Entscheidungsstichwort (Thema)
Hausbau mittels Schwarzarbeit
Leitsatz (amtlich)
a) Bezugspunkt der Arglist in § 444 BGB ist ein konkreter Mangel. Arglist liegt deshalb nur vor, wenn der Verkäufer diesen konkreten Mangel kennt oder zumindest im Sinne eines bedingten Vorsatzes für möglich hält und billigend in Kauf nimmt. Das schließt es aus, ein arglistiges Verschweigen von Mängeln gem. § 444 BGB durch den Verkäufer allein daraus abzuleiten, dass das Gebäude auf dem verkauften Grundstück teilweise unter Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz errichtet worden ist.
b) Für die Annahme von Arglist genügt es nicht, dass sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflichtiger Tatsachen hätte aufdrängen müssen (Bestätigung von Senat, Urt. v. 12.4.2013 - V ZR 266/11, NJW 2013, 2182).
c) Ein Grundstück ist nicht allein deshalb mangelhaft, weil bei der Errichtung eines auf ihm stehenden Gebäudes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verstoßen wurde.
Leitsatz (redaktionell)
Ein Grundstück ist nicht allein deshalb mangelhaft, weil bei der Errichtung eines auf ihm stehenden Gebäudes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verstoßen wurde. Als Beschaffenheit einer Kaufsache im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB sind sowohl alle Faktoren anzusehen, die der Sache selbst anhaften, als auch alle Beziehungen der Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben. Zu diesen Faktoren gehört der Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz bei der Errichtung eines auf dem später verkauften Grundstück stehenden Gebäudes regelmäßig nicht.
Normenkette
BGB §§ 434, 444; SchwarzArbG § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Beklagten zu 1) wird das Schlussurteil des 21. Zivilsenats des KG vom 23.12.2019 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu seinem Nachteil erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin kaufte mit notariellem Vertrag vom 27.3.2012 von den Beklagten zu 1) und 2) ein Grundstück für 253.000 EUR. In dem Vertrag wurden die Rechte des Käufers wegen eines Sachmangels des Grundstücks, des Gebäudes und der mitverkauften beweglichen Sachen ausgeschlossen. Auf dem Grundstück befindet sich ein Gebäude, das der Beklagte zu 1) aufgrund eines Werkvertrags mit einer inzwischen verstorbenen Bauunternehmerin hatte errichten lassen. Im Zuge von Umbauarbeiten stellte die Klägerin Mängel der Abdichtung des Kellers und des Haussockels gegen Feuchtigkeit fest. Im Dezember 2012 trat der Beklagte zu 1) an die Klägerin sämtliche ihm gegenüber der Bauunternehmerin zustehenden Gewährleistungsansprüche ab.
Rz. 2
Die Klägerin hat wegen der Feuchtigkeitsmängel von den Verkäufern und den Erben der Bauunternehmerin zuletzt insgesamt 48.457,51 EUR als Wertminderungsschaden verlangt. Das LG hat die Klage abgewiesen. Das KG hat die Berufung der Klägerin hinsichtlich des Beklagten zu 2) und der Erben der Bauunternehmerin durch Teilurteil vom 30.4.2019 zurückgewiesen. Dieses Teilurteil ist rechtskräftig. Mit Schlussurteil vom 23.12.2019 hat es den Beklagten zu 1) unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen zur Zahlung von 34.679,72 EUR nebst Zinsen verurteilt. Dagegen wendet sich der Beklagte zu 1) mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.
Entscheidungsgründe
I.
Rz. 3
Nach Ansicht des Berufungsgerichts kann die Klägerin von dem Beklagten zu 1) gem. §§ 437 Nr. 3, 440 i.V.m. §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 BGB Ersatz der geltend gemachten Schäden im zuerkannten Umfang als Schadensersatz statt des ausgefallenen Leistungsteils verlangen. Das seinerzeit errichtete Gebäude sei mangelhaft, weil es nach den Feststellungen des Sachverständigen keine Vertikalabdichtung und eine unzureichende Horizontalabdichtung aufweise. Auf den Haftungsausschluss könne sich der Beklagte zu 1) nicht berufen, da er arglistig gehandelt habe. Der Beklagte zu 1) habe die Klägerin darüber aufklären müssen, dass das Haus nicht mit einer Vertikalabdichtung versehen worden sei. In dem Bauvertrag sei eine entsprechende Abdichtung nicht vorgesehen gewesen. Es habe bereits zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses Tatsachen gegeben, aus denen sich dem Beklagten zu 1) habe erschließen müssen, dass der Auftrag eine solche Abdichtung nicht erfasst habe. Sein Vortrag, ein Sperrputz mache eine Vertikalabdichtung entbehrlich, sei eine Schutzbehauptung. Aus ihr erschließe sich zwar nicht zwingend der Zeitpunkt, zu dem ihm bewusst geworden sei, dass es eine Vertikalabdichtung nicht gegeben habe. Er habe diese Tatsache aber zumindest verschleiern wollen. Letztlich könne unentschieden bleiben, ob der Beklagte zu 1) gewusst oder mindestens billigend in Kauf genommen habe, dass eine Vertikalsperre nicht und die Horizontalsperre unzureichend ausgeführt worden seien. Denn er habe die Klägerin darüber unterrichten müssen, dass das Gebäude teilweise in Schwarzarbeit errichtet worden sei. Von letzterem sei sowohl aufgrund der Aussage des Beklagten zu 3) als auch der übrigen Indizien auszugehen.
II.
Rz. 4
Diese Erwägungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
Rz. 5
1. Im Wesentlichen zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Nach den von ihm mit sachverständiger Hilfe getroffenen Feststellungen war das Gebäude auf dem verkauften Grundstück bei Gefahrübergang mangelhaft, weil es, obwohl neueren Baujahrs, nicht mit einer Vertikalabdichtung versehen und die Horizontalabdichtung unzureichend war. Aufgrund dieser Mängel kann der Beklagte zu 1) nach §§ 437 Nr. 3, 440, 280 Abs. 1 u. 3, 281 BGB zu Schadensersatz statt des ausgefallenen Leistungsteils verpflichtet sein. In diesem Rahmen könnte die Klägerin nicht nur, wie zuletzt beantragt, Ersatz des Minderwertes, sondern, anders als das Berufungsgericht gemeint hat, auch Ersatz fiktiver Mängelbeseitigungskosten verlangen (vgl. Senat, Urt. v. 12.3.2021 - V ZR 33/19, ZIP 2021, 960 Rz. 7). Beides setzt nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB voraus, dass der Beklagte zu 1) das Fehlen der Vertikalsperre und den Einbau einer unzureichenden Horizontalsperre zu vertreten hat und weiter, dass er sich auf den vereinbarten Haftungsausschluss für Sachmängel nicht berufen darf. Sollte der Beklagte zu 1) einen der beiden oder beide Mängel arglistig verschwiegen haben, wäre ihm - und dann - entgegen der von dem Berufungsgericht in dem Teilurteil vertretenen Ansicht - auch dem Beklagten zu 2) (vgl. dazu Senat, Urt. v. 8.4.2016 - V ZR 150/15, VersR 2017, 766 Rz. 8) - nach § 444 BGB die Berufung auf den Haftungsausschluss verwehrt.
Rz. 6
2. Unzutreffend ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Beklagte zu 1) die festgestellten Mängel arglistig verschwiegen habe, ergebe sich schon daraus, dass der gesonderte Vertrag über die Herstellung der Bodenplatte und der Abdichtung gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (vom 23.7.2004, BGB I S. 1842, zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 30.3.2021, BGBl. I, 448 - Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz oder SchwarzArbG) verstoßen habe. Damit verkennt das Berufungsgericht den Anknüpfungspunkt der Arglist in § 444 BGB und die ihr nach dieser Vorschrift zugedachte Wirkung.
Rz. 7
a) Nach § 444 BGB darf sich der Verkäufer auf einen in dem Kaufvertrag vereinbarten Haftungsausschluss nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen hat.
Rz. 8
aa) Mit den Worten "den Mangel" spricht das Gesetz jeden einzelnen Mangel an, auf den sich der Käufer beruft. Das ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang von § 444 BGB mit § 437 BGB. Die in § 437 BGB bezeichneten Mängelrechte stehen dem Käufer nämlich immer dann zu, wenn die Sache mangelhaft ist, damit also im Grundsatz bei jedem einzelnen Sach- oder Rechtsmangel i.S.d. §§ 434 und 435 BGB. Dieser Umstand führt etwa dazu, dass der Käufer, der wegen eines bestimmten Mangels der Kaufsache gemindert hat, zwar nicht wegen desselben Mangels großen Schadensersatz und unter diesem Gesichtspunkt die Rückgängigmachung des Kaufvertrages verlangen kann (BGH, Urt. v. 9.5.2018 - VIII ZR 26/17, BGHZ 218, 320 Rz. 19), wohl aber wegen eines anderen (rechtzeitig geltend gemachten) Mangels, dessentwegen er den Kaufpreis nicht gemindert hat, doch noch vom Kaufvertrag zurücktreten oder im Wege des großen Schadensersatzes dessen Rückabwicklung verlangen könnte (BGH, Urt. v. 9.5.2018 - VIII ZR 26/17, BGHZ 218, 320 Rz. 17: "wegen desselben Mangels"; ausdrücklich: , BGB, 16. Aufl., § 437 Rz. 48; , BGB, 80. Aufl., § 437 Rz. 31; in MünchKomm/BGB, 8. Aufl., § 441 Rz. 10).
Rz. 9
bb) Das arglistige Verschweigen eines Mangels führt nach § 444 BGB auch nicht dazu, dass sich der Verkäufer überhaupt nicht mehr auf den vereinbarten Haftungsausschluss berufen könnte. Vielmehr ist ihm die Berufung auf einen solchen Haftungsausschluss nur "insoweit" verwehrt, als er den Mangel arglistig verschwiegen hat. Die Berufung auf den Haftungsausschluss ist also nur ausgeschlossen gegenüber den Rechten und Ansprüchen des Käufers aus § 437 BGB, die sich aus dem verschwiegenen Mangel ergeben. Gegenüber Ansprüchen und Rechten des Käufers aus § 437 BGB, die sich aus anderen Mängeln ergeben, die er dem Käufer nicht arglistig verschwiegen hat, darf sich der Verkäufer weiterhin auf den Haftungsausschluss berufen.
Rz. 10
cc) Bezugspunkt der Arglist ist in § 444 BGB damit stets ein konkreter Mangel. Arglist liegt deshalb nur vor, wenn der Verkäufer diesen konkreten Mangel kennt oder zumindest im Sinne eines bedingten Vorsatzes für möglich hält und billigend in Kauf nimmt (Senat, Urt. v. 7.3.2003 - V ZR 437/01, ZfIR 2003, 769, 771; v. 16.3.2012 - V ZR 18/11, NJW-RR 2012, 1078 Rz. 24; v. 14.6.2019 - V ZR 73/18, ZfIR 2019, 846 Rz. 29).
Rz. 11
b) Das schließt es aus, ein arglistiges Verschweigen von Mängeln gem. § 444 BGB durch den Verkäufer allein daraus abzuleiten, dass das Gebäude auf dem verkauften Grundstück teilweise unter Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz errichtet worden ist.
Rz. 12
aa) Schwarzarbeit im Sinne des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes leistet nach § 1 Abs. 2 SchwarzArbG, wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei als Arbeitgeber, Unternehmer oder versicherungspflichtiger Selbstständiger seine sich aufgrund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden sozialversicherungsrechtlichen Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt (Nr. 1), als Steuerpflichtiger seine sich aufgrund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt (Nr. 2), als Empfänger von Sozialleistungen seine sich aufgrund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden Mitteilungspflichten gegenüber dem Sozialleistungsträger nicht erfüllt (Nr. 3), als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen seiner sich daraus ergebenden Verpflichtung zur Anzeige vom Beginn des selbstständigen Betriebes eines stehenden Gewerbes (§ 14 GewO) nicht nachgekommen ist oder die erforderliche Reisegewerbekarte (§ 55 GewO) nicht erworben hat (Nr. 4) oder als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen ein zulassungspflichtiges Handwerk als stehendes Gewerbe selbstständig betreibt, ohne gem. § 1 HwO in der Handwerksrolle eingetragen zu sein (Nr. 5). Diese Tatbestände betreffen sämtlich die sozialversicherungs-, steuer- und gewerberechtlichen Rahmenbedingungen von Dienst- oder Werkverträgen. Sie befassen sich dagegen nicht mit dem Inhalt der versprochenen Leistungen und besagen erst recht nichts darüber, ob die vereinbarte Leistung wie vorgesehen erbracht worden ist oder nicht. Sie geben deshalb auch keine Auskunft darüber, ob der Auftraggeber, worauf es im Zusammenhang von § 444 BGB allein ankommt, von Fehlern bei der Ausführung der Werkleistungen Kenntnis hatte oder das Vorhandensein solcher Fehler billigend in Kauf genommen hat. Sie begründen für sich genommen auch nicht den Verdacht, die Arbeiten seien nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden und das Grundstück dadurch mangelhaft. Deshalb könnte in der unterbliebenen Kontrolle der ausgeführten Arbeiten kein billiges Inkaufnehmen etwaiger Mängel gesehen werden (vgl. Senat, Urt. v. 19.2.2016 - V ZR 216/14, WM 2016, 1755 Rz. 19 f., für die Beseitigung eines Mangels durch ein Fachunternehmen).
Rz. 13
bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass ein Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz zur Nichtigkeit des Werkvertrags führt.
Rz. 14
(1) Das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz sieht keine ausdrücklichen Verbotstatbestände vor. Aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes sowie der darin vorgesehenen Androhung von Geldbußen ergibt sich jedoch, dass Verträge, die einen der Tatbestände für Schwarzarbeit erfüllen, bei bestimmter Beteiligung beider Vertragsparteien nichtig sind. Das ist jedenfalls bei dem von dem Berufungsgericht hier angenommenen Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG der Fall (vgl. BGH, Urt. v. 1.8.2013 - VII ZR 6/13, BGHZ 198, 141 Rz. 17, 20). Wäre gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßen worden, wäre der Vertrag über die Herstellung u.a. der Abdichtung des Gebäudes gem. § 134 BGB nichtig. Das wiederum hätte zur Folge, dass dem Beklagten zu 1) als Besteller aus einem solchen Vertrag keine Ansprüche und Rechte nach § 634 BGB zustünden (vgl. BGH, Urt. v. 1.8.2013 - VII ZR 6/13, BGHZ 198, 141 Rz. 27) und überdies schon keine wechselseitigen Leistungspflichten begründet worden wären.
Rz. 15
(2) Das Fehlen der wechselseitigen Leistungspflichten und der Ansprüche und Rechte des Bestellers aus § 634 BGB rechtfertigt aber nicht den Schluss, dass die zwar nicht wirksam vereinbarten, aber doch abgesprochenen Leistungen nicht so erbracht wurden, wie sie bei Wirksamkeit des Vertrages zu erbringen gewesen wären. Es bietet insb. keine Grundlage für die Annahme, der Auftraggeber habe allein schon wegen des Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz Kenntnis von einem bestimmten, nach Fertigstellung festgestellten Ausführungsfehler oder habe diesen billigend in Kauf genommen.
Rz. 16
3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als richtig (vgl. § 561 ZPO). Auch die zusätzlich angestellten Erwägungen des Berufungsgerichts tragen seine Annahme, der Beklagte zu 1) habe arglistig gehandelt, nicht.
Rz. 17
a) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob sich seine Annahme, der Beklagte zu 1) habe die beiden festgestellten Mängel - fehlende Vertikalabdichtung und unzureichende Horizontalabdichtung - arglistig verschwiegen, hinsichtlich der Vertikalabdichtung auch auf andere Gründen stützen lasse. Seine in diesem Zusammenhang angestellten Überlegungen vermögen aber auch deshalb nicht zu begründen, dass der Beklagte zu 1) das Fehlen der Vertikalabdichtung arglistig verschwiegen hat, weil das Berufungsgericht für die Feststellung der Arglist falsche Maßstäbe angelegt hat.
Rz. 18
aa) Es geht zwar zutreffend davon aus, dass Arglist nach der Rechtsprechung des BGH Kenntnis des arglistig Handelnden - hier des Beklagten zu 1) - von dem Mangel oder voraussetzt, dass dieser den maßgeblichen Mangel billigend in Kauf nimmt und nicht offenbart (Nachweise oben in Rz. 10). Es hat die Anforderungen, die der Senat an die Annahme von Eventualvorsatz stellt, aber missverstanden und gelangt deshalb im Ergebnis durchweg nicht zur Feststellung von Eventualvorsatz.
Rz. 19
bb) Das Berufungsgericht führt unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats vom 12.4.2013 (V ZR 266/11, NJW 2013, 2182) aus, "hinsichtlich der Gesamtbewertung dieser Umstände reicht es für den subjektiven Tatbestand der Arglist aus, dass sich dem Beklagten zu 1) der Mangel aufdrängen musste". Das entspricht nicht der Rechtsprechung des Senats und auch nicht dem dazu zitierten Senatsurteil. In diesem Urteil hat der Senat das genaue Gegenteil entschieden, dass es nämlich für die Annahme von Arglist gerade nicht genügt, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflichtiger Tatsachen hätte aufdrängen müssen. Zur Begründung hat er angeführt, dass andernfalls die Arglist vom Vorsatz abgekoppelt und der Sache nach durch leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis ersetzt würde (Senat, Urt. v. 12.4.2013 - V ZR 266/11, NJW 2013, 2182 Leitsatz und Rz. 13). Diese Anforderungen hat das Berufungsgericht nicht erkannt und sich bei seinen Ausführungen zum Vorsatz oder Eventualvorsatz des Beklagten zu 1) durchweg mit (grober) Fahrlässigkeit begnügt, die aber für arglistiges Handeln nicht ausreicht.
Rz. 20
b) Das Berufungsgericht hat ferner offengelassen, ob der Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz bei dem Vertrag über die Anbringung der Vertikal- und der Horizontalabdichtung einen Sachmangel des später verkauften Grundstücks darstellt. Das ist nicht der Fall.
Rz. 21
aa) Einem verkauften Grundstück fehlt nicht deshalb die gesetzlich geschuldete Beschaffenheit, weil dem Verkäufer infolge der mit dem Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz eingetretenen Nichtigkeit des Vertrags über die Errichtung des Gebäudes gem. § 134 BGB bei Mängeln des Gebäudes keine Ansprüche und Rechte nach § 634 BGB zustehen. Er schuldet dem Käufer die Verschaffung eines Grundstücks, das die geschuldete Beschaffenheit hat. Ohne besondere Vereinbarungen ist der Verkäufer nicht verpflichtet, dem Käufer seine eigenen Gewährleistungsrechte gegen Dritte abzutreten. Auch wenn eine Abtretung von Mängelansprüchen vereinbart wäre und daran scheiterte, dass diese Ansprüche wegen des Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz nicht bestehen, würden dadurch weder das Gebäude noch das Grundstück, auf dem es errichtet wurde, mangelhaft. Das Nichtbestehen der Ansprüche könnte nur Ansprüche aus einer Verletzung von Leistungs- oder Aufklärungspflichten auslösen. Hier war die Abtretung von Mängelansprüchen nicht vereinbart. Die nach dem Auftreten der Mängel erklärte Abtretung der Ansprüche gegen die verstorbene Bauunternehmerin und ihre Erben sollte nur der Beseitigung der Abdichtungsmängel dienen.
Rz. 22
bb) Ein Grundstück ist nicht allein deshalb mangelhaft, weil bei der Errichtung eines auf ihm stehenden Gebäudes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verstoßen wurde. Als Beschaffenheit einer Kaufsache i.S.v. § 434 Abs. 1 BGB sind sowohl alle Faktoren anzusehen, die der Sache selbst anhaften, als auch alle Beziehungen der Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben (BGH, Urt. v. 15.6.2016 - VIII ZR 134/15, NJW 2016, 2874 Rz. 10). Zu diesen Faktoren gehört der Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz bei der Errichtung eines auf dem später verkauften Grundstück stehenden Gebäudes regelmäßig nicht. Er begründet einen persönlichen Vorwurf gegen den Verkäufer und den von ihm beauftragten Unternehmer. Er betrifft deren Geschäftsgebaren und nicht das errichtete Gebäude. Deshalb wirkt sich ein solcher Verstoß regelmäßig nicht auf die Wertschätzung des später verkauften Grundstücks aus. Das Fehlen solcher Verstöße gehört deshalb nicht zu den § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB kraft Gesetzes geschuldeten Eigenschaften eines Kaufgrundstücks. Ob das Fehlen als Beschaffenheit nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB - etwa auf besonderen Wunsch eines Käufers - vereinbart werden könnte, bedarf hier keiner Entscheidung, weil in dem Vertrag eine solche Vereinbarung nicht getroffen worden ist.
Rz. 23
c) Aus den vorstehenden Gründen ergibt sich zugleich, dass der Beklagte zu 1) die Klägerin auch nicht von sich aus und losgelöst von der Beschaffenheit des Grundstücks auf den Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz hätte hinweisen müssen. Deshalb lässt sich der von der Klägerin verlangte Ersatz der sich aus den Abdichtungsmängeln ergebenden Wertminderung des Grundstücks auch nicht auf eine Verletzung vorvertraglicher Pflichten gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB stützen.
III.
Rz. 24
Die Verurteilung des Beklagten zu 1) kann deshalb keinen Bestand haben. Das Berufungsurteil ist insoweit aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Hierbei macht der Senat von der in § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, die Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückzuverweisen. Die neue Berufungsverhandlung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, sich mit den weiteren von dem Beklagten zu 1) in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde vorgetragenen Einwänden gegen die Annahme der Arglist und seinen Einwänden zur Höhe des Anspruchs zu befassen.
Fundstellen
NJW 2021, 3397 |
NJW 2021, 8 |
NWB 2021, 2958 |
BauR 2022, 98 |
DNotI-Report 2021, 157 |
IBR 2021, 546 |
WM 2022, 1892 |
ZIP 2021, 70 |
ZIP 2022, 643 |
ZfIR 2022, 31 |
DNotZ 2022, 370 |
JA 2022, 162 |
MDR 2021, 1329 |
ZfBR 2021, 864 |
ZfBR 2022, 110 |
NJW-Spezial 2021, 588 |
NZBau 2021, 780 |
NotBZ 2022, 31 |
RÜ 2021, 759 |
RNotZ 2022, 24 |
RdW 2022, 238 |
ZNotP 2022, 65 |
BBB 2021, 61 |