Leitsatz (amtlich)

a) Eine Benutzungshandlung ist nur dann als ernsthaft anzusehen, wenn sie nach Art, Umfang und Dauer dem Zweck des Benutzungszwangs entspricht, die Geltendmachung bloß formaler Markenrechte zu verhindern. Die Anforderungen an Art, Umfang und Dauer der Benutzung sind dabei am Maßstab des jeweils Verkehrsüblichen und wirtschaftlich Angebrachten zu messen.

b) Die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht, wirkt nach § 26 Abs. 3 MarkenG nur dann rechtserhaltend, wenn die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Das ist dann der Fall, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzt, d. h. in der benutzten Form noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzt, d. h. in der benutzten Form noch dieselbe Marke sieht.

 

Normenkette

MarkenG § 26 Abs. 1, Abs. 3

 

Verfahrensgang

OLG Hamburg (Urteil vom 23.11.2000)

LG Hamburg (Urteil vom 17.06.1998)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen OLG Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 23.11.2000 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen aufgehoben, soweit die Berufung der Beklagten gegen Ziff. I. 2. und II. des Urteils des LG Hamburg, Zivilkammer 15, v. 17.6.1998 in Bezug auf vor dem 4.10.1995 im Beitrittsgebiet (Art. 3 des Einigungsvertrags) vorgenommene Handlungen zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird das genannte Urteil des LG Hamburg dahingehend abgeändert, dass die Klage auch insoweit abgewiesen wird.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin produziert und vertreibt in Deutschland Cerealien einschließlich Müsli-Riegel unter der Bezeichnung "Kellogg's". Unter den Anbietern von Cerealien in Deutschland ist sie Marktführerin.

Die Klägerin ist hinsichtlich der zugunsten ihrer amerikanischen Muttergesellschaft eingetragenen deutschen Marken Lizenznehmerin und zur Durchsetzung von Verletzungsansprüchen im eigenen Namen ermächtigt. Die Muttergesellschaft der Klägerin ist u. a. Inhaberin der mit Zeitrang v. 28.11.1949 für "aus Getreide hergestellte Frühstücksspeisen" eingetragenen Marke Nr. 611 710:

Die Beklagte vertreibt in Deutschland unter der Marke "Kelly's" vorwiegend salzige Knabberartikel wie Kartoffelchips, Kartoffelsticks, line Erdnuss-Snacks und gesalzene Erdnüsse. Sie ist Inhaberin folgender IR-Marken:

-mit Zeitrang v. 9.3.1972 unter der Nummer IR (DD) R 386 011 für "Arachides préparées, pommes chips, amandes saupoudrées, pop corn, arachides (confiserie), produits amylacés pour l'alimentation, aussi enrobés de beurre d'arachides" eingetragene Marke (weiße Schrift vor rotem Hintergrund):

-mit Zeitrang v. 12.5.1989 unter der Nummer IR (DD) 539 023u. a. für "produits faits avec des pommes de terre; ..., noix et pépins préparés; ...céréales et préparations faites de céréales pour la consommation; ..., préparations alimentaires à base de flocons de céréales mélangées avec des fruits secs et d'autres produits alimentaires, dites ≪müsli≫," eingetragene Marke:

-mit Zeitrang v. 12.5.1989 unter der Nummer IR (DD) 539 022u. a. für dieselben Waren wie die Marke 539 023 eingetragene Wortmarke "KELLY'S".

Den genannten Marken liegen internationale Registrierungen mit einer Schutzerstreckung auf das Gebiet der früheren DDR zu Grunde. Sie sind nach der deutschen Wiedervereinigung auf Grund des Erstreckungsgesetzes (v. 23.4.1992, BGBl. I, 938 = GRUR 1992, 749 - ErstrG) zum 1.5.1992 auch in der übrigen Bundesrepublik wirksam geworden.

Die Klägerin nimmt die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit wegen Verletzung ihrer Marken "Kellogg's" und ihrer geschäftlichen Bezeichnung "Kellogg" auf Unterlassung der Benutzung des Zeichens "Kelly's" für Kartoffelchips, Kartoffelsticks, Mais-Weizen-Kartoffel-Soja-Snacks, Mais-Erdnuss-Snacks und gesalzenen Erdnüssen sowie Popcorn und auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung in Anspruch. Des Weiteren begehrt sie von der Beklagten deren Einwilligung in die Schutzentziehung der genannten drei IR-Marken.

Das LG hat unter Abweisung der Klage im Übrigen

I. die Beklagte

1. unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr mit Kartoffelchips, Kartoffelsticks, Mais-Weizen-Kartoffel-Soja-Snacks, Mais-Erdnuss-Snacks und gesalzenen Erdnüssen sowie Popcorn das Zeichen "Kelly's" zu benutzen, insbesondere das Zeichen auf solchen Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen, unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen und/oder das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung für solche bzw. mit solchen Waren zu benutzen;

2. verurteilt, der Klägerin Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg von gemäß Ziff. 1. widerrechtlich gekennzeichneten Gegenständen zu erteilen, und zwar unter Angabe von Namen und Anschrift des Herstellers, des Lieferanten und anderer Vorbesitzer, des gewerblichen Abnehmers oder des Auftraggebers sowie über die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Gegenstände;

3. verurteilt, in die Entziehung des Schutzes der internationalen Marken Nr. R 386 011, 539 022 und 539 023 für die Bundesrepublik Deutschland einzuwilligen;

II. festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den aus den unter Ziff. I.1. bezeichneten Handlungen entstandenen und künftig entstehenden Schaden zu ersetzen.

Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Hamburg LRE 40, 45).

Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat die Klage in dem vom LG angenommenen Umfang ebenfalls für begründet erachtet und hierzu ausgeführt:

Bei der Verwendung des angegriffenen Zeichens "Kelly's" für Kartoffelchips, Kartoffelsticks, Mais-Weizen-Kartoffel-Soja-Snacks, Mais-Erdnuss-Snacks und gesalzene Erdnüsse sowie Popcorn bestehe Verwechslungsgefahr mit der für "aus Getreide hergestellte Frühstücksspeisen" eingetragenen Klagemarke. Dem Zeichen "Kellogg's" komme eine durch Benutzung erworbene, weit überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft für Cornflakes-Produkte als Frühstückscerealien zu. Die Zeichen "Kellogg's" und "Kelly's" wiesen in Struktur und Klang eine Vielzahl von Gemeinsamkeiten auf. Die unterschiedlichen Endsilben würden nicht betont, so dass bei nicht aufmerksamem Hinhören Verwechslungen nicht auszuschließen seien. Auch bestehe Warenähnlichkeit zwischen den von der Beklagten mit der Bezeichnung "Kelly's" versehenen Waren und den mit der Klagemarke geschützten und von der Klägerin vertriebenen Frühstückscerealien. Im Hinblick auf den Prioritätsvorrang der Klagemarke sei die Beklagte verpflichtet, in die teilweise Entziehung des Schutzes ihrer drei IR-Marken für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland einzuwilligen.

II. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hat zum weit überwiegenden Teil keinen Erfolg. Zu Recht hat das Berufungsgericht dem Antrag der Klägerin auf Einwilligung in die Entziehung des nationalen Schutzes der IR-Marken (DD) R 386 011, (DD) 539 023 und (DD) 539 022 für die Bundesrepublik Deutschland stattgegeben. Ebenfalls zutreffend ist seine Beurteilung, dass der Klägerin gegen die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und - bis auf eine örtliche und zeitliche Einschränkung - auf Auskunft sowie auf Schadensersatz zustehen.

1. Die Bejahung des Schutzrechtsentziehungsanspruchs durch das Berufungsgericht hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

a) Der Löschungsgrund der Verwechslungsgefahr nach §§ 55, 51 Abs. 1i.V. mit § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG setzt eine eingetragene Marke mit älterem Zeitrang voraus. Im Streitfall ist dieser Vorrang des Rechts nach dem Zeitrang gem. § 6 Abs. 2 MarkenG allerdings, wie das Berufungsgericht nicht berücksichtigt hat, durch § 30 ErstrG begrenzt (Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 6 Rz. 27).

Die IR-Marken (DD) R 386 011, (DD) 539 023 und (DD) 539 022 unterfallen dem Erstreckungsgesetz. Es handelt sich jeweils um internationale Marken mit einer ursprünglichen Schutzerstreckung auf das Gebiet der DDR. Diese Marken sind, nachdem sie vor dem 3.10.1990 auf Grund internationaler Abkommen in den in Art. 3 des Einigungsvertrags genannten Ländern (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) als geschützte Rechte bestanden haben, nach § 4 Abs. 1 und 2 ErstrG unter Beibehaltung ihres Zeitrangs mit Wirkung zum 1.5.1992 auf das übrige Bundesgebiet erstreckt worden. Zugleich sind nach § 1 Abs. 1 ErstrG die Klagemarken unter Beibehaltung ihres jeweiligen Zeitrangs auf das Gebiet dieser Länder erstreckt worden. Trifft eine nach § 1 ErstrG erstreckte Marke mit einer nach § 4 ErstrG erstreckten übereinstimmenden Marke zusammen, so darf nach § 30 Abs. 1 ErstrG jedes der Zeichen in dem Gebiet, auf das es erstreckt worden ist, grundsätzlich nur mit Zustimmung des Inhabers des anderen Zeichens benutzt werden. Der Tatbestand der Übereinstimmung der beiden Zeichen erfasst dabei auch den Fall der Verwechslungsgefahr (Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 12/1399, 249 [257, 277] = GRUR 1992, 749 [786]). Das Recht der Benutzung im früheren Erteilungsgebiet bleibt danach erhalten, und zwar auch bei der prioritätsjüngeren der beiden Marken. Dementsprechend kann der Inhaber der älteren Marke in Bezug auf die jüngere Marke auch keine Löschungs- oder Schutzentziehungsansprüche geltend machen.

b) Der Klägerin steht der in Rede stehende Schutzentziehungsanspruch unabhängig davon jedoch aus § 115 Abs. 2i. V. m. §§ 55, 49 Abs. 1 S. 1i.V. mit § 26 MarkenG wegen Verfalls der drei angegriffenen IR-Marken zu. Auch wenn es sich bei diesen um ursprünglich in der DDR erteilte und erst später auf das Gebiet der alten Ländern erstreckte Marken handelt, sind auf sie nach § 5 S. 2 ErstrG insoweit die mit dem Einigungsvertrag übergeleiteten Vorschriften des Bundesrechts anzuwenden. Denn der nachträgliche Verfall wegen fehlender Benutzung stellt keine auch weiterhin nach den Vorschriften der DDR zu beurteilende Frage der Schutzfähigkeit i. S. d. § 5 S. 1 ErstrG dar, sondern betrifft allein die absoluten Voraussetzungen der Schutzfähigkeit sowie die aus älteren Rechten folgenden Schutzhindernisse (Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 12/1399, 34).

Nach § 49 Abs. 1 S. 1 MarkenG wird die Eintragung einer Marke auf Antrag wegen Verfalls gelöscht, wenn die Marke nach dem Tag der Eintragung innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht gem. § 26 MarkenG benutzt worden ist. Im vorliegenden Fall unterlagen die Marken nach dem in der DDR geltenden Recht keinem Benutzungszwang. Die Benutzungsschonfrist des § 49 Abs. 1 MarkenG begann für sie daher gem. Anlage I Kap. III Sachgebiet E Abschn. II Nr. 1 § 10 S. 1 Einigungsvertrag erst am Tag des Wirksamwerdens des Beitritts, also am 3.10.1990 (vgl. BGH v. 2.7.1998 - I ZR 273/95, BGHZ 139, 147 [149] - DRIBECK's LIGHT) und endete damit am 3.10.1995. In diesem Zeitraum hat die Beklagte das mit ihren drei IR-Marken geschützte Zeichen "Kelly's" nicht ernsthaft benutzt.

aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte die Marken vor der deutschen Wiedervereinigung (3.10.1990) nicht in Benutzung genommen.

bb) Soweit die Beklagte unter Hinweis auf Warenverkehrsbescheinigungen vorgetragen hat, sie habe die Marken zwischen 1990 und 1992 in den neuen Bundesländern durch umfangreiche Lieferungen benutzt, war dies, da die Klägerin die fehlende Benutzung konkret behauptet hat und die Beklagte nach ihrem Vortrag auch über die Marke "Kelly" verfügt, unsubstantiiert, weshalb es auch nicht der Erhebung des von der Beklagten insoweit angebotenen Zeugenbeweises bedurfte. Bereits im Urteil des LG ist ausgeführt worden, dass die Beklagte in dieser Hinsicht keine Umsätze genannt habe.

cc) Soweit die Beklagte ab November 1995 mit "Kelly's" gekennzeichnete Art. wie Erdnuss-Snips, Chips, Mini-Frittes, Knusper-Gitter, Erdnüsse und Popcorn an Abnehmer im Münchner Olympiastadion verkauft hat, stellte dies eine Benutzung nach Ablauf der Benutzungsschonfrist dar. Sie wäre zwar, da sie nicht erst innerhalb der letzten drei Monate vor der Anbringung der v. 2.12.1996 datierenden Schutzentziehungsanträge erfolgt ist, nach § 49 Abs. 1 S. 2 MarkenG grundsätzlich zu berücksichtigen. Sie stellte jedoch keine ernsthafte Benutzung dar. Eine Benutzungshandlung ist nur dann als ernsthaft anzusehen, wenn sie nach Art, Umfang und Dauer dem Zweck des Benutzungszwangs entspricht, die Geltendmachung bloß formaler Markenrechte zu verhindern (BGH, Urt. v. 13.5.1977 - I ZR 177/75, GRUR 1978, 46 [47] - Doppelkamp I; Beschl. v. 25.5.1979 - I ZB 13/76, GRUR 1979, 707 [708] - Haller; Beschl. v. 19.12.1979 - I ZB 4/78, MDR 1980, 378 = GRUR 1980, 289 [290] - Trend). Die Anforderungen an Art, Umfang und Dauer der Benutzung sind dabei am Maßstab des jeweils Verkehrsüblichen und wirtschaftlich Angebrachten zu messen (BGH BGHZ 70, 143 [149 f.] - Orbicin; v. 19.12.1979 - I ZB 4/78, MDR 1980, 378 = GRUR 1980, 289 [290] - Trend; Urt. v. 17.1.1985 - I ZR 107/83, MDR 1985, 646 = GRUR 1985, 926 [927] - topfitz/topfit; Urt. v. 10.10.2002 - I ZR 235/00, BGHReport 2003, 555 = GRUR 2003, 428 [430] = WRP 2003, 647 - BIG BERTHA). Die Belieferung allein des Münchner Olympiastadions mit Knabberartikeln genügt diesen Anforderungen nicht. Auch die in der Anlage B 8 genannten Umsätze von wöchentlich durchschnittlich rund 1.100 Euro lassen angesichts dessen, dass es sich bei der Beklagten um ein mit ihrer Marke "Kelly's" in Österreich bekanntes Unternehmen handelt, eine solche Benutzungsform nicht als wirtschaftlich vernünftig und nachvollziehbar erscheinen. Zwar können auch geringe Umsätze als wirtschaftlich sinnvoll angesehen werden, etwa wenn Kunden bei einem nur vorübergehenden Aufenthalt im Schutzland bei einer bestimmten Marke gehalten werden sollen (BGH, Urt. v. 5.6.1985 - I ZR 151/83, MDR 1986, 556 = GRUR 1986, 168 [169] - Darcy). Solche Gründe sind im Streitfall jedoch nicht ersichtlich. Die dortige Benutzung stellt daher mangels Ernsthaftigkeit keine zu berücksichtigende Benutzung der Marke dar.

dd) Der Vertrieb von Popcorn unter der Bezeichnung "Kelly" durch die Beklagte oder einen Lizenznehmer stellte ebenfalls keine rechtserhaltende Benutzung der IR-Marken "Kelly's" dar. Die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht, wirkt nach § 26 Abs. 3 MarkenG nur dann rechtserhaltend, wenn die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Das ist dann der Fall, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzt, d. h. in der benutzten Form noch dieselbe Marke sieht (BGH, Urt. v. 13.4.2000 - I ZR 220/97, MDR 2001, 227 = GRUR 2001, 54 [56] = WRP 2000, 1296 - SUBWAY/Subwear). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. Der Verkehr erkennt bei einem Vergleich der beiden Zeichen deren Unterschied und hat keinen Anlass, das abgewandelte Zeichen als dieselbe Marke anzusehen. Die Beklagte hat daher ihre drei angegriffenen IR-Marken auch nach Ablauf der Benutzungsschonfrist zumindest nicht ernsthaft benutzt.

2. Das Berufungsgericht hat - abgesehen von einer in örtlicher und zeitlicher Hinsicht vorzunehmenden Einschränkung - wie schon das LG zutreffend entschieden, dass die Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche begründet sind, die die Klägerin wegen der Verletzung der Klagemarke mit Ermächtigung ihrer Inhaberin geltend gemacht hat. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, zwischen der Klagemarke und der angegriffenen Bezeichnung "Kelly's" bestehe Verwechslungsgefahr i. S. v. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, weil sowohl die kollidierenden Marken als auch die unter diesen Zeichen geschützten Waren in erheblichem Umfang verwechselbar seien.

a) Bei der Prüfung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke hat das Berufungsgericht angenommen, dass "Kellogg's" von Haus aus eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft für aus Getreide hergestellte Frühstücksspeisen besitzt. Es ist des Weiteren davon ausgegangen, dass der Klagemarke auf Grund ihrer erheblichen Bekanntheit für Cornflakes-Produkte eine weit überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zukommt. Diese Beurteilung wird von den Parteien nicht beanstandet und lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen. Im Streitfall bedarf es keiner weiteren Ausführungen, zu welchem Zeitpunkt die kraft Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft der Klagemarke vorgelegen hat. Schon bei der Annahme normaler Kennzeichnungskraft erweist sich die Beurteilung der Verwechslungsgefahr durch das Berufungsgericht als rechtsfehlerfrei.

b) Das Berufungsgericht hat Warenähnlichkeit zwischen den von der Klägerin aus dem Warenverzeichnis der Klagemarke benutzten Waren "Cornflakes" und "Müsli-Riegel" und den von der Beklagten für das angegriffene Zeichen "Kelly's" in Anspruch genommenen Waren "salzige Knabberartikel" angenommen. Es hat zwar keinen Grad der Ähnlichkeit der Waren zueinander benannt, ist aber ausdrücklich von Warennähe ausgegangen. Seine Feststellungen, wonach insbesondere Tankstellen und Bahnhofskioske verpackte Trockenprodukte wie Erdnüsse und Cornflakes im selben Verkaufsregal anbieten und süße Backwaren und salzige Knabberartikel teilweise vom selben Hersteller gefertigt werden, sind von der Revision nicht angegriffen worden und lassen keinen Rechtsfehler erkennen.

c) Ohne Erfolg tritt die Revision der Annahme des Berufungsgerichts entgegen, die Marken "Kellogg's" und "Kelly's" wiesen eine die Verwechslungsgefahr begründende Zeichenähnlichkeit auf. Sie stützt sich dabei maßgeblich darauf, dass der Verkehr dem in beiden Zeichen übereinstimmenden Genitiv-"S" keine Bedeutung beimesse, daher lediglich die Wortstämme "Kellogg" und "Kelly" vgl. und bei einem Vergleich der Zeichen deren deutliche Unterschiede in der Aussprache, insbesondere der Vokalfolge wahrnehme. Darüber hinaus erkenne der Verkehr in dem Zeichen "Kelly" den bekannten irischen Familiennamen, so dass es schon aus diesem Grund nicht zu Verwechslungen komme.

aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Ähnlichkeit von Wortzeichen anhand des klanglichen und des schriftbildlichen Eindrucks sowie des Sinngehalts zu ermitteln ist, wobei für die Annahme einer Verwechslungsgefahr i. d. R. bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht genügt (BGH v. 1.10.1998 - I ZB 28/96, BGHZ 139, 340 [347] - Lions, m. w. N.). Es hat auch berücksichtigt, dass bei der Prüfung der Markenähnlichkeit von dem das Kennzeichenrecht beherrschenden Grundsatz auszugehen ist, dass es auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen ankommt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 26.4.2001 - I ZR 212/98, BGHReport 2001, 928 = GRUR 2002, 167 [169] = WRP 2001, 1320 - Bit/Bud; Beschl. v. 8.5.2002 - I ZB 4/00, BGHReport 2002, 1043 = GRUR 2002, 1067 [1069] = WRP 2002, 1152 - DKV/OKV).

bb) Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung auch nicht den Erfahrungssatz unberücksichtigt gelassen, dass der Verkehr die jeweiligen Bezeichnungen regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, weshalb die übereinstimmenden Merkmale in einem undeutlichen Erinnerungseindruck stärker ins Gewicht fallen als die Unterschiede (BGH, Urt. v. 29.10.1998 - I ZR 125/96, GRUR 1999, 587 [589] = WRP 1999, 530 - Cefallone). Es hat ferner nicht übersehen, dass dementsprechend grundsätzlich nicht die gegebenen Unterschiede den Beurteilungsmaßstab bilden, sondern das Maß an Übereinstimmungen. In dieser Hinsicht ist im Streitfall festzustellen, dass bei der Klagemarke "Kellogg's" und dem angegriffenen Zeichen "Kelly's" die Silbenzahl übereinstimmt und sowohl der Wortanfang als auch das Abschluss-"S" identisch sind. Des Weiteren beginnt bei beiden Zeichen die zweite Silbe mit dem Buchstaben "l". In der Fortführung dieser zweiten Silbe ("logg's" und "ly's"), die zugleich jeweils das Wortende bildet, weichen die Zeichen zwar nicht unerheblich voneinander ab. Insgesamt gesehen überwiegen aber die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Zeichen. Die in den Endsilben bestehenden klanglichen Abweichungen treten im undeutlichen Erinnerungseindruck eher in den Hintergrund, zumal wenn man berücksichtigt, dass der Verkehr Wortanfänge i. d. R. stärker beachtet als nachfolgende Wortteile (BGH v. 25.10.1995 - I ZB 33/93, BGHZ 131, 122 [125] = MDR 1996, 815 - Innovadiclophlont; v. 29.10.1998 - I ZR 125/96, GRUR 1999, 587 [589] - Cefallone; Urt. v. 16.11.2000 - I ZR 34/98, BGHReport 2001, 428 = GRUR 2001, 507 [508] = WRP 2001, 694 - EVIAN/REVIAN). Das Berufungsgericht stellt bei seinen Erwägungen zur Verwechslungsgefahr auf den auffallend übereinstimmenden zischenden "S"-Laut der beiden Bezeichnungen und deren Identität im Wortanfang ab. So weit das Berufungsgericht hieraus das Bestehen einer Verwechslungsgefahr ableitet, lässt dies keinen Rechtsfehler erkennen. Aus diesem Grund kann der Angriff der Revision, das Berufungsgericht hätte dem Wortbestandteil "logg's" bei der zeichenrechtlichen Beurteilung mehr Bedeutung beimessen müssen, keinen Erfolg haben. Das Berufungsgericht hat sich mit diesem Argument der Beklagten im Übrigen mit der zutreffenden Erwägung auseinander gesetzt, dass damit eine unzulässige zergliedernde Betrachtung des Wortzeichens erfolgte.

cc) Ohne Erfolg bezieht sich die Revision zur Begründung eines weiten Abstands der sich gegenüberstehenden Zeichen auf den Bedeutungsgehalt des angegriffenen Zeichens als irischer Familienname, indem sie geltend macht, eine Verwechslungsgefahr sei zu verneinen, weil die klangliche Ähnlichkeit durch diesen Bedeutungsgehalt aufgehoben werde.

Eine nach dem Bild und/oder nach dem Klang an sich zu bejahende Verwechslungsgefahr der zu vergleichenden Zeichen kann allerdings ausnahmsweise deshalb ausscheiden, weil dem einen oder auch beiden Zeichen ein klar erkennbarer eindeutiger Sinngehalt zukommt. Dies setzt jedoch einen die Zeichen unterscheidenden ohne weiteres erkennbaren konkreten Begriffs-inhalt voraus (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.1991 - I ZR 136/89, MDR 1992, 245 = GRUR 1992, 130 [132] = WRP 1992, 96 - Bally/BALL; Urt. v. 10.12.1992 - I ZR 19/91, MDR 1993, 965 = WRP 1993, 694 [697] - apetito/apitta; Urt. v. 14.10.1999 - I ZR 90/97, GRUR 2000, 605 [607] = WRP 2000, 525 - comtes/ComTel). An einem solchen eindeutigen Begriffsinhalt aber fehlt es im Streitfall. Denn der Verbraucher hat keine Hilfe, die ihn zu einem Auseinanderhalten von klanglich ähnlichen Zeichen hinreichend zuverlässig veranlassen würde, wenn der Begriffsinhalt in einem Personennamen besteht, der keinen sachlichen Bezug zu dem mit ihm bezeichneten Produkt besitzt (vgl. BGH, Beschl. v. 16.3.1966 - Ib ZB 11/64, GRUR 1966, 493 [494] - Lili).

d) Der Auskunftsanspruch sowie der Schadensersatzanspruch unterliegen allerdings einer vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten örtlichen und zeitlichen Begrenzung. Denn die Klägerin kann aus ihrer auf das Beitrittsgebiet erstreckten Marke nach § 30 ErstrG bis zur Löschungsreife der drei IR-Marken mit Ablauf des 3.10.1995 im Beitrittsgebiet keine Rechte geltend machen (vgl. vorstehend zu Ziff. II. 1. a)).

III. Danach war das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten insoweit aufzuheben und die Klage in diesem Umfang unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils abzuweisen, als sich die Verurteilung zur Auskunftserteilung und die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Schadensersatzleistung auch auf Handlungen im Beitrittsgebiet vor Ablauf des 3.10.1995 beziehen. Im Übrigen war die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 986467

DB 2004, 133

NJW-RR 2003, 1548

GRUR 2003, 1047

WRP 2003, 1439

Mitt. 2003, 560

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge