ist auszuschließen, daß es ihn hier außer acht gelassen haben könnte (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 3 Satz 1 Strafzumessung 2, 3).
Die in den Fällen II 3 bis 9 verhängten Strafen sind zwar niedrig, sie sind aber nicht so (unvertretbar) milde, daß sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegen (vgl. BGHSt 29, 319, 320; 34, 345, 349; BGHR StGB § 46 Abs. 1 Beurteilungsrahmen 2, 3, 5, 14). Der Senat schließt aus, daß die Strafkammer höhere Strafen verhängt hätte, wenn sie – nach dem Wegfall des weiter gehenden Vorwurfs bandenmäßiger Begehung – die Strafen dem Strafrahmen des § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB entnommen hätte. Auch die für die übrigen Taten festgesetzten Strafen und die Gesamtstrafen sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
2. Die Ablehnung der Anordnung von Maßregeln nach den §§ 69, 69a StGB hält im Ergebnis ebenfalls revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
Die Staatsanwaltschaft rügt zu Recht, daß der von der Strafkammer bei der Prüfung, ob Maßregeln nach den §§ 69, 69 a StGB anzuordnen sind, allein angeführte Gesichtspunkt bisheriger Verfahrensdauer (UA 42) eine positive Prognose im Sinne einer (nunmehr) bei den Angeklagten vorhandenen charakterlichen Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht zu begründen vermag (vgl. BGH NStZ 1992, 586; BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 6, 7). Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe kann jedoch noch entnommen werden, daß das Landgericht bei beiden Angeklagten die erforderliche Gesamtwürdigung von Tatumständen und Täterpersönlichkeit vorgenommen hat, die eine Beurteilung ihrer Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen erlaubt (s. hierzu BGH StV 1999, 18 f.). So ergibt sich aus dem Urteil, daß beide Angeklagten in der Hauptverhandlung Einsicht und Reue zeigten, sie sich im Ermittlungsverfahren aktiv an der Aufklärung von Straftaten beteiligten (UA 36), die Taten zum Teil lange zurückliegen, der Angeklagte K., der keine Fahrerlaubnis besitzt, regelmäßig nur „Mitfahrer” war und dem Angeklagten A. die Fahrerlaubnis bereits am 22. April 1998 vorläufig entzogen worden war (UA 26). Unter Berücksichtigung dieser sich aus dem Urteil ergebenden Besonderheiten nimmt der Senat die Wertung des Landgerichts, die Angeklagten seien nicht (mehr) zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet, als tatrichterliche Entscheidung hin.
3. Soweit der Generalbundesanwalt beanstandet, das Urteil erschöpfe den Eröffnungsbeschluß nicht, weil die Tat II der zugelassenen Anklage im Urteil nicht behandelt werde, ist dem Senat eine Entscheidung dazu verwehrt, weil das Verfahren insoweit nicht hier – sondern noch beim Landgericht – anhängig ist (vgl. BGHR StPO § 352 Abs. 1 Prüfungsumfang 4; BGH NStZ 1993, 551 f.; BGH, Beschlüsse vom 1. September 1998 – 4 StR 407/98 – und vom 3. September 1998 – 4 StR 243/98; Meyer-Goßner JR 1985, 452, 453 f.).
IV.
Die Kostenentscheidungen beruhen auf § 473 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 StPO. Der nur geringfügige Erfolg der Revision des Angeklagten K. rechtfertigt es nicht, den Angeklagten – teilweise – von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 473 Rdn. 25 ff.).
Unterschriften
Meyer-Goßner, Kuckein, Athing, Solin-Stojanovi[cacute], Ernemann
Fundstellen
Haufe-Index 540739 |
NStZ 2001, 32 |
DAR 2000, 532 |
StraFo 2001, 22 |