Leitsatz (amtlich)
Der Haftpflichtversicherer, der den Geschädigten nach § 158 c VVG befriedigt hat, kann nach § 158 f VVG auch gegen den mitversicherten Fahrer, für den er die Leistung bewirkt hat, Rückgriff nehmen.
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Entscheidung vom 25.10.1956) |
LG Kleve |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Düsseldorf vom 25. Oktober 1956 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Urteilsformel zu 1) und 2) wie folgt gefaßt wird:
1.)
Der bezifferte Klageanspruch auf Erstattung der an die Witwe F. geleisteten 4.850 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Oktober 1955 ist gegenüber dem Zweitbeklagten dem Grunde nach gerechtfertigt.
2.)
Es wird festgestellt, daß der Zweitbeklagte der Klägerin Ersatz leisten muß, soweit diese auf Grund eines auch den Zweitbeklagten bindenden Urteils wegen des Verkehrsunfalls vom 13. Januar 1953 Zahlungen an die Bundes- bzw. Landesversicherungsanstalt zu leisten hat.
Die in der Revisionsinstanz entstandenen Kosten werden zu 2/7 der Klägerin und zu 5/7 dem Beklagten auferlegt.
Tatbestand
Der Autoschlosser P. hatte sein Motorrad bei der Beklagten gegen Haftpflicht versichert und dabei im Versicherungsantrag die Frage, ob es als Selbstfahrervermietfahrzeug gehalten werde, mit "nein" beantwortet. Er vermietete das Fahrzeug am 13. Januar 1953 an den Mechaniker H. Dieser fuhr zusammen mit dem damals 17 Jahre alten Beklagten von Kleve in Richtung Reichswaldsiedlung. Die Beleuchtung des Kraftrads war nicht in Ordnung; der Scheinwerfer leuchtete nur 3 - 4 m weit. Unterwegs überließ H. die Führung des Fahrzeugs dem Beklagten, obwohl dieser nicht die vorgeschriebene Fahrerlaubnis hatte. In der Dunkelheit gegen 20 Uhr fuhr der Beklagte, der eine Geschwindigkeit von etwa 45 km/st einhielt, einen Fußgänger namens F. von hinten an. Dieser erlitt schwere Verletzungen, an deren Folgen er später verstarb. H. und der Beklagte wurden wegen fahrlässiger Tötung, Fahrerflucht und anderer Straftaten zu Freiheitsstrafen verurteilt.
Mit Einschreiben vom 28. Mai 1953 versagte die Klägerin dem Versicherungsnehmer P., H. und dem Beklagten den Versicherungsschutz mit der Begründung, das Motorrad sei zu einem anderen als dem im Versicherungsantrag angegebenen Zweck, nämlich als Vermietfahrzeug, verwendet worden ( § 2 Ziff. 2 a AKB). Gegenüber dem Beklagten berief sie sich ferner darauf, daß er weder von P. die Erlaubnis zum Führen des Motorrads gehabt noch einen ordnungsmäßigen Führerschein besessen habe. Schließlich wies sie auf die Klagefrist der §§ 12 Abs. 3 VVG, 8 Ziff. 1 AKB hin. Diese Frist hat der Beklagte ebenso wie P. und H. ungenutzt verstreichen lassen. Im Oktober 1953 verglich sich die Klägerin mit der Witwe des Getöteten über deren Schadenersatzansprüche und zahlte daraufhin am 3. November 1953 4.850 DM an sie aus. Außerdem erstattete sie der Krankenkasse F., einer Ersatzkasse, 300,51 DM. Diese Aufwendungen fordert sie mit der vorliegenden Klage auf Grund der Bestimmung des § 158 f VVG, die nach ihrer Ansicht auch gegenüber dem nach § 10 Ziff. 1 AKB mitversicherten Fahrer gilt, vom Beklagten sowie von H. zurück und macht ferner geltend, daß die Bundes- bzw. Landesversicherungsanstalt wegen der auf Grund des Haftpflichtfalls zu zahlenden Witwenrente weitere Ansprüche erhoben habe und ihr, der Klägerin, auch insoweit gemäß § 158 f VVG ein Rückforderungsrecht zustehe. Sie hat beantragt,
1.)
den Beklagten und H. als Gesamtschuldner zur Zahlung von 5.150,51 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Oktober 1955 zu verurteilen,
2.)
festzustellen, daß der Beklagte und H. ihr gegenüber zum Schadenersatz verpflichtet seien, sofern sie von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte wegen der Rentenzahlungen an die Hinterbliebenen F. in Anspruch genommen werden sollte.
Der Beklagte hat um Klageabweisung gebeten. Er hat seine Verantwortlichkeit für den Tod F... bestritten und behauptet, der Getötete habe den Unfall zumindest mitverschuldet. In rechtlicher Hinsicht hat er ausgeführt, nach dem Wortlaut des § 158 f VVG gehe bei Leistungsfreiheit des Versicherers nur der Anspruch des Dritten gegen den Versicherungsnehmer und nicht auch gegen den mitversicherten Kraftfahrzeugführer auf den leistenden Versicherer über. Ferner hat er die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat den bezifferten Klageanspruch gegenüber dem Beklagten dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt (1), dem Feststellungsantrag der Klägerin gegenüber dem Beklagten voll entsprochen (2) und zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des Zahlungsanspruchs die Sache an das Landgericht zurückverwiesen (3); die Entscheidung über die gegen H. erhobenen Ansprüche und über die Kosten des Rechtsstreits hat es dem Schlußurteil vorbehalten (4). Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, soweit es ihn selbst betrifft. Die Klägerin hat ihre Klage in dem aus dem erkennenden Teil dieses Urteils ersichtlichen Umfang zurückgenommen und beantragt im übrigen,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht hat rechtlich fehlerfrei festgestellt, daß der Beklagte den Verkehrsunfall vom 13. Januar 1953 durch zu schnelles Fahren mit dem verkehrsunsicheren Kraftrad unter Verstoß gegen § 9 Abs. 1 StVO in ganz erheblichem Maße zumindest mitverschuldet und sich deshalb nach §§ 823 Abs. 1, 844 BGB gegenüber der Witwe F. schadenersatzpflichtig gemacht hat; dabei hat es die Entscheidung über ein etwaiges Selbstverschulden des Getöteten dem Betragsverfahren vorbehalten. Ferner hat es unter Hinweis auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats (BGHZ 16, 292) zutreffend angenommen, daß der Beklagte im Zeitpunkt des Unfalls berechtigter Fahrer im Sinne des § 10 Ziff. 1 AKB und als solcher an sich mitversichert war, weil er mit dem Einverständnis des Mieters H. gefahren ist, der seinerseits auf Grund seiner Abmachungen mit dem Versicherungsnehmer P. zeitweise selbständig über die Benutzung des ihm mietweise überlassenen Fahrzeugs bestimmen konnte. Gleichwohl verneint das Berufungsgericht eine vertragliche Leistungspflicht der Klägerin im Verhältnis zum Beklagten, weil das Kraftrad entgegen dem im Versicherungsantrag angegebenen Zweck als Mietfahrzeug benutzt worden ist und der Beklagte obendrein nicht die vorgeschriebene Fahrerlaubnis hatte. Über diesen Punkt besteht zwischen den Parteien kein Streit; auch die Revision bezweifelt nicht, daß die Klägerin gegenüber dem Beklagten zur Deckung des Haftpflichtschadens an sich nicht verpflichtet war und nur "in Ansehung des Dritten" nach § 158 c VVG haftete. Ob sich diese Rechtslage, wie das Berufungsgericht angenommen hat, schon aus dem Verstoß des Versicherungsnehmers P. gegen die "Verwendungsklausel" des § 2 Ziff. 2 a AKB ergibt, ob also eine solche Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers ohne weiteres auch gegen die nach § 10 Ziff. 1 AKB mitversicherten Personen wirkt (vgl. dazu die unterschiedlichen Ansichten von Prölss VersR 1951, 119 re. Sp.; 1955, 167; Stiefel / Wussow AKB 3. Aufl. § 3 Anm. 2, § 7 Anm. 4; RGZ 161, 23, 27; LG Nürnberg-Fürth VersR 1955, 475), kann hier dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls hat der Beklagte dadurch, daß er ohne Führerschein gefahren ist, auch selbst gegen eine Obliegenheit, nämlich die des § 2 Ziff. 2 b AKB, verstoßen und sich damit denselben Rechtsfolgen ausgesetzt, wie sie gegenüber einem der Vorschrift schuldhaft zuwiderhandelnden Versicherungsnehmer vorgesehen sind (vgl. BGH VersR 1957, 458).
Aus der hiernach im Verhältnis zum Beklagten bestehenden Leistungsfreiheit der Klägerin hat das Berufungsgericht zutreffend gefolgert, daß die Schadenersatzforderung der Witwe F. gegen den Beklagten mit ihrer Befriedigung durch die Klägerin gemäß § 158 f VVG auf diese übergegangen ist. Was die Ersatzansprüche der Krankenkasse und der Landesversicherungsanstalt betrifft, so hat die Klägerin den formellen und materiellen Bedenken der Revision bereits insoweit Rechnung getragen, als sie auf Anregung des Senats im Hinblick auf dessen Rechtsprechung zu § 158 c Abs. 4 VVG (BGHZ 7, 244; 20, 371 ; BGH VersR 1957, 731) ihre Klageanträge entsprechend beschränkt, also die Klage teilweise zurückgenommen hat. Die darüber hinausgehenden Angriffe der Revision sind unbegründet.
1.)
In verfahrensrechtlicher Hinsicht bemängelt die Revision zu Unrecht, daß das Berufungsgericht die Entscheidung über den vom Beklagten erhobenen Einwand des Mitverschuldens ( § 254 BGB) in das Betragsverfahren verwiesen hat.
a)
Der Feststellungsantrag der Klägerin wegen der Ansprüche der Landesversicherungsanstalt ist in seiner jetzigen eingeschränkten Fassung an die Voraussetzung geknüpft, daß die Klägerin auf Grund eines auch den Beklagten (z.B. nach §§ 72, 74, 68 ZPO) bindenden Urteils an die Anstalt zu leisten haben wird. Ein solches Urteil kann aber erst dann ergehen, wenn in einem anderen Verfahren die Ansprüche der Landesversicherungsanstalt gegen den Beklagten nach Grund und Höhe endgültig festgestellt worden sind. Denn nach § 158 c Abs. 5 VVG hat der Dritte oder sein Rechtsnachfolger keinen unmittelbaren Anspruch gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers, er muß vielmehr zunächst einen Titel gegen den Schädiger erwirken und alsdann dessen fiktiven Versicherungsanspruch pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen, um dann gegen den Versicherer vorgehen zu können. Mithin wird dem Beklagten durch ein entsprechend dem jetzigen Antrag der Klägerin begrenztes Feststellungsurteil nicht die Möglichkeit abgeschnitten, seine auf § 254 BGB gestützten und bisher ungeprüften Einwendungen gegen den Haftpflichtanspruch insoweit auch später noch geltend zu machen. Gleichwohl ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an der alsbald begehrten Feststellung ( § 256 ZPO) mit Rücksicht auf die sonstigen, in diesem Verfahren erhobenen Einwendungen des Beklagten, insbesondere wegen der drohenden Verjährung des Rückgriffsanspruchs aus § 158 f VVG, nach wie vor zu bejahen, weil sich ja nicht völlig ausschließen läßt, daß in einem Rechtsstreit zwischen der Landesversicherungsanstalt und der Klägerin das Gericht entgegen der Rechtsprechung des Senats zu der Auffassung kommt, daß auch ein Sozialversicherer, der den Haftpflichtgläubiger schadlos gehalten hat und deshalb nach § 1542 RVO sein Rechtsnachfolger geworden ist, die "in Ansehung des Dritten" bestehen gebliebene Haftung des an sich leistungsfreien Versicherers nach § 158 c VVG für sich in Anspruch nehmen könne.
b)
Aber auch bezüglich des bezifferten Klageantrags zu 1) konnte das Berufungsgericht davon absehen, die Frage eines mitwirkenden Verschuldens des Getöteten schon im Verfahren über den Grund des Anspruchs abschließend zu klären. Es durfte die Entscheidung hierüber dem Betragsverfahren überlassen, wenn dieses Verfahren nach seiner aus den Entscheidungsgründen deutlich erkennbaren Meinung zweifellos nur zu einer Minderung und nicht zum völligen Wegfall der Schadenshaftung führen konnte (BGHZ 1, 34). Dabei ist hier allerdings zu beachten, daß den Sozialversicherern F. wegen der im Rahmen ihrer gesetzlichen Leistungen nach § 1542 RVO auf sie übergegangenen Ersatzansprüche gegen den Beklagten das sog. Quotenvorrecht zusteht; hat die Witwe des Getöteten gemäß § 254 BGB nur einen Anspruch auf teilweisen Ersatz, so ergreift der Rechtsübergang nach § 1542 RVO bis zur Höhe der Sozialversicherungsleistungen diesen ganzen Teilanspruch mit Vorrang vor dem der Geschädigten etwa verbliebenen Restanspruch (BGH MDR 1954, 176). Da nun der Forderungsübergang nach § 1542 RVO die Sachbefugnis des Klägers (und damit auch des nach § 158 f VVG als Rechtsnachfolger des Geschädigten auftretenden Versicherers) betrifft, ist er grundsätzlich schon im Verfahren über den Grund des Anspruchs zu prüfen; ein Zwischenurteil nach § 304 ZPO darf deshalb nur dann ergehen, wenn feststeht oder zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daß auch bei Berücksichtigung des Rechtsübergangs auf den bevorrechtigten Sozialversicherer noch ein Betrag zugunsten des Klägers verbleibt (BGH NJW 1956, 1236 = VersR 1956, 420). Diese Voraussetzung war hier aber erfüllt. Denn aus der Begründung des Berufungsurteils geht deutlich genug hervor, daß das Berufungsgericht ein etwaiges Eigenverschulden des Getöteten, wenn ein solches überhaupt vorliegen sollte, nur sehr gering bemessen will, und daß sich mithin nach seiner tatrichterlichen, nach Lage des Falles auch vollauf gerechtfertigten Überzeugung im Betragsverfahren auf jeden Fall noch ein Forderungsbetrag zugunsten der Klägerin ergeben wird. Es heißt darin nämlich, daß der Beklagte den Unfall "zumindest in ganz erheblichem Maße schuldhaft mitverursacht" habe. Unter solchen Umständen ist der Erlaß eines Grundurteils nicht zu beanstanden. Jedoch wird der Tatrichter im Betragsverfahren die Höhe des Zahlungsanspruchs im Hinblick auf die nach §§ 1542, 1543 a RVO bevorrechtigten Forderungen der Krankenkasse und der Landesversicherungsanstalt besonders sorgfältig zu prüfen haben.
2.)
Materiellrechtlich geht der Streit der Parteien in der Hauptsache um die Frage, ob der nach dem Vertrag an sich leistungsfreie Haftpflichtversicherer, der den Geschädigten gemäß § 158 c VVG befriedigt hat, nach § 158 f VVG auch bei dem nur mitversicherten Fahrer, für den er die Leistung bewirkt hat, und nicht nur beim Versicherungsnehmer selbst Rückgriff nehmen kann. Diese Frage hat das Berufungsgericht mit Recht bejaht. Die von einigen Gerichten vertretene Gegenmeinung (KG VersR 1957, 593; OLG Hamm VersR 1955, 17 m. ablehn. Anm. v. Prölss VersR 1955, 167; LG Kreuznach VersR 1951, 118 m. ablehn. Anm. v. Prölss), die sich die Revision zueigen macht, ist unzutreffend. Sie stützt sich in erster Linie auf den reinen Wortlaut des § 158 f VVG und zieht aus dem Umstand, daß in dieser Vorschrift nur von einem Übergang der Forderung des Dritten "gegen den Versicherungsnehmer" und nicht auch von den Ansprüchen gegen den Versicherten die Rede ist, Folgerungen, die nicht richtig und mit dem inneren Aufbau, dem Sinnzusammenhang und dem Zweck des Gesetzes unvereinbar sind.
a)
Ebenso wie die meisten allgemeinen Versicherungsbedingungen geht auch das VVG überall vom Normalfall der Versicherung, d.h. von der Eigenversicherung, aus. Es spricht, abgesehen von den Sonderbestimmungen für die Fremdversicherung ( §§ 74 ff VVG), regelmäßig nur vom Versicherungsnehmer, meint damit aber für den Fall, daß eine Fremdversicherung vorliegt, vielfach auch den Versicherten, ohne diese nach dem Inhalt der betreffenden Vorschrift meist selbstverständliche Folgerung noch besonders hervorzuheben. Soweit es sich nicht gerade um solche Rechte und Pflichten handelt, die schon ihrer Natur nach nur von den Vertragsparteien selbst wahrgenommen werden können, wie z. B. das Kündigungsrecht oder die Prämienzahlungspflicht, ist der Versicherte dem Versicherungsnehmer weitgehend gleichgestellt, wenn nicht sogar schlechtergestellt als der Versicherungsnehmer (Kisch Handb. d. PrivVersR III, 431, 432; Prölss VersR 1951, 118; 1955, 167). So haben nach § 79 VVG die Kenntnis und das Verhalten des Versicherten dieselbe rechtliche Bedeutung wie die Kenntnis oder das Verhalten des Versicherungsnehmers selbst. Infolgedessen treffen z. B. die für den Versicherungsnehmer bestimmten Obliegenheiten und die sich aus ihrer Verletzung ergebenden Rechtsfolgen regelmäßig auch den Versicherten, soweit sie sich auf das durch die Fremdversicherung gedeckte Risiko beziehen (vgl. auch § 3 Ziff. 1 AKB). Ebenso wie der Versicherungsnehmer muß auch der Versicherte seine Ansprüche gegenüber dem Versicherer, soweit er darüber selbständig verfügen kann, fristgerecht geltend machen ( § 12 VVG), die Vorschriften über die Doppelversicherung ( § 59 Abs. 1 und 2 VVG) gelten sinngemäß auch für ihn, sein Ersatzanspruch gegen einen Dritten geht auf den für ihn oder an ihn leistenden Versicherer über ( § 67 VVG), und bei Veräußerung der versicherten Sache tritt sein Rechtsnachfolger in das Versicherungsverhältnis ein ( § 69 VVG), ohne daß alle diese Rechtsfolgen im Gesetz ausdrücklich erwähnt zu werden brauchten (Prölss aaO). Demnach konnte der Gesetzgeber auch bei der Einführung der §§ 158 b ff VVG durch das Pflichtversicherungsgesetz vom 7. November 1939 (RGBl I, 2223) davon absehen, die Rechtslage bei der Fremdversicherung ausdrücklich zu regeln, und insoweit hat er sich entgegen der Auffassung der Revision durchaus an die Systematik des Gesetzes gehalten. Schon aus diesem Grunde ist es nicht richtig, aus dem Schweigen des Gesetzgebers bei § 158 f VVG den Schluß zu ziehen, er habe Rückgriffsansprüche gegen den Versicherten, der nicht selbst Versicherungsnehmer ist, bewußt ausschließen wollen. Um zu dem gegenteiligen Ergebnis zu kommen, bedarf es nicht einmal einer "ausdehnenden" oder "ergänzenden" Gesetzesauslegung, weil dieses Ergebnis bereits im Aufbau und Sprachgebrauch des Gesetzes selbst begründet liegt.
b)
Noch deutlicher wird dies, wenn man sich den Zweck der §§ 158 b ff VVG vor Augen hält. Wie sich aus dem Vorspruch zum Pflichtversicherungsgesetz und der amtlichen Begründung dazu (DJ 1939, 1771, 1774) einwandfrei ergibt und auch die Revision richtig bemerkt, ging die Absicht des Gesetzgebers allein dahin, die Verkehrsopfer wirksamer als bislang davor zu schützen, daß sie wegen Vermögenslosigkeit des Schädigers mit ihren Ersatzansprüchen gegen ihn leer ausgingen. Um diesen Schutz möglichst lückenlos zu gestalten und den Geschädigten die Vorteile der Haftpflichtversicherung unter allen Umständen zukommen zu lassen, hat der Gesetzgeber außer dem Kraftfahrzeughalter auch den berechtigten Fahrer in die Pflichtversicherung einbezogen (§ 1 des Gesetzes vom 7.11.1939). Daraus folgt zwingend, daß die Bestimmung des § 158 c Abs. 1 VVG, wonach bei vertraglicher Leistungsfreiheit des Versicherers seine Verpflichtung "in Ansehung des Dritten" gleichwohl bestehen bleibt, auch dann eingreift, wenn der Dritte Schadenersatzansprüche gegen den mitversicherten Fahrer erhebt, dem seinerseits ein Anspruch auf Versicherungsschutz nach dem Vertrag nicht zusteht, weil er z. B. eine Obliegenheit schuldhaft verletzt hat. Daß jedenfalls insoweit der Versicherte dem Versicherungsnehmer gleichzusetzen ist, obschon das Gesetz nur vom "Versicherungsnehmer" spricht, ist, soweit ersichtlich, in der Rechtslehre und Rechtsprechung bisher niemals bezweifelt worden und wird auch von der Revision nicht bestritten. Dem Gesetzgeber erschien es so selbstverständlich, daß er es nicht für erwähnenswert hielt.
c)
Liegt aber bei § 158 c VVG klar auf der Hand, daß die bloße Erwähnung des Versicherungsnehmers und nicht auch des Versicherten keine bewußte Begrenzung bedeutet, so kann für § 158 f VVG nichts anderes gelten. Denn beide Bestimmungen stehen in einem unlösbaren inneren Zusammenhang und bedingen sich gegenseitig, weil § 158 f VVG dem Versicherer nur den notwendigen Ausgleich dafür bietet, daß er nach § 158 c VVG ohne vertragliche Verpflichtung für eine fremde Schuld in Vorlage treten muß (Amtl. Begründung zu § 158 f DJ 1939, 1774; BGH VersR 1957, 442, 444). Wenn der Versicherer den Dritten nach § 158 c VVG befriedigt, so genügt er damit zwar dem Gesetz, das in Ansehung des Dritten das Bestehen der Versicherungsforderung fingiert, er tut es aber nicht etwa deswegen, weil er den Versicherungsnehmer oder Versicherten in Erfüllung des Vertrages endgültig freistellen will; denn hierzu ist er auch im Falle des § 158 c VVG nicht verpflichtet, vielmehr geht diese Vorschrift gerade davon aus, daß eine solche Verpflichtung nicht besteht. Indem das Gesetz nach außen hin zugunsten des Dritten - und nur zu seinen Gunsten - gleichwohl das Bestehen eines Versicherungsanspruches unterstellt, greift es in die internen Rechtsbeziehungen zwischen dem Versicherer einerseits und dem Versicherungsnehmer oder Versicherten andererseits nicht ein, insbesondere schafft es im Verhältnis zwischen diesen Personen keinen Rechtsgrund für eine Leistung, auf die der Haftpflichtschuldner nach dem Versicherungsvertrag keinen Anspruch hat; denn insoweit gilt die Fiktion des § 158 c VVG nicht (BGHZ 7, 244, 247) . Lediglich zum Schutz des Dritten und nicht, um zugleich auch die Rechtsstellung des Versicherungsnehmers oder Versicherten zu verbessern und ihnen Vermögensvorteile zu verschaffen, die ihnen vertraglich nicht zukommen, hat der Gesetzgeber die neuartige Konstruktion des § 158 c VVG geschaffen. Sie kann nicht dazu führen, daß der Haftpflichtschuldner durch eine gemäß dieser Vorschrift an den Dritten bewirkte Leistung des Versicherers aller Verpflichtungen enthoben wird, obschon diese Leistung gar nicht ihm, sondern allein dem Dritten zugute kommen soll. Vielmehr muß er dem Versicherer das Geleistete erstatten.
d)
Dieser schon aus allgemein-rechtlichen Erwägungen unabweisbaren Folgerung hat der Gesetzgeber noch in besonders nachdrücklicher Form dadurch Rechnung getragen, daß er in § 158 f VVG den Übergang des Haftpflichtanspruchs auf den nach § 158 c VVG leistenden Versicherer angeordnet hat. Hierbei kann aus den oben erörterten Gründen für den Versicherten nichts anderes gelten als für den Versicherungsnehmer selbst. Denn nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts ist kein Grund ersichtlich, den Versicherten insoweit besser zu stellen als den Versicherungsnehmer, zumal er ja nicht einmal wie dieser für die Versicherungsbeiträge aufzukommen hat. Auch der Versicherte kann, wenn er einmal seinen Deckungsanspruch gegen den Versicherer durch eine Obliegenheitsverletzung oder aus anderen Gründen eingebüßt hat, nicht erwarten, daß der Versicherer ihm seine Haftpflichtschuld endgültig abnimmt. Ihm geschieht daher kein Unrecht, wenn er ebenso wie der Versicherungsnehmer im Rückgriff nach § 158 f VVG zum Ersatz der für ihn verauslagten Leistungen herangezogen wird. Es wäre im Gegenteil ungerecht und unbillig, wenn der Versicherte im Gegensatz zum Versicherungsnehmer den Haftpflichtschaden im Ergebnis auf den Versicherer abwälzen könnte, obwohl er ebenso wie ein in gleicher Lage befindlicher Versicherungsnehmer einerseits dem Dritten gegenüber ohnehin für diesen Schaden aufkommen muß, andererseits dem Versicherer gegenüber keinen Anspruch auf Befreiung von dieser Schuld hat. Er stünde dann besser als ohne die Pflichtversicherungsbestimmungen, die nicht um seinetwillen, sondern allein zum Schutz des Dritten den Versicherer mit der außerordentlichen Haftung aus § 158 c VVG belasten. Wollte man in Fällen wie dem vorliegenden den Rückgriff gegen den mitversicherten Fahrer aus § 158 f VVG nicht zulassen, so ergäbe sich auch das sinnwidrige Ergebnis, daß es vom bloßen Zufall abhinge, ob der Schaden letztlich vom Versicherer oder vom Versicherten zu tragen wäre, soweit der Versicherungsnehmer selbst aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen zum Ausgleich nicht herangezogen werden könnte. Hat der Geschädigte nämlich zunächst den Versicherten persönlich mit Erfolg in Anspruch genommen, so kann dieser zweifellos vom Versicherer keinen Ersatz verlangen, sofern der Versicherer nach dem Vertrag auch ihm gegenüber von der Verpflichtung zur Leistung frei ist. Wäre der Dritte hingegen von dem nur nach § 158 c VVG haftenden Versicherer befriedigt worden, so bliebe dessen Vermögen nach der von der Revision vertretenen Auffassung trotz der an sich bestehenden Leistungsfreiheit endgültig mit dem Schaden belastet.
e)
Demnach hat sich das Berufungsgericht mit Recht der überwiegenden Meinung angeschlossen, wonach die Rückgriffsbestimmung des § 158 f VVG auch gegenüber dem nach § 10 Ziff. 1 AKB mitversicherten Kraftfahrzeugführer, für den der Haftpflichtversicherer gemäß § 158 c VVG an den Dritten geleistet hat, anzuwenden ist (ebenso Österr. OGH VersRdsch. 1954, 264; OLG Karlsruhe VersR 1955, 418; OLG München VersR 1957, 89; LG Itzehoe VersR 1955, 545; LG Berlin VersR 1952, 93 m. zust. Anm. v. Scheepers; Prölss VVG 10. Aufl. § 158 f Anm. 4; VersR 1951, 118, 119; VersR 1955, 9 und 167; Stiefel/Wussow AKB § 10 Anm. 31; Thees/Hagemann, Das Recht der Kfz-Haftpflichtversicherung § 158 f Anm. 5 S. 29; Bach VersR 1957, 276, 277).
3.)
Richtig ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, daß die vom Beklagten erhobene Verjährungseinrede nicht durchgreift, weil die Verjährungsfrist für die von der Klägerin erhobenen Rückgriffsansprüche nach § 852 BGB 3 Jahre beträgt und diese Frist bei Einreichung der alsbald zugestellten Klage am 9. Januar 1956 noch nicht verstrichen war. Denn es handelt sich hierbei nicht, wie die Revision annimmt, um Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag, die nach § 12 Abs. 1 VVG in 2 Jahren verjähren, sondern um Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung, die nach § 158 f VVG kraft Gesetzes auf die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Unfallgeschädigten übergegangen sind (OLG Karlsruhe VersR 1955, 418; Prölss VVG § 12 Anm. 2 a. E.; a. M. OLG München VersR 1957, 89).
4.)
Demnach hat das Berufungsgericht mit Recht den Beklagten als verpflichtet angesehen, der Klägerin die Leistungen zu erstatten, die sie nach § 158 c VVG für ihn aufwenden mußte. Soweit die Klägerin gemäß § 158 c Abs. 4 VVG an die Haftpflichtgläubiger des Beklagten nicht zu leisten brauchte und auch in Zukunft nicht zu leisten braucht, besteht eine Zahlungspflicht des Beklagten aus § 158 f VVG zwar nicht grundsätzlich (Prölss VVG § 158 f Anm. 3), wohl aber noch im Rahmen des durch die teilweise Klagerücknahme eingeschränkten Feststellungsantrages der Klägerin.
Die Revision war daher unter Anpassung der Urteilsformel an die nunmehr vorliegenden Klaganträge zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 271 Abs. 3, 92, 97 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 3018551 |
BGHZ 26, 133 - 142 |
BGHZ, 133 |
DB 1957, 1266 (Volltext mit amtl. LS) |
NJW 1958, 140 |
NJW 1958, 140-142 (Volltext mit amtl. LS) |
MDR (Beilage) 1958, B 9 (amtl. Leitsatz) |