Leitsatz (amtlich)
1. Wird von einem vertraglich vereinbarten Rücktrittsvorbehalt, der an die Weiterveräußerung eines Grundstückes anknüpft, Gebrauch gemacht, so ist auf das Rückgewährschuldverhältnis BGB § 281 Abs 1 anwendbar, unabhängig davon, daß schon vor der Rücktrittserklärung durch die wirksame Weiterveräußerung die Rückübertragung des Grundstücks unmöglich wurde.
2. Verweigert ein Adressat grundlos die Annahme eines Einschreibebriefes, so muß er sich jedenfalls dann so behandeln lassen, als sei ihm das Schreiben im Zeitpunkt der Annahmeverweigerung zugegangen, wenn er im Rahmen vertraglicher Beziehungen mit rechtserheblichen Mitteilungen (hier: Rücktrittserklärung) des Absenders rechnen mußte.
Tenor
Auf Revision und Anschlußrevision wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 11. November 1981 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Klägerin und das Pfarrwitwentum L., das alle Rechte aus dem nachfolgend erwähnten Vertrag an die Klägerin abgetreten hat, verkauften mit notariellem Vertrag vom 20. Februar 1976 eine Teilfläche von ca. 6 500 qm aus den Flurstücken Nr. 73/2 und 72/3 der Flur 2 in B. zum Preis von 35 DM pro qm an die Beklagte. § 8 des Vertrages lautet:
„Die Verkäufer können verlangen, daß dieser Kaufvertrag auf Kosten der Käuferin rückgängig gemacht wird, wenn das verkaufte Grundstück
- nicht innerhalb von 3 Jahren seit Umschreibung im Grundbuch bebaut wird oder
- unbebaut ganz oder teilweise weiterveräußert wird, letzterenfalls nur für die unbebaute Teilfläche.
Zur Sicherung dieses Anspruchs bewilligen und beantragen die Vertragsparteien die Eintragung einer entsprechenden Auflassungsvormerkung zugunsten der Verkäufer…”
Eine zugunsten der Beklagten vereinbarte Auflassungsvormerkung wurde am 5. März 1976 ins Grundbuch eingetragen.
Die Beklagte ließ den Grundbesitz parzellieren und verkaufte die Parzellen jeweils „mit einem darauf zu errichtenden Einfamilienhaus” im Mai, Juni und September 1977 an vier Zweiterwerber weiter. Sie vereinbarte dabei jeweils, daß sie die Grundstücke nach bestimmten Architektenplänen zu einem Festpreis bebaue. Die Beklagte schloß Bauverträge mit den Architekten, die verpflichtet sein sollten, die Häuser unter Einhaltung der Festpreise zu errichten.
Nach Fortschreibung des Liegenschaftskatasters aufgrund der erfolgten Grundstücksteilung wurde die Beklagte nach erneuter Auflassung vom 11. Oktober 1977 am 15. November 1977 als Eigentümerin der Parzellen ins Grundbuch eingetragen. Eine für die Klägerin bewilligte, zunächst aber nicht eingetragene Rückauflassungsvormerkung wurde erst am 1. Februar 1978 ins Grundbuch eingetragen, dann aber wieder gelöscht, weil ihr Auflassungsvormerkungen zugunsten der Zweiterwerber im Rang vorgingen.
Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe ein Rücktrittsrecht nach § 8 des Vertrages wirksam ausgeübt, weil die Beklagte die Grundstücke unbebaut weiterveräußert habe. Da die für sie bestellte Auflassungsvormerkung aus Verschulden der Beklagten nicht rangrichtig eingetragen worden sei, sei diese in Höhe der Differenz zwischen Erwerbs- und Wiederverkaufspreis (89 160 DM) zum Schadensersatz verpflichtet.
Die Klägerin hat in erster Instanz Zahlung eines Teilbetrages von 40 001 DM nebst Zinsen verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf Berufung der Klägerin, mit der sie Zahlung eines Betrages von 50 000 DM nebst Zinsen erstrebte, hat das Oberlandesgericht die Beklagte zur Zahlung von 33 435,22 DM nebst Zinsen verurteilt, die Klage im übrigen aber abgewiesen. Dagegen richten sich die Revision der Beklagten und die Anschlußrevision der Klägerin. Beide Parteien verfolgen ihre Anträge aus der Berufungsinstanz weiter.
Entscheidungsgründe
A
Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht bejaht einen wirksamen Rücktritt der Klägerin. Es versteht § 8 des Vertrages als Rücktrittsvorbehalt. Eine unbebaute Weiterveräußerung liege unter Berücksichtigung des Vertragszieles nicht vor, wenn gleichzeitig ein Werkvertrag über die Errichtung eines Gebäudes zu einem Pauschalpreis geschlossen werde. Die Verträge mit den Zweiterwerbern müßten dann aber rechtlich verknüpft und „voll” ernst gemeint sein. Es genüge allerdings nicht, daß eine rechtswirksame Bauverpflichtung der Beklagten vereinbart sei, „man tatsächlich aber von der Bebauung aufgrund des Zweiterwerbervertrages absehen würde”. Eine Gesamtwürdigung aller Umstände ergebe, daß der Werkvertragsteil der Zweiterwerberverträge nicht ernstlich gewollt sei und die Beklagte die Grundstücke nicht bebaut habe.
II.
1. Soweit das Berufungsgericht im Falle der Grundstücksveräußerung vor Baubeginn eine „bebaute” Weiterveräußerung nach § 8 des Vertrages nur dann annehmen will, wenn mit dem Grundstückskaufvertrag ein Werkvertrag zu einem Pauschalpreis verknüpft ist (weil nur so die Beklagte das wirtschaftliche Risiko der Bebauung zu einem „Festpreis” trage), wendet sich die Revision gegen diese Auslegung ohne Erfolg. Aus dem Berufungsurteil wird allerdings nicht recht klar, was das Berufungsgericht unter Pauschalpreis versteht. Es setzt diesen Begriff offenbar mit Festpreis gleich. Auf das von der Revision angegriffene Erfordernis einer Festpreisabsprache im Rahmen des Werkvertrages kommt es hier jedoch nicht an, denn die Beklagte hat unstreitig mit den Zweiterwerbern Festpreise vereinbart. Unklar bleibt, worauf die Revision im übrigen abzielt, indem sie ausführt, eine Grundstücksveräußerung im Rahmen einer Baubetreuer- oder Bauträgertätigkeit (dem Unternehmenszweck der Beklagten als gewerblichen Immobilienunternehmen) könne nicht „vertragswidrig” sein. Die Auslegung von § 8 des Vertrages durch das Berufungsgericht billigt der Beklagten das Recht zu, das Grundstück unbebaut zu veräußern, wenn sie sich gleichzeitig vertraglich verpflichtet, ein Bauwerk zu errichten, wobei sie nach tatrichterlicher Auffassung auch über Subunternehmer tätig werden darf. Auch unter Berücksichtigung des Unternehmenszwecks der Beklagten ist damit ein Rechtsfehler nicht ersichtlich.
2. Zu Recht wendet sich die Revision aber gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, der zwischen der Beklagten und den Zweiterwerbern jeweils vereinbarte „Werkvertragsteil” sei nicht ernstlich gewollt, oder man habe von einer Bebauung durch die Beklagte wieder „abgesehen”.
Das Berufungsgericht zieht für seine Feststellungen Indizien heran. Das sind Tatsachen, aus denen auf andere erhebliche Tatsachen geschlossen wird. Ein Indizienbeweis ist überzeugungskräftig, wenn andere Schlüsse aus den Indiztatsachen ernstlich nicht in Betracht kommen (vgl. BGHZ 53, 245, 260, 261). Das bedeutet revisionsrechtlich im Rahmen von § 286 ZPO, daß der Tatrichter darlegen muß, was ihn zu seinem Schluß von der Indiztatsache auf die rechtserhebliche Tatsache veranlaßt, falls dies nicht ohne weiteres auf der Hand liegt. Nur so ist das Revisionsgericht in der Lage, entsprechend seiner Kontrollfunktion nachzuprüfen, ob die Beweiswürdigung im Einklang mit den Regeln der Logik und der Erfahrung steht (vgl. auch Senatsurteil vom 24. Februar 1978, V ZR 122/75, LM ZPO § 286 (D) Nr. 4). Bei allen herangezogenen Indizien wird das Berufungsurteil diesem Grundsatz nicht gerecht, was auch die Gesamtwürdigung in Frage stellt.
a) Die Verträge mit den Zweiterwerbern beschreiben die von der Beklagten zu erbringende Bauleistung nicht näher und verweisen insoweit nur auf die Pläne des Architekten. Das Berufungsgericht meint, es sei „sicher” schwierig, den Inhalt der vertraglichen Verpflichtung festzulegen, wenn diese streitig wäre, und wertet dies als Indiz dafür, daß eine Bauverpflichtung der Beklagten nicht ernstlich gewollt war. Es zieht dabei eine Unsicherheit bei der Feststellung des Vertragsinhalts nur als abstrakt möglich in Betracht, stellt im konkreten Fall aber keine näheren Tatsachen fest. Architektenpläne bestimmen eine Bauleistung in der Regel schon recht genau. Mit dem Inhalt der Pläne befaßt sich das Berufungsgericht ebensowenig, wie mit dem in § 2 der Verträge erwähnten „Lieferprogramm”. Im übrigen können weitere Umstände vorliegen, die als Auslegungsbehelfe in Betracht kommen. So wird z.B. in den Verträgen bei der Kaufpreisfestlegung für das Einfamilienhaus (§ 3) auch auf eine Baubeschreibung des Architekten verwiesen, die Grundlage der Festpreiskalkulation gewesen sein soll. Darüber hinaus sind auch Schwierigkeiten bei der Vertragsauslegung nicht ohne weiteres ein Indiz für den Mangel der Ernsthaftigkeit einer Vereinbarung.
b) Als weiteres „wichtiges” Indiz wertet das Berufungsgericht die Tatsache, daß die Baugenehmigungen nicht der Beklagten, sondern den Zweiterwerbern erteilt wurden. Diese seien mithin Bauherren im Sinne des Bauordnungsrechts. Insoweit erwägt das Berufungsgericht, daß Empfänger der Baugenehmigung in der Regel der sei, der „wirtschaftlich gesehen den Bau errichtet”. Davon werde aber nicht selten abgewichen, wenn der „Eigentümer und der wirtschaftlich gesehen Bauende nicht identisch” seien. Das Berufungsgericht meint schließlich (unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 26. Januar 1978, VII ZR 50/77, NJW 1978, 1054), die Zweiterwerber seien auch Bauherren im Sinne von § 34 c GewO, die Beklagte habe allenfalls eine Art Generalunternehmerin sein können. Weitere Tatsachenfeststellungen trifft es nicht. Ohne weiteres ist aber nicht ersichtlich, ob und was aus den bauordnungsrechtlichen und gewerberechtlichen Fragen zur Bauherreneigenschaft für das hier entscheidungserhebliche Verhältnis der Beklagten zu den Zweiterwerbern folgen soll.
c) Gegen die Ernsthaftigkeit der Abrede mit den Zweiterwerbern läßt sich auch nicht verwerten, daß die Beklagte mit den Architekten Bauverträge abgeschlossen hat, nach denen diese verpflichtet waren, im Namen und für Rechnung der Beklagten den Bau auszuführen und dabei den Festpreis einzuhalten. Das Berufungsgericht erwägt selbst, daß die Architekten als „Generalsubunternehmer” der Beklagten angesehen werden könnten. Es erkennt auch, daß die Beklagte zwar das Festpreisrisiko auf die Architekten abwälzte, im Verhältnis zu den Zweiterwerbern aber an ihre Festpreisabsprache gebunden blieb. Daß – wie das Berufungsgericht ausführt – die Beklagte bei dieser Gestaltung „mit der Bebauung fast nichts mehr zu tun hatte”, ist auf der Grundlage der vorgenommenen Vertragsauslegung unerheblich. Durfte die Beklagte den Bau über Subunternehmer ausführen lassen (wovon das Berufungsgericht ersichtlich ausgeht), kann der Abschluß entsprechender Verträge mit solchen Subunternehmern auch kein Indiz dafür sein, daß die Beklagte und die Zweiterwerber von einer Bebauung durch die Beklagte „abgesehen” haben.
d) Entscheidende Bedeutung mißt das Berufungsgericht schließlich dem Verhältnis der Zweiterwerber zu dem Architekten M. bei. Dieser habe die Interessenten Li, Lo und Sch unabhängig von der Beklagten gekannt und mit den Zweiterwerbern eigene Bauverträge abgeschlossen. Er habe auch Aufträge an die Handwerker im eigenen Namen (und nicht im Namen der Beklagten) vergeben und mit den Zweiterwerbern unmittelbar abgerechnet, ohne der Beklagten eine Rechnung zu erstellen. An der „Umsatzsteuerkette” sei die Beklagte nicht beteiligt gewesen. Ähnlich sei im Falle W. verfahren worden.
Ohne weitere nicht festgestellte Tatsachen ist auch der Schluß des Berufungsgerichts aus diesen Indizien nicht rechtsfehlerfrei. War M. – wie das Berufungsgericht unterstellt – Generalsubunternehmer der Beklagten, dann war die Erteilung der Handwerkeraufträge im eigenen Namen nur konsequent und besagt nichts über das Verhältnis der Beklagten zu den Zweiterwerbern. Diese waren in der Hauptsache daran interessiert, daß die geplanten Häuser mangelfrei zum Festpreis gebaut wurden. Es gibt zahlreiche Gründe, aus denen sie sich auf zusätzliche eigene Vereinbarungen mit den Subunternehmern der Beklagten und auf eine unmittelbare Abrechnung in diesem Verhältnis eingelassen haben können, die nicht den Schluß rechtfertigen, Vertragsbeziehungen zwischen der Beklagten und den Zweiterwerbern seien nicht ernstlich gewollt oder von solchen Beziehungen habe man später wieder abgesehen. Insbesondere ist damit nicht gesagt, die Zweiterwerber hätten Ansprüche gegen die Beklagte z.B. auf Einhaltung des Festpreises oder mangelfreie Herstellung der Häuser nicht erhoben, falls insoweit Streitigkeiten aufgetreten wären.
Die fehlerhaften Feststellungen des Berufungsgerichts zum Rücktrittsgrund zwingen zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit es die Beklagte zur Zahlung verurteilt, ohne daß es noch auf weitere Fragen ankommt.
B
Auch die Anschlußrevision hat Erfolg.
Das Berufungsgericht sieht eine Rücktrittserklärung der Klägerin in der Klage (zugestellt am 8. April 1980) und verneint einen Anspruch auf Schadensersatz (§§ 347, 989 BGB), hält die Beklagte aber nach § 281 BGB für verpflichtet, der Klägerin die erzielten Verkaufserlöse (314 654 DM) anstelle der nicht mehr herausgebbaren Grundstücke zu zahlen. Davon bringt es Ansprüche der Beklagten auf Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen (229 066,60 DM), auf Kostenerstattung für Baureifmachung (11 544 DM), für den Makler (9 435 DM) und für die Vermessung (4 966,37 DM) in Abzug.
Es bejaht einen Anspruch der Beklagten auf Herausgabe von Nutzungen für den gezahlten Kaufpreis (8 % Zinsen aus 225 000 DM) bis zum Rücktritt am 8. April 1980 = 61 147,68 DM) und schätzt einen ebensolchen Anspruch der Klägerin auf Herausgabe der Nutzungen für die Verkaufserlöse bis zum 8. April 1980 in Höhe von 34 940,87 DM. Es errechnet daraus einen Saldo zugunsten der Beklagten als Abzugsposten in Höhe von 26 206,81 DM. Nur in diesem Punkt wird das Berufungsurteil von der Anschlußrevision angegriffen.
Das Berufungsgericht wendet zu Recht auf einen etwaigen Rückgewähranspruch der Klägerin § 281 Abs. 1 BGB an (vgl. BGB-RGRK 12. Aufl. § 347 Rdn. 3 und § 346 Rdn. 20; MünchKomm/Janßen, § 347 Rdn. 7; Staudinger/Kaduk, 10./11. Aufl. § 347 Rdn. 13). Auch das durch Rechtsgeschäfte erlangte Entgelt ist als Ersatz nach § 281 BGB herauszugeben (BGHZ 46, 260, 264 m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist nicht von Bedeutung, daß ein eventueller Rückgewähranspruch der Klägerin bezüglich der Grundstücke erst mit der Rücktrittserklärung (vom Berufungsgericht auf 8. April 1980 angenommen) entstand und in diesem Zeitpunkt die Grundstücke bereits an die Zweiterwerber veräußert waren, ohne daß die Klägerin in der Lage war, ihren Rückgabeanspruch diesen gegenüber durchzusetzen. Wegen der Vereinbarung des Rücktrittsrechts mußte die Beklagte von vorneherein mit der Möglichkeit eines Rücktritts bei Weiterveräußerung der „unbebauten” Grundstücke rechnen. Es kann deshalb keinen Unterschied machen, ob ihr die Rückgabe der Grundstücke vor oder nach der Rücktrittserklärung unmöglich wurde. Nach dem Rücktritt muß vielmehr auch hier ein Vermögensausgleich zwischen den Parteien stattfinden, weil der Beklagten die anstelle der Grundstücke zugeflossenen Beträge nach den kaufvertraglichen Vereinbarungen nicht mehr gebühren, falls die Klägerin wirksam vom Vertrag zurückgetreten ist.
Die Klägerin schuldet der Beklagten im Rahmen des etwaigen Rückabwicklungsverhältnisses auf den Kaufpreis ab Erhalt 4 % Zinsen (§ 347 Satz 3, § 246 BGB) und muß, soweit sie einen darüber hinausgehenden Zinsertrag hatte, diesen als gezogene Nutzungen herausgeben (§ 347 Satz 2, § 987 BGB). Insoweit stellt das Berufungsgericht fest, daß die Klägerin Zinsen in Höhe von 8 % erzielt hat. Das läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Die Anschlußrevision rügt insoweit nur, die Berechnung des Berufungsgerichts sei für die Parteien überraschend gewesen. Das ist aber schon deshalb unzutreffend, weil das Berufungsgericht ausdrücklich auf die Frage einer Verzinsungspflicht mit Beschluß vom 8. Juli 1981 hingewiesen hat.
Soweit das Berufungsgericht auch einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Herausgabe des aus den Verkaufserlösen gezogenen Zinsertrags bejaht, ist das ebenfalls nicht zu beanstanden (vgl. BGB-RGRK aaO § 281 Rdn. 2; Erman/Battes, BGB 7. Aufl. § 281 Rdn. 10; MünchKomm/Emmerich § 281 Rdn. 17; Staudinger/Löwisch, BGB 12. Aufl. § 281 Rdn. 22; RG JW 1936, 2859, 2860). Die Revision wendet sich nur dagegen, daß das Berufungsgericht diesen Anspruch nach § 287 ZPO geschätzt hat. Auch diese Rüge greift nicht durch. Es war Sache der Klägerin, die näheren Tatsachen für ihren Anspruch auf Herausgabe gezogener Nutzungen darzulegen. Sie hatte dazu notfalls einen Auskunftsanspruch gegen die Beklagte (MünchKomm aaO § 281 Rdn. 24). Da nur unzureichende Angaben über das jeweils zu verzinsende Kapital, die Höhe des Zinssatzes und den Zinsbeginn vorlagen, hat das Berufungsgericht die Parteien mit Beschluß vom 8. Juli 1981 ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es den Anspruch schätzen werde, falls die Parteien Näheres nicht mehr vortrügen. Die Klägerin kann deshalb nicht geltend machen, diese Schätzung sei für sie überraschend. In diesem Zusammenhang ist nicht von Bedeutung, daß das Berufungsgericht im Beschluß als Verzinsungsendpunkt zunächst den 17. November 1977 angedeutet hat.
Für die Berechnung und Schätzung der Zinsen stellt das Berufungsgericht als Endpunkt auf die Klagezustellung am 8. April 1980 ab, weil es in der Klage schon eine Rücktrittserklärung der Klägerin sieht (mit einem nach den Feststellungen des Berufungsgerichts am 8. Juli 1980 zugegangenen Schriftsatz vom 4. Juli 1980 hat die Klägerin darüber hinaus ausdrücklich den Rücktritt erklärt). Es unterstellt, die Klägerin habe möglicherweise bereits mit Einschreibebrief vom 16. Juni 1978 eine Rücktrittserklärung abgegeben, hält dieses Schreiben aber für nicht zugegangen, weil die Beklagte die Annahme verweigert und die Klägerin einen weiteren Zustellversuch nicht gemacht habe.
In diesem Punkt hat die Anschlußrevision Erfolg. Hat die Beklagte die Annahme des Einschreibebriefes grundlos verweigert (das Berufungsgericht trifft keine Feststellungen über etwaige Gründe der Annahmeverweigerung), dann muß sie sich jedenfalls hier so behandeln lassen, als sei ihr dieses Schreiben im Zeitpunkt der Annahmeverweigerung zugegangen (§ 242 BGB; vgl. BGB-RGRK aaO § 130 Rdn. 27; MünchKomm/Förschler, § 130 Rdn. 31; Palandt/Heinrichs, BGB 41. Aufl. § 130 Anm. 2 a aa; Staudinger/Coing, BGB 11. Aufl. § 130 Rdn. 22 b). Zugegangen ist eine Willenserklärung dann, wenn sie derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt, daß bei Annahme gewöhnlicher Verhältnisse damit zu rechnen ist, er könne von ihr Kenntnis erlangen (BGHZ 67, 271, 275). Es mag offenbleiben, ob im Falle grundloser Annahmeverweigerung die Möglichkeit der Kenntnisnahme allein ausreicht, um einen Zugang zu bejahen (so wohl Staudinger/Coing aaO; MünchKomm/Förschler aaO m.w.N.); denn jedenfalls muß sich die Beklagte aufgrund der zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen so behandeln lassen, als sei das Schreiben in ihren Machtbereich gelangt (BGHZ aaO S. 278). Im Kaufvertrag vom 20. Februar 1976 war ein Rücktrittsvorbehalt vereinbart. Nach der Veräußerung der Grundstücke war eine Rücktrittserklärung der Klägerin nicht unwahrscheinlich. Jedenfalls unter diesen Umständen verstößt die Beklagte gegen Treu und Glauben, wenn sie grundlos ein Schreiben der Klägerin zurückweist und sich dann darauf beruft, eben dieses Schreiben sei nicht zugegangen. Ob das Reichsgericht (RGZ 110, 34, 36) auch für einen Fall der vorliegenden Art noch weitergehende Anforderungen an einen Treueverstoß des Empfängers stellt, mag offenbleiben. Der Senat könnte dem nicht folgen. Soweit in Rechtsprechung und Literatur für Fälle schuldhafter Zugangsvereitelung gefordert wird, der Absender müsse im Rahmen des Zumutbaren und nach der Sachlage Erforderlichen einen neuen Zustellversuch unternehmen (vgl. BGH Urteil vom 13. Juni 1952, I ZR 158/51, NJW 1952, 1961; vom 18. Dezember 1970, VI ZR 52/69, VersR 1971, 262; Staudinger/Dilcher, BGB 12. Aufl. § 130 Rdn. 50 – 54; Soergel/Hefermehl, BGB 11. Aufl. § 130 Rdn. 24 – 28), kann das in der Regel nicht die Fälle betreffen, in denen jemand innerhalb bestehender vertraglicher Rechtsbeziehungen ausdrücklich und grundlos die Annahme von Einschreibebriefen ablehnt. Mit dieser Haltung gibt der Empfänger seinerseits eine eindeutige und ernsthafte Erklärung ab. Es ist nicht einzusehen, warum dem Absender immer zugemutet werden soll, über einen zweiten Versuch zu prüfen, ob der Empfänger auch im Wiederholungsfall daran festhält. Konkrete Anhaltspunkte, aus denen die Klägerin hätte entnehmen können, ein neuer Zustellversuch werde Erfolg versprechen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
Das Berufungsgericht hat sich mit dem Schreiben der Klägerin vom 16. Juni 1978 nicht näher befaßt. Falls nach der erfolgreichen Revision der Beklagten noch Anlaß hierzu bestehen sollte, wird das Berufungsgericht dies nachholen müssen, weil von dem Ergebnis der bislang unterlassenen Auslegung unter Umständen sein Rechen- und Schätzwerk im Zinsbereich zugunsten der Klägerin beeinflußt wird.
Fundstellen