Leitsatz (amtlich)
Aus dem Fehler eines Durchgangsarztes bei der Heilbehandlung des Verletzten erwachsen dem Unfallversicherungsträger für die von ihm deshalb zu erbringenden Leistungen weder auf öffentlich-rechtlicher noch auf privatrechtlicher Grundlage eigene Schadensersatzansprüche gegen den Arzt. Er kann den Arzt nur in Anspruch nehmen, wenn und soweit Ersatzansprüche des Verletzten (hier: auf Verdienstausfall) auf ihn übergegangen sind.
Normenkette
RVO § 556 Abs. 1, § 557 Abs. 2, § 581 Abs. 1 Nr. 2; SGB X § 116 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Paderborn (Urteil vom 01.04.1993) |
Tenor
Auf die Sprungrevision des Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn vom 1. April 1993 aufgehoben.
Die Klage wird auch insoweit, als über sie nicht bereits durch Urteil des Landgerichts vom 26. März 1992 entschieden worden ist, auf Kosten der Klägerin abgewiesen.
Tatbestand
Die klagende Berufsgenossenschaft verlangt von dem für sie als Durchgangsarzt tätigen Beklagten Schadensersatz in Höhe der Rentenzahlungen, die sie als gesetzlicher Unfallversicherer an Alfons B., den Arbeitnehmer eines Plattenwerks, erbracht hat und künftig noch erbringen muß. Sie behauptet, der Beklagte habe Alfons B. nach einem Arbeitsunfall vom 31. August 1987 schuldhaft falsch behandelt.
Der Beklagte hatte seinerzeit Röntgenaufnahmen von dem linken Unterarm und dem Ellenbogengelenk des Verletzten gefertigt und neben einer Prellung lediglich einen erbsengroßen Abbruch am Kronenfortsatz der Elle diagnostiziert; er hatte daraufhin die Ruhigstellung des Armes durch eine Gipsschiene für drei Wochen verordnet. Eine aus den Röntgenbildern ersichtliche schwere Verletzung des linken Handgelenks, nämlich eine Mondbeinluxation und einen Abbruch am Griffelfortsatz der Speiche, hatte der Beklagte nicht erkannt. Sie wurde erst 2 1/2 Monate später von dem fachärztlichen Berater der Klägerin anhand der Röntgenaufnahmen des Beklagten festgestellt. Zu diesem Zeitpunkt war eine erfolgreiche Behandlung nicht mehr möglich.
Die Klägerin zahlte an Alfons B. im Anschluß an das ihm zunächst gewährte Verletztengeld für die Zeit vom 2. November 1987 bis 30. April 1989 eine vorläufige Rente auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 % und ab 1. Mai 1989 eine Dauerrente nach einer MdE von 20 %. Der Verletzte hat seine Arbeit zwei Monate nach dem Unfall wieder aufgenommen; einen Verdienstausfall hat er nicht erlitten.
Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Erstattung der bis einschließlich 30. Juni 1991 geleisteten Rentenzahlungen in Höhe von insgesamt 18.373,74 DM; sie begehrt ferner die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für die von ihr ab 30. Juni 1991 zu erbringenden Leistungen. Dazu macht sie geltend, bei dem Verletzten wäre, wenn der Beklagte die Handgelenksverrenkung sofort erkannt und ordnungsgemäß behandelt hätte, entweder überhaupt keine Bewegungseinschränkung oder jedenfalls doch nur eine so geringe Behinderung zurückgeblieben, daß die MdE insgesamt unter 20 % gelegen hätte und von ihr deshalb keine Verletztenrente zu zahlen gewesen wäre.
Nachdem das Landgericht die von der Klägerin mit dem Feststellungsantrag zunächst ebenfalls verfolgten Ansprüche aus übergegangenem Recht des Alfons B. durch Urteil vom 26. März 1992 rechtskräftig abgewiesen hat, macht die Klägerin mit dem Feststellungsbegehren jetzt ebenso wie mit ihrem Zahlungsantrag allein noch Schadensersatzansprüche aus eigenem Recht geltend. Sie meint, diese Ansprüche stünden ihr aus positiver Forderungsverletzung des Behandlungsvertrages zu, der nicht nur in Bezug auf Alfons B., sondern auch hinsichtlich ihrer eigenen Vermögensinteressen als Vertrag zu Gunsten Dritter anzusehen sei.
Das Landgericht hat sich für diese originären Ansprüche der Klägerin zunächst durch Beschluß vom 26. März 1992 für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit insoweit an das Sozialgericht verwiesen. Nach Aufhebung dieser Entscheidung durch das Oberlandesgericht hat das Landgericht der Klage stattgegeben, soweit sie nicht bereits durch das Urteil vom 26. März 1992 abgewiesen worden war. Hiergegen richtet sich die Sprungrevision des Beklagten, mit der er weiterhin die volle Abweisung der Klage erstrebt.
Entscheidungsgründe
I.
Das Landgericht meint, der Beklagte habe dadurch, daß er die auf den Röntgenbildern deutlich sichtbare Mondbeinluxation nicht erkannt habe, schuldhaft gegen die Regeln der ärztlichen Kunst verstoßen. Bei rechtzeitiger Behandlung der Verrenkung hätte die MdE unter 10 % gelegen und Alfons B. hätte gegen die Klägerin keinen Anspruch auf eine Verletztenrente gehabt. Der Beklagte sei als Durchgangsarzt zur ordnungsgemäßen Behandlung des Verletzten auch gegenüber der Klägerin verpflichtet gewesen. Wie nämlich der Streitfall zeige, könne die Klägerin Rentenleistungen an einen Verletzten auch dann zu erbringen haben, wenn diesem selbst kein Verdienstausfallschaden entstanden sei. Dieser Umstand gebiete es dem Durchgangsarzt, bei der Behandlung eines Verletzten auch die Vermögensinteressen der Klägerin wahrzunehmen. Da der Beklagte hiergegen verstoßen habe, müsse er der Klägerin in Höhe ihrer Aufwendungen Schadensersatz leisten. Der Feststellungsantrag sei ebenfalls begründet, da die Klägerin die Unfallrente an Alfons B. auch künftig zahlen müsse.
II.
Das Urteil des Landgerichts hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Klägerin kann in Höhe ihrer Rentenzahlungen an Alfons B. gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche aus eigenem Recht, um die es hier allein noch geht, weder aufgrund öffentlich-rechtlicher Rechtsbeziehungen noch auf zivilrechtlicher Grundlage geltend machen.
1. Allerdings steht der Beklagte zu der Klägerin in einem öffentlich-rechtlichen Pflichtenverhältnis, und vom erkennenden Senat ist gemäß § 17 a Abs. 5 GVG im Zivilrechtsweg zu prüfen, ob eine Verletzung dieser Pflichtenstellung durch den Beklagten die Klageansprüche trägt.
a) Der Beklagte ist auf der Grundlage des § 5 der Bestimmungen des früheren Reichsversicherungsamtes vom 19. Juni 1936 (RABl IV S. 195 – RVA-Bestimmungen) mit Bescheid des Landesverbandes Rheinland-Westfalen der gewerblichen Berufsgenossenschaften vom 14. Mai 1981 gemäß dem (damaligen) Abkommen Ärzte/Berufsgenossenschaften (Ärzteabkommen) vom 1. Januar 1956 in der Fassung der 27. Zusatzvereinbarung vom 9. Juli 1980 für den Bereich der Klägerin zum Durchgangsarzt bestellt und bei der Behandlung des Alfons B. am 31. August 1987 auf der Grundlage dieses (inzwischen in „Abkommen Ärzte/Unfallversicherungsträger” umbenannten) Ärzteabkommens (abgedruckt u.a. bei Lauterbach, Unfallversicherung 3. Aufl., Bd. V Anh. 9), hier anzuwenden in der Fassung der Vereinbarung vom 31. Oktober 1986, tätig geworden. Als Durchgangsarzt übt er bei der ihm nach Leitnummer (Ltnr.) 32 Abs. 1 des Ärzteabkommens obliegenden und die Klägerin bindenden Entscheidung, ob für die nach einem Arbeitsunfall dem Verletzten vom Unfallversicherungsträger zu gewährende Heilbehandlung (§§ 556 Abs. 1, 557 Abs. 2 RVO) die allgemeine Heilbehandlung ausreicht (Ltnr. 33) oder ob eine besondere Heilbehandlung zu erbringen und von wem diese durchzuführen ist (Ltnr. 32), eine öffentlich-rechtliche Funktion aus (BGHZ 63, 265, 268 ff, 272 f; Kaiser, BG 1983, 270, 272; Pross, Zum Rechtsverhältnis zwischen Durchgangsarzt und Berufsgenossenschaft, Dissertation 1972, S. 40 ff; Schmitt, Leistungserbringung durch Dritte im Sozialrecht, AKG Bd. 9 (1990), S. 290 ff). Ob dieser Tätigkeit ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, ein auf Dauer angelegtes öffentlich-rechtliches Statusverhältnis oder ein mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt zugrunde liegt, der den Durchgangsarzt zum Beliehenen macht (vgl. dazu Pross, a.a.O., S. 115 ff; Schmitt, a.a.O., S. 290 ff; s. auch BGHZ 63, 265, 272 f), bedarf hier keiner Entscheidung.
b) Der öffentlich-rechtlichen Pflichtenstellung des Durchgangsarztes kommt Bedeutung zu, soweit es um die Frage geht, ob die Berufsgenossenschaft dem Versicherten aufgrund einer Amtspflichtverletzung zur Ersatzleistung verpflichtet ist, wenn der Arzt ihn durch eine schuldhaft falsche Entscheidung über die Art der erforderlichen Heilbehandlung schädigt (vgl. BGHZ 63, 265, 272 ff; Pross, a.a.O., S. 122 ff, 126 f; Schmitt, a.a.O., S. 292 ff). Auf die Pflichtenstellung des Durchgangsarztes gegenüber der Berufsgenossenschaft kann es auch dann ankommen, wenn der Arzt durch eine fehlerhafte Entscheidung der vorgenannten Art die Berufsgenossenschaft zu besonderen Aufwendungen verpflichtet und ihr dadurch einen Vermögensschaden zufügt (vgl. Senatsurteil vom 24. November 1970 – VI ZR 215/68 – VersR 1971, 251, 252; Kaiser, a.a.O., S. 278). Darum geht es jedoch im Streitfall nicht. Die Klägerin legt dem Beklagten weder zur Last, in Anbetracht der Verletzungen des Verunglückten eine falsche Entscheidung zwischen allgemeiner und besonderer Heilbehandlung getroffen zu haben, noch wirft sie ihm vor, sich bei dem Entschluß zur Übernahme des Verletzten in die eigene Behandlung pflichtwidrig verhalten zu haben. Die Klägerin leitet die von ihr geltend gemachten Schadensersatzansprüche vielmehr allein daraus her, daß der Beklagte sich bei der von ihm durchgeführten ärztlichen Behandlung des Verletzten fehlerhaft verhalten habe. Das aber betrifft nicht mehr die Wahrnehmung seiner öffentlich-rechtlichen Aufgaben gegenüber der Klägerin.
aa) Nimmt, wie im Streitfall, der Durchgangsarzt die Heilbehandlung des Verletzten in die eigenen Hände, so wird dadurch, ähnlich wie beim Kassenarzt (Vertragsarzt), dessen Stellung der Durchgangsarzt ohnehin zumeist ebenfalls innehaben wird, zwischen ihm und dem Patienten ein zivilrechtliches Behandlungsverhältnis begründet (BGHZ 63, 265, 270 ff; Kaiser, a.a.O., S. 272; Pross, a.a.O., S. 125; Schmidt, a.a.O., S. 294 f, 304 ff). Seine für den Unfallversicherungsträger wahrgenommene öffentlich-rechtliche Tätigkeit ist damit ebenso beendet wie bei einer Überweisung des Verletzten an den Kassen(Vertrags-) oder Hausarzt nach Ltnr. 33 des Ärzteabkommens. Die Entscheidung über das „Ob” und „Wie” der zu gewährenden Heilbehandlung bildet also eine Zäsur in der Pflichtenstellung des Durchgangsarztes mit der Folge, daß ihm etwaige anschließend unterlaufene Fehler bei der Heilbehandlung selbst nicht mehr als Verstöße gegen die ihm gegenüber der Berufsgenossenschaft obliegenden öffentlich-rechtlichen Pflichten angelastet und deshalb auch nicht zur Grundlage von originären Schadensersatzansprüchen der Berufsgenossenschaft gegen ihn gemacht werden können.
bb) Dieser rechtlichen Beurteilung steht nicht das Urteil des Bundessozialgerichts vom 22. Juni 1983 (BSGE 55, 144, 146 ff = VersR 1983, 956 f) entgegen, durch das einer Krankenkasse bei fehlerhafter ärztlicher Behandlung eines Patienten durch den Kassenarzt eigene Schadensersatzansprüche gegen den Arzt zuerkannt worden sind. Dieses Urteil ist entscheidend auf die besondere Pflichtenstellung des Kassenarztes gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung gestützt. Demgegenüber wird der Durchgangsarzt, wie oben dargelegt, auf anderer Rechtsgrundlage tätig. Deshalb bedarf es im Streitfall auch keiner Entscheidung, ob dem Urteil des Bundessozialgerichts, das nicht ohne Widerspruch geblieben ist (vgl. Plagemann, NJW 1984, 1377, 1378 ff; Steffen, Neue Entwicklungslinien der BGH-Rechtsprechung zum Arzthaftungsrecht, 5. Aufl., S. 17, 37; s. auch BGH, Urteil vom 19. Dezember 1990 – IV ZR 33/90 – NJW 1991, 1546) und das auch vom Bundessozialgericht, soweit ersichtlich, nicht mehr bestätigt wurde, gefolgt werden könnte.
2. Aus dem auf die ärztliche Versorgung des Alfons B. gerichteten privatrechtlichen Behandlungsvertrag kann die Klägerin ebenfalls keine eigenen Schadensersatzansprüche aus einem Behandlungsfehler des Beklagten herleiten. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob der Behandlungsvertrag von Alfons B. selbst oder zu seinen Gunsten von der Klägerin mit dem Beklagten abgeschlossen worden ist (s. dazu Kaiser, a.a.O., S. 272; Pross, a.a.O., S. 125 Fußn. 193; Schmitt, a.a.O., S. 295; zur ähnlichen Rechtslage bei der Krankenbehandlung eines Kassenpatienten s. auch BGHZ 89, 250, 253 ff; 97, 273, 276; 100, 363, 367; Senatsurteil vom 14. Juli 1992 – VI ZR 214/91 – VersR 1992, 1263).
a) Die Klägerin ist mit ihren Vermögensinteressen weder ausdrücklich als Begünstigte in die Schutzpflichten des Beklagten einbezogen worden, die diesem aus dem auf die Heilbehandlung des Alfons B. bezogenen Vertrag oblagen, noch ergibt sich eine solche Einbeziehung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß §§ 157, 242 BGB aus den Umständen des Streitfalles. Allerdings können durch den auf eine Heilbehandlung gerichteten Vertrag Schutzpflichten des Arztes nicht nur in Bezug auf Körper und Gesundheit, sondern auch hinsichtlich des Vermögens eines Patienten begründet werden (BGHZ 86, 240, 247 f; 102, 106, 112; 106, 153, 161 f; Senatsurteil vom 1. Februar 1983 – VI ZR 104/81 – VersR 1983, 443, 444). Auch kann in besonderen Fällen ein Dritter mit seinem Vermögen in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen sein, wie dies z.B. bei Pflichtverletzungen des Arztes im Rahmen der geburtshilflichen Beratung und Betreuung in Bezug auf daraus erwachsene Unterhaltslasten desjenigen Elternteils der Fall ist, der nicht selbst Vertragspartner des Arztes ist (BGHZ 76, 259, 262; 86, 240, 249 f; 89, 95, 104; 96, 360, 368; s. auch Senatsurteil vom 16. November 1993 – VI ZR 105/92 – NJW 1992, 788, 790 f – demnächst in BGHZ 124, 128). Stets ist, um vertragliche Schadensersatzansprüche des Dritten bejahen zu können, jedoch erforderlich, daß der Vertrag nach seinem Inhalt und Zweck gerade auch auf den Schutz der geltend gemachten Interessen dieses Dritten angelegt ist (vgl. die vorgenannten BGH-Urteile). In dieser Hinsicht sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs strenge Anforderungen zu stellen, um eine Ausuferung derartiger Schadensersatzansprüche Dritter in einem für den Vertragsschuldner nicht mehr kalkulierbaren Umfang zu vermeiden und eine Grenze zu halten, jenseits deren der Schutz außenstehender Personen auf das Recht der unerlaubten Handlungen beschränkt bleiben muß (BGHZ 51, 91, 96; 61, 227, 234; 69, 82, 86; 70, 327, 330; BGH, Urteile vom 7. Juli 1976 – VIII ZR 44/75 – NJW 1976, 1843, 1844 und vom 7. November 1984 – VIII ZR 182/83 – NJW 1985, 489).
b) In Anbetracht dieser Voraussetzungen kann dem von der Klägerin verfolgten Vermögensinteresse ein Schutz gegenüber ärztlichen Fehlern des Beklagten bei der Heilbehandlung des Alfons B. nicht zuerkannt werden.
aa) Nach dem sozialversicherungsrechtlichen System, wie es der RVO und dem SGB X zugrunde liegt und insbesondere in § 116 SGB X seinen gesetzlichen Niederschlag gefunden hat, kann ein Sozialversicherungsträger, der aufgrund eines Schadensfalles an den Geschädigten Sozialleistungen zu erbringen hat, für seine Aufwendungen vom Schädiger nur insoweit Ersatz verlangen, als dieser gegenüber dem Geschädigten zur Ersatzleistung verpflichtet ist. Fehlt es, wie im Streitfall bei der für § 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO ausreichenden abstrakten Minderung der Erwerbsfähigkeit, an einem konkreten Erwerbsschaden des an Körper oder Gesundheit Verletzten und hat dieser deshalb insoweit keinen Ersatzanspruch gegen den Schädiger erlangt, so kann auch der Sozialversicherungsträger vom Schädiger für seine Leistungen keinen Ausgleich verlangen. Ein über die Interessen des Versicherten hinausgehender Vermögensschutz soll dem Sozialversicherungsträger nach dem gesetzlichen System nicht zustehen (ständ. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 24. Februar 1981 – VI ZR 154/79 – VersR 1981, 477, 478; vom 8. November 1983 – VI ZR 214/82 – VersR 1984, 237, 238; vom 18. Februar 1986 – VI ZR 55/85 – VersR 1986, 485, 486 und vom 10. Dezember 1991 – VI ZR 29/91 – VersR 1992, 367, 368 f).
bb) Eine andere rechtliche Sicht ist im Streitfall auch dann nicht geboten, wenn man, wie oben (eingangs zu II 2) gesagt, davon ausgeht, daß der auf die Heilbehandlung des Alfons B. gerichtete Vertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu Gunsten des Verletzten abgeschlossen worden ist. Wie der erkennende Senat bereits für den auf ärztliche Betreuung eines minderjährigen Kindes gerichteten, von dessen Eltern im eigenen Namen abgeschlossenen Behandlungsvertrag ausgeführt hat, wird der vertragliche Haftungsumfang für den pflichtwidrig handelnden Arzt durch eine solche Vertragsgestaltung grundsätzlich nicht auf den Schutz eigener Vermögensinteressen seines Vertragspartners ausgedehnt. Dieser kann lediglich dann, wenn sich der vom Arzt zu ersetzende Schaden seiner Art nach nicht bei dem Patienten, sondern bei dem Vertragsschließenden niederschlägt, den Arzt in den durch den Schaden des Patienten gezogenen Grenzen selbst auf Ausgleich in Anspruch nehmen (BGHZ 89, 263, 266 f; 106, 153, 161). Auch daraus folgt, daß der Klägerin, die nicht in dem Umfang eines (hier nicht vorliegenden) Verdienstausfallschadens des Alfons B., sondern unabhängig davon und darüberhinaus den Ausgleich eines eigenen Vermögensschadens begehrt, kein darauf gerichteter vertraglicher Ersatzanspruch gegen den Beklagten zusteht.
III.
Der erkennende Senat hat, da der Rechtsstreit keiner weiteren Aufklärung bedarf, gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden. Unter Aufhebung des angefochtenen Urteils ist die Klage abzuweisen.
Unterschriften
Dr. Steffen, Bischoff, Dr. v. Gerlach, Dr. Müller, Dr. Dressler
Fundstellen
Haufe-Index 1683283 |
BGHZ |
BGHZ, 297 |
NJW 1994, 2417 |
NVwZ 1994, 1139 |
Nachschlagewerk BGH |