Verfahrensgang

LG Bamberg (Entscheidung vom 29.02.1960)

 

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Schwurgerichts beim Landgericht Bamberg vom 29. Februar 1960 wird verworfen.

Er hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ihm wird die seit dem 1. März 1960 erlittene Untersuchungshaft, soweit sie drei Monate übersteigt, auf die Strafe angerechnet.

 

Gründe

Das Schwurgericht hat den Angeklagten wegen versuchter Notzucht mit Todesfolge zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt. Seine Revision ist unbegründet.

I.

Verfahrensrügen

1.

Die Revision beanstandet es als Verletzung des § 244 Abs. 2 StPO, daß der Tatrichter über die Spuren an der bei der Verhaftung des Angeklagten sichergestellten Hose kein Zusatzgutachten eingeholt hat. Einen Antrag, die Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W. und Dr. R. hierzu zu hören, haben weder der Angeklagte noch sein Verteidiger gestellt (vgl. hierzu BGHSt 6, 289 ff). Das Schwurgericht ist auf Grund der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gekommen, daß der Angeklagte bei der Tat eine andere Hose getragen hat. Die Samenspuren, die nach der Behauptung der Revision die bei der Verhaftung des Angeklagten sichergestellte Hose aufweisen soll, brauchen nicht am Tattage entstanden zu sein. Es ist deshalb kein Umstand ersichtlich, jedenfalls von der Revision nicht vorgetragen, der das Schwurgericht hätte veranlassen müssen, den vermißten Beweis zu erheben.

2.

Der Beschwerdeführer rügt, daß die zur Hauptverhandlung geladene Elise T. nicht vernommen worden ist. Die Ladung konnte ihr, wie die Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 12. Februar 1960 ergibt, nicht zugestellt werden, weil sie unbekannt verzogen war. Der Vorsitzende gab dies in der Hauptverhandlung bekannt. Der Verteidiger stellte, wie in der Sitzungsniederschrift vermerkt ist, keinen Antrag auf Ermittlung und Ladung der Elise T. Da das Schwurgericht bereits mehrere Zeugen über die Persönlichkeit des Opfers gehört hatte, bestand kein Anlaß noch eine weitere Person hierzu zu vernehmen, zumal der Angeklagte und sein Verteidiger sich hiervon ebenfalls nichts versprachen.

3.

Die Behauptung der Revision, das Schwurgericht habe es unterlassen, einen Augenschein im Hause der Zeugin N. einzunehmen, wird durch die Sitzungsniederschrift widerlegt.

II.

Sachbeschwerde

1.

Der Angeklagte hat die damals neunzehnjährige Bastweberin G. zwanzig Minuten in der Nacht gejagt, teils im Auto, teils zu Fuß, um mit ihr, wenn nötig unter Anwendung von Gewalt, geschlechtlich zu verkehren. Als er sie auf einem Bahngleis eingeholt hatte, wurde sie von einem Güterzug tödlich verletzt.

a)

Das Verfolgen und Einholen der G. ist keine Vorbereitungshandlung, wie die Revision meint. Das Vorgehen des Angeklagten enthält vielmehr einen derartigen unmittelbaren Angriff auf das durch § 177 StGB geschützte Rechtsgut, daß es dadurch bereits gefährdet und die Herbeiführung des Enderfolges nahegerückt war (vgl. BGHSt 2, 380 f). Die Verurteilung wegen versuchter Notzucht ist deshalb rechtlich bedenkenfrei.

b)

Kein Zweifel besteht nach den Feststellungen daran, daß der Angeklagte den Tod des Mädchens verursacht hat. Denn hätte er sie nicht verfolgt, wäre sie nicht auf den Gedanken gekommen, den erhöhten Bahndamm zu erklimmen, um sich zwischen den Geleisen in gebückter Stellung vor ihm zu verbergen.

c)

Das Schwurgericht stellt aber auch einwandfrei fest, daß der Angeklagte fahrlässig eine Bedingung für den Tod des Mädchens gesetzt hat. Es nimmt bedenkenfrei an, daß der Angeklagte die Gefahr, die dem Opfer auf dem Bahngleis durch den Zugverkehr drohte, hätte erkennen können. Sie war kurz zuvor aus einem vom Angeklagten nicht entdeckten Versteck hervorgekommen, als dieser nach Haus zu fahren schien. Deshalb ist das S Schwurgericht überzeugt, daß sie den Bahndamm heil vor der Ankunft des Zuges verlassen hätte, wenn der Angeklagte ihr nicht dorthin gefolgt, sondern mit seinem Kraftwagen weitergefahren wäre. Das hat der Angeklagte infolge einer "unverzeilichen Unbedachtsamkeit" nicht getan. Der Tod beruht deshalb auf einem fahrlässigen Verhalten des Angeklagten.

2.

Die Revision meint, das Urteil enthalte einen Widerspruch bei der Schilderung der Bahngleise. Das trifft nicht zu. Sie übersieht, daß der Fußweg, von dem auf Seite 10 und 11 die Rede ist, nicht auf dem Bahndamm, sondern zwischen diesem und den Gärten in der Nürnbergerstraße verläuft.

3.

Die weiteren Ausführungen der Revision zum Schuldspruch liegen auf tatsächlichem Gebiet und sind deshalb im gegenwärtigen Rechtszuge unbeachtlich.

4.

Auch die Angriffe gegen die Strafzumessung gehen fehl. Es kann durchaus ein Strafschärfungsgrund sein, daß ein Angeklagter sich während des Laufes einer Bewährungsfrist erneut strafbar macht; denn dies beweist einen besonders starken verbrecherischen Trieb. Es ist ebenfalls nicht zu beanstanden, daß das Schwurgericht den Vertrauensbruch gegenüber der Ehefrau straferschwerend berücksichtigt. Ob diese hieraus gegen den Angeklagten Rechte herleitet, ist bedeutungslos.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI3018574

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