Entscheidungsstichwort (Thema)
Institutszwangverwalter einer Putenmastanlage als mittelbarer Besitzer. Verpachtung der Anlage. Unvermögen des Zwangsverwalters zur Herausgabe von Fütterungsanlagen als Zubehör. Herausgabeanspruch des Eigentümers bei Vertretenmüssen des Unvermögens des mittelbaren Besitzers
Leitsatz (amtlich)
Herausgabe kann der Eigentümer von dem mittelbaren Besitzer einer Sache mit Rücksicht auf § 283 BGB nur verlangen, wenn der mittelbare Besitzer sein Unvermögen zur Herausgabe zu vertreten hat (Bestätigung von BGHZ 53, 29, 33).
Normenkette
BGB § 985
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 13. Juli 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den Beklagten als Institutszwangsverwalter der Putenmastanlage B. auf Herausgabe von 10 Augermatic-Schalenfütterungsanlagen in Anspruch, die sich in den Ställen Nr. 1 – 5 der Putenmastanlage H. in B. – W. befinden.
Die Klägerin hatte die Anlagen unter Eigentumsvorbehalt an die ehemalige Pächterin der Putenmastanlage, die P. GmbH H. (im folgenden: P. GmbH), geliefert, deren Geschäftsführer M. Po. Eigentümer der vom Beklagten zwangsverwalteten, zur Putenmast genutzten Grundstücke ist. Die Klägerin trat von den Kaufverträgen zurück, weil die P. GmbH ihr mehr als 300.000,00 DM schuldig geblieben war und zahlungsunfähig ist.
Das Landgericht hat dem Herausgabeverlangen der Klägerin entsprochen, das Oberlandesgericht die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Klagabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Zurückverweisung der Sache.
I.
Das Berufungsgericht hat die vom Beklagten gegen den Herausgabeanspruch erhobenen Einwendungen für unbegründet angesehen und dazu ausgeführt: Die Klägerin habe ihr Eigentum an den Fütterungsanlagen nicht durch Einbau in die Gebäude des Mastbetriebes verloren, weil sie nicht deren wesentliche Bestandteile nach § 94 Abs. 2 BGB geworden seien. Die Klägerin habe sich ihr Eigentum an den Anlagen wirksam vorbehalten. Der in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehene Kontokorrentvorbehalt entspreche den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Beschl. vom 27. November 1997 – GSZ 1 u. 2/97, NJW 1998, 671 ff.). Die von der P. GmbH an die Klägerin erbrachten Teilzahlungen rechtfertigten ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten nicht.
Diese Ausführungen nimmt die Revision hin. Sie lassen Rechtsfehler zum Nachteil des Beklagten auch nicht erkennen.
II.
1. Die Revision ist der Ansicht, der Herausgabeanspruch der Klägerin scheitere daran, daß der Beklagte nicht Besitzer der Fütterungsanlagen sei, wovon das Berufungsgericht aber wie selbstverständlich ausgegangen sei. Zur Begründung führt die Revision aus:
Der Beklagte besitze die Fütterungsanlagen nicht, weil sich seine Verwaltungsbefugnis – und damit auch seine Prozeßführungsbefugnis – nicht auf sie erstrecke. Wenn es sich bei den Anlagen nicht um wesentliche Bestandteile handele, könnten sie nur Zubehör sein. Nach §§ 20 ZVG, 1120 BGB umfasse die Verwaltungsbefugnis des Zwangsverwalters aber nur eigenes Zubehör des Grundstückseigentümers. Selbst wenn die Fütterungsanlagen als Zubehör anzusehen wären, unterfielen sie daher nicht der Zwangsverwaltung, da die Klägerin sie nach ihrem Vortrag der P. GmbH und nicht dem Grundstückseigentümer geliefert habe.
2. Dieses Vorbringen ist entgegen der Revisionserwiderung nicht nach § 561 Abs. 1 ZPO unbeachtlich. Es enthält keinen neuen Tatsachenvortrag zur Frage des Besitzes des Beklagten, sondern lediglich Rechtsausführungen.
Die Rechtsausführungen verhelfen der Revision nicht zum Erfolg.
Sie verkennen, daß es für die Entscheidung über das Herausgabeverlangen der Klägerin nicht darauf ankommt, ob der Beklagte im Rahmen seiner Zwangsverwaltung über die Fütterungsanlagen verfügen darf, sondern darauf, daß der Beklagte in irgendeiner Form Besitz an ihnen hat, d.h. die tatsächliche Sachherrschaft über sie ausübt. Wäre das der Fall, hinge weder seine Herausgabeverpflichtung noch seine Passivlegitimation von einer auf seiner Stellung als Verwalter beruhenden Verfügungsbefugnis über die Fütterungsanlagen ab.
III.
Das Berufungsurteil kann gleichwohl keinen Bestand haben.
Nach dem Klagevortrag, auf den die Klägerin sich mit der Revisionserwiderung beruft, hat der Beklagte den gesamten Putenmastbetrieb einschließlich des Inventars im Rahmen der Zwangsverwaltung an die A. Putenmastgesellschaft mbH & Co. verpachtet. Danach könnte er mittelbarer Besitzer der Fütterungsanlagen sein, die er wegen ihrer Überlassung an die Pächterin jedoch nicht herausgeben kann. Ein Herausgabeanspruch steht dem Eigentümer gegen den mittelbaren Besitzer, der außerstande ist, die Sache von dem unmittelbaren Besitzer zurückzuerlangen, mit Rücksicht auf die Vorschrift des § 283 BGB nach der Rechtsprechung nur zu, wenn der mittelbare Besitzer sein Unvermögen zur Rückgabe gegenüber dem Eigentümer nach §§ 989 ff. BGB zu vertreten hat (BGHZ 53, 29, 33). Vortrag der Parteien zu der Frage, ob der Beklagte mit der Überlassung der Fütterungsanlagen an die Pächterin schuldhaft handelte, liegt nicht vor.
Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die Parteien Gelegenheit zur Ergänzung ihres Vortrags insoweit erhalten und das Berufungsgericht dann die erforderlichen Feststellungen treffen kann.
Unterschriften
Röhricht, Hesselberger, Henze, Kraemer, Münke
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 28.01.2002 durch Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 706797 |
DB 2002, 2100 |
NJW 2002, 1574 |
BGHR 2002, 476 |
BGHR |
KTS 2002, 601 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2002, 754 |
NZI 2002, 11 |
ZInsO 2002, 433 |