Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinschaftliches Testament
Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage, ob im Rahmen eines gemeinschaftlichen Testaments der überlebende Ehepartner wegen fehlender Wechselbezüglichkeit über seinen eigenen Nachlass wirksam testieren kann.
Normenkette
BGB §§ 2102, 2270
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 26.09.1997) |
Tenor
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 26. September 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die am 3. April 1995 verstorbene E. S. den Beklagten durch Testament vom 5. März 1991 wirksam zu ihrem Erben eingesetzt hat oder ob sie daran durch das am 27. Januar 1964 mit ihrem vorverstorbenen Ehemann A. S. errichtete gemeinschaftliche Testament gehindert war. A. S. hatte aus seiner früheren Ehe drei Töchter, die Klägerinnen zu 1) und 2) sowie eine 1989 verstorbene Tochter, die von den Klägern zu 3) und 4) (Kinder der Klägerin zu 2)) beerbt wurde. Das gemeinschaftliche Testament enthält zunächst Verfügungen von A. S. über seine Gesellschaftsbeteiligungen. Sodann heißt es weiter:
„D. Mit unseren bisher nicht aufgeführten Vermögensteilen setzen wir uns gegenseitig als befreite Vorerben ein. Von der Verfügungsbeschränkung gem. § 2113 Abs. 1 BGB ist Frau E. S. jedoch nicht befreit. …
E. Soweit nicht anders verfügt wurde, sind Nacherben die Töchter des Herrn S., nämlich ….
F. Das Recht zur Abänderung oder Widerruf dieses gemeinschaftlichen Testaments behalten wir uns vor.”
Die Kläger meinen, sie seien aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments Nacherben von A. S. und Erben von E. S.. Der Beklagte hat nicht bezweifelt, daß bezüglich des Nachlasses A. S. mit dem Tod von E. S. der Nacherbfall eingetreten und die Kläger damit Erben des Nachlasses von A. S. geworden sind. Er stimmt den Klägern auch darin zu, daß sie von E. S. in dem gemeinschaftlichen Testament bezüglich ihres Nachlasses als Ersatzerben für A. S. eingesetzt worden sind. Der Beklagte meint aber im Gegensatz zu den Klägern, E. S. habe nach dem Tod von A. S. wegen fehlender Wechselbezüglichkeit und des Änderungsvorbehalts im gemeinschaftlichen Testament über ihren eigenen Nachlaß wirksam testieren können.
Der Nachlaß von E. S. besteht unter anderem aus dem hälftigen Miteigentum an zwei Grundstücken. Insoweit ist der Beklagte nach Vorlage eines Erbscheins als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen worden.
Das Landgericht hat auf Antrag der Kläger festgestellt, diese seien Erben von E. S. und Nacherben von A. S.. Es hat ferner dem Antrag auf Auskunfterteilung über den Bestand des Nachlasses nach E. S. und dem Grundbuchberichtigungsantrag hinsichtlich der Miteigentumsanteile an den beiden Grundstücken stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die auf den Nachlaß von E. S. gerichteten Ansprüche abgewiesen. Diese Ansprüche sind Gegenstand der Revision der Kläger.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht macht zunächst Ausführungen zur Erbfolge nach A. S. und erörtert insoweit die Frage der Wechselbezüglichkeit nach § 2270 BGB und der Auslegung des Änderungsvorbehalts unter F. des gemeinschaftlichen Testaments. Es gelangt zu dem Ergebnis, E. S. habe die Nacherbenstellung der Kläger nach Eintritt des Vorerbfalls nicht mehr widerrufen können. Deshalb seien die Kläger Nacherben von A. S. geworden. Dagegen sei E. S. durch das gemeinschaftliche Testament nicht daran gehindert gewesen, den Beklagten als Erben einzusetzen. Die Eheleute S. hätten in dem gemeinschaftlichen Testament über die Erbfolge hinsichtlich des Nachlasses des Überlebenden keine Verfügung getroffen. Gegenstand dieses Testaments sei allein der Nachlaß des A. S..
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 1. Das Berufungsgericht hat nicht gesehen, daß es bei der allein streitigen Frage, wer E. S. beerbt hat, nur darum geht, ob diese durch das gemeinschaftliche Testament daran gehindert war, über ihren Nachlaß zugunsten des Beklagten letztwillig zu verfügen. Daß E. S. mit den Regelungen unter D. und E. des gemeinschaftlichen Testaments A. S. zu ihrem Vorerben und dessen Töchter für den Fall seines Vorversterbens als Ersatzerben eingesetzt hatte, hat der Beklagte zugestanden (GA 51). Das Geständnis entspricht nach dem klaren Wortlaut des Testaments auch der Sach- und Rechtslage. Nach § 2102 BGB ist im Zweifel anzunehmen, daß die Einsetzung des Dritten als Nacherben durch den überlebenden Ehegatten zugleich die Einsetzung als Ersatzerbe anstelle des erstversterbenden Ehegatten beinhaltet (vgl. Palandt/Edenhofer, 57. Aufl. § 2269 BGB Rdn. 2).
2. Das Berufungsgericht wird nunmehr unter Berücksichtigung des Parteivortrags und der Beweisangebote zu prüfen haben, ob die Erbeinsetzung der Kläger durch E. S. wechselbezüglich zu ihrer Vorerbeneinsetzung durch A. S. ist und wie der Änderungsvorbehalt unter F. des gemeinschaftlichen Testaments auszulegen ist. Damit hat sich das Berufungsgericht bisher nur unter dem Gesichtspunkt befaßt, ob E. S. als Vorerbin über den Nachlaß von A. S. anderweitig von Todes wegen verfügen konnte. Die letztwillige Verfügung von A. S., mit der er die Kläger zu Nacherben eingesetzt hat, stand aber von vornherein nicht zur Disposition der Vorerbin E. S. (vgl. Edenhofer, aaO § 2112 BGB Rdn. 8; MünchKomm/Grunsky, 3. Aufl. § 2100 BGB Rdn. 18). Auf die Wechselbezüglichkeit und den Änderungsvorbehalt kommt es insoweit nicht an.
Unterschriften
Dr. Schmitz, Dr. Zopfs, Dr. Ritter, Terno, Seiffert
Fundstellen
Haufe-Index 1129035 |
NJWE-FER 1999, 37 |
ZEV 1999, 26 |